Sie sind vermutlich noch nicht im Forum angemeldet - Klicken Sie hier um sich kostenlos anzumelden Impressum 
Forum Edgar Wallace ,...



Sie können sich hier anmelden
Dieses Thema hat 21 Antworten
und wurde 4.422 mal aufgerufen
 Film- und Fernsehklassiker international
Seiten 1 | 2
Prisma Offline




Beiträge: 7.591

06.08.2012 21:35
Sammelthread - Jess Franco Filme Zitat · Antworten



In diesem Thread können alle Filme des spanischen Regisseurs Jess Franco (* 12.05.1930 in Madrid) ihren Platz finden, die es womöglich nicht gerade verdient haben, einen eigenen Thread zu bekommen. Auf seine ganz bestimmte Art und Weise ist Jess Franco auch zu den Meistern zu zählen, denn auch er genießt schon längst einen unbestrittenen Kultstatus, wenn er beim Betrachten einiger Werke womöglich auch zweifelhaft erscheint. Dennoch hat die Franco-Fabrik mitunter sehr gelungene Produktionen beschert, die vor allem durch ihren hohen, wenn auch teils eigenartigen Unterhaltungswert in Erinnerung bleiben. Hinzu kommt, dass sich haufenweise Stars in seinen Experimenten versammelten, die persönlich gesehen ein Ansehen seiner Titel unbedingt erforderlich machen, oder man kann auch diejenigen bewundern, die unter ihm erst noch groß werden sollten. Häufig kommt es vor, dass man beinahe fassungslos vor einigen Endergebnissen steht, die es heute in dieser Form niemals mehr geben würde, trotzdem üben diese Werke eine diffuse Faszination aus, natürlich nur, wenn man sich darauf einlassen kann. So wird das Wort Trash gerne mit Jess Franco in direkten Zusammenhang gebracht, und es ist sogar häufig nicht allzu weit hergeholt. Aber wie wir wissen, kann so genannter Trash ja so unheimlich schön und unterhaltsam sein. Mir hat er mit seinen Filmen jedenfalls schon unzählige begeisternde und fesselnde, aber auch denkwürdige uns sogar fassungslose Momente beschert. Für den Zuschauer hält er eben ein breites Spektrum an Möglichkeiten offen und ich bleibe dabei, dass aus seiner Schmiede für jeden Filmliebhaber etwas Interessantes dabei sein könnte...

Prisma Offline




Beiträge: 7.591

06.08.2012 21:50
#2 Bewertet: "Der heiße Tod" (1969) Zitat · Antworten



DER HEIßE TOD / 99 WOMEN / ISLAND OF DESPAIR (1969)

mit Maria Schell, Mercedes McCambridge, Maria Rohm, Elisa Montés, Rosalba Neri sowie Luciana Paluzzi und Herbert Lom





Langsam bewegt sich ein Boot mit neuen Strafgefangenen auf eine Insel zu. Marie (Maria Rohm), Helga (Elisa Montés) und Natalie (Luciana Paluzzi) wurden gerade verurteilt und werden nun in das berüchtigte Gefängnis überführt. In dieser Festung herrscht Willkür und Angst, denn die Direktorin Thelma Diaz (Mercedes McCambridge) hat sehr eigenwillige Ansichten vom Strafvollzug. Sie regiert mit harter Hand und unmenschlichen Methoden, und bekommt dabei die Absolution von Oben. Der Gouverneur (Herbert Lom) trägt jede noch so zweifelhafte Entscheidung mit, da er im Gefängnis mit jungen Frauen versorgt wird. Als sich jedoch einige ungeklärte Todesfälle hinter diesen Mauern ereignen, und sich Hinweise auf Unregelmäßigkeiten häufen, beauftragt das zuständige Ministerium eine ambitionierte Inspectrice namens Leonie Caroll (Maria Schell), die für Aufklärung sorgen soll. Schon nach kürzester Zeit tun sich Abgründe auf und es entsteht ein erbittertes Tauziehen zwischen allen Parteien, welches im Kampf ums Überleben gipfelt...

Jess Franco und Starbesetzung, das ist immer wieder ein großes Vergnügen! Wenn dann auch der Film für seine Verhältnisse auch noch überdurchschnittlich geworden ist, bleiben keine Wünsche offen. "Der heiße Tod" ist so ein gelungenes Beispiel geworden und ihm ist wirklich nichts vorzuwerfen. Jess Franco und die women in prison Streifen sollten mit den Jahren ja eine richtige Domäne von ihm werden, wobei die Tendenz der Qualität leider mit der Zeit immer deutlicher bergab ging. Mit diesem Beitrag befand man sich quasi noch in den Kinderschuhen aber es ist ein erstaunliches Ergebnis dabei herausgekommen. Zwar erkennt man bereits hier, wohin sich die Regie später ausschließlicher oder gar rücksichtsloser hin orientieren würde, aber dabei handelt es sich eben um einen charakteristischen Stempel, ein Markenzeichen wenn man so will. Jess Franco hatte für '99 Women' eine beachtliche Starbesetzung zur Verfügung, und es ist schön, dass er immer wieder auf bewährte Pferde im Stall setzte.





Man mag sich vielleicht Fragen wie Weltstar Maria Schell in einem Jess Franco Film landen konnte, aber es war ja nicht ihre einzige Partizipation unter ihm. Beim ersten Anschauen wirkte sie beinahe wie ein Fremdkörper in diesem bunten Treiben, allerdings stellt sie einen bedeutenden Kontrast im Gegensatz zu ihren Kontrahenten dar, und sie möbelt das Geschehen mit präziser Darstellkunst auf. Miss Caroll begibt sich auf eine Fahrt ins Ungewisse, sie ist zunächst hoch ambitioniert und glaubt, die Geschehnisse im Gefängnis positiv beeinflussen zu können. Mit ihrer Partei ergreifenden Art und dem Demonstrieren von Wertevorstellungen verschafft sie sich schnell Vertrauen und sie hat ihr Ziel fest vor Augen, dem Schrecken und der Willkürherrschaft ein Ende zu setzen. Maria Schell war zu den Dreharbeiten schon gut über vierzig Jahre alt und sie wirkt reifer, hatte jedoch nichts von ihrer Attraktivität verloren. So beschäftigt sich die Kamera mit ausgiebigen Großaufnahmen ihres sanften Gesichtes, und konzentriert sich auffallend auf die Sprache ihrer kraftvollen Augen, die in diesem Szenario jede Gefühlslage frappant untermauern. Sie wirkt wie der einzige Hoffnungsschimmer in diesem trostlosen Ambiente, doch ihre anfängliche Übermotivation und die selbst erzwungene Gelassenheit werden von allen Seiten her ausgebremst, bis man ihr dabei zusehen kann, wie sie gegen hohe Widerstände kapitulieren, und gegen die eigene Resignation ankämpfen muss. Eine beachtliche Leistung von Maria Schell! Ihre Kontrahentin bekommt von Oscar-Preisträgerin Mercedes McCambridge ein beängstigendes Gesicht. Dabei geht dem Zuschauer ihre weltbekannte Stimme durch Mark und Bein. Mercedes McCambridge lieh der besessenen Linda Blair ihre infernale Stimme in William Friedkins 'The Exorcist" aus dem Jahre 1973; mich erinnerte sie sogar sehr häufig an Therese Giehse in "Mädchen in Uniform", da sie den selben lüsternen Gesang in der Stimme transportiert, wenn sie andere demütigen, quälen und ihnen Befehle erteilen kann. Ihre Superintendantin Thelma Diaz muss man einfach abgrundtief hassen, ihre Performance dagegen lieben. Hochklassig ist, wie sie das knallharte Regiment in ihrem Gefangenenlager führt, und ausgefeilt ist die Darstellung einer Frau, die plötzlich Kompetenzprobleme bekommt und sich permanent zusammennehmen muss, damit sie nicht explodiert. Herbert Lom als widerwärtiger Gouverneur rundet das teuflische Duo gekonnt mit einer Präzisionsvorstellung ab. Er stärkt der Aufseherin des Gefängnisses bei jeder Entscheidung den Rücken, da er dadurch Annehmlichkeiten in Form von vorzugsweise blonden Insassinnen verschafft bekommt. Ansonsten besticht Herbert Lom durch eisige Kälte und sein unerbittliches, dominantes Wesen.

So komme ich auch schon - oder erst jetzt - zu einigen Damen der '99 Women'. Die eigentliche Hauptrolle in diesem Film spielt wie so oft, und entgegen der Anordnungen in den jeweiligen Titelcredits, Maria Rohm (die eigentlich Helga Maria Grohmann heißt). Sie zählte über Jahre zur Stammbesetzung des spanischen Regisseurs. Ihr zerbrechlich wirkendes Wesen und die dunklen, traurigen Augen prädestinierten sie für Opferrollen im Franco-Kosmos, ihre Interpretation hier meistert sie mit leichter Raffinesse ohne jedoch mit großartiger Tiefe ausgestattet zu sein. Die tragische Heldin wirkt daher beinahe exotisch neben all diesem Pack im Gefängnis. Mit Partnerin Rosalba Neri gehen auch die Wünsche der Regie in Erfüllung, denn es wurden ein paar erotische Einlagen zum Besten gegeben, zu dieser Zeit aber wohlgemerkt noch im ästhetischen Rahmen. Neri spielt das durchtriebene Luder wie immer mit Bravour, ihre Striptease-Szene in einer der Rückblenden zählt unbedingt zu den erotischen Höhepunkten des kompletten Films. Elisa Montés ("Der Todesrächer von Soho") wirkt verkommen und vulgär, hat dafür aber einen guten Kern und wirkt sehr sympathisch, außerdem freundet sie sich mit der Protagonistin an. Tja, und was man von Luciana Paluzzi geboten bekommt stimmt schon etwas ratlos, denn sie kommt nicht über eine kleine Stargastrolle hinaus, wohl als Lockvogel für potentielle Kinobesucher. Ihre fünf Worte hat der Zuschauer nach einmaligem Anschauen auswendig gelernt und schade ist, dass aus dieser Rolle nicht das Geringste herauszuholen war. So bleibt sie leider ausdruckslos, irrelevant und schließlich überflüssig in Erinnerung. Insgesamt hatte man hier wirklich eine spektakuläre Besetzung vereint, die entweder auf darstellerischer Ebene, oder im optischen Sinne eine durchschlagende Überzeugungskraft vermitteln konnten. Und was ich noch ausdrücklich betonen möchte: in diesem Knast hätte ich mir noch gewünscht, Ewa Stroemberg zu sehen!

Nicht von ungefähr habe ich zuerst "Der heiße Tod" ausgewählt, weil er für einen Jess Franco Film schon fast makellos erscheint, und ich ihn (von den mir bekannten Werken) vielleicht für seinen besten Film halte. Über die Starbesetzung brauche ich nicht weiter zu schwärmen, sie spricht definitiv für sich selbst. Aber auch als Komplettpaket funktioniert diese Produktion erstaunlich gut. Die Schauplätze sind aussagekräftig und offenbaren einen flexiblen Verlauf, selbst die Vorhersehbarkeit verschwindet nachher plötzlich hinter Gittern. Hinzu kommt, dass mit Carlo Savina, musikalisch gesehen, ein richtiger Meister am Werk war, der dem Geschehen einen eingängigen Schliff geben konnte. Die Rückblenden, in denen die Gefangenen schildern, warum sie verurteilt wurden, sorgen für eine gelungene Abwechslung fernab der Strafanstalt, wenn sie auch nicht besonders originell erscheinen, auch ein Fluchtversuch durch unwegsames Gebiet mit all seinen Gefahren wurde gekonnt inszeniert. In den Bereichen Erotik und Brutalität hielt man sich noch sehr stark zurück, man sieht relativ wenige charakteristische Effekte wie beispielsweise Folter, dafür aber schauspielerische Finesse und herrliche Dialoge. Ich kann also in aller Bescheidenheit behaupten: wenn ich jemals restlos begeistert gewesen bin, einen Franco gesehen zu haben, dann heißt er definitiv "Der heiße Tod". Hochinteressant!

Mr Keeney Offline




Beiträge: 1.365

06.08.2012 21:53
#3 RE: Sammelthread - Jess Franco Filme Zitat · Antworten

Dieser Thread ist wirklich längst überfällig , und wenn Prisma ein derartiges "Projekt" anstößt, darf man mit Fug und Recht erwartungsvoll-hochgespannt auf die weitere Entwicklung sein. Ich freue mich!

Vielleicht kann ich ja dabei auch nochmal meinen Zugang zu Franco neu pflastern (lassen?), bisher waren meine Franco-Anläufe doch arg "verholpert"...

Josh Offline




Beiträge: 7.928

06.08.2012 22:06
#4 RE: Sammelthread - Jess Franco Filme Zitat · Antworten

Ich glaube zwar nicht, dass du meine Meinung über Onkel Jess grundlegend ändern wirst, aber ich freue mich auf deine Rezensionen. Vielleicht gebe ich danach dem ein oder anderen Filmchen noch mal eine Chance...

Prisma Offline




Beiträge: 7.591

06.08.2012 22:10
#5 RE: Bewertet: "Der heiße Tod" (1969) Zitat · Antworten

Vielen Dank Mr Keeney, die Freude ist ganz auf meiner Seite!
Die Entwicklung bleibt natürlich abzuwarten, denn schließlich habe ich bereits mein bestes Pferd ins Rennen geschickt!


Und hier der interessante Trailer auf einer noch interessanteren Seite:

http://www.mariarohm.com/films/99-women/

Prisma Offline




Beiträge: 7.591

06.08.2012 22:20
#6 RE: Sammelthread - Jess Franco Filme Zitat · Antworten

Nein, es geht ja auch nicht darum, Meinungen über ihn zu ändern. Die sind in der Regel unerschütterlich. Doch manche seiner Filme touchieren unsere allgemeinen Interessengebiete ja schon ein wenig oder sogar unmittelbar. Man denke an den legendären "Der Teufel kam aus Akasava"! Die nächsten Filmbesprechungen werden wohl auch etwas nüchterner ausfallen, da ich mir noch ein paar Bonbons in Form von seinen guten Filmen für später aufheben muss.

Prisma Offline




Beiträge: 7.591

07.08.2012 15:35
#7 Bewertet: "Sie tötete in Ekstase" (1971) Zitat · Antworten



SIE TÖTETE IN EKSTASE / SHE KILLED IN ECSTASY (1971)

mit Susann Korda, Fred Williams, Horst Tappert, Paul Muller, Howard Vernon und Ewa Stroemberg





Als bekannt wird, dass Dr. Johnson (Fred Williams) gentechnische Experimente an menschlichen Embryonen durchführt, indem er diese mit tierischem Erbgut vermischt, verliert er seine Approbation. Auch seine Rechtfertigungen, dass er der Menschheit einen großen Dienst erweisen wolle um chronische Krankheiten zu bekämpfen, stimmen seine Kollegen nicht milder. Ganz im Gegenteil. Die Gruppe von Professoren und Doktoren treibt ihn mit ihrer zerstörerischen Kritik in den Selbstmord. Dr. Johnsons schöne, junge Frau (Susann Korda) schwört bei der Leiche ihres geliebten Mannes brutale Rache an den Verantwortlichen zu nehmen, und macht ihre Opfer auch schnellstens ausfindig. Dabei kommen ihr ihre körperlichen Reize zu Gute. Ihr erstes Opfer ist Professor Walker (Howard Vernon), der ihrem Mann am übelsten mitspielte. Sie gibt sich als Prostituierte aus, und schließlich findet er sein qualvolles Ende in der Sexfolter der Witwe Johnson. Wer wird das nächste Opfer sein?

Dann schicke ich mal einen kleinen Jess Franco Klassiker ins Rennen. Bei dieser deutsch-spanischen Co-Produktion der Tele-Cine handelt es sich um einen eher bizarren Beitrag des Regisseurs, den ich persönlich sehr gerne mag, aber der im herkömmlichen Sinne wohl eher unverdauliche Kost darstellt. Wie kann man "Sie tötete in Ekstase" eigentlich nennen? Erotik-Thriller? Erotik-Krimi? Erotik-Trash? Das muss jeder selbst entscheiden, nur das erste Wort sollte nicht fehlen;) Für franco'sche Verhältnisse ist die handwerkliche Umsetzung als sehr gelungen zu bezeichnen, überhaupt hat man es insgesamt mit einem ungewöhnlich dialogreichen Film von ihm zu tun, den die Titeldarstellerin mit sehnsüchtigen, beinahe lyrisch angehauchten Monologen ausschmücken durfte. Die Quantität sagt hier allerdings wenig über die Qualität aus. Im kompletten Film kann man jedenfalls die eindeutige Handschrift von Jess Franco sehen, die noch weniger aufdringlich wirkt als in späteren Jahren. Die Stammbesetzung bezüglich Stab und Darstellern sorgt für eine verlässliche Angelegenheit.





Hauptdarstellerin Susann Korda dominiert das Geschehen im unumstrittenen Alleingang. Für sie war es leider ihr letzter Film, da sie im selben Jahr, erst siebenundzwanzigjährig, tödlich verunglückte. Oft denke ich daran, was die Kollaboration zwischen ihr und Jess Franco noch hergegeben hätte. Auch auf die Gefahr hin, dass ich auf Unverständnis stoße, aber Lina Romay war im Gegensatz zu Susann Korda ein unappetitlicher Ersatz! Mrs. Johnson wird also ihren Mann rächen, und zwar mit ziemlich eindeutigen Methoden. Dabei ist ihre Motivation überaus zweifelhaft, ihre Performance hingegen ist unzweifelhaft schön. Ihrem Mann steht sie blind zur Seite, ohne womöglich je hinterfragt zu haben, was er im Rahmen seiner Experimente angestellt hat. So wird das Leitmotiv Rache auf den tönernen Füßen der uneingeschränkten (körperlichen) Liebe aufgebaut, und stellt somit nur einen der zahlreich vorhandenen Logikfehler im Geschehen dar. Dennoch wirkt Susann Korda überzeugend und vor allem faszinierend. Sie verführt alle ihre Opfer um sie im Lotterbett bestialisch zu erledigen. Ein Glück also, dass Ewa Stroemberg als Dr. Crawford wieder einmal lesbisch sein durfte. Ihre Ermordungsszene ist in ihrer spartanischen Ausführung jedoch sehr spektakulär geraten, an Einfällen hat es ohnehin meistens nicht gehapert. Ich glaube bei beiden Darstellerinnen immer gesehen zu haben, dass ihnen die lesbischen Einlagen nie besonders gut gefallen haben. Besonders die hoch verehrte Ewa Stroemberg wirkt bei diesen Gelegenheiten immer etwas reserviert und teilnahmslos. Dennoch sieht man hier eine der schönsten Rollen der Schwedin, sie vermittelt eine gut aufgelegte Note und strahlt in einer bemerkenswerten Schönheit.

Die Herren der Besetzung lassen weitgehend weniger Freude aufkommen. Die kurze Rolle von Fred Williams erfreut zunächst durch ihre Kürze, und besteht nur aus Aneinanderreihungen von ungünstigen Zooms, lächerlichen Aussagen und misslungenen Gefühlsdarbietungen. Es ist kein Geheimnis, dass ich ihn für einen miserablen Schauspieler halte, aber man hat ihn im Rahmen seiner Möglichkeiten schon deutlich besser gesehen. Seine ungeheuerlichen Aussagen wirken auch für damalige Verhältnisse alles andere als visionär und das Unangenehme daran ist, dass man als Zuschauer obendrein noch für dumm verkauft wird. Seine Rechtfertigungen und Ansichten sind einfältig und haltlos. Das Resultat ist, dass sich der Zuschauer verzweifelt auf die Suche nach seinem persönlichen Protagonisten begeben muss, da die Regie in dieser Frage vollkommen versagt und nur Verwirrung stiftet. Horst Tappert sieht man als Inspektor, der den Fall (der insgesamt etwas nebulös erscheint) aufzuklären hat. Seine Anwesenheitsdauer beschränkt sich dabei auf drei-vier magere Szenen, die durch Unterforderung im Gedächtnis bleiben. Auch er ist es, der am Ende des Films ein unfassbares Resumée liefern darf, das vor allem nur eine ungenierte Provokation zum Kopfschütteln darstellt. Oft habe ich die irrelevante Rolle der Polizei in diversen Filmen kritisiert, doch hier bekommt sie eine völlig neue Bedeutung. Die weiteren Rollen mit Howard Vernon und Paul Muller lassen wesentlich mehr Freude aufkommen. Sie verfallen der schönen Mrs. Johnson und stellen sich insgeheim die Frage, ob sie diese Dame nicht von irgendwo her kennen. Doch die jeweilige Perrücke der Psychopathin führt sie aufs Glatteis, und man kann sie nicht zuordnen. Erstaunliches liefert insbesondere Howard Vernon, der von seiner Peinigerin beschimpft und gedemütigt werden will. Was wäre ein solcher Film ohne einen Auftritt von Jess Franco himself? Er hatte sich eine größere Rolle auf den Leib geschneidert und zwang die Kamera schließlich, seine eigenen Fantasien festzuhalten, indem er (gefesselt auf einem Stuhl), die Sexfolter der Witwe Johnson in Dessous;) über sich ergehen lassen musste. Für den Zuschauer stellt das auch eine Art Folter dar, denn darstellerisch gesehen schießt Jess Franco dabei den Vogel mal wieder gnadenlos ab!

Ein Alternativtitel für diesen Film ist mit "Er inszenierte in Ekstase" schnell gefunden. Manchmal glaubt man fast zu sehen, dass sich der Regisseur von seinen eigenen Ideen, die dann schließlich zu Bildern wurden, ablenken ließ, und viele seiner teils originellen Einfälle nicht geordnet unter einen Hut bekam. Zu einseitig wirken Strategie und Kopflastigkeit seiner Produktionen, auch hier. Trotzdem hat man es mit "Sie tötete in Ekstase" mit einem unterhaltsamen Streifen zu tun, den man selbstverständlich nicht zu ernst nehmen sollte. Begeisternd finde ich mal wieder die häufig verwendete Musik von Manfred Hübler und Siegfried Schwab, bei der ich überhaupt nicht mehr hinterfragen möchte, ob sie denn nun immer abgestimmt zur jeweiligen Szene passt, weil ich diese Stücke für die mitunter gelungensten und eingängigsten dieser Zeit halte. Schöne Kamerafahrten und obligatorische Landschaftsaufnahmen sorgen für Atmosphäre, Ausstattung und Räumlichkeiten vermitteln einen schönen 70er Jahre Look. Die erotischen Sequenzen werden von Susann Korda ansehnlich dargestellt und helfen über ein paar weniger spektakuläre Passagen hinweg. Selbstverständlich braucht man auch nicht lange nach Logikfehlern zu suchen und über den moralischen Aspekt sollte man hier erst überhaupt nicht nachdenken. Die größte Gurke im Film sind leider die Auflösung und das Finale, denn hier wurde unerhört geschlampt. Mit diesem sehr gelungenen Beitrag kann man sich also schön berieseln lassen und den überzeichneten Charakteren beruhigt folgen. "Sie tötete in Ekstase" ist ein guter Franco der einen hohen Spaßfaktor garantiert, aber für den normalen Hausgebrauch wahrscheinlich ein mittelmäßiges und unglaubwürdiges Kuriosum darstellt. Ich persönlich sehe ihn jedenfalls immer wieder ganz gerne.

Prisma Offline




Beiträge: 7.591

10.08.2012 19:57
#8 Bewertet: "Greta - Haus ohne Männer" (1977) Zitat · Antworten



GRETA - HAUS OHNE MÄNNER / ILSA - THE WICKED WARDEN (1977)

mit Dyanne Thorne als Greta und Lina Romay, Tania Busselier, Peggy Markoff, Eric Falk, Esther Studer, u.a.





Alarm in der La Guardia-Klinik. Eine Frau ist aus der psychiatrischen Anstalt entflohen, die sehr abgelegen in unwegbarem Gebiet liegt. Sie wird von Aufseherinnen gehetzt und schließlich angeschossen, kann sich aber mit letzter Kraft in das Haus von Dr. Arcos (Jess Franco) retten. Bevor er sie jedoch behandeln kann, wird sie von der Leiterin der Klinik, Greta (Dyanne Thorne) und ihren Helfershelfern abtransportiert. Die Schwester der Verletzten, Abigail Philips (Tania Busselier) erfährt, dass die Entflohene verstorben sein soll. Sie bringt Dr. Arcos dazu, sie für den Zeitraum von 30 Tagen in die fragwürdige Anstalt einzuweisen, damit sie dort recherchieren kann. Anschließend soll er wieder für ihre Entlassung sorgen. Doch Abbi ahnt nicht, dass sie damit einen Freibrief in die Hölle bekommen hat. Nicht nur die sadistische Leiterin Greta, sondern auch die perverse Insassin Juana (Lina Romay) machen ihren Aufenthalt zur gefährlichen und unerträglichen Zerreißprobe. Wird sie Greta entlarven können?

Weil Jess Franco es immer gut verstand, sich an Tendenzen zu orientieren oder sich an aufkommende Trends heranzuheften, kam wohl dieser inoffizielle "Ilsa"-Teil zu Stande, der außer Dyanne Thorne und einiger Kolportage-Inhalte wenig mit der legendären Trilogie gemein hat. Die Handschrift des Regisseurs zieht sich hier wie ein roter Faden durch das Geschehen, außerdem serviert er dem Zuschauer seine bekannten Vorlieben und Praktiken. Als Projektionsfläche dafür fungierte wie so häufig und überwiegend Lina Romay. Der Film an sich ist ein typischer Reißer aus der Franco-Schmiede, orientiert sich daher eher an überaus praktischen Veranschaulichungen, als an der ernsthaften Abhandlung seiner Geschichte. So ist die Kopflastigkeit dieser Handlung beinahe schon erdrückend. Ich persönlich sehe es gerne positiv an, und glaube einen relativ klaren Aufbau herausfiltern zu können, aber es ist kein Geheimnis, dass man derartige Experimente einfach gerne sehen muss, ansonsten ist das alles schwer bekömmlich. Die Besetzung, die in großen Teilen recht unscheinbar aussehen mag, zeigt im Rahmen der einseitigen Abhandlung sehr gelungene Interpretationen.





Die Titelrolle übernahm die berüchtigte Dyanne Thorne (94 - 56 - 89), die allerdings nicht alle Register ziehen wird, wie es in ihren Ilsa-Filmen zu tun pflegte. Unter Jess Franco ist es natürlich klar, dass die sadistische Ader zugunsten einer perfiden, lesbisch-sadomasistisch Tendenz weichen musste. Sie wirkt daher nicht so dominant und gefährlich wie üblich und alles wurde hier ein wenig mehr weichgespült. Trotz allem strahlt Dyanne Thorne dabei eine nahezu abstoßende Anziehungskraft aus, die ihre gestraffte Auftrittsdauer weniger auffällig erscheinen lässt. Greta schaltet und waltet in ihrem nebulösen Sanatorium nach Herzenslust. Sie quält, peitscht und foltert ihre renitenten Kurgäste, vergnügt sich andererseits mit ihren Auserkorenen und zelebriert sexuelle Ausschweifungen par excellence. Dabei liefert Dyanne Thornes »Avanti! Du weißt doch was du zu tun hast.« zu Lina Romay den perfekten Einstand um ihre Gepflogenheiten zu veranschaulichen. Sich nur ein Spitzel mit ihr zu halten scheint dieser Dame zu langweilig zu sein. So fungiert Juana eben multifunktionell; von einer Informantin über eine Masseurin, bis hin zu einem lebendigen Nadelkissen. Jess Francos Einfälle mögen ja vielleicht publikumswirksam sein, aber schießen doch hin und wieder über das Ziel hinaus. Dass Dyanne Thorne vorzugsweise von der großartigen Ursula Heyer gesprochen wurde, lässt auch in "Greta - Haus ohne Männer" echte Freude aufkommen.

Lina Romay überzeugt hier restlos als durch und durch verdorbene Partnerin von womöglich allen Frauen in diesem Sanatorium. Die Chemie zwischen ihr und Greta scheint zu stimmen, denn sie brauchen sich und sie hassen sich. Lina Romays Juana steht dort in der Hierarchie ganz weit oben und zeigt sich als gelehrige Schülerin ihrer Mentorin Greta, denn sie hat ebenfalls ein perverses Vergnügen daran, ihre Mitgefangenen zu demütigen und zu quälen. So muss sie unter anderem Szenen interpretieren, die sich jenseits von Geschmack oder Selbstachtung wiederfinden. Um das Gesamtbild abzurunden wurde ihr noch ausgiebig Gossenton in den Mund gelegt. Ich wehre mich ja immer dagegen, Lina Romay anerkennend zu betrachten, doch wenn man sie als das annimmt was sie wirklich ist, nämlich das Elixier der späteren Franco Werke, dann kommt man hervorragend mit dieser Dame aus. Tania Busselier, die in der Klinik eingeschleust wird, macht bei den Voraussetzungen ihrer Rolle, und womöglich bei ihren begrenzten darstellerischen Fähigkeiten, einen recht annehmbaren Eindruck. Dabei muss sie viel über sich ergehen lassen. Im Spektrum von Demütigungen und Nötigung, bis hin zur Elektroschock-Folter darf sie ihr ganzes Repertoire ausspielen.

Folgende Aussage von Jess Franco wird auch hier exemplarisch in Bildern festgehalten: »Ich bin ein sexuell Besessener, ein enorm Besessener. Ich bin ein Voyeur und ich will davon nicht geheilt werden - daher mein gigantisches Vergnügen, Sexszenen zu erfinden, sie zu dirigieren, sie zu sehen und sie obendrein zu filmen...« Vermutlich entstanden erst genau deswegen zahlreiche Filme von ihm. "Greta - Haus ohne Männer" ist ein Film mit dünner Handlung, der mit üblichen, trivialen Zutaten gestreckt wurde. Daher ist der Blick für Details offensichtlich mal wieder verloren gegangen. Wenn man sich die Intention des Regisseurs immer wieder vor Augen hält kann man jedoch sagen, dass er seinen Absichten oder Wünschen immer wieder sehr nahe gekommen ist. Geschmückt wurde das Ganze mit obligatorischen Aufnahmen der Landschaft, und die Aufnahmen im Dschungel sind wirklich gut gelungen und auch die Musik wirkt recht angenehm, außerdem ist das Finale ein echtes Highlight. Dyanne Thorne hätte man für meinen Geschmack etwas prominenter in Szene setzen sollen, leider bleibt so überwiegend der Eindruck eines herkömmlichen Einheitsreißers mit Franco-Würze. Subjektiv gesehen hat der Film einen eindeutigen Reiz, da er in den Bereichen primitiver Unterhaltung und bestätigender Erwartung seinen Frondienst tun konnte.

brutus Offline




Beiträge: 13.030

10.08.2012 22:11
#9 RE: Bewertet: "Sie tötete in Ekstase" (1971) Zitat · Antworten

Zitat von Prisma im Beitrag #7


SIE TÖTETE IN EKSTASE / SHE KILLED IN ECSTASY (1971)

mit Susann Korda, Fred Williams, Horst Tappert, Paul Muller, Howard Vernon und Ewa Stroemberg



Hat der gute Jess den in einem Aufwasch mit Akasava abgedreht ? Die Besetzung ist ja identisch.

Viele Grüße
Brutus

Prisma Offline




Beiträge: 7.591

11.08.2012 23:58
#10 RE: Bewertet: "Sie tötete in Ekstase" (1971) Zitat · Antworten

"Sie tötete in Ekstase"

Produktion: Tele Cine / Fénix Films
Erstverleih: Cinerama
Kamera: Manuel Merino
Schnitt: Clarissa Ambach
Musik: Manfred Hübler / Siegfried Schwab
Klassische Musik: Bruno Nicolai
Herstellungsleitung: Karl-Heinz Mannchen
Produktionsleitung: Rudolph Hertzog, jr.
Buch: Frank Hollmann
Regie: Frank Hollmann (alias Jess Franco)


"Der Teufel kam aus Akasava"

Produktion: CCC Filmkunst / Fénix Films
Erstverleih: Cinerama
Kamera: Manuel Merino
Schnitt: Clarissa Ambach
Musik: Manfred Hübler / Siegfried Schwab
Herstellungsleitung: Karl-Heinz Mannchen
Produktionsleitung: Rudolph Hertzog, jr.
Buch: Ladislas Fodor / Paul André
Regie: Jess Franco


Du hast Recht brutus, in beiden Filmen ist neben der Besetzung vieles identisch. Zu "Der Teufel kam aus Akasava" wurden lediglich noch einige Schauspieler hinzu addiert, sicherlich um ihn mehr in Richtung Wallace zu zwängen. Die Musikstücke sind ebenfalls fast ausschließlich die selben und was aber am wichtigsten ist, die Strategie von Jess Franco macht bei den Filmen überhaupt keine Unterschiede. Zu diesem Zyklus kann man übrigens noch "Vampyros Lesbos" zählen, der auch 1971 entstand. Dort findet man auch den gleichen Stab, die gleiche Musik und in der Besetzung außerdem Ewa Stroemberg, Susann Korda und Paul Muller, wobei sich der Film vom Thema her aber stark unterscheidet, jedoch nicht von der Umsetzung. Ich merke gerade, dass ich mit dem Aufzählen der Unterschiede schneller fertig gewesen wäre.

Prisma Offline




Beiträge: 7.591

12.08.2012 19:00
#11 Bewertet: "Jack the Ripper" (1976) Zitat · Antworten



JACK THE RIPPER / DER DIRNENMÖRDER VON LONDON (1976)

mit Klaus Kinskials Dr. Orloff und Josephine Chaplin, Andreas Mannkopff, Herbert Fux, Ursula von Wiese, Esther Studer sowie Lina Romay





Im Jahre 1888 wird London von einer grausamen Mordserie erschüttert. Ein unbekannter Serienmörder lauert im Schutze der Dunkelheit Prostituierten auf, um sie auf bestialische Weise zu töten und sie im Anschluss zu zerstückeln. Aufgrund dieses Markenzeichens nennt man den unheimlichen Mörder in London bald nur noch "Jack the Ripper". Scotland Yard steht vor einem anscheinend unlösbarem Rätsel und auch Inspektor Selby (Andreas Mannkopff) gewinnt kaum neue Erkenntnisse, die der Lösung des Falles dienlich sein könnten. Der einzige Zeuge, der den Mord an einer Dirne miterlebte ist unglücklicherweise blind, kann aber ein dichtes Täterprofil liefern. Es muss sich allem Anschein nach um einen Mann aus der gehobenen Gesellschaft handeln. Cynthia (Josephine Chaplin), die Verlobte des Inspektors möchte helfen und stellt sich als Lockvogel zur Verfügung, erweist sich aber als keine große Hilfe. Dasselbe gilt für den Fischer Charlie (Herbert Fux), der zwar einige Hinweise geben könnte, aber sein Wissen zu Geld machen will. So erpresst er den geachteten Arzt Dr. Orloff (Klaus Kinski), von dem er einiges zu wissen scheint. Fortan sind nicht nur Prostituierte in Gefahr, sondern alle Beteiligten im Fall Jack the Ripper...

Folgendes kündigte Regisseur Jess Franco zu seinem Film "Der Dirnenmörder von London" an: »Für den Augenblick glaube ich, dass es mein bester Film wird. Ich hatte Gelegenheit in passender Atmosphäre zu arbeiten, mit mehr Mitteln und Möglichkeiten als sonst. Und mit einem großartigen Schauspieler!« Der Film spricht allerdings eine andere Sprache, und da es bei seinen Streifen immer zu sehr kontrastreichen Ansichten kam, wetterte der Filmdienst hingegen: »Jess Franco ... verlässt sich hier ganz auf Londoner Nebel, in dem Dramaturgie und Spannung beinahe spurlos verschwinden. Dazu gibt es billigen Sex ... und übel chargierende Darsteller.« Wenn man sich bei diesen beiden Aussagen irgendwo in der Mitte treffen kann, wird der Film recht gut charakterisiert. Jess Franco zeigt hier schon ein gewisses Gespür für geeignete Atmosphäre und gelungene Bilder, bei denen er gekonnt Kontraste, sowie Licht- und Schattenspiele hervorzuheben vermochte, aber es kommt auch zu der gewöhnlichen Flickschusterei des Meisters. So fehlen reißerischen Szenen nicht im Geringsten, in denen sich wieder deutlich herauskristallisiert, dass er wenig Gespür für Geschmack und Ästhetik hatte, außerdem driftet das Geschehen oftmals in seine typischen Sequenzen mit Soft-Erotik-Einschlag ab. Die Geschichte um den sagenumwobenen Massenmörder wirkt dabei wieder einmal nur sekundär.





Mit Klaus Kinski hatte man einen Darsteller zur Verfügung, der wie geschaffen für die Titelrolle war. Seine Erscheinung wirkt unheimlich und unberechenbar, wenn er durch den Londoner Nebel schleicht und verängstigte Frauen durch einsame Gassen und menschenleere Parks hetzt. Aufgrund der vagen Geschichte vermag er es jedoch auch nicht, Wunder zu vollbringen. Tiefenpsychologie und Jess Franco, das ist etwa wie Hund und Katze, und funktioniert daher auch nicht in "Jack the Ripper". Dabei wäre es dem Film insgesamt zu Gute gekommen, wenn das Motiv des Dirnenmörders stichhaltiger herausgearbeitet worden wäre. Seine Taten wirken ohne profunde Erklärungen beinahe unmotiviert und wenig nachvollziehbar, auch die Traumsequenz, in welcher die Mutter des Killers erscheint, stellt sich als wenig förderlich heraus, da es sich letztlich nur um eine weitere, umgesetzte erotische Fantasie der Regie handelt. Mit seinen Damen geht Klaus Kinski jedenfalls nicht zimperlich um, und es ist und bleibt einfach erstaunlich, dass er seine Szenen trotz des verwaschenen Gesamtpakets derartig glaubhaft interpretieren konnte. So sieht man (wie ich finde, besonders in trivialen Produktionen) immer wieder die Klasse des Klaus Kinski.

Des Weiteren wären da ja noch die »übel chargierenden Darsteller«. Es ist kein Geheimnis, dass man wirklich keine schauspielerischen Exzesse mehr finden wird. Wenn Franco von besseren Möglichkeiten bei dieser Produktion sprach, wurden sie (außer bei Klaus Kinski) jedenfalls nicht in einen Besetzungsknüller investiert, obwohl sich die Riege zuerst nicht schlecht anhört. Andreas Mannkopff spielt ganz solide, gibt dem Inspektor jedoch nicht die Spur eines nötigen Profils. Hätte sich der Fall auch von alleine gelöst? Vermutlich schon! Herbert Fux in einer schmierigen und zwielichtigen Rolle darf man in aller Bescheidenheit schon obligatorisch eingesetzt nennen, und er fällt daher nicht weiter positiv auf. Josephine Chaplin spielt erschreckend ausdruckslos auf, ihre Interpretation wirkt fast lustlos und in ihren Szenen macht sich ein mangelhaftes Gespür für notwendige Flexibilität breit. Lina Romay wurde eine kürzere Rolle zugetragen, die aus diesem Grunde wenig Möglichkeiten für eine spektakuläre Rolle offerierte, aber sie hinterlässt einen angenehmen Eindruck; zwar wieder als Hure, aber diesmal in einer eleganten Silhouette. Positiv im Gedächtnis bleibt vor allem noch die Darbietung einer gewissen Ursula von Wiese, die in ihren paar Szenen schauspielerisch richtig überzeugen konnte, wer immer sie auch sein mag. Trotzdem fehlen neben der Übermacht Klaus Kinski überall andere gute Leistungen. Was bleibt, ist eine misslungene Zusammenstellung.

"Der Dirnenmörder von London" ist ein schwacher Film, der sich der Vorlage nur vage bedient, allerdings muss man gestehen, dass er für einen Jess Franco Film mit der Überdurchschnittlichkeit liebäugelt. »In nur wenigen Tagen hastig zusammengeschustert, dient dieser Film zu nichts anderem als zu beweisen, dass sich im Laufe der Jahre nichts an der Talentlosigkeit von Herrn Franco geändert hat...« (Philippe Setbon, Klaus Kinski). Oder so, ja. Bei aller Kritik und allen offensichtlichen Minderleistungen kann man es unterschreiben, dass der Film alleine wegen Klaus Kinski ansehenswert ist, als vermutlich einmaliges Wagnis. Die Regie drückte zu selten auf die Spannungstube und verhinderte so leider nicht, dass unbrauchbare Sequenzen entstehen. Lobend erwähnt werden sollte allerdings die teils dichte Atmosphäre im Londoner Nebel und das beachtliche in Szene setzen des Hauptdarstellers. Da Jess Franco wohl unverbesserlich ist, findet man auch einige seiner typischen Späße. Zwar sprudelt das Blut nicht gerade in Fontänen, aber einige Ekeleffekte mussten schon herbei. So beispielsweise ein herausgerissenes Auge einer Prostituierten, der Angler, der mit Fischen kein Glück zu haben scheint, und eine abgehackte Hand aus dem Fluss angelt, oder der unappetitliche Abszess am Bein von Herbert Fux, der vom Doktor aufgestochen wird. Musikalisch ist das Ganze eher unauffällig, genau so wie darstellerisch und inszenatorisch eigentlich auch. Unterm Strich bleibt die Rechtfertigung also bestehen: ein ordentlicher Franco, aber ein dürftiger Film.

Georg Offline




Beiträge: 3.263

12.08.2012 19:05
#12 RE: Bewertet: "Jack the Ripper" (1976) Zitat · Antworten

Zitat von Prisma im Beitrag #11
"Der Dirnenmörder von London" ist ein schwacher Film, der sich der Vorlage nur vage bedient, allerdings muss man gestehen, dass er für einen Jess Franco Film mit der Überdurchschnittlichkeit liebäugelt.
Unglaublich, was Jess Franco konnte - er hat es hier unter Beweis gestellt! Wirklich schwach würde ich den Film nicht bezeichnen, Kinski, Fux und Mannkopff gefallen mir sehr gut in dieser Produktion. Eher unverständlich bleibt für mich, dass Franco sich bei anderen Filmen weit unter sein Niveau begab.

Prisma Offline




Beiträge: 7.591

26.08.2012 12:02
#13 Bewertet: "Die Nonnen von Clichy" (1972) Zitat · Antworten



DIE NONNEN VON CLICHY / LES DÉMONS (1972)

mit Karin Field, Britt Nichols, Anne Libert, Alberto Dalbés, Howard Vernon und Doris Thomas sowie John Foster





Lady de Winter (Karin Field) ist berüchtigt für ihre sexuellen Ausschweifungen jeglicher Art und gefürchtet wegen ihres unerbittlichen und sadistischen Vorgehens. In ihrem Auftrag, und durch das Zusammenbringen zweifelhafter Beweise, richtet der Großinquisitor Jeffries (John Foster) eine angebliche Hexe auf dem Scheiterhaufen hin. Kurz vor ihrem Tod spricht die vermeintliche Hexe jedoch einen Fluch gegen alle Beteiligten aus. Ihre zwei Töchter werden somit in ein Kloster gesteckt, da Lady de Winter befürchtet, sie könnten ihr gefährlich werden indem sie den Fluch vollstrecken. Doch sind die beiden tatsächlich Hexen? Einiges spricht dafür, denn hinter den Klostermauern machen sich nach ihrer Ankunft schnellstens sündige Gedanken und unkeusche Aktivitäten breit, denen selbst die Oberin (Doris Thomas) nicht widerstehen kann und schließlich schamlos verfällt. Schon wenig später kommt es zur Katastrophe. Eine der Schwestern (Anne Libert) wird nach peinlicher Überprüfung von Lady de Winter als Hexe deklariert und tagelang gefoltert, während ihre Schwester Margaret (Britt Nichols) aus dem Kloster fliehen kann. Werden Lady de Winters Präventivmaßnahmen den Fluch verhindern können?

Jess Franco drückte in "Die Nonnen von Clichy", hinsichtlich des Entstehungsjahres, mächtig auf die Tube und präsentiert in mehreren Sequenzen eine nahezu pornografische Gratwanderung. »Diese Szenen sind im Allgemeinen simuliert, aber das ist Sache der Schauspieler(innen): Wenn sie Lust haben, sich richtig zu lieben, habe ich nichts dagegen. Meist sind die Mädchen, die ich beschäftige, ziemlich nett und ziemlich erotoman veranlagt...« Für einen Film aus seiner Schmiede war das gewiss nichts ungewöhnliches, aber es entsteht eben das Problem, dass man versuchte, den Film unter dem Nonnen- beziehungsweise Hexensiegel zu vermarkten. Ob da jeder Zuschauer das bekam, was er erwartete? Das Interesse der Regie an diesen Inhalten hielt sich nämlich weitgehend in Grenzen. Persönlich mag ich ja Nonnen-Exploiter recht gerne, doch hier muss man bei einer Laufzeit von mehr als 110 Minuten eine ziemlich gute Ausdauer haben, denn was hier in Francos Hexenküche zusammengebraut wurde, ist angesichts der handwerklichen Verarbeitung nicht immer gut verträglich. Außerdem trifft der Film nicht im Geringsten irgend eine Entscheidung, was er letztlich tatsächlich darstellen möchte.





Mein altes Credo: Ein Karin Field Film ist auch ein guter Film, sollte die Allgemeinheit nicht wirklich für bare Münze nehmen;) Natürlich stand auch dieser Film wegen der österreichischen Schauspielerin ganz oben auf meiner Liste, da sie obendrein auch noch die Hauptrolle spielte. Im alten deutschen Vorspann steht sie nämlich an prominentester Stelle und füllt diesen Film tatsächlich lückenlos aus. Warum ich sie eigentlich so gerne mag? Es ist mir fast ein Rätsel, da sie hauptsächlich nur in irrelevanten Produktionen kleinere bis mittlere Beteiligungen vorzuweisen hat. Dennoch halte ich sie für eine ordentliche Darstellerin, außerdem faszinieren mich vermutlich diejenigen aus der Filmwelt, deren Spur sich irgendwann abrupt verloren hat. Field jedenfalls, entpuppt sich hier als eine der bislang willigsten Dienerinnen der Regie, und es wundert mich, dass zwischen ihr und Franco nicht weitere Kollaborationen zu Stande gekommen sind. Die Rolle der Lady de Winter hätte vermutlich noch nicht einmal Maria Rohm angenommen. Karin Field zieht sämtliche Register, diese Lady ist quasi die Schwester der Verdorbenheit. Ihre gefürchteten Jungfrauen-Tests lassen alsbald die Ketten rasseln und die Schüreisen zischen, ihr unstillbarer Sexhunger wird ungeniert dargestellt, denn nicht nur die Kamera, sondern auch Hände und andere Körperteile finden ihren Weg vorzugsweise schenkelwärts. Sadomasistische Aktivitäten finden außerdem ihr Gefallen, in einer Szene lässt sie sich genüsslich mit einem Rosenkranz auspeitschen, oder sich bis zur Ekstase von Britt Nichols bedienen. Jess Franco dürfte zufrieden gewesen sein. Allerdings legen Karin Field und ihre Gespielinnen hier nicht nur ihre Monturen ab, sondern im vollen Umfang auch Selbstachtung und Niveau.

Mit den weiteren Schauspielern bekommt man die Stammbesetzung von Jess Franco nach Art des Hauses aufgetischt. Britt Nichols, Anne Libert, Alberto Dalbés und Howard Vernon hatten ja mehr oder weniger beinahe Karrieren unter ihm. Die schöne Britt Nichols (bei deren Anblick ich gleich immer an Angelina Jolie denken muss) wirkt hier wie üblich. Gewöhnlich, zu allem bereit, verdorben aber anziehend. Ihre Séparées mit Karin Field und Doris Thomas sind der deftigeren Sorte und ihre Figur der Margaret ist für das Gesamtgeschehen, trotz dutzender Erotiksequenzen, gar nicht so unwichtig. Ihre Schwester wird dargestellt von Anne Libert, die ebenfalls viele Nackt- aber auch Folterszenen interpretieren musste. Gerade sie wirkt im gesamten Film unheimlich ausdrucksschwach und beliebig austauschbar. Doris Thomas als Oberin des Klosters zeigt, welche Konstitution eine Nonne unter ihrer Kutte haben kann und fällt ansonsten lediglich als demütige Bittstellerin auf, die nach Vergebung sucht und immerzu fleht, dass sie der Fleischeslust nicht weiter verfällt. Howard Vernon (hier abwechslungsweise mal nicht als Folterknecht) wirkt den Umständen entsprechend solide wie immer und für den Zuschauer ist der Mann mit den unzähligen Gesichtern quasi schon unabdingbar geworden. Alberto Dalbés hat man auch schon oft beim Spanier agieren gesehen, und er liefert genau wie Vernon eine annehmbare Leistung ab, auch wenn er hier einige Folterszenen auferlegt bekam, und zwar nicht als Peiniger, sondern als Opfer, und es in den Schlafgemächern mit dem unbändigen Appetit der Karin Field aufnehmen musste. John Foster als Lordrichter Jeffries überzeugt durch seine emotionslose Erscheinung und glänzt in unerbittlicher Härte gegenüber allen angeblichen Hexen und deren Jüngern. Cihangir Gaffari, wie der Herr eigentlich heißt, ist tatsächlich einer der wenigen Darsteller, der seiner Figur die nötige Überzeugungskraft verleihen, und wieder auf die ursprüngliche Thematik zurückführen konnte. Insgesamt ist die Franco-Stammbesetzung mit ihren Erweiterungen ein Siegel der Verlässlichkeit, wie immer man das auch deuten will.

»Das kommerzielle Interesse spielt nicht allein eine Rolle, denn ich filme oft sehr lange Szenen mit großer Sorgfalt, obwohl ich weiß, dass nichts davon im Kino zu sehen sein wird.« Diese Aussage von Jess Franco bezieht sich wohl eher darauf, wenn er mal wieder ordentlich in die Sex-Mottenkiste zu greifen pflegte, erklärt aber auch gleichzeitig neben dem Aspekt der starken Kürzungen seiner Filme, die sehr unterschiedlichen, länderspezifischen Schnittfassungen die immer wieder auftauchen. Fünfzehn Minuten entfernte Szenen stellten bei "Die Nonnen von Clichy" keineswegs einen unterbrochenen Handlungsverlauf dar, von einem Logikverlust zu sprechen wäre zu weit ausgeholt. Der Film ist insgesamt kaum zu empfehlen. Zu gestreckt wirkt die Fassung, zu penetrant die Inhalte, die Dialoge sind (genau wie die unglaublich deplatziert wirkende Musik) absolut grauenhaft. Auch die Ausstattung wirkt kaum pompös, mit dem übersichtlichen Feuer des Scheiterhaufens hätte man wohl Probleme gehabt eine Kerze anzuzünden, geschweige denn eine Hexe zu verbrennen, die Folterszenen wirken in ihrer trivialen Darstellung unfreiwillig komisch, und so weiter... Schlussendlich hat der Regisseur, beziehungsweise der Dirigent, (unter dem Pseudonym Clifford Brown) beinahe ausschließlich seinen Willen durchgesetzt, einen Sexfilm der übleren Sorte zu drehen, der hier und da mal sporadisch eine Hexe oder eine Nonne auftauchen lässt. Einfallslos und ungenau hergestellt, haben wir es also mit einem unverträglichen Gebräu zu tun. Die Eigenwerbung »Als Roman verboten - als Film verbannt« möchte offenbar einen geschichtlichen Zusammenhang herstellen, den es hier aber nicht gibt. Die Verbannung bezüglich des Films klingt da schon plausibler, wenn auch aus anderen Gründen.

Prisma Offline




Beiträge: 7.591

12.10.2012 22:53
#14 Bewertet: "Das Geheimnis des Dr. Z" (1966) Zitat · Antworten



DAS GEHEIMNIS DES DR. Z / LE DIABOLIQUE DOCTEUR Z / MISS MUERTE (1966)

mit Estella Blain, Mabel Karr, Howard Vernon, Fernando Montes, Cris Huerta und Guy Mairesse





Der geniale Wissenschaftler Doktor Zarowski (Antonio Jiménez Escribano) hat in jahrelanger Arbeit eine gefährliche Technik entwickelt. In Umkehrreaktionen kann er operativ Einfluss auf den menschlichen Charakter vornehmen, und diese nach seinem Willen funktionieren und handeln lassen. Als er versucht, diese Entdeckung auf dem Kongress der Neurologen vorzustellen, stempelt man ihn mit Empörung als Scharlatan ab. Daraufhin erleidet der bereits in die Jahre gekommene Wissenschaftler vor Aufregung einen tödlichen Herzinfarkt. Seine Tochter Irma (Mabel Karr) schwört beim Tode ihres Vaters Rache an den Verantwortlichen zu nehmen, und seine Arbeit mit allen erdenklichen Mitteln fortzuführen. In der schönen Nachtclub-Tänzerin Nadia (Estella Blain) findet sie das geeignete Instrument zur Durchführung des teuflischen Vermächtnisses des Doktor Z. So lässt der erste Mord nicht lange auf sich warten...

Dieser von Jess Franco inszenierte Schwarz/Weiß-Film aus dem Jahre 1966 stellt sich - vergleichsweise - bereits nach wenigen Minuten als erstaunliche Überraschung heraus. Eine alte Festung, Unwetter, Blitze und Donner, dunkle Katakomben, Gittertüren und der Ausbruch eines zum Tode verurteilten Psychopathen und Sadisten aus diesem Gefängnis, diese Sequenz macht schon sehr aufmerksam und man kann gespannt auf den weiteren Verlauf sein. Hier wird sehr deutlich, dass der spanische Regisseur durchaus ein gutes Gespür für Atmosphäre und solide Inszenierungen hatte, was im Laufe der Jahre allerdings in seiner Dutzendware weniger zum Vorschein kommen sollte. Die Geschichte des mad scientist dient in "Das Geheimnis des Dr. Z" eher als Einführung für eine Geschichte, die dann streckenweise wieder sehr typisch für ihn wirkt und mich deutlich an das Konzept von "Sie tötete in Ekstase" erinnerte, allerdings nur weitläufig. Hier bekommt man es dann doch schon eher mit einer Art Gruselkrimi zu tun, der einen guten Unterhaltungswert garantiert. Seine Hauptdarstellerinnen demonstrieren hier schon einmal leise Jess Francos Vorlieben, wenn auch nicht im exponiertesten Sinne. Gezügelt und Schwarz/Weiß, das war auch mir neu!





Ein weiteres Novum fällt bei den Darstellern auf, da man es hier, außer mit Howard Vernon, noch nicht mit der üblichen Jess Franco Stammbesetzung zu tun bekommt, was sonst ja stets für eine gewisse Verlässlichkeit sorgte, hier aber auch eine gelungene Abwechslung darstellt. Die attraktive Mabel Karr erscheint zunächst unscheinbar in ihrer Rolle der Tochter des Doktors. Irma steht in vollkommener Verpflichtung und Abhängigkeit zu ihrem Vater, und selbst der Tod kann diese Situation kaum ändern. Die argentinische Schauspielerin (und damals Ehefrau von Fernando Rey) transportiert dem Zuschauer sehr glaubhaft eine teuflische Metamorphose, so dass sie in der Wahl ihrer Mittel nicht kleinlich sein wird. Mit Hilfe der Erfindung ihres Vaters, zwingt sie ihre Opfer dazu, sich ihrem Willen zu beugen. Eiskalt und unerbittlich agiert diese Frau, die ebenso nur ein Werkzeug des "Doktor Z" darstellt, wenn man auch ihre Motivation insgesamt kaum nachvollziehen kann. Estella Blain (die sich vor über dreißig Jahren das Leben nahm) ist in der Titelrolle der "Miss Muerte" zu sehen. Die französische Schauspielerin glänzt in der Rolle des willenlosen Werkzeuges. Um zu Gehorchen und um die tödlichen Befehle der Erbin des "Dr. Z" auszuführen, wurde sie mit einer Art Akkupunkturgerät bearbeitet, welches eine Gehirnwäsche vornehmen kann. Sie soll nun die Schuldigen, die angeblich für den Tod des Wissenschaftlers verantwortlich sind, verführen und anschließend mit Hilfe ihrer langen, vergifteten Fingernägel töten. Wie gut, dass die vor kurzem noch erotische Tänzerin die passenden Voraussetzungen in Form guten Aussehens für diese Taten mitbringt. Die schöne Estella Blain versprüht hier unheimlich viel Verve und es ist ein Genuss ihr dabei zuzusehen, wie sie versucht ihre Männer in die tödlichen Krallen zu bekommen. Estella Blain und Mabel Karr in stellen sich als wirklich hochinteressantes und vielversprechendes Duo heraus, das die anderen Darsteller zwar gnadenlos in die zweite oder Dritte Reihe abdrängt, aber eben ohne Durchhänger funktioniert und richtig Spaß macht.

Beim Anschauen kam mir der Gedanke, dass dieser Film (mit kleinen Abstrichen) etwa ganz gut in die "Doktor Mabuse"-Reihe gepasst hätte. Das Werkzeug zum Erlangen der Weltherrschaft ist mit dieser Maschine ja vorhanden, die Thematik muss im Gesamtverlauf allerdings den Großthema Rache weichen. Jess Francos Beitrag stellt sich insgesamt als sehr gelungen heraus, vor allem fällt die extravagante Bildgestaltung auf, die mit teils unheimlicher, beunruhigender Musik angereichert wurde. Natürlich werden einige Ideen veranschaulicht, die vor Unwahrscheinlichkeit nur so strotzen, aber die dichte Atmosphäre zieht sich tatsächlich wie ein roter Faden durch diese Angelegenheit. Viele typische Inhalte, die man aus späteren Filmen des Regisseurs zu Genüge kennt, fanden schon hier Verwendung, so beispielsweise die Tänzerin mit erotischer Darbietung, starke Frauen im Vordergrund, typische Kamerafahrten/Kameraperspektiven und ausgiebige Aufnahmen der Landschaft, sowie ein paar Logikfehler. Beachtenswert ist bei diesem Streifen die exzellente Synchronarbeit für die deutsche Version, auch die Dialoge sind insgesamt ganz gut ausgefallen. "Miss Muerte" offeriert viele gelungene Passagen und spannende Szenen, so dass ein paar sich hinziehende Teile gar nicht so unangenehm auffallen. Ich muss schon sagen, dass das Ganze ein wirklich ordentlicher Film geworden ist, der unterhaltsam und geradlinig seinen Lauf bis zu einem vorhersehbaren aber nicht uninteressanten Ende nimmt. Selbst für Franco-Skeptiker besteht hier nicht die große Gefahr des innerlichen und tatsächlichen Abschaltens. Die Eigenwerbung "Ein Gruselschocker für starke Nerven" darf man allerdings schon eher relativ sehen, denn Nerven aus Drahtseilen braucht es bei "Das Geheimnis des Dr. Z" sicherlich nicht.

Prisma Offline




Beiträge: 7.591

01.04.2013 20:36
#15 Bewertet: "Die sieben Männer der Sumuru" (1969) Zitat · Antworten



DIE SIEBEN MÄNNER DER SUMURU / THE GIRL FROM RIO (1969)

mit Shirley Eaton als Sumuru
und Richard Wyler, George Sanders, Maria Rohm, Herbert Fleischmann, Elisa Montés, Walter Rilla, u.a.






»Im Augenblick sind wir in den Händen dieser widerwärtigen, perversen Bestie«


Sumuru (Shirley Eaton) lebt, und plant mit ihrer Armee von Frauen erneut, an die Weltherrschaft zu gelangen. Da sie durch Erpressung, Folter und Mord bereits über ein immenses Vermögen verfügt, konnte sie in der Abgeschiedenheit der brasilianischen Berge ihre Stadt Femina errichten, die zum groß angelegten Umschlagplatz für Terror und Verbrechen geworden ist. Sie macht sich internationale, solvente Geschäftsleute gefügig, um an deren Vermögen zu kommen. So auch den Bankier Ennio Rossini (Walter Rilla), dessen Tochter (Marta Reves) von der brutalen Sumuru und ihren Helfershelferinnen entführt wurde. Rossini engagiert Jeff Sutton (Richard Wyler), um die junge Frau aus den Fängen der Bestie zu befreien, und es gelingt ihm tatsächlich, in Sumurus geheimes Versteck zu gelangen. Dort wird er schnellstens mit ihren Foltermethoden vertraut gemacht und es sieht so aus, als könne auch er sie nicht ausschalten. Doch das exzessive Treiben wird von einem anderen Gauner namens Sir Masius (George Sanders) gestört. Sumuru mobilisiert ihre Gefolgschaft, und es sieht nicht so aus, als könne man die schöne Wahnsinnige stoppen...

Es sollte also so sein, dass man Jess Franco die Aufgabe anvertraute, "Sumuru" mit allen verfügbaren Mitteln am Leben zu halten. Durch die übliche Inszenierungstaktik des Spaniers fand die Reihe mit diesem zweiten Beitrag allerdings ihr schnelles Ende. Man kann wohl behaupten, dass man "Sumuru" vom Prinzip her bestimmt ganz gerne mag, wenn man "Dr. Fu Man Chu" nicht uninteressant gefunden hat. In diesem Zusammenhang gibt es auch ein äußerst eigenartiges Crossover zwischen diesem Film und Jess Francos "Der Todeskuss des Dr. Fu Man Chu", der kurz vorher entstanden war. Shirley Eatons letzte Szene weist eindeutig darauf hin, da sie das gleiche Ensemble trägt, wie als "Schwarze Witwe" bei "Fu Man Chu". Diese Szene wirkt seit jeher dermaßen inkohärent im Gesamtgeschehen, dass es ziemlich wahrscheinlich ist, dass man sie aus dieser Nachfolge-Produktion kurzerhand hineinbastelte, um noch einen bekannten Gast-Star mit an Bord zu haben, und um möglicherweise für den Nachkömmling zu werben. Vielleicht ist es zu viel gesagt, dass Jess Franco mit seiner inszenatorischen Auffassung gleich zwei Film-Reihen tot geritten hatte, aber man darf wohl sagen, dass er es nicht schaffte, sie schließlich am Leben zu halten oder sie mit einer neuen, interessanten Richtung zu versehen. Aus der Titelheldin wurde jedenfalls eine große Projektionsfläche für die Spleens und die Fantasien der Regie, und - obwohl in gezügelter Form - sieht man deren überaus eindeutige Handschrift überall. Die Handlung ist wie üblich mit ausgiebigen, herrlichen Landschaftsaufnahmen gestreckt worden, hinzu kommt ein Erotik-Einschlag nach Art des Hauses, und die Charaktere wirken charmant verzerrt.





Die Titelrolle wurde nach "Sumuru - Die Tochter des Satans" wieder mit James Bond-Ikone Shirley Eaton besetzt, und man muss schon sagen, dass sie ihre Aufgabe erneut sehr ansprechend löst. Franco interessierte es allerdings weniger, ihre Motive und ihr Handeln zu schildern oder zu erläutern, so dass es ihm vollkommen genügte, eine nymphomanisch veranlagte Größenwahnsinnige zu inszenieren, die nur angeblich irgendwelche höhere Ideale anvisiert hat. Eaton beugt sich diesem Konzept bereitwillig, und bringt sogar eine Prise internationales Flair in die Szenerie. "Sumuru" ist eine Art selbsternannte Königin der Amazonen. Sie propagiert die Stärke der Frau, doch hält sich in ihrer Stadt Femina eigentlich nichts anderes als ein Heer an bereitwilligen (Sex-) Sklavinnen, die beim kleinsten Fehler ausrangiert werden. Shirley Eaton lebt von ihrer außergewöhnlichen Körpersprache, ein Fließband an Großaufnahmen rückt sie weniger als Bedrohung, sondern als Objekt für Männer in den Vordergrund. Durch seine Darstellung hat Jess Franco das Thema schon ein bisschen verfehlt, denn "Sumuru" wirkt wie gesagt kaum Furcht einflößend oder genügend unerbittlich, sondern bei genauer Betrachtung unpräzise und inkonsequent in ihrem Handeln, und was Männer betrifft viel zu schwach. Gut, ganz im Sinne der Anklage, also der Regie, darf die bezaubernde Dame ihre Neigungen und vielfältigen Leidenschaften veranschaulichen, was Dank Shirley Eaton zu einem erotisch-ästhetischen Feuerwerk wird. Mit anderen Worten heißt das, dass sie sich in Femina nichts anderes als einen riesigen Harem aufgebaut hat.

Die übliche Stammbesetzung erfuhr hier einige erfreuliche Erweiterungen. Richard Wyler, auserkoren um die Bestie zur Strecke zu bringen, macht eine sehr gute Figur, und manchmal hat man den Eindruck, er bringe einige versteckte Bond-Qualitäten mit ein. Sein Repertoire ist daher vielfältig, er kann mit Verbrechern, brenzligen Situationen, aber vor allem mit Frauen umgehen, die er reihenweise schwach werden lässt. Sein Gegenspieler Masius wird von George Sanders verkörpert, der letztlich weniger für die kriminelle Bedrohung steht, als für albernen Humor. Er scheint genau so größenwahnsinnig zu sein, wie die von ihm wenig erfreute "Sumuru", da er sich mir einer Heerschar angriffslustiger Damen anlegen will, um an das Vermögen zu kommen. Herbert Fleischmann als Helfershelfer überzeugt eigentlich nicht im Entferntesten als Masius' rechte Hand, und daher bleibt es, was ihn betrifft, lediglich bei Wiedersehensfreude beim Zuschauer. Maria Rohm interpretiert wie so oft immer die selbe Frauenrolle zwischen Gut und Böse, erstaunlich dabei ist, dass sie es stets fertig brachte, mit dem selben Ausdruck zu agieren. Walter Rilla und Elisa Montés sorgen für angenehme Auftritte, ohne allerdings die Möglichkeit bekommen zu haben, sich in irgend einer Weise freispielen zu können. Aber insgesamt kann auch dieser Jess Franco-Film mit einer Besetzung aufwarten, die vergleichbare Produktionen gerne gehabt hätten.

Wieder einmal kann der aufmerksame Zuschauer haufenweise Musik von Martin Böttcher und Peter Thomas entdecken. Die für die deutsche Version benutzte Titelmusik stammt ohne jeden Zweifel von Böttcher, des Weiteren bekommt man Fragmente aus "Die Gruft mit dem Rätselschloss", "Der Hexer" oder "Das Ungeheuer von London-City" serviert, die restlichen Samba gefärbten Stücke stammen von Daniel White. In Verbindung mit dem originellen Titel-Vorspann oder den wunderbaren Schauplätzen bekommt das Ganze eine angenehme Note. Dieser Film hat ein großes Problem, denn er lässt beinahe durchgehend Spannung vermissen und die Action-Einlagen sind auch nicht allererster Güte. Der Plot ist vielleicht gar nicht einmal so uninteressant, doch bei der Umsetzung wimmelt es manchmal geradezu von Leerlauf. Die Konzentration auf alternative Inhalte, wie beispielsweise erotische Einlagen, machen die Geschichte im Endeffekt auch nicht spektakulärer. Das Potential der Titelheldin wurde leider weitgehend liegen gelassen, "Sumuru" hätte dominanter, unerbittlicher, grausamer und vor allem zielstrebiger dargestellt werden müssen, um sie Ernst zu nehmen. Zum Ende hin bekommt man dann schließlich noch einen der schäbigsten Tricks der Filmgeschichte offeriert, der sich zwar nicht in das Gesamtbild einfügt, denn über weite Strecken hat Franco vergleichsweise ja tatsächlich solide gearbeitet, aber ich kann mir denken, dass es den unentschlossenen Zuschauern den Rest gegeben haben könnte. Also, dieses Action-Abenteuer mit Erotik-Einschlag ist im Grunde genommen durchschnittlich ausgefallen, wusste (mich) aber dennoch immens gut zu unterhalten. Ein gelungener Franco bedeutet also im Normalfall vermutlich doch lediglich Dutzendware.

Seiten 1 | 2
 Sprung  
Xobor Einfach ein eigenes Forum erstellen
Datenschutz