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Dieses Thema hat 1 Antworten
und wurde 675 mal aufgerufen
 Francis Durbridge
Georg Offline




Beiträge: 3.263

13.02.2012 11:51
Bewertet Buch: "Paul Temple - Der Fall Kelby (Paul Temple and the Kelby Affair)" Zitat · Antworten

Paul Temple - Der Fall Kelby (Paul Temple and the Kelby Affair)
(c) Francis Durbridge 1970, dt. Erstausgabe: 1971, Goldmann, München

Der Verleger Scott Reed will das Tagebuch der Geliebten eines 1947 auf mysteriöse Art und Weise ermordeten Diplomaten veröffentlichen. Lord Delamore war damals bei einer Jagdpartie in Schottland getötet worden. Scott bittet den Historiker Alfred Kelby, der damals ebenfalls in die Affäre verwickelt war, um dessen Gutachten. Doch dazu kommt es nicht. Kelby wird von Unbekannten entführt und verschwindet spurlos. Ein Fall für Paul Temple, der von seinem Verleger darum gebeten wird, in dem Fall zu ermitteln. In Kelbys Haus stößt er auf dessen Sekretärin Tracy Leonard, dessen Sohn Ronnie, den Gärtner Leo Ashwood und seine Frau Gladys. Eine Spur führt zu einer Farm, die ein gewisser Ted Mortimer betreibt. Tatsächlich findet sich dort in einer Regentonne die Leiche von Alfred Kelby. Wenig später bringt sich Sir Philip um, der 1947 als Hauptverdächtiger gehandelt wurde. Unterstützt von Inspektor Vosper führt die Spur in einen Spielclub, der von Arthur Grover betrieben wird.

Das Cover der Erstausgabe von Goldmann wirbt mit dem Spruch "Der erste Durbridge-Krimi nach der bekannten Fernsehserie". 1971 erschien dieser Roman in der BRD, 1970 in Großbritannien. Francis Durbridge schrieb das Buch im Fahrwasser des Erfolgs der 52teiligen Reihe "Paul Temple" mit Francis Matthews, die zwar ein größerer Erfolg war, jedoch ohne die Storys des Meisters auskommen musste. Es ist einer von den wenigen Stoffen, die Durbridge ausschließlich als Roman abgeliefert hat. In der Regel waren seine Bücher nämlich Abschriften der Drehbücher zu Fernsehspielen oder der Texte zu seinen Paul-Temple-Hörspielen. Die Werke waren dementsprechend dialoglastig (was man von diesem Werk nicht sagen kann, da es ja auch als Roman konzipiert war). Und auch in "Der Fall Kelby" krankt es an der gleichen Sache wie in "Kommt Zeit, kommt Mord", "Im Schatten von Soho", "Sie wußten zuviel" und "Paul Temple-Banküberfall in Harkdale", die allesamt KEINE Abschriften von Drehbüchern oder Hörspielen waren, sondern "reine" Romane. Keine Wendungen, keine Cliffhanger, keine mysteriösen Gegenstände, keine geheimnisvollen Anrufe. Nichts. Ein stinknormaler und beinahe -langweiliger Kriminalroman, bei dem - würde der Name Paul Temple fehlen - man nicht mal auf die Idee kommen würde, er stamme aus der Feder von Durbridge. Im Gegensatz zu anderen Büchern ist das Werk - ähnlich wie "Banküberfall in Harkdale" - sogar ziemlich kurz. "Der Fall Kelby" muss ohne Sir Graham Forbess auskommen, immerhin spielt der Roman bereits 1970 (und Temple müsste hier eigentlich schon gegen 60 Jahre alt sein). Merklich hat sogar die Freizügigkeit der 70er-Jahre Einzug genommen. Denn an Paul gerichtete Fragen von Steve wie "Sehe ich aus wie jemand der Gruppensex treibt?" (S. 42) oder Dialoge wie jener, in dem die 85jährige Lady Delamore sich über die Schlankheit Steves aufregt, passen so gar nicht zur Temple-Nostalgie der 40er- und 50er-Jahre: "Die jungen Leute sind heutzutage alle so dünn. Ich bin auch dünn, aber schließlich schon fünfundachtzig. In Ihrem Alter hatte ich einen vollen Busen und einen Po, auf dem man sitzen konnte. [...] Das muss an diesem Gruppensex liegen, dem heute jedermann anhängt. Davon wird man dünn." (Lady Delamore zu Steve Temple, S. 30).
Schließlich findet sich noch eine interessante Charakterisierung des Inspektors Charlie Vosper: "Charlie war ein Polizeibeamter der alten Schule, kein Bürokrat. Er war ein guter Polizeibeamter, weil er seine Schäfchen kannte und sie respektierte - jedenfalls diejenigen, die ihr Geschäft verstanden. Viel fand er sogar sympathisch. Wenn Charlie nicht zu Scotland Yard gegangen und Inspektor geworden wäre, hätte er ein erfolgreicher Boss der Unterwelt werden können. Paul Temple kannte ihn seit Urzeiten. Sie mochten einander sogar." (S. 21)
Übrigens fehlt auch Diener "Okay, Sir"-Charlie, der hier durch Kate Balfour ersetzt wurde. Eine stämmige ehemalige Polizeibeamtin, die nun im häuslichen Dienst der Temples steht und auch schon mal bei den Ermittlungen hilft. Die Figur kommt nicht von ungefähr, schließlich trat Kate auch in der Paul-Temple-TV-Serie auf.
Fazit: Für Durbridge-Fans ist "Der Fall Kelby" eine Enttäuschung, da ihm so ziemlich alles fehlt, was einen typischen Reißer des Meisters ausmacht. Als normaler Kriminalroman akzeptabel.

Mark Paxton Offline




Beiträge: 347

10.03.2012 22:35
#2 RE: Bewertet Buch: "Paul Temple - Der Fall Kelby (Paul Temple and the Kelby Affair)" Zitat · Antworten

Ich habe dieses Buch auch ca. vor einem halben Jahr gelesen und war ziemlich enttäuscht. Paul und Steve wirken irgendwie fremd. Es ist fast so, als ob nicht Durbridge das Buch geschrieben hat, sondern sein Name nur verwendet wurde wegen der besseren Verkaufszahlen. Ob er da einen Ghostwriter hatte? Wenn ja, dann hatte er nie zuvor etwas von Meister Durbridge gelesen. Denn es findet sich absolut nichts Typisches darin. Insgesamt für mich ein unterdurchschnittlicher Kriminalroman. Verzichtbar.

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