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Dieses Thema hat 1 Antworten
und wurde 638 mal aufgerufen
 Film- und Fernsehklassiker international
Prisma Offline




Beiträge: 7.591

11.12.2011 17:22
Diabolisch (1972) Zitat · Antworten



Ein weiteres, für mich zu Unrecht in der Versenkung verschwundenes Highlight stellt die britische Produktion "Diabolisch" aus dem Jahr 1972 dar. Da es leider keine deutsche Veröffentlichung auf DVD gibt, musste ich zu einer US-Disc aus dem Hause 'Substance' greifen, die leider kaum qualitative Ansprüche erfüllt. Es ist nicht weiter schlimm, denn der Film weiß zu entschädigen. Auf der DVD enthalten sind die geschnittene Version 'What The Peeper Saw' und die Uncut-Version 'Night Child'. Bei "Diabolisch" handelt es sich mal wieder um einen Streifen, der mich schon immer sehr interessiert hat und der mich darüber hinaus richtig überzeugt und mitgerissen hat. Unter der Regie von James Kelly ist dann doch tatsächlich ein Film entstanden, der sich von vielen ähnlichen Konkurenten abzuheben weiß und innerhalb des konventionellen Rahmens eigene Wege gehen wird. Zu welchem Genre möchte er aber gehören? Spontan würde ich ihn im Bereich Psycho-Thriller ansiedeln, er wird aber auch manchmal dem Horror-Genre zugeschrieben. Der Film ist fast ausschließlich und erstaunlich gut um die drei Protagonisten konstruiert und kommt daher insgesamt mit wenigen Schauspielern aus.

DARSTELLER:

BRITT EKLAND
MARK LESTER
HARDY KRÜGER
CONCHITA MONTEZ
COLETTE JACK

STARGÄSTE:

HARRY ANDREWS als Driektor Kessle
und als Dr. Viorne
LILLI PALMER



Die Frau des bekannten Schriftstellers Paul Bezant (Hardy Krüger) wird tot in der Badewanne aufgefunden. Man geht von einem Unglücksfall aus. Paul heiratet zum zweiten Mal und für seine junge Ehefrau Elise (Britt Ekland) beginnt eine schwere Zeit, bis sie sich schließlich in einem Alptraum wiederfindet, denn das Verhältnis zu ihrem Stiefsohn Marcus (Mark Lester) ist von Beginn an gestört. Der überdurchschnittlich intelligente zwölfjährige Einzelgänger Marcus scheint sich immer wieder neue Tiraden auszudenken, um die Beziehung von Elise und seinem Vater zu hintertreiben. Auch insgesamt fällt er sehr negativ im Rahmen seiner psycho-sozialen Kompetenzen auf. Elise beginnt, Nachforschungen bei Marcus' Schuldirektor (Harry Andrews) und seiner Psychologin (Lilli Palmer) über ihren unbequemen Stiefsohn anzustellen, und es kommt des weiteren zu begründeten Zweifeln am natürlichen Tode seiner Mutter. Die Umstände spitzen sich zu und es entsteht ein erbitterter Psychokrieg zwischen beiden, bis selbst Paul nicht mehr weiß, wem er noch glauben kann. Ist Marcus wirklich der rücksichtslose Teufel, den Elise darzustellen versucht, oder ist er doch nur das Opfer einer neurotischen Person, die aufgrund ihres angeschlagenen Gemütes Gespenster zu sehen glaubt...?

Prisma Offline




Beiträge: 7.591

11.12.2011 23:58
#2 RE: Diabolisch (1972) Zitat · Antworten

Man kann wohl verschiedener Ansicht über die hier gezeigten darstellerischen Leistungen sein, aber mir persönlich hat diese Riege mehr oder weniger eine Lehrstunde erteilt. Britt Ekland, die ich bislang eigentlich eher ignoriert habe, und sie daher immer noch ein unbeschriebenes Blatt für mich ist, zeigt eine bemerkenswert gute Leistung und eine erstaunliche Verwandlung in diesem Szenario. Sie gerät ohne es zu bemerken in die Zange eines zwölfjahrigen Jungen, der ihr auch noch in jeder Hinsicht überlegen erscheint. So könnte man schnell zu dem Schluss kommen, dass man es lediglich mit einer naiven Neurotikerin zu tun hat, aber es steckt wohl mehr dahinter. Elise gerät ohne es zu bemerken in einen sich langsam anbahnenden Alptraum, der sich immer bedrohlicher entfaltet. Von ihr bekommt man Aussagen zu hören wie: 'He is not a child', 'He even lies about his lies'... Sie hat Angst vor dem in ihren Augen unberechenbaren Jungen. Anfangs sieht man, dass Elise bemüht ist, ein gutes Verhältnis zu Marcus zu aufzubauen, doch es wird schnell klar, dass dies nicht sehr wahrscheinlich sein wird, da er anderes im Schilde führt. Sie fällt immer häufiger seinen Intrigen und Lügen zum Opfer, bis sich zwangsläufig auch das Verhältnis zu Paul zusehens verschlechtert. Doch entspricht das alles tatsächlich der Wirklichkeit oder ist ihre Wahrnehmung derartig gestört, dass sie nicht mehr zwischen Realität und womöglichen Wahnvorstellungen unterscheiden kann? Marcus macht der jungen Frau schwer zu schaffen und die ruhige, abgeklärte Leistung von Mark Lester trägt ihren Teil zur Glaubwürdigkeit bei. Dieses Kind strahlt eine eisige Kälte und Härte aus, und im Verlauf des Films kommt es zu zahlreichen Einstellungen, die das absonderliche Verhalten von Marcus dokumentieren sollen. Mit seiner Stiefmutter spricht er wie mit einer Schülerin, die zu Recht gewiesen werden muss, auf ihre zum Teil temperamentvollen und hysterischen Anwandlungen reagiert er nicht, wenn dann nur mit einem abschätzigen Grinsen oder hochmütigen Gesten. Er sieht genüsslich dabei zu, wie das Verhältnis von Paul und Elise schlechter wird, es macht ihm Spaß, die junge Frau zu quälen. Allerdings bleibt folgende Frage bestehen... ist es tatsächlich Einbildung oder doch Realität? Hardy Krüger ist wie immer souverän und routiniert, sein Umgang mit Elise ist fast schon übersachlich, er passt hervorragend in diese Rolle und füllt sie entsprechend aus. Er versucht einen Spagat zwischen seinem Sohn und seiner Frau hinzubekommen, im Verlauf macht sich immer mehr Ratlosigkeit breit. Ein tolles Ensebmle!



Der Film zieht für damalige Verhältnisse ungewöhnliche Register, was wohl zu dieser einen kleinen Skandal ausgelöst haben dürfte, außerdem kann ich mir gut vorstellen, das bestimmte Inhalte von "Diabolisch" einer ordentlichen Veröffentlichung im Wege stehen, oder gestanden haben. Mark Lesters perfide Spiele gehen so weit, dass es sogar anzüglich wird. Es kommt zu grotesken Szenen zwischen den beiden Hauptdarstellern Lester und Ekland, die nichts mit gutem Geschmack zu tun haben wollen. Er fasst seine Stiefmutter beispielsweise unsittlich an, als sie ihn nach Informationen über seine verstorbene Mutter fragt, ist er bereit ihr diese zu geben, verbunden ist dies aber mit unglaublichen Bedingungen. Für jede beantwortete Frage muss Elise eines ihrer Kleidungsstücke ablegen, Marcus beobachtet dies ungeniert und genüsslich. Eine Art Psycho-Strip-Poker! Außerdem bekommt man Kuss-und Liebesszenen zu Gesicht, die überaus ratlos stimmen.

Misstrauen, Angst und Hysterie machen sich breit, was allerdings nur auf Elise zutrifft, die immer unglaubwürdiger erscheint. Der Zuschauer erlebt eine permanent niedrig gehaltene Grundspannung und die Frage, wem man von den beteiligten Personen überhaupt glauben kann, zieht sich wie ein roter Faden durch 'Night Child'. Im letzten Drittel bäumt sich der Film in seiner Absicht, irgendwie zu schockieren auf, das aber mit ganz subtilen Mitteln. Die denkwürdigste Folge an Szenen liefern Britt Ekland und Stargast Lilli Palmer, auf deren Auftritt ich persönlich sehr ungeduldig gewartet habe. Ein überaus faszinierendes Spektakel. Palmer spielt hier die Psychologin von Marcus und zunächst sucht Elise Rat bei Dr. Viorne und erläutert ihr, dass ihr Stiefsohn abnormal sei und dass er versuche sie in den Wahnsinn zu treiben, sie womöglich zu töten. Lilli Palmer glänzt in dieser Rolle. Ekland stellt Fragen, Dr. Viorne stellt unverzüglich Gegenfragen oder weicht aus. Der zunächst sachliche Dialog wird schließlich zum Monolog der Psychologin. Elise ist es, die sich plötzlich in einem grotesken und für sie unfassbaren Kreuzverhör wiederfindet, außerdem scheint es so, dass sie auf ihren Geisteszustand überprüft wird. Sie muss sich permanent rechtfertigen und es kommt zu manischen Verhaltensweisen. Schließlich kommt es zu einem hochinteressanten Twist. Was danach folgt, ist unerwartet überraschend und aus einem vermuteten Alptraum wird ein sichtbarer Alptraum.



Dies als Finale hätte also jedem Film schon eine Ehre gemacht, doch es soll noch ein bisschen weiter gehen. Zum ersten Mal kommt richtig Tempo auf, man sieht bizarre Traumsequenzen und kann bald selbst nur noch schwer unterscheiden, was in Wirklichkeit geschieht. Man mag es vom Eindruck her vielleicht konfus nennen oder als logische Konsequenz in diesem Szenario ansehen. Das richtige Finale kommt dann schließlich im wievielten Anlauf und wurde bemerkenswert umgesetzt, ließ bei mir aber dennoch eine Art Fragezeichen zurück...
Die Musik von Stelvio Cipriani ist intensiv und unterstützt jede Szene abgestimmt und hervorragend. Wie erwähnt ist die DVD-Auswertung nicht besonders gut, angenehm ist es, dass man bei jedem Darsteller die Originalstimmen zu hören bekommt, was gerade bei Lilli Palmer wie immer ein großes Vergnügen ist. Die Dialoge hätten im Großen und Ganzen dennoch noch etwas ausgefeilter sein können. "Diabolisch", der leider ebenfalls wenig bekannt ist, und bestimmt nicht der ganz große, vergessene Klassiker ist, würde trotzdem sicherlich seine Anhängerschaft finden, weil die wichtigsten Zutaten stimmen. Inhalt und Umsetzung waren bestimmt auch schon dutzendfach da, aber es entfaltet sich ein großer Unterhaltungswert und eine perfide Grundhaltung, mit Langeweile hat dieser Film trotz sparsamen Tempos nichts zu tun. Und die schöne Britt Ekland kommt ab sofort auf meine persönliche Merkliste... Auch hier rate ich ohne viel zu überlegen: wem dieser Trip mal in die Hände fallen sollte, der kann unbesorgt zugreifen!

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