Kriminalhörspiel nach Francis Durbridge. • Produktion: SDR 1963. • Mit: Marianne Simon (Alice Murdoch), Jürgen Goslar (John Nelson), Marianne Mosa (Sheila Nelson), Hans Mahnke (Professor Aberley), Hans Herrmann-Schaufuß (Dr. Clifford), Heinz Baumann (Roland Hurst), Ulrich Matschoss (Inspektor Dawson) u.a. • Regie: Hans Quest. Vertrieben vom Audioverlag:Paul Temple & Co.:Link (+ „Paul Temple und der Fall Margo“) • Die Non-Paul-Temples:Link (+ „Der Fall Greenfield“, „La Boutique“, „Tief in der Nacht“)
Zitat von Nur über meine Leiche (Der Audioverlag)Nur über seine Leiche würde der Schauspieler John Nelson noch einmal in einem jener klischeebehafteten Theaterkrimis auftreten, mit denen er sich in den vergangenen Jahren hat herumplagen müssen. Doch eine Nebelnacht in einem einsamen Haus führt ihm vor Augen, dass Spannungsautoren ihre Stoffe tatsächlich nicht aus der Luft greifen ...
Weitaus eleganter als ein Jahr zuvor meldet sich die Durbridge-Schmiede des SDR mit „Nur über meine Leiche“ zurück. Schon aus der Einbindung des Titels in die übliche anfängliche Sprecheransage sprüht vor Esprit und der Dreistigkeit eines mutigen Scripts. Durbridge karikierte mit seinem offen als Kriminalkomödie ausgewiesenen Hörspielstoff alle sich der üblichen Kniffe bedienenden Kriminalschriftsteller und damit nicht zuletzt sich selbst: Abgegriffen, realitätsfern und nicht ernstzunehmen sei das, was da Abend für Abend auf den Bühnen des Londoner Westend dargeboten wird. Welch ein Irrtum, wie wir bald sehen, pardon: hören werden. Der Hauptteil des Hörspiels ist in einem nächtlichen Haus angesiedelt; der Nebel wabert über die enge Landstraße und die Orientierung seiner Frau führt John Nelson in die Auffahrt zu besagtem Gruselort. Kaum über die Schwelle getreten (die Tür ist offen und niemand in Sicht), stolpern die beiden über eine Leiche. Es entwickelt sich eine so knisternde Spannung, die von dem ans Theater angelehnten Overacting der Sprecher perfekt getragen wird, dass das Attribut „Komödie“ nur insofern ersichtlich ist, als alles, was Freunde der Krimiunterhaltung lieben, in Hülle und Fülle vertreten ist: Einen schalldichten Raum, eine Orgel, einen zerstreuten Doktor mit kriminalistischen Ambitionen, einen begriffsstutzigen Landpolizisten, einen zurückliegenden Juwelenraub und dergleichen mehr gibt es in knackigen 47 Minuten, von denen keine einzige langweilig wird, zu entdecken. Abschließend wieder die Rückkehr zum Theaterstück, dem Sheila Nelson begeistert zuzusagen plant: Das neue Rollenangebot beschreibe ja tatsächlich die Ereignisse des erlebnisreichen Abends bis ins kleinste Detail! Ob das Ehepaar hier einer Inszenierung ihrer allgegenwärtigen Stammautorin aufgesessen ist? Die Kreativität der gern verspotteten Künstler kennt eben doch keine Grenzen.
In der Kürze liegt bei diesem Hörspiel gleichzeitig auch die Würze: Kein Cliffhanger ist notwendig, um das Interesse des Zuschauers unnötig herauszuzögern, keine x-fachen Schauplatzwechsel und keine großen Effekte. Hans Quest beschränkte sich auf eine geradlinige Umsetzung einer starken Geschichte mit ebenso starken Sprechern. Hören. Hören. Hören!
Bearbeitet von Gubanov am 04.03.2012, 15.45 Uhr - Besprechungsthread extrahiert