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Dieses Thema hat 6 Antworten
und wurde 2.558 mal aufgerufen
 Film- und Fernsehklassiker national
Marmstorfer Offline




Beiträge: 7.519

24.05.2013 16:45
Die Heintje-Trilogie Zitat · Antworten



Teil 1: Heintje - Ein Herz geht auf Reisen
BRD 1969 Mit Heintje, Heinz Reincke, Gerlinde Locker, Sieghardt Rupp, Dagmar Altrichter, Ralf Wolter, Solvi Stübing, Konrad Georg, Rudolf Schündler, Karin Field, Mogens von Gadow, Peter W. Straub, Edith Hancke, Hans Terofal u.a. Drehbuch: Eberhard Keindorff & Johanna Sibelius. Regie: Werner Jacobs.

Eine Kuh muss man melken, solange sie noch Milch gibt. Und die Halbwertszeit eines männlichen, singenden Kinderstars ist nun einmal begrenzt; wie ein Damoklesschwert schwebt der drohende Stimmbruch über dem bis dato glockenhell erklingenden Gesangsorgan - und somit auch über der Karriere. Heintje war in den auslaufenden Sechziger Jahren DER Goldesel der deutschen Musikindustrie. In der Jahreshitparade 1968 belegte er die Plätze 1, 2 und 4 (mit Mama, Du sollst nicht weinen und Heidschi Bumbeidschi); sein Debütalbum Heintje stand ohne Unterbrechung von Mai 1968 bis Januar 1969 an der Spitze der deutschen Albumcharts, erst das White Album der Beatles konnte diese Vorherrschaft beenden. Natürlich wollte auch die Filmindustrie an diesem Megaerfolg partizipieren. Heintje unterschrieb einen Vertrag mit der Constantin Film, die einen dramaturgisch überflüssigen Gastauftritt im zweiten Lümmel-Film Zum Teufel mit der Penne anordnete. Dass der jugendliche Niederländer darüber hinaus das Potenzial besaß, um als Zugpferd eines eigens auf ihn zugeschnittenen Kinofilms zu fungieren, daran zweifelte im Hause Constantin wohl niemand.

Die Hauptaufgabe des erfahrenen Autorenduos und -ehepaars Eberhard Keindorff und Johanna Sibelius (Die Mörder sind unter uns, Unter Geiern) bestand nun darin nicht weniger als acht von Heintje gesungene Schnulzen sinnvoll in eine Filmhandlung zu integrieren. Klar - für die Heintje-Platten bedeutete der Kinoausflug des Interpreten allerbeste Werbung; ein Hoch auf den Synergieeffekt. Und so darf Heinz "Heintje" Gruber bei jeder sich bietenden Gelegenheit ein Liedchen trällern, dabei hat er es im Leben alles andere als einfach. Der Waisenjunge wächst bei seiner Tante (Dagmar Altrichter) auf, die für Heintje aber nur wenig Zeit übrig hat und stattdessen lieber mit ihrem arroganten Chef (im Unsympathen-Modus: Sieghardt Rupp) anbandelt. Doch in Reitstall-Besitzer Alfred Teichmann (Heinz Reincke) findet Heintje einen väterlichen Freund. Aber - oh je - Alfred fährt bald in den Urlaub - und Heintje wird von der Jugendamt-Mitarbeiterin Hanna Schwarz (Gerlinde Locker), welcher die mangelnde Fürsorge der Tante aufgefallen ist, ins Landschulheim verfrachtet. Von dort büxt der juvenile Sangeskünstler natürlich sofort aus - und trampt Alfred, der seine Camping-Zelte am Lago Maggiore aufgeschlagen hat, hinterher. Selbstredend wird jeder Kraftfahrzeugführer, der Heintje ein Stück mitnimmt, mit einer Gesangsdarbietung belohnt. Doch kurz vor der Schweizer Grenze gerät unser Held an eine dreiköpfige Schmuggler-Truppe (angeführt vom merkwürdig behüteten Ralf Wolter), deren Mitglieder sich den Umstand, dass Heintje ohne Papiere unterwegs ist, zu Nutze machen. Sie verstecken ihre Schmuggelware (Cobalt, von Blei ummantelt) heimlich im Gepäck des Jungen und schleusen ihn über einen Grenzbach ins Land der Eidgnossen...

Es schleicht sich also sogar ein wenig Krimi-Spannung in den Film, der bei Werner Jacobs in grundsoliden Händen ist. Seichtigkeit so gekonnt zu inszenieren, dass sie nicht ins schmonzettenhafte abgleitet - dafür war Jacobs prädestiniert. Kitsch setzt er wohldosiert ein, seinen jungen Hauptdarsteller hat er zu jeder Zeit im Griff. Mit Kameramann Heinz Hölscher (Der grüne Bogenschütze) und Schnittmeister Hermann Haller standen Jacobs erfahrene Routiniers zur Seite, sodass sich dieser erste Teil der Heintje-Trilogie keine handwerklichen Aussetzer erlaubt. Der Easy-Listening-Score von Raimund Rosenberger tönt recht angenehm, hat es aber schwer gegenüber der schieren Masse an Heintje-Liedgut überhaupt wahrgenommen zu werden. Größter Pluspunkt des Films ist freilich das Zusammenspiel von Heintje und Co-Star Heinz Reincke. Zwischen den beiden stimmt die Chemie - und dementsprechend sehen wir Reincke auch im nächsten Heintje-Flick wieder.

Der von Heinz Willeg produzierte Film traf den Zeitgeist und erwies sich für die Constantin Film als kommerzieller Glücksgriff (Goldene Leinwand) - und zwar nur wenige Wochen nachdem das einst zuverlässigste Flaggschiff des Verleihs - die Wallace-Serie - mit Das Gesicht im Dunkeln an den Kinokassen baden gegangen war.


Notizen:

Der WTF-jetzt-wird-es-mir-aber-doch-zu-kitschig-Moment:
Vollmond über dem Lago Maggiore - da kann Heintje nicht anders und schmettert ein inbrünstiges Der Mond ist aufgegangen in den Nachthimmel.

Gefräßigster Gaststar: Rudolf Schündler als Leiter des Landschulheims, dem Heintje während einer Wanderung entwischt. Macht nichts - so kann er sich immerhin dessen Butterbrotpaket einverleiben.

Bemitleidenswertester Gaststar: Sieghardt Rupp. Er hat die eindimensionalste Rolle - und muss auch noch eine Ladung Vogelkot von seinem Wagen abkratzen.

Lustigster Gaststar: Hans Terofal, der die hektischen Manierismen des Pedells aus der Lümmel-Reihe in seine hiesige Rolle als Stallbursche hinüberrettet.

Tarzan Offline



Beiträge: 1.038

24.05.2013 18:06
#2 RE: Die Heintje-Trilogie Zitat · Antworten

Millionen warteten auf Heintje... Heute warten Millionen auf DSDS. Ein richtiger Quantensprung...

Prisma Offline




Beiträge: 7.591

24.05.2013 18:06
#3 RE: Die Heintje-Trilogie Zitat · Antworten

Da mich die Titelrolle ja generell abschreckt, kenne ich diesen Film noch nicht. Ich liebäugele allerdings schon sehr lange damit, weil meine hochverehrte Karin Field in "Ein Herz geht auf Reisen" mitspielt, wegen der ich mir schon zahlreiche Filme am Rande der Unerträglichkeit angeschaut habe, warum also eigentlich auch nicht gleich diesen? Marmstorfer, könntest Du mir kurz sagen, welche Rolle sie hier spielt, und wie klein ihr Part im Endeffekt ausfällt?

Marmstorfer Offline




Beiträge: 7.519

24.05.2013 18:20
#4 RE: Die Heintje-Trilogie Zitat · Antworten

Karin Field bekleidet den weiblichen Part in Ralf Wolters Schmuggler-Bande, steht also auf der Seite der Bösen, wenn man denn so will. Ohne jetzt mit der Stoppuhr vor dem Fernseher gesessen zu haben, würde ich schätzen, dass sie so circa acht bis zehn Minuten "Screentime" hat.

Echte Fans schrecken doch vor nichts zurück - da wirst du auch die tatsächlich bisweilen unerträglichen Schnulzen durchstehen. Davon einmal abgesehen ist der Film tatsächlich ansehbar - ich kannte ihn bis gestern auch noch nicht.

Prisma Offline




Beiträge: 7.591

24.05.2013 18:28
#5 RE: Die Heintje-Trilogie Zitat · Antworten

Ach, das klingt jedenfalls schon mal sehr interessant. Da die Auswahl an Karin Field-Filmen ja leider wirklich nicht gerade üppig ist, werde ich mir den bestimmt auch noch zulegen. Außerdem, was kann schon schlimmer sein als gewisse Filme mit ihr, die ich bereits kenne? Danke für die schnelle Antwort!

Mabuse Offline




Beiträge: 381

24.05.2013 22:35
#6 RE: Die Heintje-Trilogie Zitat · Antworten

Zur Zeit laufen die drei Heintje Filme auf sky (Heimatkanal) und werden dort auch bis Ende Juni noch ein paar mal wiederholt.

Marmstorfer Offline




Beiträge: 7.519

26.05.2013 16:38
#7 RE: Die Heintje-Trilogie Zitat · Antworten



Teil 2: Heintje - Einmal wird die Sonne wieder scheinen
BRD 1970 Mit Heintje, Heinz Reincke, Gerlinde Locker, Paul Dahlke, Helmut Förnbacher, Christiane Rücker, Jan Hendriks, Agnes Windeck, Martin Jente, Rudolf Schündler, Ralf Wolter, Friedrich Schoenfelder, Robert Meyn, Willi Rose, Uwe Reichmeister u.a. Drehbuch: Barbara Anders. Regie: Hans Heinrich.

Die Hauptdarsteller sind dieselben, die Figuren dagegen nicht. Heintje heißt natürlich auch im Film wieder Heintje, doch jetzt ist er nur noch Halbwaise; zu seinem Vater Klaus (Heinz Reincke), den er stets beim Vornamen nennt, pflegt er ein überaus freundschaftliches Verhältnis. Umso größer ist der Schock, als Klaus, der in einer Bank arbeitet, inhaftiert wird - er soll eine große Summe Geld unterschlagen haben. Heintje droht das Kinderheim, doch Anwältin Renate Ahrens (Gerlinde Locker) verfügt, dass der Junge bei seinem Großvater unterkommt. Jener Friedrich Wilhelm Berthold (Paul Dahlke) ist ein chronisch miesepetriger Großindustrieller, der nach dem Tod seiner Tochter, die bei Heintjes Geburt gestorben ist, jeglichen Kontakt zu Klaus abgebrochen hat. Seinen Enkel hat er dementsprechend noch nie zu Gesicht bekommen. Auch in dieser besonderen Situation will er ihn nicht sehen; er lässt Heintje in einem Kellerzimmer seines riesigen Anwesens einquartieren und von Hausdame Frau von Schleinitz (Agnes Windeck) betreuen. Aber natürlich ist der alte Berthold längst nicht so hartherzig, wie es zunächst den Anschein hat. Peu à peu nährt er sich Heintje an - und erkennt, dass dieser ein Herz aus Gold hat. Doch als Heintje durch Zufall erfährt, dass Robert Engelhardt (Helmut Förnbacher), Juniorchef in der Bank seines Vaters, für die Unterschlagungen verantwortlich ist, will Berthold davon nichts wissen. Auf eigene Faust reist Heintje Engelhardt nach Cannes hinterher, wo dieser ein kriminelles Geschäft mit einem windigen Gangster (Jan Hendriks) abwickeln will.

Natürlich darf Heintje auch im Mittelteil der Trilogie Schmachtfetzen in Reihe vortragen. Müßig sich darüber auszulassen. Ein Heintje-Film ohne Heintje-Lieder wäre eben kein Heintje-Film. Doch die Mixtur aus rührseligem Der kleine Lord-Verschnitt und spannendem Krimi würde auch ohne Schlager funktionieren. Hans Heinrich (Klein Erna auf dem Jungfernstieg) ist zwar kein Werner Jacobs, aber dennoch routiniert genug, um Leerlauf zu vermeiden. Heinz Hölscher findet erneut die passenden Bilder, die Musik von Raimund Rosenberger kommt speziell in der letzten halben Stunde (wenn sich der Krimi-Plot zuspitzt und Heintje keine Zeit mehr zum Singen hat) wunderbar zur Geltung. Ein guter Unterhaltungsfilm; sicherlich nicht makellos, aber allen, die ab und an eine Dosis Kitsch vertragen können, allein schon aufgrund der Besetzung zu empfehlen.


Notizen:

Der Das-könnte-auch-ein-Edgar-Wallace-Film-sein-Moment:
Jan Hendriks taucht auf - und sofort ist klar, dass er nichts Gutes im Schilde führt.

Souveränste Gastdarstellerin: Agnes Windeck spielt so patent wie eh und je. Selbst als sie nach einer Gesangsnummer Heintjes Tränen der Rührung vergießt, ist man als Zuschauer nicht peinlich berührt.

Nervigster Gastdarsteller: Martin Jente mit der x-ten Variation seiner Butlerfigur aus Einer wird gewinnen - unlustig wie immer.

Gaststar mit Eiern in der Hose: Rudolf Schündler als Rechtsanwalt, der sich traut seinem sturköpfigen Mandanten Paul Dahlke mal so richtig die Leviten zu lesen.

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