Der letzte Frosch oder: Der Rächer mit der Tagescreme
Bei den vier Brillenträgern handelt es sich nicht etwa um den Cast des nächsten „Die toten Augen von London“-Remakes, sondern lediglich um begeisterte Wallace-Fans, die auch dem einen oder anderen Pastiche auf den King of Crime nicht abgeneigt sind. Billyboy – Thorsten – ist mit der Vermarktung des Buches „Über ihnen schwebt der Tod“ ja sehr umtriebig, was uns drei anderen, die wir bisher an noch keiner Lesung aus dem Sammelband teilgenommen hatten, nur zugute kam: Barnaby schlug vor, wir könnten doch an diesem Freitag nach Bernau fahren, um noch einmal dem Hüpfen des „letzten Frosches“ zu lauschen. Zinker84 und ich (Percy Lister ist gerade außer Landes und hätte einen kleinen Urlaub für die Lesung einplanen müssen) fanden die Idee toll. Und tatsächlich hatte Eddi Arent seinerzeit nicht so ganz Recht, als er behauptete, die Tage des Frosches seien gezählt: Zu prägnant, zu spannend gestaltete sich der Fall, den Scotland-Yard-Koryphäe Elk und sein Assistent Baxter (nach wie vor stelle ich mir in dieser Art Rolle immer den jungen Eckart Dux – siehe „Das Halstuch“ – vor) lösen müssen. Die Story war mir zwar eigentlich schon aus dem dritten Kurzgeschichtenwettbewerb bekannt, allerdings stellte ich erfreut fest, dass ich mich an so gut wie gar nichts mehr erinnern konnte – eine Gabe, die für Whodunit-Fans ungemein wertvoll ist und es mir auch ermöglicht, Filme wie „Mörder Ahoi!“ zum zwölften Mal zu sehen und immer noch mitraten zu können. So auch hier; und mitraten durfte das Publikum im wahrsten Sinne des Wortes: Auch wenn uns als Insidern der Einfall des Autors, Zettel zum Tätertippen auszuteilen und unter den richtigen Abgaben ein Exemplar des Buches zu verlosen, natürlich verwehrt blieb – toll war er trotzdem. Thorsten teilte die Lesung in drei Teile auf, was die Geschichte in gesprochener Form auch für nicht hörbuchgeübte Krimifreunde gut überschaubar und konsumierbar machte. Auch die einzelnen Figuren erhielten zu großen Teilen gut unterscheidbare Stimmen, sodass man immer wusste, wer da gerade mit wem spricht. Abgerundet wurde das literarische Vergnügen mit einem großen Kokos-Eisbecher.
In den Pausen, vor und nach der Veranstaltung unterhielt sich Thorsten mit den Gästen und natürlich auch mit uns, was uns zu wilden Planungen für zukünftige Geschichten veranlasste. Unter unseren kongenialen Ideen findet sich die bahnbrechende Wallace-Persiflage „Der Rächer mit der Tagescreme“, in deren Verlauf eine – rein zufällig natürlich! – von Uschi Glas gespielte Frau erstickt in einem großen Tiegel ihrer selbstentwickelten Creme gefunden wird. Dem Täter, einem durch die Nebenwirkungen der Mixtur entstellten und vernarbten Mann, kommt die neue Hoffnung des Yard, Chief Secretary Miss Jane Finley, auf die Schliche.
Die atmosphärisch im langsam immer schummriger werdenden Abendlicht gehaltene Veranstaltung veranlasste mich außerdem dazu, endlich selbst „Über ihnen schwebt der Tod“ zu erwerben. Welche bessere Gelegenheit als ein persönliches Treffen mit einem der drei Autoren böte sich dazu an? Zu den Geschichten selbst hatte ich mich ja entweder im Rahmen der Kurzgeschichtenwettbewerbe oder im Gespräch mit den Autoren geäußert, insofern möchte ich noch einige Worte loswerden, die das Handwerkliche betreffen. Hier fällt zunächst einmal das schicke, von Daniel gestaltete Cover auf, das die Stimmung gleich mehrerer Geschichten sehr passend einfängt, aber auch einen subtilen Fokus auf meine Nach-wie-vor-Lieblingserzählung „Der Judasbaum“ legt. Das Schriftbild des Buches wird manchmal als zu klein bemängelt, mir persönlich gefällt es aber sehr gut. Etwas kleinere Drucke wirken professioneller als zu groß geratene, zumal aufgrund des leicht erhöhten Zeilenabstands die Lesequalität nicht eingeschränkt wird. Direkt berührt hat es mich außerdem, noch das Nachwort von Joachim Kramp zu lesen. Es fällt kurz, aber prägnant aus und allein schon dieser Grund sollte für jeden Wallace-Fan hinreichend sein, das Buch zu erwerben!
Und abschließend doch noch ein paar Worte zu einer Geschichte: Schon erwähnt habe ich meine Vorliebe für den „Judasbaum“. In Anbetracht der Tatsache, dass diese wohl am stärksten für die Veröffentlichung im Vergleich zur aus dem Wettbewerb bekannten Fassung nachbearbeitet wurde, habe ich sie heute morgen gleich als Bettlektüre und guten Start ins Wochenende verschlungen. Sie fesselt nach wie vor durch das fast mit den eigenen Händen greifbare Unwetter, die aufbrausenden Charaktere und den Auftritt des Hexers als Verbrecher, den ich ganz besonders schätze. Formal ist sie auch wirklich noch besser geworden: Die oft bemängelten Äußerungen des Gärtners wurden überarbeitet, ein Epilog geschrieben, der hilft, das Rätsel aufzurollen, und Inspektor Frisbee durch den altbekannten und wallacerigeren Elk ersetzt. Erneut ein Lob an Count Villain sowie das Lektorat des Schardt-Verlags sowie ganz Allgemein eine Kaufempfehlung für „Über ihnen schwebt der Tod“.
Wie Gubanov schon ausführte, war ich leider verhindert, sonst wäre ich gern zu diesem sympathischen Treffen gekommen. Die Stimmung bei der Lesung scheint wirklich auf den Krimifreund zugeschnitten gewesen zu sein; intime Atmosphäre mit Grusel und Insider-Geflüster. Da ich selbst in der Buchbranche tätig bin, kann ich einiges zum Thema "Buchvorstellungen" erzählen.
Jedenfalls hat mich Gubanov überzeugt: Das Buch wandert ab sofort auf meine Wunschliste!
Ich arbeite im Buchhandel und leite eine eigene Abteilung (Regionalliteratur, englische Bücher, Zeitungen). Ich werde einmal prüfen, ob Dein Buch auch für unser Geschäft interessant sein könnte. Ich mache mich ohnehin immer für die klassischen Krimis stark, auch wenn die Tendenz (leider) eher in Richtung Bestseller geht. So kämpfe ich mir immer genügend Platz für Agatha Christie und Sherlock Holmes frei...
Gubanov
(
gelöscht
)
Beiträge:
28.04.2012 16:40
#65 RE: "Über ihnen schwebt der Tod" - das Buch zum Forum erscheint!!!
Mittlerweile habe ich dem Buch zu einer bescheidenen Plattform verholfen, indem ich drei Stück für unsere Krimi-Abteilung bestellt habe. Ihr könnt den Titel auf dem nachfolgenden Bild sehen. Nun hoffe ich auf Interessenten und werde den Sammelband natürlich auch gern empfehlen.
Und ich darf nun vermelden, dass ich auch nicht völlig untätig bin, was die Promotion des Buches betrifft. In der Krimireihe "Lady Bedfort" wird im September eine Hörspieladaption der Geschichte "Die letzte Wette" unter dem Titel "Lady Bedfort und die letzte Wette" erscheinen. Sie greift Namen und Motive des Originals auf und spielt in der Gegenwart. Im dazugehörigen Booklet wird es selbstverständlich einen Hinweis auf die Anthologie geben.