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Dieses Thema hat 55 Antworten
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 Film- und Fernsehklassiker national
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Peter Offline




Beiträge: 2.886

02.01.2015 14:20
#31 RE: TATORT - Die restlichen 700+ Zitat · Antworten

Zitat von Peter im Beitrag #30
Ab dem 5. August wird in Weimar der neue Lessing-Dorn-Tatort gedreht: "Der irre Iwan" heißt der Arbeitstitel. Das klingt nach der "Fetten Hoppe" doch sehr vielversprechend ...

Der Charme des Weimarer Erstlings ist leider schnell verflogen. Hanebüchene, unausgegorene, verwurstelte Story, halb entwendet, halb schlecht erfunden. Tschirner wie man sie nicht mag: nuschlig-nervig. Merten, beim letzten Mal in einer herrlichen Rolle, diesmal in derselben Rolle nutzlos verschenkt. Die Rolle von Ausnahmekönner Horwitz - verpufft. Sophie Rois: Was nutzen die schönst gespielten Emotionen, wenn sie völlig unglaubwürdig sind?

Nein, nein. Wenn irgendwo im schönen Osten Zwillinge die Rollen tauschen, bleibt "Schulz & Schulz" das Maß der Dinge ...

Jan Offline




Beiträge: 1.753

02.01.2015 18:34
#32 RE: TATORT - Die restlichen 700+ Zitat · Antworten

Zitat von Peter im Beitrag #31
Nein, nein. Wenn irgendwo im schönen Osten Zwillinge die Rollen tauschen, bleibt "Schulz & Schulz" das Maß der Dinge ...

Das ist schön zusammengefasst!

Ich gucke normalerweise kaum neue "Tatorte", weil sich diese zumeist als vertane Lebenszeit herausstellten. Animiert durch die guten Meinungen zum Weimarer Erstling und dem beinahe frenetischen Jubel zu dieser Tukur-Episode (beides hatte ich nicht gesehen), habe ich mir das gestern auch angetan und fand's jetzt nicht soooo schlimm; jedoch bin ich de facto auch weit entfernt davon, diesen Ausflug in die "tatörtliche" Gegenwart alsbald zu wiederholen. Grundsätzlich finde ich das Gespann Tschirner / Ulmen eigentlich ganz originell, und auf Realismus pfeife ich zugunsten solcher sehenswerter Kombinationen. Selbst das Buch empfand ich für einen neuzeitlichen Krimi einigermaßen einfallsreich, einige Dialoge sogar recht gelungen. Nur weiß ich einfach nicht, was ich davon halten soll, wenn über weite Strecken kaum mehr zu verstehen ist, was die Darsteller sprechen. Wenn's der Tonmeister (gibt's den überhaupt noch?) schon nicht mitbekommt, dass das gesprochene Wort kaum verständlich ist, wieso fällt es denn dann nicht wenigstens dem Regisseur auf? Der sitzt doch da mittlerweile in einigem Abstand währenddessen die Schauspieler agieren, hat Kopfhörer und glotzt in diesen dösigen Monitor wie so ein Dorfdisco-DJ. Es bleibt demnach irgendwie der Eindruck, dass das so gewollt ist. Und das hat dann gestern abend m.E. einen Großteil des Films ruiniert, weil es einfach so dilletantisch wirkt, als haben die Macher irgendeiner Laiendarsteller-Dokusoap von RTL2 auch mal einen "Tatort" runterkurbeln wollen.

Gruß
Jan

Matze K. Offline



Beiträge: 1.060

02.01.2015 19:49
#33 RE: TATORT - Die restlichen 700+ Zitat · Antworten

Was ist ein "Tatort"? Für mich keine Krimiserie. Einfach der Obergegriff für "Es gibt Leichen und Ermittler" - mehr nicht. Alle anderen Punkte sind frei gestaltbar. Ich mag generell nur Krimis, bei denen ich mitraten kann und ohne oder mit kaum Sozialthemen, mit einer Ausnahme: der Charakterbildung des Hauptermittlers. Daher kommt der "Tatort" selten mein Beuteschema. Einzig bisher hat es Oberinspektor Marek geschafft! (Den es ja vorher schon gab und der ggf. eingekauft wurde.)

Daher betrachten wir mal jedes Kommissar-Duo als eigenständige Serie. Gestern haben wir auch geschaut und es war vergleichbar mit "Marie Brandt". Ein lustiger Film mit kriminalistischem Hintergrund - nur nicht so erst nehmen ... Leider haben wir das Erstlingswerk noch nicht gesehen. Da @Peter enttäuscht ist vom zweiten muss der erste ja demensprechend noch besser sein.

Mit dem Ton war es wirklich schwierig. Ich befürchte auch, dass es so gewollt ist und die Dame kann wohl auch nicht besser sprechen ... Sehr schnell, lese und zynisch ...

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Immer wenn du lügst, muss Jesus Blut weinen.
(Todd Flanders)

Marmstorfer Offline




Beiträge: 7.518

02.01.2015 20:08
#34 RE: TATORT - Die restlichen 700+ Zitat · Antworten

Mir hat "Der irre Iwan" super gefallen - die Autoren haben, wie Hella von Sinnen immer so schön sagt, mein "Komikzentrum" getroffen. Das ist natürlich alles Geschmacksache - ich mag Tschirner nämlich nuschlig sehr gerne - wobei der Ton teilweise wirklich nicht gut zu verstehen war, aber das laste ich Nora nicht an.

Ich sehe es auch nicht so, dass Merten verschenkt wurde. Der hatte doch geniale Oneliner - speziell in einer der besten Szenen, als Lessing und Dorn in Anwesenheit aller Beteiligten sämtliche Zwillings-Rollentausch-Mord-etc-Theorien durchkauen - und Chef Merten seine Begeisterung über die Kompliziert- und Abgedrehtheit des Falls nur schwer unterdrücken kann. "Das gibt's in keinem Russenfilm." Und etwas später: "Das kommt in meine Memoiren." Da hat es mich fast vom Stuhl gehauen. Okay, ich hatte auch schon ein Bier intus.

Otto Mandlick Offline



Beiträge: 623

02.01.2015 22:25
#35 RE: TATORT - Die restlichen 700+ Zitat · Antworten

Zitat von Marmstorfer im Beitrag #34
Okay, ich hatte auch schon ein Bier intus.

Die Literdose Faxe.

Und das ist auch kein Genuschel, sondern heißt auf Neudeutsch 'crypted reality'.

Im Ernst: Sicherlich war diese Folge nicht so ein Knaller wie 'Die Fette Hoppe', aber nun auch wirklich kein Reinfall. Das Duo Tschirner / Ulmen macht seine Sache gut, die Chemie stimmt und die Dosierung des Humors eigentlich auch. Das Buch hingegen würde ich mal in die hinteren Tatort-Regionen einsortieren und die Regie nutzt das Potential des guten Casts nicht wirklich aus. Im Rückblick wird diese Episode später mal in der Rubrik Durchschnitt angesiedelt sein.

Marmstorfer Offline




Beiträge: 7.518

02.01.2015 22:41
#36 RE: TATORT - Die restlichen 700+ Zitat · Antworten

So - Nora ist am Tondesaster völlig unschuldig - im Gegenteil: ihre Mahnungen und Warnungen wurden geflissentlich ignoriert. Zumindest gelobt man Besserung ...

Spiegel.de: Christian Ulmen entschuldigt sich für schlechten Tatort-Ton

Peter Offline




Beiträge: 2.886

03.01.2015 11:33
#37 RE: TATORT - Die restlichen 700+ Zitat · Antworten

Es freut mich ganz ehrlich, dass das der Tatort-Abend für euch etwas weniger ärgerlich war als für mich.

Nach der "Fetten Hoppe" wusste ich ja, wie die Weimar-Kiste läuft und war ohne die Vorbehalte der Traditions-Hardliner - aber mit großer Vorfreude und hohen Erwartungen an den "Iwan" herangegangen. Immerhin hatte man die "Hoppe" ja auch nicht mit einer hochrealistischen Story gesegnet, auch sie wurde sehr von Humor, teilweise Kalauern getragen. Alles kein Problem, denn die Sache war einfach sehr stimmig und von hoher Qualität.

Ein solches Qualitätssiegel kann der "Iwan" nicht beanspruchen, weil alles, was die "Hoppe" noch ausgezeichnet hatte, überzogen wurde, um das Fehlen genau dieser Stimmigkeit von Figuren, Story, Dialogen und Tempo zu kaschieren. Unpräzise war also nicht nur der Ton. Und bei aufkeimendem Trash-Verdacht gehen bei mir - ähnlich wie in der betreffenden Wallace-Phase - bekanntermaßen die Jalousien runter.

Vielleicht ist es aber auch wirklich so, dass ich mir als Stimmungsaufheller lieber ein Bier statt einer Fritz-Kola hätte genehmigen sollen ... Moment mal ... Wer hat mir eigentlich die Fritz-Kola empfohlen? ... Das war doch der Herr, der selbst lieber zum Bier greift ... Also, das grenzt ja an Sabotage ...

Marmstorfer Offline




Beiträge: 7.518

03.01.2015 12:42
#38 RE: TATORT - Die restlichen 700+ Zitat · Antworten

Zitat von Peter im Beitrag #37
Und bei aufkeimendem Trash-Verdacht gehen bei mir - ähnlich wie in der betreffenden Wallace-Phase - bekanntermaßen die Jalousien runter.

Das sieht bei mir bekanntlich ganz anders aus. Ich habe schließlich eine besondere Vorliebe für Vohrerschen Geisterbahngrusel. Insofern hat "Der irre Iwan" allein schon wegen des Rummelplatz-Sujets einen Stein bei mir im Brett. Horwitz mit der Kettensäge im Anschlag auf Amoklauf durchs Blackwood-Moor - das kann ich mir lebhaft vorstellen. Obwohl Chefin Rois ihm ein vernichtendes Arbeitszeugnis ausstellt. "Die Ohren sind super, den Rest kann man vergessen."
Zitat von Peter im Beitrag #37
Vielleicht ist es aber auch wirklich so, dass ich mir als Stimmungsaufheller lieber ein Bier statt einer Fritz-Kola hätte genehmigen sollen ... Moment mal ... Wer hat mir eigentlich die Fritz-Kola empfohlen? ... Das war doch der Herr, der selbst lieber zum Bier greift ... Also, das grenzt ja an Sabotage ...

Man muss das Getränk eben immer passend zum Anlass auswählen. Und wenn ich mich recht entsinne, habe ich dir nie empfohlen, dem Gerstensaft abzuschwören.

Mr Keeney Offline




Beiträge: 1.365

04.01.2015 23:06
#39 RE: TATORT - Die restlichen 700+ Zitat · Antworten

Habe nun den "irren Iwan" auch erledigt und muss sagen, dass ich im Großen und Ganzen recht zufrieden bin.

Vielleicht lag das auch daran, dass meine Erwartungshaltung denkbar niedrig war. Obzwar ich den ersten Weimar-Fall auch klasse fand, habe ich mittlerweile keine Illusionen über die immer kürzere Halbwertszeit mit der zunächst erfrischend andere und oftmals ironische Varianten des Tatort-Konzepts à la Münster hemmungslos zu Tode bzw. zur Unerträglichkeit geritten werden, und genau dies verhieß auch der Titel des zweiten Lessing-Dorn-Falls in meinen Ohren.

Letzten Endes ist der Film zwar deutlich schwächer als der erste Teil und war zumindest in der ersten Hälfte relativ spannungsarm, zäh und belanglos, jedoch hätte die zweite Hälfte mit ein paar Modifikationen in Richtung weniger Trash und mehr Glaubwürdigkeit durchaus nochmals alles rausreißen und auch recht spannend sein können.

Schlußendlich war mir der Film jedenfalls willkommener als irgendein völlig durchschnittlicher 08/15-Fall oder viele der total unerträglichen neueren Münster-Klamotten.

Wer aktuell wirklich grandiose Tatorte sehen will, der sollte München gucken, die waren schon immer stark und haben derzeit einen fantastischen Lauf. Die letzten ca. fünf Fälle waren alle ganz locker weit überdurchschnittlich!

Matze K. Offline



Beiträge: 1.060

24.01.2015 09:34
#40 RE: TATORT - Die restlichen 700+ Zitat · Antworten

Ich hab mir jetzt auch mal "Die Fette Hoppe" angeschaut.

An sich muss ich kriminalistisch sagen, ist der zweite Fall sogar ausgeklügelter. Ich denke mal, vom Ton abgesehen, dass beim zweiten der Überraschungseffekt weg war und er einfach schon deshalb nicht so gut bewertet wurde wie der erste. Schaut man die beiden Filme wie ich in umgekehrter Reihenfolge, so sind beide als Komödie mit kleinem Krimitouch zu werten.

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Immer wenn du lügst, muss Jesus Blut weinen.
(Todd Flanders)

Jan Offline




Beiträge: 1.753

10.02.2015 22:42
#41 RE: TATORT - Die restlichen 700+ Zitat · Antworten

Zitat von Stroheim im Beitrag #17
Der Tatort 'Rattennest' (1972) wird von nicht wenigen Genreliebhabern bis heute zu den stärksten Folgen überhaupt gezählt.

Kann ich verstehen. Den habe ich gerade zum allerersten Mal gesehen und ich muss gestehen, dass ich mich hervorragend amüsiert habe. Die Figuren, die der sonst eher für seine zurückhaltende Schauspieler-Regie bekannte Günter Gräwert da über den Bildschirm vagabundieren lässt, sind wirklich allererste Klasse bundesdeutscher Krautploitation: Götz George mimt eine Art Mixtur aus einem Dandy der 1920er Jahre und einem Seventies-Luden, trägt fein drapierten Pornobalken und monströse Dreieckkoteletten. Herbert Fux, ein optisch grausliger und tendenziell etwas unbeherrschter Schläger namens Frankenstein, haut die hübsche Bordsteinschwalbe windelweich, weil er, wie Chef Götz George meint, selbst so hässlich ist, und Ingrid van Bergen räkelt sich inmitten der illustren Herrenrunde als Gangsterbraut im kurzen Röckchen. Leider geht der ansonsten hinsichtlich seines "Sleaze-Talents" so begabte Ulli Kinalzik etwas unter. Er darf Frankenstein zwar vorführen, wie man ne Bordsteinschwalbe vermöbelt, ohne dass diese für längere Zeit dem Geschäft fern bleiben muss, ansonsten jedoch ist sein Aktionsradius leider begrenzt. Ach ja, einen Kommissar hat dieser "Tatort" auch. Paul Esser. Sein zweiter und letzter Fall. Er ist de facto eine Nebenfigur in der nicht eben an kriminalistischem Feinsinn interessierten Geschichte. Als etwas nervig entpuppt sich lediglich das Tagwerk der beiden Cutterinnen. Schnelle Schnitte sind ja ok, aber zehn Sekunden Film müssen nicht unbedingt auch zehnmal geschnitten werden. Damit hat man's ein wenig übertrieben. Ansonsten: Volle Punktzahl für diesen Reißer, den vor allem der famose Götz George trägt und mit dem Günter Gräwert einmal mehr sein vielseitiges Talent unter Beweis stellte!

Gruß
Jan

Peter Offline




Beiträge: 2.886

11.02.2015 09:02
#42 RE: TATORT - Die restlichen 700+ Zitat · Antworten

Danke @Jan, herrliche Analyse. Dieser Tatort hatte für mich auch einen ganz außerordentlichen Unterhaltungswert ...

Gubanov ( gelöscht )
Beiträge:

11.06.2016 21:00
#43 RE: TATORT - Die restlichen 700+ Zitat · Antworten

Teil 1 der kurzen Zusammenfassung meiner Seheindrücke der sechs Folgen aus der Berlin-Box:



Tatort: Rattennest
Hauptkommissar Kasulke ermittelt in Berlin


Episode 22 der TV-Kriminalserie, BRD 1972. Regie: Günter Gräwert. Drehbuch: Johannes Hendrich. Mit: Paul Esser (Hauptkommissar Kasulke), Gerhard Dressel (Kriminalassistent Roland). In Gastrollen: Jan Groth, Carla Hagen, Angelo Kanseas, Götz George, Ingrid van Bergen, Herbert Fux, Ulli Kinalzik, Klaus Sonnenschein, Kurd Pieritz, Willy Semmelrogge u.a. Erstsendung: 8. Oktober 1972, ARD. Eine Produktion des Senders Freies Berlin.

Ein bisschen wundert man sich im Abspann darüber, dass dieser Episode überhaupt ein Drehbuch zugrunde lag. Uninteressanter Bandenkrimi ohne substanzielle Handlung, der sich in ermüdender Seventies-Exploitation ergeht und nie wirklich in Fahrt kommt. Was Herbert Fux in einer Berliner Gangsterklamotte zu suchen hat, wird auch nie wirklich erklärt. Hauptsache, man hat möglichst viele abstoßende und peinliche Klischees in 90 Minuten gepackt. Ganz interessant sind lediglich die ersten Szenen, in denen der Gangster Laschke (Jan Groth) mit seiner Familie vor der Bande in die DDR zu flüchten beabsichtigt, von den Grenzposten aber wieder „abgeschoben“ wird. Hier verstecken sich ein paar atmosphärische Aufnahmen des geteilten Bahnhofs Friedrichstraße. Für den Rest schwache 1,5 von 5 Punkten – Kommissar Kasulke tritt nur am Rande in Erscheinung.

Tatort: Transit ins Jenseits
Die Hauptkommissare Schmidt und Veigl ermitteln in Berlin und München


Episode 69 der TV-Kriminalserie, BRD 1976. Regie: Günter Gräwert. Drehbuch: Jens-Peter Behrend, Günter Gräwert. Mit: Martin Hirthe (Hauptkommissar Schmidt), Ulrich Faulhaber (Kriminalassistent Hassert), Gustl Bayrhammer (Hauptkommissar Veigl), Helmut Fischer (Kriminalassistent Lenz). In Gastrollen: Marius Müller-Westernhagen, Götz George, Gisela Dreyer, Angelika Bender, Gerd Baltus, Peter Schiff, Ursula Gerstel, Barbara Morawiecz, Katrin Schaake, Inge Sievers u.a. Erstsendung: 5. Dezember 1976, ARD. Eine Produktion des Senders Freies Berlin.

Die erste Stunde dieses „Tatorts“ ist ein geschichtliches Dokument, das zum Spannendsten gehört, was die Serie je hervorbrachte. Die angespannte Atmosphäre auf der Transitstrecke zwischen Berlin und Franken sowie die Zwischenfälle, die die minutiös geplante „Republikflucht“ zum Scheitern zu bringen drohen, werden lebendig und authentisch in Szene gesetzt, wobei der offenkundige Aufwand, die Eigentümlichkeiten dieser Strecke von der VoPo bis zu den Grenzkontrollen für den Bildschirm nachzustellen, nicht zu verkennen ist. Zwangsläufig fällt der eher pflichtschuldige Ermittlungsteil demgegenüber etwas ab, zumal das Verhalten der am Drama beteiligten Personen nicht immer genau nachzuvollziehen ist. Aufgrund des starken Hauptteils und des dramatischen Endes sichert sich dieser ungewöhnliche Fall 4,5 von 5 Punkten. Starke Leistungen von Müller-Westernhagen und Dreyer; George und Baltus in besseren Statistenrollen.

Tatort: Beweisaufnahme
Hauptkommissar Walther ermittelt in Berlin


Episode 122 der TV-Kriminalserie, BRD 1981. Regie: Peter Keglevic. Drehbuch: Herbert Lichtenfeld. Mit: Volker Brandt (Hauptkommissar Walther), Ulrich Faulhaber (Kriminalassistent Hassert). In Gastrollen: Friedrich-Karl Praetorius, Jochen Schröder, Johanna Sophia, Inge Blau, Dieter Thomas Heck, Magdalena Montezuma, Manfred Lindlbauer, Leslie Malton, Edgar Ott, Anita Kupsch u.a. Erstsendung: 8. März 1981, ARD. Eine Produktion des Senders Freies Berlin.

Ein Gymnasialschüler als Sittenstrolch? In seiner ersten Ermittlung beschreitet der im modernen Stil als Freigeist eingeführte Hauptkommissar Walther unerhörte Wege. Herbert Lichtenfeld stattet die durchaus spannende Geschichte mit bissigen Untertönen über die Vergeblichkeit von Hilfeleistungen und das Zusammenhalten der Gutbetuchten aus. Die Leidtragenden sind die „Helden“, die eine Vergewaltigung verhinderten und nun plötzlich selbst von der Justiz verfolgt werden. Nicht unüblich für die „Tatort“-Reihe hat „Beweisaufnahme“ einige Temposchwierigkeiten, zeichnet sonst aber ein interessantes Bild vom Klüngel der Inselstadt und dem Unterschied zwischen Recht haben und Recht bekommen. 4 von 5 Punkten.

Gubanov ( gelöscht )
Beiträge:

12.06.2016 21:00
#44 RE: TATORT - Die restlichen 700+ Zitat · Antworten

Teil 2:



Tatort: Freiwild
Hauptkommissar Walther ermittelt in Berlin


Episode 154 der TV-Kriminalserie, BRD 1984. Regie: Wolfgang Staudte. Drehbuch: Heinz-Dieter Ziesing. Mit: Volker Brandt (Hauptkommissar Walther), Helmut Gauss (Kriminalassistent Stettner). In Gastrollen: Armin Mueller-Stahl, Hans Peter Hallwachs, Witta Pohl, Tilly Lauenstein, Marsha Cox, Bruno Hübner, Paul Albert Krumm, Hans-Helmut Dickow, Peter Kuiper, Stefan Gossler u.a. Erstsendung: 5. Februar 1984, ARD. Eine Produktion des Senders Freies Berlin.

Ein bisschen abgegriffen wirkt es ja schon, das Penner-Milieu im TV-Krimi. Dennoch und trotz eher hanebüchener Glaubwürdigkeit kann man „Freiwild“ einen gewissen Unterhaltungswert bescheinigen, denn die Kombination der Tippelbrüder-Wehwehchen mit den medizinischen Experimenten des von Untermenschen und Kleingeistern schwadronierenden „philantropischen“ Bruderpaars aus Armin „Dr. Jeckyll“ Mueller-Stahl und Hans Peter „Mr. Hyde“ Hallwachs ist zu krude, um nicht zumindest Aufmerksamkeit zu erregen. Ausgiebige Tiergartenaufnahmen sind ebenso etwas fürs Gemüt wie Tilly Lauensteins bitterböser Mutterdrache. 3 von 5 Punkten für einen „Tatort“, der kaum ernstzunehmen, wohl aber kurzweilig geraten und als letztes Werk des renommierten Wolfgang Staudte ohnehin mit routinierter Handschrift versehen ist. Kleinrollen als Stadtstreicher für eine ganze Reihe (mehr oder weniger) gern gesehener Fernsehdauergäste von Bruno Hübner bis Peter Kuiper.

Tatort: Die kleine Kanaille
Hauptkommissar Bülow ermittelt in Berlin


Episode 177 der TV-Kriminalserie, BRD 1986. Regie: Rolf von Sydow. Drehbuch: Dieter Schubert. Mit: Heinz Drache (Hauptkommissar Bülow), Jürgen Kluckert (Kommissar Leuschner), Maximilian Wigger (Kommissar Öllerink). In Gastrollen: Anja Jaenicke, Herbert Herrmann, Johanna Elbauer, Almut Eggert, Inge Herbrecht, Geraldine Gaul, Klaus Mikoleit, Ute Gerlach, Dennis Schmidt-Foss u.a. Erstsendung: 26. Januar 1986, ARD. Eine Produktion des Senders Freies Berlin.

„Ich krieg’ dich“: Heinz Drache, der sich eigentlich nicht über fehlende Entschlossenheit beklagen kann, kommt in dieser Folge nur zum Bellen, nicht zum Beißen. Die titelgebende „kleine Kanaille“, die anmaßende Waise Birgit, stiehlt ihm in Gestalt von Anja Jaenicke die Schau. Jaenickes aufdringliches Spiel und die ungewöhnliche Konstellation, die den Ermittler auf die tatenlosen Zuschauerränge verbannt, sorgen für eher langatmige Unterhaltung, die weniger durch Spannung oder inhaltliche Raffinesse (simple Erpresserstory, die man schnell hätte beenden können) als vielmehr durch die stilvollen, sommergrünen Schauplätze aufgebrochen wird. Unterm Strich reicht es nur für 3 von 5 Punkten.

Tatort: Tödliche Vergangenheit
Hauptkommissar Markowitz ermittelt in Berlin


Episode 243 der TV-Kriminalserie, BRD 1991. Regie und Drehbuch: Marianne Lüdke (Idee: Günter Lamprecht). Mit: Günter Lamprecht (Hauptkommissar Markowitz), Max Volkert Martens (Kommissar Gerber), Hans Nitschke (Kommissar Pohl). In Gastrollen: Karin Baal, Katja Junge, Hans Teuscher, Richy Müller, Dagmar Manzel, Renate Grosser, Jürgen Rothert, Karin Schröder, Johanna Karl-Lory, Sylvia Wintergrün u.a. Erstsendung: 20. Mai 1991, ARD. Eine Produktion des Senders Freies Berlin.

Das mit Mühe und gutem Willen, aber auch Leichen in den Kellern zusammenwachsende Berlin ist Thema des 1991 gedrehten Debüt-Tatorts von und mit Günter Lamprecht. Man muss wohl eine Spur Eitelkeit vermuten, wenn sich der Darsteller, der betont, wie viel von seiner eigenen Person doch im Kommissar steckt, so gnadenlos in den Mittelpunkt stellt, wie es hier der Fall ist: Die 90 Minuten sind voll vom Privatleben des Ermittlers, was die zeitgeistige Ex-Stasi-Geschichte ermüdend macht und den Eindruck erweckt, als würde man hier eine lange Exposition für den im Kommenden dann sicher stilecht melancholisch auftretenden Markowitz-Charakter sehen. Der Auftritt von Karin Baal als feindselige Ex-Frau des Polizisten ist einer der wenigen Pluspunkte eines unausgewogenen und kriminalistisch wenig ansprechenden „Tatorts“ unter dem Durchschnitt. 2 von 5 Punkten.

Für mich bestätigt sich der bisherige Eindruck, dass man sich von Zeit zu Zeit ’mal einen Nostalgie-„Tatort“ anschauen kann, ich aber wohl nie ein richtiger Fan der Serie werde. Die Anspieltipps aus der Berlin-Box bleiben der starke „Transit ins Jenseits“ und, mit Einschränkungen, „Beweisaufnahme“.

Havi17 Offline




Beiträge: 3.761

13.06.2016 00:25
#45 RE: TATORT - Die restlichen 700+ Zitat · Antworten

Wenn sich das Urteil nur auf die Berlin-Boxen bezieht, kann ich das verstehen.

Gruß
Havi17

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