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Dieses Thema hat 53 Antworten
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 Film- und Fernsehklassiker national
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Prisma Offline




Beiträge: 7.591

22.09.2013 22:27
#31 RE: Bewertet: diverse TV-Krimis von Pidax Zitat · Antworten

Schöne Besprechungen dieser recht unorthodoxen TV-Produktion! Ich werde auch noch einmal prüfen, ob sich mein damaliger Erst-Eindruck bestätigt, da der Verlauf tatsächlich eine sehr hohe Konzentration abverlangt und ich mehrmals den Faden verloren hatte, wie ich mich erinnere. Ich denke allerdings auch dass es noch Luft nach oben gibt, schon alleine wegen der erfrischend-komplexen Geschichte und der tollen darstellerischen Leistungen. Nach Percy Listers Einschätzung werde ich vor allem Ruth Maria Kubitschek mal genauer unter die Lupe nehmen!

Mark Paxton Offline




Beiträge: 347

16.10.2013 20:47
Bewertet: diverse TV-Krimis von Pidax Zitat · Antworten

EIN TODESFALL WIRD VORBEREITET
Deutschland 1963
Regie: Karl Fruchtmann
Darsteller: Jürgen Goslar, Eva Pflug, Alfred Balthoff, Hans Epskamp, Dieter Naumann u. a.

Der Kriminalautor James Murray (Jürgen Goslar) offenbart seiner hübschen Ehefrau Lee (Eva Pflug), dass er nur noch ein halbes Jahr zu leben gedenkt. Danach will offiziell tot und inoffiziell reich sein. Er erzählt ihr von einem raffinierten Coup, den er ausgeheckt hat und bei dem ein anderer Mann daran glauben soll. Es handelt sich dabei um Stuart Adams (Dieter Naumann), der zumindest die gleiche Statur hat und dem er das zur großen Strandvilla gehörige kleine Häuschen vermietet. Zum Plan gehört auch, dass James dem pensionierten Scotland-Yard-Inspektor Price (Hans Epskamp) erzählt, dass er erpresst wird. Zwangsläufig soll später so der Verdacht auf Adams als Erpresser fallen. Alles wird genau vorbereitet und geplant. Doch dann kommt alles anders, als erwartet. Der Versicherungsdetektiv Morrison (Alfred Balthoff) taucht auf und zweifelt am Tode Murrays, der sich auf 50.000 Pfund versichern ließ...

"Ein Todesfall wird vorbereitet" ist einer jener Filme, die den Zuschauer von Anfang an an der Nase herumführen. Ich mag das sehr, weshalb ich von diesem Kriminalspiel aus dem Jahre 1963 ziemlich angetan bin. Außerdem liebe ich Filme, in denen es um den perfekten Mord geht. Hier plant James Murray, den Jürgen Goslar als etwas eitlen und von sich hochgradig überzeugten eiskalten Menschen sehr glaubhaft darstellt, seinen eigenen Tod bis ins kleinste Detail. Es ist vergnüglich mit anzusehen, wie er dieses Netz strickt. Seine Ehefrau will sich nicht so recht darin verfangen, macht dann aber doch mit. Eva Pflug spielt den etwas ängstlichen Gegenpart sehr gut. Die beiden Hauptdarsteller, die das Herz jedes Krimi- und insbesondere Durbridge-Fans höher schlagen lassen, reichten eigentlich für den gelungenen Krimiabend schon aus. Aber nein, da werden uns noch einige herrliche Figuren präsentiert. Alfred Balthoff, mit etwas unglaubwürdiger Perücke, spielt alle als Sherlock-Holmes-Verschnitt von der Versicherung an die Wand. Ein leiser Detektiv, kein Held, aber bestimmt und überzeugend. In solchen Rollen hätte ich mir diesen begnadeten Schauspieler gerne öfter angesehen. Sogar in Serie. Hans Epskamp als Scotland-Yard-Mann außer Dienst hätte auch in einen Wallace-Streifen gepasst und besonders amüsiert hat mich der etwas nervöse Versicherungsvertreter.
Wir bekommen hier also ein schauspielerisches Ensemble präsentiert, das die hohe Kunst der Dramatik beherrscht, allein die Artikulation und Aussprache, die Betonung zeugt davon, dass man es hier noch mit richtigen Bühnenprofis zu tun hatte. Natürlich ist es ein Fernsehspiel, besser gesagt ein Theaterstück, das für das TV adaptiert wurde und dementsprechend muss man auch erwarten, dass es ein erzählter Film ist. Damit meine ich, dass in den fast zwei Stunden Spielzeit so gut wie keine Sekunde vergeht, in der nicht geredet wird. Das heißt aber nicht, dass optische Reize fehlen (angesichts der hübschen Eva Pflug ohnehin nicht möglich!). Die letzte Szene, in der der Unbekannte den dunklen Raum betritt, fand ich sogar sehr spannend und gut fotografiert. Die Musik Peter Fischers, der mir eigentlich nur als Komponist bei "Graf Yoster gibt sich die Ehre" bekannt ist, hat gute Arbeit geleistet.
Der Stoff ist interessant und stammt aus der Feder von Jack Popplewell, der, so ist im Internet zu lesen, auch den Bühnenreißer "Keine Leiche ohne Lily" schrieb, der zumindest so erfolgreich gewesen zu sein scheint, dass das ZDF 1967 eine Version von Erik Ode inszenieren ließ, in der Grete Weiser und Heinz Engelmann die Hauptrollen spielen. Der Plot und auch die ganze Szenerie (die abgelegene Villa an der englischen Küste, das Häuschen am Meer) haben mich unwillkürlich daran denken lassen, dass das eigentlich auch ein idealer Stoff für einen französischen Psychothriller sein hätte können, in dem ich mir sehr gut Alain Delon und Romy Schneider (wie in "Der Swimmingpool") vorstellen hätte können!
Bleibt die Regie: hier wird ein Name genannt, der mir bis dato eigentlich nichts sagte. Karl Fruchtmann hat "Ein Todesfall wird vorbereitet" inszeniert und wie man aus dem Bonusinterview erfährt, war es seine erste Regie, nachdem er bei Jürgen Goslar als Regieassistent gearbeitet hatte. Goslar äußert sich dazu im Interview übrigens erfreut, dass er nun ausgerechnet ihn als seinen Hauptdarsteller holte. Fruchtmann hatte zweifellos Begabung für das Genre und holt für einen Fernsehfilm eine ganz gute Atmosphäre heraus. Eine rund zweistündige reine Studioproduktion musste man sehr gut planen, durchinszenieren, an einzelnen Details feilen. Das hat er gut erledigt, als nettes Detail finde ich beispielsweise das Zwischenblenden einer Spieluhr.
Wie man aus all diesen meinen Worten lesen kann, hat mir dieser Film sehr gut gefallen und ich lege ihn gerne jedem Fan dieses Genres ans Herz, der gerne an einem verregneten Nachmittag spannende Zeit mit einem guten alten Krimi verbringen möchte.
Lobend muss ich noch die DVD hervorheben, das Bild und der Ton sind absolut in Ordnung, Pidax hat sich sogar bemüht, als Bonus ein Interview mit Jürgen Goslar als Zugabe zu geben. Es dauert 25 Minuten und der Schauspieler erzählt darin kurz über "Ein Todesfall wird vorbereitet", "Es ist soweit", wie er als erster deutscher Regisseur für Helmut Ringelmann eine Krimiserie mit Pinkas Braun komplett im Ausland drehte ("Jörg Preda berichtet", würde ich gerne mal sehen!) und was er als Regisseur der Serien "Die fünfte Kolonne", "Das Kriminalmuseum" und "Der Kommissar" alles erlebte und tun musste. Eine nette und interessante Draufgabe!

Editiert von Gubanov am 16.10.2013, 20.50 Uhr - Beitrag in bestehendes Thema integriert

Percy Lister Offline



Beiträge: 3.589

27.10.2013 14:15
#33 RE: Bewertet: diverse TV-Krimis von Pidax Zitat · Antworten

BEWERTET: "Ein Todesfall wird vorbereitet" (Deutschland 1963)
mit: Eva Pflug (Lee Murray), Jürgen Goslar (James Murray), Alfred Balthoff (Versicherungsdetektiv Morrison), Hans Epskamp (Bill Price), Heinz Fangmann (Bielby), Herta Fahrenkrog (Anne Daley), Dieter Naumann (Stuart Adams), Christiane Schmidtmer (Sandra Williams), Peter Schütte (Dennis Gilmore) - Drehbuch: Karl Fruchtmann nach einem Stück von Jack Popplewell, Regie: Karl Fruchtmann



James Murray, ein Schriftsteller, der einen Lebensstil kultiviert, der seine Finanzen weit übersteigt, ist zu dem Entschluss gekommen, dass er tot mehr wert sein könnte als lebendig. Um sich und seiner Frau Lee den Verlust zu ersparen, ersinnt er einen hinterhältigen Plan: Er schließt eine Lebensversicherung ab und setzt Lee Murray als Begünstigte ein. Nicht er selbst soll jedoch sterben, sondern ein anderer Mann, den er sorgfältig ausgewählt hat. Alleinstehend muss er sein, ohne Verwandte und Freunde, sodass sein Ableben niemandem auffallen wird. Doch dann kommt alles anders und Lee Murray sieht sich mit dem Versicherungsdetektiv Morrison konfrontiert, dessen hartnäckige Fragen sie zunehmend bedrängen ...

Die Frage, wie man einen perfekten Mord plant und ausführt, wurde schon in vielen Filmen erörtert und scheiterte doch am Ende an Kleinigkeiten, dem Zufall oder einer unvorhergesehenen Wendung. Der Zuseher wünscht und fürchtet zugleich, dass es dem Hauptdarsteller gelingen könnte, das durchzuführen, was er vielleicht schon im Geiste durchgespielt hat. Die Erkenntnis, dass die beste Idee zum Scheitern verurteilt ist, wenn ein Faktor in der Planung wegen mangelnden Vertrauens oder Eigenmächtigkeit fehlschlägt, beruhigt das Publikum. Es will seine eigene Mittelmäßigkeit durch den Sturz der populären Darsteller bestätigt sehen.



Der selbstbewusste Jürgen Goslar stößt ebenso an seine Grenzen wie der Zuschauer, was diesen in seiner vorgefassten Meinung bestätigt. Beide Hauptdarsteller kommen geradewegs von ihren Engagements in den Straßenfegern von Francis Durbridge, was den Vorteil mit sich bringt, dass ihre Person von einem Geheimnis umrankt wirkt und Überraschungen nicht auszuschließen sind. Während Jürgen Goslar sich kraftvoll und nachhaltig in die verblassende Erinnerung des Publikums spielt - sein Verschwinden findet bereits in der 48. Minute statt - überlässt er die Bühne einem Mann, den man leicht unterschätzen kann: Alfred Balthoff. Er ist der Nutznießer seiner Unauffälligkeit, ein genauer Beobachter, der Gesagtes präzise auswertet und aus seinen Erfahrungen schöpft. Wie sein Alter ego, der berühmte Barton Keyes aus "Double Indemnity - Frau ohne Gewissen" (1944), heftet er sich an die Fersen der Nutznießer des Todesfalls und bohrt sich wie ein Maulwurf durch die Erdkruste. Er allein kann frei heraus reden, kann anecken und gesellschaftliche Spielregeln umgehen - dem Kriminalbeamten a.D. Bill Price sind die Hände gebunden, da er ein Freund des Ehepaars Murray ist. Beim Billard nimmt Morrison den Platz des Toten ein, verhört den wetterwendischen Bielby, tröstet die besorgte Anne Daley und lässt nicht locker, wenn es darum geht, immer wieder Zweifel zu streuen und Lee Murray zu zeigen, dass er ihr nichts, aber auch gar nichts glaubt. Dieter Naumann ist als Stuart Adams weit weniger bedauernswert, als man sich ihn vorstellte. Das ahnungslose Opfer kauft man ihm nicht ab, was allerdings die Mehrdeutigkeit der Geschichte unterstreicht. In Ermangelung von Actionszenen, die sich erst im Finale ergeben, punktet "Ein Todesfall wird vorbereitet" mit den Dialogen, wobei besonders der sprühende Wortwitz von Dennis Gilmore und die Klugheit von Morrison hervorzuheben sind. Eva Pflugs Selbstbeherrschung täuscht eine Überlegenheit vor, die anfangs gar nicht vorhanden war und durch physische Angriffe wieder aus dem Gleichgewicht gebracht werden wird. Ihre unterkühlte Darstellung einer Frau, die sich nicht zum Spielball männlicher Phantasien machen lassen möchte und einen Ausweg sucht, überzeugt durch beherrschtes Auftreten und eisige Abfuhren. Sie braucht keine Freunde, nicht einmal Verbündete, nur den Glauben an sich selbst und gute Nerven.
Das Bühnenbild suggeriert durch den Hintergrund Weite, es sieht aus, als führte die Terrassentür direkt an den Strand.

Zitat von Der deutsche Fernsehkrimi, Verlag J.B. Metzler, Seite 102
Parallel zur wachsenden Präsenz von Kinofilmen im Fernsehprogramm entwickelte sich das Fernsehspiel in Abgrenzung zur Filmästhetik. Diese Abgrenzung ergab sich zum Teil aus der technischen Differenz, zum Teil aus den unterschiedlichen Ideologien bzw. Funktionszuweisungen der Medien Kino und Fernsehen. Das originale Fernsehspiel war zunächst selten anzutreffen, häufiger waren Adaptionen von Prosaliteratur, Bühnenstücken und Hörspielen.


Die Spannung bis zum Schluss zu halten, ist eine große Herausforderung für das überdurchschnittlich lange Fernsehspiel. Dabei sind es weniger die Ausführungen von Morrison oder Murray, die die Handlung strecken, als die wechselnden Stimmungen von Bielby und die im Grunde überflüssige Sandra Williams. Dennoch lohnt es sich, am Ball zu bleiben, denn die Geschichte regt die kleinen grauen Zellen an und sorgt für nostalgische Unterhaltung.

Meine Wertung: 4,5 von 5 Punkten.

Gubanov ( gelöscht )
Beiträge:

27.10.2013 14:48
#34 RE: Bewertet: diverse TV-Krimis von Pidax Zitat · Antworten

Zitat von Percy Lister im Beitrag #33
... überlässt er die Bühne einem Mann, den man leicht unterschätzen kann: Alfred Balthoff. Er ist der Nutznießer seiner Unauffälligkeit, ein genauer Beobachter, der Gesagtes präzise auswertet und aus seinen Erfahrungen schöpft. Wie sein Alter ego, der berühmte Barton Keyes aus "Double Indemnity - Frau ohne Gewissen" (1944) ...

Deine Assoziation ist ganz richtig. Balthoff synchronisierte in der deutschen Fassung von 1950 tatsächlich Edward G. Robinson in "Frau ohne Gewissen". Die Synchrondatenbank wirft außerdem Ernst Wilhelm Borchert auf Fred MacMurray, Elisabeth Ried auf Barbara Stanwyck und Gina Presgott auf Jean Heather (Lola Dietrichson) aus. Eine weitere interessante Querverbindung zu berühmten Forumsnamen: Synchronregie und Dialogbuch übernahm damals Ernst Schröder mit seiner Berliner Elite Film.

Percy Lister Offline



Beiträge: 3.589

27.10.2013 15:02
#35 RE: Bewertet: diverse TV-Krimis von Pidax Zitat · Antworten

BEWERTET: "Die letzte Folge" (Deutschland 1964)
mit: Hellmut Lange, Ursula von Manescul, Ivan Desny, Margitta Scherr, Ralph Wolter, Ghislaine Arsac, Claude Vernier, Maja Scholz, Inken Deter - Theaterstück von Michel Arnaud und Tania Ballachowa, Bearbeitung: Claude Vernier, Franz M. Lang - Regie: Franz M. Lang



Fernsehautor Jean Pierre arbeitet am letzten Kapitel seines Kriminalmehrteilers. Um auf neue Gedanken zu kommen, mieten sich er und seine Mitarbeiter bei seinem Freund André ein, der ein abgelegenes Landhaus besitzt. Es regnet unaufhörlich, zudem sorgen die wechselnden Launen der Anwesenden für Anspannung. Als eine der Frauen ermordet wird, entwickelt sich im Haus eine Atmosphäre der Angst und des Misstrauens: Wer könnte die Gelegenheit und das Motiv gehabt haben, zu töten? Werden die Anwesenden das Rätsel selbst lösen und einen weiteren Mord verhindern können?

Das Fernsehspiel nach einem erfolgreichen französischen Theaterstück kann durch seine raffinierte Ausleuchtung und eine ausgewogene Mischung aus Panorama- und Naheinstellungen über die Beschränktheit des Raums hinwegtäuschen. Der Blick durch die Fenster, an denen der Regen hinunterperlt und die Andeutung einer zweiten Wohnebene, auf der das Verbrechen passiert, sorgen dafür, dass die Handlung über die Grenzen einer Theaterbühne hinauswachsen kann. Von Anfang an geht es um die Aufklärung eines komplizierten Mordes, zunächst auf dem Papier, dann in der Realität. Anschaulich wird aufgezeigt, was geschieht, wenn ein Ereignis eine Gruppe unvermittelt trifft und ihre Phantasie und Kombinationsgabe bis aufs äußerste beansprucht werden. In der Ausnahmesituation werden Geheimnisse gelüftet und neue Erkenntnisse über die wahre Qualität der Beteiligten gewonnen. Spielten die Anwesenden vor dem Mord mehr oder weniger eine Rolle, so ändert sich ihr Verhalten mit dem Schrecken und der Gefahr einer Wiederholung. Die naseweise Blondine gibt das Posieren auf, der gelassene Autor besinnt sich auf die Dringlichkeit der Tataufklärung und die introvertierte Sekretärin begnügt sich nicht länger damit, die Gedanken anderer zu Papier zu bringen. Jeder ist gefordert, eine Lösung zu finden.



Ursula von Manescul (1931-1991), eine der beliebtesten Fernsehansagerinnen ihrer Zeit, war zum Drehzeitpunkt Chefansagerin beim Südwestfunk-Fernsehen und mit dem Regisseur Franz M. Lang verheiratet. Ihre vielseitige Begabung brachte ihr nicht nur die Moderation einer Hörfunksendung zum Thema Oper/Operette ein, sondern ließ sie auch immer wieder Engagements als Schauspielerin annehmen. Die stille Privatsekretärin Sonja stattet sie mit einer geheimnisvollen Aura aus. Zunächst verhält sie sich, wie man es von einer Frau in ihrer Position erwartet: diskret, anpassungsfähig und unauffällig. Doch bald stellt sich heraus, dass man sie unterschätzt hat; ihre Intelligenz und ihr Einfühlungsvermögen bringen sie auf die richtige Lösung. Man hört gebannt ihren Ausführungen zu, die jede Möglichkeit abwägen.

Hellmut Lange hat als Kriminalschriftsteller die Rolle des Abgebrühten, Vorausschauenden und daher emotional trockenen Mannes inne, der sich durch einen Mord kaum beeindrucken lässt - von unerwarteten Gefühlsregungen jedoch umso mehr. Ivan Desny ergänzt Langes Part sehr gut. Seine Unaufdringlichkeit sorgt für leise Töne, die dem Fernsehspiel Tiefe verleihen. Leider glaubte man zur Hoch-Zeit von Edgar Wallace an den anscheinend unverzichtbaren Humor-Faktor, der sich meist an einer Person festmacht und meistens völlig aus dem Ruder läuft. Hier bekommen wir es mit einer jungen Frau zu tun, der man den Anstrich "Blondes Dummchen" verpasste und ihr zu diesem Zwecke eine Perücke aufsetzte.



Margitta Scherr war gerade erst neunzehn Jahre alt, als sie in "Die letzte Folge" die psychisch labile Minou spielte. Könnte man aufgrund ihres exzentrischen Auftretens auf eine Amateurin schließen, täuscht man sich: Die bayerische Darstellerin hatte bereits mehrere Fernseh- und Kinoauftritte (u.a. in "Das Riesenrad" und "Das süße Leben des Grafen Bobby") absolviert. Claude Vernier, der zusammen mit dem Regisseur die französische Vorlage für die Fernsehumsetzung bearbeitete, übernahm die Rolle des seltsamen Bruders von Minou. Er soll unheimlich und bedrohlich wirken, geht aber im Star-Ensemble unter. Ghislaine Arsac als Danielle hinterlässt einen nachhaltigen Eindruck. Ich fand sie sehr apart und hätte ihr eine längere Screentime gegönnt. Sie verleiht dem Krimi Stil und einen Hauch der mondänen Welt.
Ralph Wolter überrascht in einer ernsten Rolle, die ich ihm aufgrund seiner sonstigen Auftritte nicht zugetraut hatte. Eine mutige, aber richtige Besetzung!

Ich bin auch nach der Zweitsichtung hellauf begeistert und vergebe 5 von 5 Punkten.

Gubanov ( gelöscht )
Beiträge:

21.03.2014 15:10
#36 RE: Bewertet: diverse TV-Krimis von Pidax Zitat · Antworten



Die letzte Folge

TV-Kriminalfilm, BRD / FR 1964. Regie: Franz M. Lang. Drehbuch: Franz M. Lang, Claude Vernier (Vorlage „D’après nature ou presque“: Michel Arnaud, Tania Ballachowa). Mit: Ivan Desny, Ursula von Manescul, Hellmut Lange, Margitta Scherr, Claude Vernier, Ralf Wolter, Ghisraine Arsac, Sonja Mutter, Maja Scholz, Inken Deter u.a.

Zitat von Die letzte Folge
Einen perfekten abstrakten Mord hat Jean Pierre schon begangen: auf dem Papier in einem Drehbuch für einen Fernsehmehrteiler. Der findige Autor hat jedoch keinen blassen Schimmer, wie er die vertrackte Geschichte zu einem Ende bringen soll. Dabei hilft ihm nun ein echter Mörder: In einem Landhaus, abgeschnitten von der Außenwelt, verwirklicht er die Geschehnisse des TV-Krimis. Und die abstrakte Gefahr wird für alle Anwesenden plötzlich unangenehm real ...


Von vielen Fernsehspielen seiner Zeit hebt sich „Die letzte Folge“ als vom Hier und Jetzt entfesseltes Gruselmärchen ab, das mit den typischen Merkmalen eines Landhauskrimis spielt und durch deren selbstreferenzielle Verwendung eine zwar ironische, aber auch selbstbewusst spannende Atmosphäre erzeugt. Sofort merkt man der Produktion an, dass sie sich große Schuhe anzieht: Vergleiche zu Agatha Christies „Zehn kleinen Negerlein“, zu allen möglichen Gothic-Gruslern mit sturmumtobten Villen sowie ein durch die internationale Besetzung und Rollen begründetes Flair der großen, weiten Welt machen „Die letzte Folge“ zu einem ungewöhnlichen und eben einmal nicht klassisch deutschen Seherlebnis.

Vor allem die anfängliche Gegenüberstellung aus Fiktion und Realität (oder wie es letztlich beim Zuschauer ankommt: fiktiver Fiktion und realer Fiktion) gestaltet sich äußerst reizvoll. Obwohl man schnell ahnt, in welche Richtung sich die Ereignisse bewegen werden, schadet ein gewisses Maß der Vorhersehbarkeit dem Krimi keineswegs: Schon Alfred Hitchcock vertrat schließlich die Theorie, dass Suspense vor allem dann aufgebaut wird, wenn das Publikum einen Wissensvorsprung gegenüber den handelnden Charakteren hat. „Die letzte Folge“ exerziert dieses Muster in Reinform vor und nutzt die Kraft eines Déjà vus auch auf optischer Ebene sehr reizvoll aus.

Ein wenig bedauerlich ist es, dass bei diesem ungemein spannenden Fundament die Figuren teilweise ungeschickt gestaltet wurden. Anstatt ihnen die für die Handlung nötige Noblesse zu verleihen, fiel man letztlich doch in kleinkarierte Denkmuster zurück, bloß genug Humor und Panik servieren zu müssen, um die Aufmerksamkeit des Publikums nicht versanden zu lassen. Die Rollen von Margitta Scherr, Ralf Wolter und Claude Vernier hätten diesbezüglich einer Umarbeitung bedurft, um „Die letzte Folge“ in letzter Konsequenz zu einem Höhepunkt unter den TV-Krimis zu machen. Dagegen übernahm das Trio Ivan Desny, Hellmut Lange und Ursula von Manescul überaus dankbare Rollen, die sich durch eine durchdachte Vorgehensweise auszeichnen und ihre Zwangslage kritisch zu reflektieren wissen. Sie äußern Verdachtsmomente gegen die Anwesenden, wobei deren Reaktionen auf diese nüchterne Betrachtung der Dinge Bände über die Charaktere und ihr Begriffsvermögen spricht.

Die Auflösung kommt durchaus überraschend, nachdem die Produktion viele Anstrengungen unternahm, um den Verdacht in eine andere Richtung zu lenken. Während die Erklärung der Vorkommnisse durchaus glaubhaft erscheint, muss man jedoch einschränken, dass das Ende des Films nicht mit der Güte des Anfangs vergleichbar ist und somit nicht alle Erwartungen erfüllt, die man sich aufgrund des wirklich hervorragenden ersten Teils gemacht hatte.

Eine spannende Hommage an den Krimi als fantastische Kunst von Konstruktion und Dekonstruktion. Die örtlich und zeitlich entrückte Handlung entfaltet nicht nur ein hohes Maß an Nervenkitzel, sondern auch ein internationales Flair. Vor diesem Hintergrund wirken einige allzu konservative Entscheidungen der Produktionsverantwortlichen deplatziert und führen zu einem Abzug in der B-Note. 4 von 5 Punkten. Der Film hätte als Kinofilm vielleicht noch besser funktioniert.

Gubanov ( gelöscht )
Beiträge:

21.03.2014 16:35
#37 RE: Bewertet: diverse TV-Krimis von Pidax Zitat · Antworten



Vor der Eröffnung dieses Threads gab es bereits ein Thema zum von Pidax-Film veröffentlichten TV-Kriminalfilm „Verhör am Nachmittag“ (BRD 1965. Regie: Walter Davy. Drehbuch: Wolfgang Menge. Mit: Hans Nielsen, Anaid Iplicjian, Alexander Allerson, Vera Tschechowa, Käthe Lindenberg, Carl Brückel, Dagmar Bensiek, Carmen Steinkrauß, Heide Keller, Margit von Munster u.a.). Die Besprechungen dazu können in unter diesem Link nachgelesen werden. Es handelt sich um ein Kammerspiel des WDR, in dem die Polizei unter Leitung von Kriminalrat Ücker einen Mordfall lediglich anhand von Zeugenbefragungen aufklärt.

Matze K. Offline



Beiträge: 1.060

08.04.2014 05:54
#38 RE: Bewertet: diverse TV-Krimis von Pidax Zitat · Antworten



Mein bisher 3. Pidax-TV-Krimi und damit auch der drittbeste

Die Story war etwas sehr durchschaubar. Die Verfolgungsjagd zumindestens das Ende zu plötzlich. Auch andere unnormale Handlungen (um nicht spoilerisch tätig zu werden).

Aufgrund der Besetzung gibt´s 3,5 von 5. Ach so die anderen Beiden waren Spuk im Morgengraun (5 Punkte) und Kopf in der Schlinge (4,5 Punkte).

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Immer wenn du lügst, muss Jesus Blut weinen.
(Todd Flanders)

Gubanov ( gelöscht )
Beiträge:

08.04.2014 08:24
#39 RE: Bewertet: diverse TV-Krimis von Pidax Zitat · Antworten

Auch zu "Schritte in der Nacht" wurden vor der Eröffnung dieses Threads bereits Besprechungen an anderer Stelle abgelegt. Auf diese sei an dieser Stelle hingewiesen. Die Geschichte vom plötzlich aus unerklärlichen Gründen verfolgten Mann gerät in der Tat sehr abenteuerlich, während sie eher lau in Szene gesetzt wurde - ein typisches Beispiel dafür, wie man sich im noch weltunerfahrenen Deutschland das wilde Amerika vorstellte. Mit deiner Punktwertung, Matze, stimme ich absolut überein.

Mark Paxton Offline




Beiträge: 347

08.04.2014 16:49
#40 RE: Bewertet: diverse TV-Krimis von Pidax Zitat · Antworten

Och, ich mochte "Schritte in der Nacht" sehr gerne, der Film ist doch recht spannend. Beim abrupten Ende gebe ich euch jedoch recht.

Ich sah neulich nochmals "Ein Todesfall wird vorbereitet". Der Film lässt sich wunderbar auch als Zweiteiler an zwei Abenden gucken, da ja mal nach einer guten Stunde (bei einer Laufzeit von 2 Stunden etwa) ein Einschnitt da ist. Besonderes Vergnügen bereitete mir erneut Alfred Balthoff als Ermittler. Dieser Mann gibt eine unglaublich originelle Detektivfigur ab, die ich gerne später nochmals in Serie gesehen hätte. Eine beachtliche Leistung dieses sonst leider eher immer etwas unbeachteten Mannes.

Matze K. Offline



Beiträge: 1.060

09.04.2014 05:38
#41 RE: Bewertet: diverse TV-Krimis von Pidax Zitat · Antworten

Zitat von Gubanov im Beitrag #39
Auch zu "Schritte in der Nacht" wurden vor der Eröffnung dieses Threads bereits Besprechungen an anderer Stelle abgelegt. Auf diese sei an dieser Stelle hingewiesen. Die Geschichte vom plötzlich aus unerklärlichen Gründen verfolgten Mann gerät in der Tat sehr abenteuerlich, während sie eher lau in Szene gesetzt wurde - ein typisches Beispiel dafür, wie man sich im noch weltunerfahrenen Deutschland das wilde Amerika vorstellte. Mit deiner Punktwertung, Matze, stimme ich absolut überein.


Oh Sorry - hab mir mal wieder nicht die Mühe gemacht zu schaun, ob es noch einen anderen Thread gabund ich hab nochmal nachgesehen - mit 3 Pidaxkrimis stimmts auch nicht -> Der Geisterzug -> sehr schön gemacht !!! Schön düster und der Schroffel Günther Neutze wieder. (5 Punkte) und "Konto ausgeglichen" -> Story sagt mir nicht so zu aber an sonsten i. O. (würd ich jetzt 3,75 geben *gg*)

Zu Schritte nochmal: Also Amerikanisch war da nix. Das hätte eher nach Frankreich gepasst. Man hätte nur die Währung tauschen müssen *gg*. Und wieviele Eriks gibts in den USA -> da hätte ich für die Hauptfigur einen typischeren Namen gewählt -> Bill, John, Winston oder so was

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Immer wenn du lügst, muss Jesus Blut weinen.
(Todd Flanders)

schwarzseher Offline



Beiträge: 626

13.04.2014 17:40
#42 RE: Bewertet: diverse TV-Krimis von Pidax Zitat · Antworten

An unserem Forum schätze ich besonders die Einschätzungen der jeweiligen Filme durch die "Forums-Kritiker ".Und vor mancher Kaufentscheidung werfe ich einen Blick ins Forum.
Bei meiner letzten Pidax Lieferung war dann auch "Die letzte Folge " die ich mir dann auch mit viel Vorfreude angesehen habe.
Aber leider kann ich die doch sehr positive Bewertung hier im Forum nicht teilen.Langweilig,spannend ? eher nicht, teilweise eher Richtung Kommödie ( zB. Margitta Scherr hätte besser zum Kommödienstadel dieser Zeit gepasst ,der "Bruder" mit seiner total überzeichneten Figur in irgendein Drama.
Für mich leider ein Fehlkauf.( Obwohl ich sonst die gut gemachten Kammerspiel Krimis mag )

Havi17 Offline




Beiträge: 3.764

13.04.2014 21:15
#43 RE: Bewertet: diverse TV-Krimis von Pidax Zitat · Antworten

Zitat von Gubanov im Beitrag #20
Albern finde ich aber, sich bei Kritik an Pidax mit einem so plakativen Spruch

Zitat von Georg
Interessiert Dich der Film überhaupt

konfrontiert zu sehen.

Stimme Georg hier voll und ganz zu !
Für Diskussionen um Bildqualität und Bildformate sollte besser ein eigener Thread aufgemacht werden.
Hier kann man ja dann z.B. einen Wettbewerb um den Film mit der besten Qualität veranstalten

Zu Film-Rezensionen gehört meiner Meinung nach nur pur einen Bewertung des Films

Gruss
Havi17

Edgar007 Offline




Beiträge: 2.595

14.04.2014 06:53
#44 RE: Bewertet: diverse TV-Krimis von Pidax Zitat · Antworten

Zitat von Havi17 im Beitrag #43
Zu Film-Rezensionen gehört meiner Meinung nach nur pur einen Bewertung des Films

Das sehe ich hier anders. Da der Thread-Titel "TV-Krimis von Pidax" heißt, finde ich schon, daß hier die DVD selbst auch bewertet werden soll. Für mich ist das schon ein Kaufargument (oder eben nicht), wenn der Film in korrekten Format und in einer ansprechenden Qualität veröffentlicht wird.

schwarzseher Offline



Beiträge: 626

15.04.2014 20:12
#45 RE: Bewertet: diverse TV-Krimis von Pidax Zitat · Antworten

Eine DVD/Film Kritik über Pidax Filme sollte schon kompakt informieren , da sich einige ( ich zum Beispiel ) gerne vor einem Kauf mal anschauen was andere darüber denken.Da ist es schlicht umständlich wenn ich hier die Rezension mir anschaue und dann nach einem Thread über die Qualität der DVD suchen müsste.
Ich würde weiterhin eine Gesamtbeurteilung begrüßen.

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