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Dieses Thema hat 3 Antworten
und wurde 1.764 mal aufgerufen
 Francis Durbridge
Gubanov ( gelöscht )
Beiträge:

04.04.2010 20:47
Bewertet Kino: "Der grüne Finger / Send for Paul Temple" (1946, UK) Zitat · Antworten



Paul-Temple-Kinofilm Nr. 1:
Send for Paul Temple (Der grüne Finger) – 1946
Mit: Anthony Hulme als Paul Temple und Joy Shelton als Steve Trent. Des weiteren spielen: Tamara Desni, Jack Raine, Beatrice Varley, Hylton Allen, Maire O'Neill, Philip Ray, Olive Sloane u.v.a. Regie: John Argyle.

„Send for Paul Temple“ eröffnet die vierteilige britische Kinofilmreihe um die Abenteuer des ansonsten aus dem Radio bekannten Detektivs Paul Temple aus der Feder von Straßenfeger-Autor Francis Durbridge. Eine Übersicht der Filme und allgemeine Fragen und Hinweise finden ihren Platz in folgendem Thema:
Paul-Temple-Verfilmungen


Eine Reihe von Juwelendiebstählen erschüttert England und die Presse lässt kein gutes Haar an Scotland Yard. Die dortigen Verantwortlichen überlegen bereits, den berühmten Privatdetektiv und Krimiautor Paul Temple zur Hilfe zu rufen, doch als ihm ein Inspektor von dem Fall erzählen will, wird dieser erschossen. Wie der Zufall will, trifft Paul Temple, der sich nun eifrig für den Fall interessiert, kurz darauf die Reporterin Steve Trent und findet in ihr mehr als nur eine Verbündete...

In der besten Francis-Durbridge-Manier entwickelt sich vor den Augen des Zuschauers in „Send for Paul Temple“ ein rasanter, solider und spannungsreicher Kriminalfall, der in einem ereignisreichen und düsteren Finale mit anschließendem wegweisenden Happy-End mündet. Die durbridge-typischen Wendungen und obskuren Handlungsträger, die Temple und das Publikum gleichermaßen verblüffen, kommen ebenfalls nicht zu kurz und werden in diesem Fall – eigenwilliges Volk, diese Briten! – vor allem durch eine Reihe englischer Gasthöfe und deren sonderbare Namen vertreten.
Außerdem schmelzt der vorliegende Film den Anfang und das Ende der Paul-Temple-Erzählungen zusammen, präsentiert er doch gleichsam die Geschichte des Kennenlernens von Paul Temple und Steve Trent (die selbst mit einem Kriminalbeamten verwandt ist und damit die Bluthund-Gene quasi im Familienkreis weiß) als auch Versatzstücke aus Paul Temples letztem Radio-Auftritt „Der Fall Alex“. Letzterer wird am offensichtlichsten durch Temples asiatischen Diener Rikki vertreten, der anstelle Charlies agiert und sich durch den ständigen Gebrauch von „Missy“ (im Englischen: „honey“) nicht ganz so nervtötend hervortut wie Herbert Hennies’ Charlie mit seinem jüngchenhaften „Okäi, Söör!“ in den deutschen Hörspielproduktionen. Auch die Bemerkung, Paul Temples Romandetektiv (er ist ja schließlich selbst ein Schriftsteller) stelle sich „dümmer an denn je“, und die Schlagzeile, dass Scotland Yard Paul Temple zur Hilfe holt („SY sends for PT“) werden sich später in dem „Alex“-Stoff wiederfinden.
Ein weiteres bekanntes Element sind die aufregenden Autofahrten: Sobald sich der Durbridge’sche Detektiv in einen Wagen setzt, muss irgendetwas passieren – so lautet die Regel. Der Zuschauer wird auch hier nicht enttäuscht...

Hauptdarsteller Anthony Hulme gibt ein überzeugendes und sympathisches Porträt ab, ist aber zugleich deutlich jünger und dynamischer als es etwa René Deltgen oder gar Paul Klinger waren. Somit verliert die Temple-Rolle auch ein wenig an Eleganz, Glamour und Exklusivität, wandelt sich also eher in einen ganz krimitypischen, anpackenden und auch der Action nicht abgeneigten Frauenheld-Detektiv um – ohne jedoch allzu derbe Klischees zu bedienen.
Die Produktionsstandards lassen sich indes nicht mit denen der Hörspiele vergleichen, in denen die opulente und makellose Ausstattung nur vor dem inneren Auge des Zuhörers aufersteht. Im Kontrast dazu verdeutlicht „Send for Paul Temple“, dass es sich bei dem Kinofilm – um einmal den amerikanischen Sprachgebrauch zu imitieren – nicht um ein „A picture“ handelt: Kulissenbau und Trickaufnahmen wirken nostalgisch, sind aber weit von Perfektion entfernt; große Schauspielernamen sucht man vergebens.
Auch die Länge des Hörspiels wird verständlicherweise nicht erreicht, sodass Paul Temple schon eher und einfacher zum Ziel kommt. Eigentlich ist dies kein Makel, doch gerade bei der Kürze des Films fragt man sich, ob es nötig gewesen wäre, die Informationen um den geheimen Hintermann so repititiv einzubinden.

„Send for Paul Temple“ ist eine vor Akkuratesse strotzende Fundgrube für Durbridge-Anhänger und erzählt eine mitreißende Geschichte an stimmungsvollen Orten mit massenhaft Charme und Lokalkolorit. Technisch solide, aber nicht herausragend, daher 4 von 5 Punkten.

Anmerkung: Die DVD „Send for Paul Temple“ vom engagierten Liebhaberlabel Renown Pictures kann man im hauseigenen Onlineshop unter www.renownpicturesltd.com bestellen. Sie enthält einen angenehmen, wenngleich nicht perfekten Transfer des Films und verfügt über ein Booklet über die Geschichte und Werke der Produktionsfirma „Butchers Film Service“. Leider werden keine Untertitel angeboten.

Georg Offline




Beiträge: 3.263

04.04.2010 21:46
#2 RE: Bewertet (1): Send for Paul Temple (Der grüne Finger, 1946) Zitat · Antworten

Eine schöne Analyse, der ich mich voll anschließen kann. "Send for Paul Temple" bietet klassische nostalgische Krimispannung mit allen Zutaten, die man von einem echten Durbridge-Krimi erwartet. Alle 15-20 Minuten kommt es außerdem zu einer spannenden Wende, was ja auf die aus dem zugrundeliegenden Hörspiel kommenden Cliffhangermomente zurückzuführen ist.
Keine Ahnung, ob der Film in der deutschen Synchro mal im Fernsehen gelaufen ist?! Ich kenne seit jeher nur die englische Variante.

Vandyke Offline



Beiträge: 34

26.02.2014 17:54
#3 RE: Bewertet (1): Send for Paul Temple (Der grüne Finger, 1946) Zitat · Antworten

Der Film ist auf jeden Fall im Jahre 1947 (17. Februar) für die britischen Besatzer im Warendorfer Kino gelaufen. Vermutlich auf Englisch. In unserer Ortschronik von 2000 ist ein Werbezettel abgedruckt. Aber er muss auch auf deutsch gelaufen sein, denn sonst würde es ja den deutschen Titel "Der grüne Finger" nicht geben.

Gubanov ( gelöscht )
Beiträge:

08.04.2018 14:25
#4 RE: Bewertet Kino: "Der grüne Finger / Send for Paul Temple" (1946, UK) Zitat · Antworten

Einige Filme möchte ich im Zuge des Grandprix noch einmal auffrischen. Deshalb hier ein Update des älteren Berichts.



Der grüne Finger (Send for Paul Temple)

Kriminalfilm, GB 1946. Regie: John Argyle. Drehbuch: John Argyle, Francis Durbridge (Vorlage, 1938: Francis Durbridge). Mit: Anthony Hulme (Paul Temple), Joy Shelton (Steve Trent), Tamara Desni (Diana Thornley), Jack Raine (Sir Graham Forbes), Beatrice Varley (Miss Marchment), Hylton Allen (Dr. Milton), Maire O’Neill (Mrs. Neddy), Michael Golden (Dixie), Richard Shayne (Chefinspektor Dale), Edward V. Robson (Inspektor Merritt) u.a. Uraufführung (GB): 23. Dezember 1946. Uraufführung (D-West): 9. November 1947. Eine Produktion von Butcher’s Film Service.

Zitat von Der grüne Finger
Eine Reihe aufsehenerregender Juwelendiebstähle wirft ein unvorteilhaftes Licht auf Scotland Yard. Als sogar ein Polizist bei einem der Coups erschossen wird, ruft die Presse laut nach Privatdetektiv Paul Temple. Er soll den Behörden unter die Arme greifen! Ein rätselhafter als Selbstmord getarnter Mord verkompliziert die Angelegenheit und sorgt für Interesse auf Temples Seite. Er macht die Bekanntschaft der Schwester des Toten, die eine engagierte Reporterin ist. Gemeinsam wollen Paul Temple und Steve Trent dem Geheimnis des „grünen Fingers“ auf die Schliche kommen ...


Der Durchbruch gelang Francis Durbridge nicht mit den hierzulande so beliebten Fernsehmehrteilern, sondern mit Radio Serials um den Kriminalschriftsteller und Amateurdetektiv Paul Temple, die zwar nach einem ähnlichen Strickmuster funktionierten, aber durch die kontinuierlichen Hauptfiguren einen noch stärkeren Seriencharakter aufwiesen und auch eine etwas ausgeprägtere Tendenz in Richtung Action und Abenteuer besaßen. Temple kämpfte selten gegen kriminelle Einzeltäter wie etwa einen Halstuchmörder – seine Gegner waren gut strukturierte Verbrecherbanden mit einem großen, unbekannten Strippenzieher. Dies verband seine Paul-Temple-Fälle ebenso mit bekannten Edgar-Wallace-Krimis (zum Beispiel „Der rote Kreis“, „Der Frosch mit der Maske“ oder „Das Gasthaus an der Themse“) wie der Umstand, dass Temple gute Beziehungen zum großen Scotland-Yard-Apparat pflegt, der oft in Gestalt von Sir Graham Forbes repräsentiert wird.

Obwohl auch die Temple-Stoffe stark auf Cliffhanger setzten (die deutschen Radiohörer können davon ein Lied singen, denn Durbridge hielt sie zwischen 1949 und 1967 in zwölf Fällen in Atem), erachteten auch die Kinoproduzenten den populären Schnüffler für umsetzungswert. Für Butcher’s Film Service entstanden in den späten 1940ern und frühen 1950ern vier Spielfilme, deren Auftakt wie auch 1938 beim BBC-Radio „Send for Paul Temple“ bildet. In Deutschland kam der Streifen als „Der grüne Finger“ in die Kinos, allerdings ist die Synchronisation verschollen. Für die DVD-Veröffentlichung wurde eine neue angefertigt, die sich durchaus hören lassen kann.



Wer mit Paul Temple den eleganten Radiostil eines René Deltgen verbindet, wird in Anthony Hulme keine identische Entsprechung finden, sondern einen zupackenden jungen Helden vom Schlage eines fuchsbergeresken Draufgängers. Dass er in schicken Autos unterwegs ist und seinen Diener aus den Vorlagen mitbringt, lenkt nicht davon ab, dass der Produzent offenbar auf Nummer sicher gehen und einen typischen aktiven Strahlemann verpflichten wollte. Dies passt aber auch gut ins Gesamtbild, weil „Der grüne Finger“ seine Faszinationskraft vor allem aus dem Kennenlernen von Temple und seiner zukünftigen Frau Steve Trent zieht. Hulme und Joy Shelton weisen eine gute Chemie auf und sorgen dafür, dass der Film für diejenigen, die an Temples Privatleben interessiert sind, ein Muss ist. Die Serie von Juwelendiebstählen, hinter denen ein Bösewicht mit dem illuster-dümmlichen Namen „der Diamentenschurke“ steckt, bleibt hingegen eher formelhaft und uninteressant, wenngleich Durbridge es der geschickten Einbindung geheimnisvoll klingender Wirtshausnamen für einen gewissen Ratefaktor zu sorgen.

Die Handlung wird über weite Strecken stringent erzählt, allerdings mischen sich immer wieder kleine Längen ein, wenn es den Figuren mehr auf altmodisch britische Höflichkeit als auf eine rasche Vermittlung des Handlungsverlaufs ankommt. Die Zeit, die dafür draufgeht, hätte für eine bessere Charakterisierung der Schurken verwendet werden können, denn vor allem die eigentlich so faszinierende Tamara Desni (bekannt aus der 1937er-Edgar-Wallace-Verfilmung „The Squeaker“) kommt leider sehr kurz. Auch hätte man gern mehr Szenen mit dem Arzt Dr. Milton (Hylton Allen) oder dem Gangster Dixie (Michael Golden) gesehen. Einen mehr als präsenten Eindruck hinterlässt hingegen Beatrice Varley, die als kauziger Wirtshausgast und selbstsichere Hobbyermittlerin sowohl für den Humor verantwortlich ist als auch Temple tatkräftig zur Seite springt.

Ein jugendlicher Paul Temple angelt sich seine Steve und zerschlägt nebenbei eine gefährliche Diebesbande. Stärker könnte Durbridges Seriendetektiv nicht in Szene gesetzt werden. Was 1946 den Möglichkeiten des cineastisch auf der Insel Machbaren entspricht, wirkt heute etwas angestaubt, aber nicht reizlos. 3,5 von 5 Punkten.

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