Seit vielen Jahren beschäftige ich mich mit Durbridge und seinem Werk. Dass seine Drehbücher in viele Sprachen übersetzt worden sind und "Halstuch" etwa in Großbritannien, der BRD, in Italien, Frankreich, Dänemark, Finnland und Schweden verfilmt wurde, habe ich nach und nach herausgefunden und die ausländischen Fassungen auch teilweise gesehen. Dass Durbridge aber auch im sozialistischen Polen verfilmt wurde, war mir neu.
1970 entstand mit "Szal" (wrtl. "Der Schal") eine dreiteilige Fassung von DAS HALSTUCH. 1972 entstand mit "Jak błyskawica" eine dreiteilige Fassung von WIE EIN BLITZ.
Übersetzt wurden ins Polnische außerdem die Romane Halstuch, Melissa, Schlüssel und Siegelring. Dass Stoffe wie "Es ist soweit", "Brent" oder "Frazer" nicht übersetzt oder verfilmt wurden scheint ob des "antisozialistischen" Inhalts (Geheimdienste, Spionage zwischen Ost und West) auch klar.
Auf http://chomikuj.pl/forest69/TEATR/KOBRA kann man sich zumindest ausschnittsweise Teile von "Blitz" und "Halstuch" ansehen, ganz interessant, "Halstuch" ist im Winter angesiedelt, dass das ganze in Polen und nicht in Großbritannien gedreht wurde, sieht man allerdings auch.
SZAL (1970, 3 Folgen) ("Das Halstuch") Buch: Francis Durbridge Übersetzung: Kazimierz Piotrowski Szenenbild: Marek Lewandowski Produktion: Anna Minkiewicz Regie: Jan Bratkowski
Darsteller: Krzysztof Chamiec - Inspektor Yates Stanisław Zaczyk - Clifton Morris Alicja Pawlicka - Marianna Hastings Michał Pawlicki - Edward Collins Kalina Jędrusik - Kim Mieczysław Voit - Matthews Zygmunt Kęstowicz - Hopedean Zbigniew Guttner - Jeffreys Zbigniew Stawarz - Kent Stefan Szmidt - Gerald Joanna Kostusiewicz - Phyllis Barbara Klimkiewicz - Jill Elżbieta Osterwianka - Lloyd Tadeusz Bartosik - Goodman Cezary Julski - Bill Royd Wojciech Duryasz - Eryk Mieczysław Gajda - Hector Józef Pieracki - Inspektor Rowland Leonard Pietraszak - Shaw Halina Dobrowolska - Fay Jacek Brick - Normana
Jak błyskawica (1972) ("Wie ein Blitz") Buch: Francis Durbridge Übersetzung: Kazimierz Piotrowski Produktion: Barbara Sałacka Regie: Jan Bratkowski
Darsteller: Ewa Wiśniewska (Diana Stewart) Kazimierz Meres (Geoffrey Stewart) Roman Wilhelmi (Mark Paxton) Krzysztof Chamiec (Inspektor Clayton) Barbara Horawianka (Thelma Bowen) Ryszard Bacciarelli (Walter Bowen) Mieczysław Voit (Ned Tallboy) Halina Kossobudzka (Hauston) Barbara Klimkiewicz (Mary Wayne)
Es ist bemerkenswert, dass in der polnischen "Halstuch"-Umsetzung eine Darstellerin für Fay Collins in der Besetzungsliste aufscheint. Bekanntlich sehen wir in der deutschen Verfilmung nur die Leiche auf dem mit Zuckerrüben beladenen Anhänger von Bill Royd. Die Entdeckung der Toten wird wie folgt beschrieben: "Oben auf dem Anhänger lag der Körper eines Mädchens. Ein Blick genügte, um Royd zu sagen, dass die Frau tot war. Ihm fiel die große Schönheit des Mädchens auf. Sie war blond und mochte etwa fünfundzwanzig Jahre alt sein. Ein Bein hatte sie ein wenig angezogen, und ihr linker Arm lag in einem seltsamen Winkel ausgestreckt. Die roten Stellen an ihrem wohlgeformten weißen Hals und die starren Augen sagten alles." Könnte es sein, dass es in der polnischen Version einige Rückblenden gibt, in denen Fay Collins zu sehen ist? Wäre sie nur Statistin, würde sie wohl kaum namentlich in der Liste der Darsteller aufscheinen. Ob eine Fay Collins "in Action" dem Mehrteiler zuträglich wäre, ist freilich eine andere Frage. Geheimnisvolle Schönheiten aus der Vergangenheit, die Übles im Sinn führen, wirken zumeist besser im Verborgenen, damit die Phantasie des Zusehers angeregt wird und den unterschiedlichen Vorstellungen einer "Femme Fatale" Rechnung getragen werden kann. Ein gutes Beispiel dafür ist Rebecca DeWinter, die dem Hitchcock-Klassiker ihren Namen leiht, aber nie zu sehen ist.
Nachdem in den Stablisten keine "Bearbeitung" aufscheint, dürfte es sich wohl nur um die tot da liegende Frau handeln - also das Durbridgesche Originaldrehbuch. Die ersten 10 Minuten kann man sich ja auf der Homepage ansehen und sie gleichen der deutschen Version schon sehr. Was Bearbeitungen betrifft - ich kenne natürlich nicht alle Verfilmungen - aber in Italien wurden alle Durbridges nochmals überarbeitet und mit Rückblenden und/oder zusätzlichen Szenen versehen, um die Handlung auf 6 Folgen à 60 Minuten zu strecken. So wurde in der it. "Blitz"-Version der in der deutschen/englischen Fassung nur namentlich erwähnte Hal Roach als Besitzer einer Rennbahn "dazuerfunden", auf dessen Gelände es zu schmierigen Pferdewetten kommt. Ich stimme aber mit Dir darin vollkommen überein, dass man nicht immer alles so ausschmücken muss und dass die Phantasie des Zuschauers durch das Nichtzeigen der Handlungen/ der Person der Ermordeten viel mehr angeregt wird.
@georg der link zu den polnischen TV-Serien ist sehr interessant. Mir z.B. ist unter andeem der erste der dort aufgeführten Filme "vertraut", weil es sich um eine Bühnen- bzw. TV-Version eines in der DDR erschienenen Krimis des polnischen Autors Joe Alex (Ps.) handelt. Interessanterweise gibt es auch Gemeinsamkeiten zu Durbridge: der Autor Joe Ales ist auch der Held seiner Bücher oder Filme, er ist in seinen Stücken ein Krimiautor, der immer wieder Kriminalfälle löst. Wenn man sich das erste Stück bis zu Ende anschaut, wird man eine Bar-Szene sehen, die so exakt auch in einer Durbridge - oder sonstigen Verfilmung des deutschen Fernsehens hätte stattfinden können (inkl. Musik). Leider scheinen Joe-Alex-Filme nie im deutschen TV (auch im DDR-TV) gelaufen zu sein.
BillyBoy03
"Liberal ist nur ein Fremdwort für haltungs- und charakterlos" Alfred Dorfer, Kabarettist