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Dieses Thema hat 3 Antworten
und wurde 1.207 mal aufgerufen
 Film- und Fernsehklassiker national
Prisma Offline




Beiträge: 7.591

29.07.2012 23:28
Das Amulett des Todes (1975) Zitat · Antworten



DAS AMULETT DES TODES (1975)

mit Vera Tschechowa, Rutger Hauer, Walter Richter, Günther Stoll, Walter Sedlmayr, Andreas Mannkopff und Horst Frank


Der Sportflieger Chris (Rutger Hauer) lässt sich auf krumme Geschäfte ein, damit er seine Schulden abbezahlen kann. Seine Aufgabe besteht darin, jeweils einen Koffer nach Schweden zu fliegen, dort einen anderen in Empfang nehmen und vor allem keine Fragen zu stellen. Als bei ihm finanziell alles wieder geregelt ist, möchte Chris aussteigen, doch der Auftraggeber (Horst Frank) zwingt ihn zu weiteren Flügen. Bei der nächsten Aktion sieht der junge Pilot nach, was sich in dem Koffer befindet und er traut seinen Augen nicht. Es sind eine Million in bar, die er nicht mehr abgeben wird. Er versteckt sich in einem Wochenendhaus, um Gras über die Sache wachsen zu lassen. Dieses Haus gehört der jungen Lehrerin Corinna (Vera Tschechowa), die nun ein Wochenende dort verbringt. Als sie plötzlich durch Schüsse aufgeschreckt wird, beobachtet sie, wie der Boss und seine zwei Helfer Stazi (Günther Stoll) und Arthur (Walter Richter) Chris verfolgen und ihn nieder schießen. Von nun an wird für die junge Frau alles anders, denn man nimmt sie als Geisel. Chris gelingt es, den Boss zu töten und er will mit Corinna zum Versteck des Geldes gelangen. Doch Stazi und Arthur haben bereits ihre Spur aufgenommen. Dieser Wettlauf gegen die Zeit wird zusätzlich durch weitere unheimliche Geschehnisse überschattet. Von einem Phantom wird einer nach dem anderen abgeknallt...

»Ein perfekt gemachter Thriller«, so lautet die Eigenwerbung zu "Das Amulett des Todes" von Regisseur Ralf Gregan, und diese wenig bescheidene Aussage versucht der Film jedenfalls mit allen Mitteln zu bestätigen. Die Zutaten für einen guten Thriller sind ganz bestimmt vorhanden und diese Produktion besitzt in vielerlei Hinsicht ein ganz eigenartiges Flair, doch perfekt ist sicherlich etwas zu hoch gegriffen. Die Handlung wirkt zunächst ziemlich herkömmlich, überrascht dann aber immer wieder mit gelungenen Kehrtwendungen, die eingearbeiteten Rückblenden mit den einhergehenden Erklärungen von Chris wurden gut veranschaulicht, die kalte Atmosphäre ist oftmals sehr erdrückend und wird von der Gangster-Bande, aber insbesondere von Vera Tschechowa deutlich herausgearbeitet, und selbst so viel Zeit für einen erotischen Einschlag, der sehr ästhetische Ansprüche erhebt, durfte sein. In dieser ambitionierten Produktion der Televox/City Film findet sich erstaunlicherweise für jeden etwas und man sieht durchgehend einen roten Faden. Ich würde ihn daher als gelungen und fast überdurchschnittlich bezeichnen. Die Darsteller präsentieren hier Konstellationen der fatalen Mischungen und wirken, jeder auf seine bestimmte Art und Weise, sehr überzeugend.





Vera Tschechowa spielt die junge Lehrerin Corinna, der man im Gesicht ablesen kann, dass sie eine Auszeit bitter nötig hat. Unfreiwillig gerät sie in diesen Alptraum und funktioniert aufgrund von Sentimentalitäten und melancholischen Träumereien in diesem gefährlichen Gefüge. Es ist ganz erstaunlich, wie Vera Tschechowa an die Grenzen der Ausdruckslosigkeit gerät und dennoch eine faszinierende Persönlichkeit formen konnte. Sie träumt mit offenen Augen und verspricht sich auch aus der ausweglosesten Situation einen Vorteil. Sie wirkt gehemmt und scheint prinzipiell unter nervöser Spannung zu stehen, nur selten lässt sie ein Lächeln in ihrem Gesicht zu. Ich schätze diese emotionsarmen und kühlen Interpretationen sehr, und Corinna wirkt hier nahezu beispiellos. Diese Frau scheint schon vor den außerordentlichen Komplikationen vollkommen ausgebrannt und total fertig gewesen zu sein und ergreift in der Misere die einzig sich bietende Alternative, für sie persönlich vielleicht sogar die Chance, aus einem möglichen Lebenstief hinauszukommen. Ein so zutiefst trauriges Geschöpf und eine dermaßen verträumte Interpretation einer Darstellerin habe ich selten gesehen. Sie ist hier nicht nur das gefährdete Opfer, sondern in erster Linie eine Frau, die Erwartungen hat, doch diese nur indirekt formulieren kann. Darüber hinaus hatte Vera Tschechowa im Verlauf der Geschichte noch mehrere Nacktszenen und eine überaus ästhetische und sehr gewagte Sexszene mit Partner Rutger Hauer zu absolvieren. Was sie betrifft, wird der Zuschauer zwischen einseitiger oder brillianter Darbietung entscheiden müssen. Ich habe sie jedenfalls noch nicht in einer derartig zurückstoßenden Faszination gesehen.

Rutger Hauer (hier übrigens meistens Blondi genannt) konnte schon einmal etwas für seine spätere Domäne, das Actionfach üben. Obwohl ich zu diesem Schauspieler ehrlich gesagt noch nie einen Draht hatte, muss dennoch gesagt werden, dass er seine Rolle sehr gut ausfüllt. Er erscheint sehr glaubhaft als sympathischer Kleinkrimineller, der vom ganz großen Wurf träumt, sich dabei aber offensichtlich selbst überschätzt hat. Trotz aller Härte und Berechnung strahlt er dennoch einen gewissen Charme aus, der selbst Corinna hier und da ein Lächeln entlockt. Rutger Hauer und Vera Tschechowa liefern ein sehr ungleiches Paar, dass aber dem Empfinden nach sehr gut zusammen passt. Die Gangster-Bande um Horst Frank wirkt wie ein zusammengewürfeltes Trio der fatalen Mischungen, welches unfreiwillige Komik transportiert. Der Boss zelebriert unerbittliches Vorgehen in aller Härte, sein Zynismus und die beängstigende Dominanz strahlen Gefahr aus. Im Gegensatz dazu sind seine Komplizen aus völlig anderem Holz geschnitzt. Walter Richter als anscheinend Alkohol abhängiger Arthur, verkörpert einen unberechenbaren Aggressionsherd und die pure Geilheit in Person. Stazi, den Günther Stoll gibt, zeichnet ein abgehalftertes Psycho-Wrack, das sich in Labilität und willenlosem Gehorsam verloren hat. Ein Chef von Horst Franks Format hätte sich doch gewiss eine verlässlichere Truppe rekrutiert. Aber wie die Geschichte es will, soll ja nicht alles so glatt laufen wie es geplant war. In einer Nebenrolle ist noch Walter Sedlmayr zu sehen, dessen Ermordung ganz miserabel montiert wurde. Insgesamt kommt das Geschehen also mit einer äußerst ungleichen, daher kontrastreichen Fünfer-Konstellation parat, bei der das Zuschauen großen Spaß macht, auch wenn der Versuch, den Charakteren genügend Tiefe zu geben manchmal in Überzeichnung abdriftet.

"Das Amulett des Todes" hatte sicher nicht die einfallsreichste Geschichte zur Verfügung, überzeugt aber in der handwerklichen Umsetzung. Tempo und Spannung zeigen sich zwar immer wieder wechselhaft, führen aber schließlich zu einem bemerkenswerten Showdown hin. Natürlich bediente man sich auch etlicher Effekte, die aber hauptsächlich eleganter in Erscheinung treten, und Brutalität wird insbesondere von Walter Richter in willkürlicher Manier demonstriert. Rückblenden, schnelle Schnittfolgen und extravagante Kameraeinstellungen führen zu einem gelungenen Gesamtergebnis. Hervorragend fand ich die Musik von Rolf Bauer, die deutlich an "Parapsycho - Spektrum der Angst" [Episode: Hypnose/Telepathie], der im gleichen Jahr entstand, erinnert. Bei den Szenen in denen zum Beispiel der Unbekannte zuschlägt (was man durch sein Zielfernrohr mitverfolgen kann) greift die Musik besonders gut. Dabei handelt es sich eher um Aneinanderreihungen von metallisch wirkenden Tönen, die wie das Ticken eines Sekundenzeigers wirken und große Spannung erzeugen. Die Musikthemen decken im Film insgesamt ein breites Spektrum ab und wirken sehr ausgefeilt. Weitere Pluspunkte sind wegen der Schauplätze und der Ausstattung zu verteilen. Als Thriller funktioniert das Ganze sicherlich nur mit einigen Abstrichen, aber der hohe Unterhaltungswert und die eigenartige melancholische Grundstimmung machen einen Blick wert. "Das Amulett des Todes" ist ein Fest für Horst Frank Fans und auch insgesamt wirklich sehenswert!

Georg Online




Beiträge: 3.263

30.07.2012 18:06
#2 RE: Das Amulett des Todes (1975) Zitat · Antworten

Interessant, dass Du den Film so positiv siehst. Ich habe diese Produktion mehrfach gesehen, das letzte Mal liegt aber schon einige Jahre (ca. 8-10) zurück. Bei mir hat dieser Thriller immer einen etwas zwiespältigen Eindruck hinterlassen. Dies auf Grund seiner absolut düsteren, depressiven Atmosphäre. Das Ende fand ich aber gut. Die Schauspieler natürlich auch, auch wenn Günther Stoll hier leider völlig unterfordert ist und viel zu wenig zur Geltung kommt. Gut in Erinnerung ist mir auch jene Szene geblieben, in der Sedlmayr aus dem Mund blutend zusammen bricht (das habe ich irgendwie billig inszeniert gefunden).

Joe Walker Offline




Beiträge: 755

31.07.2012 12:04
#3 RE: Das Amulett des Todes (1975) Zitat · Antworten

Der Trailer zum Film ist übrigens online:


Gruß
Joe Walker

Prisma Offline




Beiträge: 7.591

02.08.2012 20:32
#4 RE: Das Amulett des Todes (1975) Zitat · Antworten

Das mit der düsteren und depressiven Atmosphäre stimmt schon, aber genau das sehe ich hier als großen Vorteil an. Die Schauspieler fügen sich übrigens sehr gut in dieses Konzept ein, jeder auf seine bestimmte Art und Weise. Daher hat mir der Film gleich beim ersten Ansehen gut gefallen, zumal es auch einige Überraschungen gegeben hat, mit denen nicht unbedingt zu rechnen war. Seine Unberechenbarkeit und die fast eintönige Abhandlung machen den Film letztlich schon interessant, er funktioniert mit einfachen Mitteln. Was die Szene mit Sedlmayr angeht, so ging es mir genau so. Sie bleibt in erster Linie wegen der schlampigen Inszenierung, also des zahnradartigen Schnitts, in Erinnerung und weniger wegen des brutalen Vorgehens. Was deutsche Filme dieser Art angeht, so sehe ich jedoch gar nicht so viele Verleichsmöglichkeiten.

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