Sein Leben war spannender als so mancher Wallace-Krimi. 2002 gestand der Schauspieler Günther Kaufmann den Mord an seinem Steuerberater und wurde zu einer fünfzehnjährigen Haftstrafe verurteilt. Drei Jahre später stellte sich heraus, dass Kaufmann unschuldig war - aus Liebe zu seiner Frau, die in die Tat verwickelt war, hatte er die Schuld auf sich genommen.
1947 als Sohn einer Deutschen und eines dunkelhäutigen US-Besatzungssoldaten in München geboren, wuchs Kaufmann im Stadtteil Hasenbergl auf - die Erfahrungen seiner Kindheit verarbeitete er in seiner Autobiografie "Der weiße Neger vom Hasenbergl". Berühmt wurde Kaufmann durch zahlreiche Auftritte in Filmen von Rainer Werner Fassbinder - er spielte in "Die Ehe der Maria Braun" (1979), "Berlin Alexanderplatz" (1980) "Lola" (1981) und "Die Sehnsucht der Veronika Voss" (1982). Auch in Fassbinders letztem Film "Querelle" (1982) wirkte Kaufmann mit. In diese Zeit fällt auch seine eindrucksvolle Episodenhauptrolle in "Der Alte: Schwarzer Montag" (1981). Nach Fassbinders Tod stagnierte auch Kaufmanns Karriere. Einigen kleineren Kinorollen (z.B. als "Bimbo" in "Otto - der Film") folgten lange Jahre der Bildschirm- und Leinwandabstinenz. In den Neunziger Jahren hielt sich Kaufmann mit TV-Auftritten in "Ein Schloss am Wörthersee", "Küstenwache" und "Derrick" über Wasser. In der Serie "Unsere Schule ist die Beste" (1994) hatte er eine durchgehende Rolle.
Nach seiner Haftentlassung geriet Kaufmann auch wieder auf den Radar von Kinoregisseuren. Verstärkt konnte er dabei auch sein komisches Potenzial ausschöpfen, etwa in "Leroy" (2007), "Mord ist mein Geschäft, Liebling" (2009), "Jerry Cotton" (2010) und besonders eindrucksvoll in Michael Herbigs Mega-Erfolg "Wickie und die starken Männer" (2009) sowie dessen Fortsetzung "Wickie auf großer Fahrt" (2011). Dort brillierte Kaufmann als grobschlächtiger, aber im Kern weichherziger Bösewicht "Schrecklicher Sven" - eine Rolle für die er auch aufgrund seiner beeindruckenden Physis geradezu prädestiniert war. Über den peinlichen Auftritt im Jimi-Blue-Ochsenknecht-Vehikel "Homies" (2011) hüllen wir den Mantel des Schweigens, dafür sorgte Kaufmann als exotischer Stammesfürst in "Türkisch für Anfänger" (2012) erneut für Lachsalven in den bundesdeutschen Lichtspielhäusern.
Gestern Morgen erlitt Günther Kaufmann während eines Spaziergangs in Berlin einen Herzinfarkt. Der herbeigerufene Notarzt konnte nur noch den Tod feststellen. Am 16. Juni wäre der Sympathieträger 65 Jahre alt geworden.
Oh,oh, eine traurige Nachricht. Wieder geht einer dahin. Zufällig habe ich erst vorgestern die Kommissar-Episode 'Ein rätselhafter Mord' gesehen, in der er eine kleine Rolle als Passant hatte, der gerade im Augenblick des Mordes den Gehsteig entlang kommt.
Anlässlich des Todes von Günther Kaufmann zeigte die ARD am gestrigen Abend die eigentlich erst für Ende Juni geplante Erstausstrahlung von "Die großen Kriminalfälle - Das falsche Geständnis des Günther Kaufmann".
Bezüglich seiner Zusammenarbeit mit Fassbinder enthält der Film freilich faktische Fehler. Kaufmann wirkte bis zu dessen Tod in Fassbinders Filmen mit; von "Rausfliegen" kann also keine Rede sein. Im Film "Kamikaze 1989" agierte Fassbinder, anders als angegeben, nur als Schauspieler; Regie führte Wolf Gremm.