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Peter Offline




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13.06.2013 19:34
Harald Braun Zitat · Antworten



Der am 26. April 1901 in Berlin geborene Sohn eines protestantischen Pastors studierte Philosophie und Kunstgeschichte in Berlin und schloß seine Studien mit Promotion ab. Er begann seine berufliche Laufbahn als evangelischer Pressereferent und Herausgeber der Monatszeitschrift »Ekkart«, die sich besonders der Publizierung junger, konfessionell engagierter Autoren annahm. Als Leiter der Hörspielabteilung des Senders Berlin weitete Harald Braun seine künstlerische Tätigkeit aus, wechselte von der Dramaturgie zur Regie über. Carl Froelich gewann den jungen Rundfunk-Spezialisten als Drehbuchautor für seine Ufa-Herstellungsgruppe.
Nach einigen Szenarien und praktischen Erfahrungen als Regieassistent debütierte B. mit "Zwischen Himmel und Erde" (1942). Das Zentralthema ist - wie bei fast allen Filmen von Braun - der Mensch im Zwiespalt, der zwischen zwei extremen Positionen wählt oder von einer aus der anderen sich nähert. Zu Beginn seiner Regietätigkeit griff Braun nach Beispielen aus der Literatur. Otto Ludwigs poetisch-realistische Erzählung »Zwischen Himmel und Erde«, der das gefährliche Dachdeckergewerbe als symbolische Gratwanderung zwischen Gut und Böse interpretiert, bot Braun Gelegenheit, die Kain-Abel-Beziehung zweier ungleicher Brüder scharf gegeneinander abzugrenzen: Lonius ist der Passive, die Verkörperung des Prinzips innerer Anständigkeit; Mathias ist der Dynamische, der skrupellos Zupackende, er verkörpert das Prinzip egozentrischer Haltlosigkeit.
In "Nora" (1944) arbeitete Braun inszenatorisch und in der Schauspielerführung (Luise Ullrich) den Bewußtseinsprozeß der Titelfigur, die sich allmählich aus dem »Puppenheim« ihrer selbstlosen Liebe zum Ehemann löst, um die eigene Persönlichkeit zu formen, deutlich heraus. Daran kann auch der Kompromiß eines von Ibsen abweichenden, versöhnlichen Schlusses nichts ändern. Mit "Träumerei" (1944) realisierte B. ein Originaldrehbuch über die Künstlerehe von Clara und Robert Schumann. B. wendet sein Hauptaugenmerk der dominierenden Frau zu und rückt ihren Gewissens- und Gefühlskonflikt in den Vordergrund Dieser wird zum einen durch ihre Fixierung auf den autoritären Vater (der Robert als »labilen Romantiker« ablehnt) und zum anderen durch ihre Liebe und Loyalität zum Ehemann ausgelöst.
Harald Brauns erster Spielfilm nach 1945, "Zwischen Gestern und Morgen" (1947), enthält wie andere Filme seiner ambitionierten Zeitgenossen neoveristische Ansätze: Ein Münchner Hotel wird in den ersten Nachkriegstagen zur Schaltstelle für Begegnungen und Schicksale. Geschickt vermochte Co-Autor und Regisseur Braun, ähnlich der Erzähltechnik von Vicki Baums Roman »Menschen im Hotel«, viele direkte und individuelle politische Bezüge (z. B. die Judenfrage) einfließen zu lassen.
Brauns Interesse für seelische und geistige Krisen wurde auch durch jene Filme vermittelt, die er als Gründungsmitglied der Neuen Filmgesellschaft München (NDF) und als Co-Autor mitverantwortete ("Das verlorene Gesicht", 1948, K. Hoffmann).
1949 verfaßte und inszenierte Braun sein Hauptwerk, das alle bisher angestrebten inhaltlichen Aussagen und formalen Qualitäten (genau berechnete Spannungsbögen in der Charakterzeichnung und Handlungsführung, Auswahl der Schauspieler nach darstellerischen Fähigkeiten, keine Typenselektion) in sich vereinte: "Nachtwache". Braun schildert, wie ein protestantischer Pastor nach dem Unglückstod seiner 10-jährigen Tochter an Gott zu zweifeln beginnt, erst mit Hilfe des befreundeten katholischen Amtsbruders diesen Glaubenskonflikt überwindet und nicht nur sich selbst, sondern auch die junge Ärztin, die ebenfalls ihr Kind verlor, überzeugen kann. Der mit vielen Auszeichnungen prämierte Film erhielt auch den »Bambi« als geschäftlich erfolgreichster deutscher Film 1950. Damit wurde bewiesen, daß die filmische Heraushebung vertrauensvoller und -würdiger Menschen und Wertbegriffe (Glaube, Anständigkeit, Ethos, Optimismus) der moralischen »Aufrüstung« in der BRD in starkem Maße Rechnung trug. Neben "Der fallende Stern" (1950), der interessante Traumsequenzen enthält, in denen die Hauptfigur (eine unter Kindheitstraumata leidende Sozialarbeiterin) den Kampf zwischen Gut und Böse als allegorische Auseinandersetzung zwischen Engel und Teufel erlebt, zeichnen sich sodann die Thomas-Mann-Verfilmung "Königliche Hoheit" (1953) durch Stilsicherheit, der Film "Solange du da bist" (1953) als eindringliche Mischung zwischen neoveristicher Reportage und Melodram aus.
In "Königliche Hoheit" kommt die deutsch-amerikanische Millionärstochter Imma Spoelman in das Großherzogtum Grimmburg, wo in Vertretung des kränkelnden Großherzogs dessen Bruder Klaus Heinrich die Regierungsgeschäfte führt. Klaus Heinrich lernt Imma kennen und lernt von ihr, daß Hoheit und Würde nicht alles sind und sich ein Landesvater auch auf die Nöte seiner Untertanen verstehen muß. Dafür lernt sie, daß Herkunft und Tradition nicht ganz bedeutungslos sind. Als der Großherzog die charismatische junge Frau in die Ebenbürtigkeit erhebt, steht ihrer Hochzeit mit Klaus Heinrich nichts mehr im Wege...
Diesem bis dahin gelungenste Annäherungsversuch beim Dauerflirt des deutschen Films mit Thomas Mann wurde vom Autor persönlich eine "hohe Ansehnlichkeit" bescheinigt - vor allem dank der Hauptdarstellerin Ruth Leuwerik, auch wenn gerade ihrer Rolle gegenüber dem Roman einiger Esprit verloren ging. "Königliche Hoheit", dessen Drehbuch von Erika Mann mitgestaltet wurde, profitierte auch von der malerisch-barocken Ruhe, die durch die Wahl Fuldas für die Außenaufnahmen gefunden wurde. Dank seines Charmes fand dieser Film nicht nur vor den Augen Thomas Manns Gnade; Harald Brauns liebevoll gestalteter Kostümfilm hatte und hat ein großes Publikum und darf heute als stiller Klassiker der 50er Jahre gelten.
Ein letztes Mal gestaltete Braun einen hochdramatischen Konflikt-Film: "Herrscher ohne Krone" (1957). Im historischen Rahmen handelt Braun am Schwanken des Arztes Struensee zwischen der Loyalität zum jungen, labilen König und der leidenschaftlichen Liebe zur Königin sein bevorzugtes Thema ab. Doch zum Unterschied von früheren Filmen läßt er Unstimmigkeiten und Schattierungen im Charakter der Titelfigur stärker hervortreten. Dabei ist ihm Göran Strindberg, der schwedische Kameramann und enge Mitarbeiter von Ingmar Bergman, ein kongenialer Bildgestalter. Harald Brauns früher Tod (am 24. September 1960 in Xanten) unterband weitere Versuche, diesen Weg psychologisierender Gestaltung zu gehen. (Zum Teil aus Reclams deutschem Filmlexikon)

Die über viele Jahre mit Harald Braun befreundete Schauspielerin Gisela Uhlen beschreibt in Ihrer Autobiographie 'Mein Glashaus' ihre letzte Begegnung mit Harald Braun:
"...Erst wenige Wochen waren vergangen, als er plötzlich in Berlin vor mir gestanden hatte: 'Wo kommst du denn her?' Er schien wie verloren zu sein. 'Ich bin auf einer Rundreise', sagte er leise, 'in der Zone habe ich den Rest meiner väterlichen Familie aufgesucht und alle meine Freunde, die ich lange nicht sehen konnte. Heute bleibe ich bei dir, morgen fahre ich nach Xanten. Ich wohne im Gasthof, wo wir Zwischen Himmel und Erde gedreht haben.' Ich ahnte nicht, daß es eine Abschiedsreise war, die er ganz bewußt erlebte, nachdem er vor Monaten den ersten Herzinfarkt überstanden hatte. Vor seiner Abreise von mir bemerkte ich zuletzt: 'Du trägst ja eine ganz verkehrte Hose zum Jackett.' Er lächelte zerstreut: 'Ach, das ist doch schnuppe'. Mit einem flüchtigen Winken war er verschwunden. Ich habe ihn nie wieder gesehen. In Xanten war er auf sein Zimmer gegangen, legte sich auf das Bett. Als man ihn dort fand, war er bereits Stunden vorher gestorben."

Filmographie:
Zwischen Himmel und Erde (1942) - Hab' mich lieb (1942) - Nora (1944) - Träumerei (1944) - Der stumme Gast (1945) - Zwischen Gestern und Morgen (1947) - Nachtwache (1949) - Der fallende Stern (1950) - Herz der Welt (1951) - Vater braucht eine Frau (1952) - Solange du da bist (1953) - Königliche Hoheit (1953) - Der letzte Sommer (1954) - Der letzte Mann (1955) - Regine (1956) - Herrscher ohne Krone (1957) - Der gläserne Turm (1957) - Die Botschafterin (1960).

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