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Dieses Thema hat 7 Antworten
und wurde 2.165 mal aufgerufen
 Film- und Fernsehklassiker national
Gubanov ( gelöscht )
Beiträge:

04.03.2010 19:41
Bewertet "Flucht ohne Ausweg" (BRD 1966) Zitat · Antworten

Flucht ohne Ausweg (nach Motiven von Kenneth Donald)
BRD 1966, TV-Film. Eine Produktion des SDR. Regie und Drehbuch: Franz Peter Wirth. Mit: Hansjörg Felmy, Karin Hübner, Peter Ehrlich, Hermann Lenschau, Claudia Gerstäcker, Alexander Hegarth, Jürgen Arndt, Karl Tischlinger, Norbert Gastell, Michaela May u.v.a. Länge: 225 Minuten (3 Teile: 82 Minuten, 63 Minuten, 80 Minuten). DVD-Veröffentlichung: noch ausstehend.


1. Teil

Bert Gregor wurde für die Veruntreuung von 300'000 Mark zu acht Jahren Haft verurteilt. In einer spektakulären Flucht gelingt ihm aber der Ausbruch aus dem Gefängnis. Mithilfe seines Freundes Paul steckt er mitten in der Organisation des Untertauchens, als alles ganz anders kommt als geplant...

Minutiös, beinahe schon stummfilmhaft, wird der Zuschauer ohne große Worte in den Ausbruchsplan des Bert Gregor eingeweiht. Die Szenen im Gefängnis, die zu dieser Aktion führen und Gregor trotz seiner Strafe und ständiger Lügen als Publikumssympathisanten aufbauen – unterstützt übrigens durch den realistisch aufgezeigten militärähnlichen Zwang der Wächter –, nehmen etwa die Hälfte des ersten Teils in Anspruch und erzeugen trotz ihrer Stille und Bodenständigkeit durch Raffinesse und die Präsenz ständiger Überwachung eine hohe Spannung. Hansjörg Felmy erhält viel Platz, auch in kleinen Gesten und Taten sein schauspielerisches Talent zu entfalten und damit als Häftling und gesuchter Flüchtiger eine völlig andere Facette seines Könnens zu präsentieren als etwa als Schwiegermutterliebling wie in „Der Greifer“ oder als realistisch-gutväterlicher Kommissar in „Die Tote aus der Themse“. Überhaupt muss zu den Stärken dieses ersten Teils von „Flucht ohne Ausweg“ gezählt werden, dass die Handlung mit einem Minimum an Figuren auskommt: Über die gesamten 82 Minuten treten lediglich vier Charaktere – Bert Gregor, sein Kumpan Paul, die schöne Sandra und der undurchsichtige Gefängnisarzt – in den Vordergrund des Geschehens und profitieren dadurch natürlich von der maximalen Aufmerksamkeit des Zuschauers.
Die Story trägt sich an attraktiven Schauplätzen zu. Dazu gehören ausführliche Aufnahmen des Gefängnisses von innen und außen, nostalgische Straßen- und Straßenbahnaufnahmen sowie die elegante Wohnung eines für diese Zeit ungewöhnlich offen als homosexuell bezeichneten Griechenland-Verehrers, in der Gregor untertaucht. Unterstrichen wird das Geschehen passend durch die aufpeitschende Musik von „Mabuse“-Veteran Bert Grund. Den Abschluss bildet ein spannender Cliffhanger, der dieses Mal nicht von der Rätselsorte ist, sondern den Zuschauer vor die Frage stellt, wie die Hauptfigur auf die ihm unterbreitete, höchst unerfreuliche Wendung wohl reagieren mag...

Gubanov ( gelöscht )
Beiträge:

04.03.2010 22:29
#2 RE: Bewertet "Flucht ohne Ausweg" Zitat · Antworten

2. Teil

Im Verlauf des zweiten Teils verspielt sich Bert Gregor langsam die Sympathien des Zuschauers, die er sich mit seinem ausgefeilten Gefängnisausbruch „erarbeitet“ hat. Der Ton zwischen Bert und Paul wird nach dem Ende des ersten Teils verständlicherweise schlagartig rauher und mündet in einer brutalen Schlägerei. Auch ansonsten zeigt sich „Greg“ nicht zimperlich und zieht auf seiner Flucht skrupellos eine ganze Reihe von mehr oder weniger unschuldigen Menschen in die Sache hinein, nur um seine eigene Haut zu retten. Wäre da nicht das vertraute und intensive Spiel Hansjörg Felmys, müsste man „Flucht ohne Ausweg“ anlasten, dass der TV-Mehrteiler mit dem leichtfertigen Aufgeben der Anteilnahme des Publikums an den Taten seiner Hauptfigur auch einen großen Teil des Mitfieberns verschenkt. Glücklicherweise ist dem nur teilweise so, denn trotz aller teilweise recht unerfreulicher Taten des Verbrechers bleibt dank des starken Fokus der Inszenierung auf Felmys Bert Gregor sowie dessen noch immer sehr klugen Tricks und kalten Kalküle (z.B. die Verkleidung als Postbote oder das Öffnen der Wohnungstür mittels einer Dokumentenfolie) immerhin ein gewisser Grad der Restwertschätzung erhalten.
Die Katz-und-Maus-Jagd zwischen Gregor und der Polizei wird in diesem Teil direkter aufgezeigt und gipfelt in einem besonders rasant inszenierten Sprint über diverse Hinterhöfe, die einem Fernsehfilm von 1966 außergewöhnlichen Kredit verleihen. Auch die Reihe interessanter Lokalitäten wird unter anderem in Form des Münchner Zoos, eines klassischen Nachtklubs, einer Schwimmhalle und eines Supermarktschaufensters fortgeführt. An letztgenannter Stelle erschafft die Produktion auch gekonnt eine Pseudorealität, indem sie die große Suchaktion nach Bert Gregor in den Nachrichten der Tagesschau verlautbaren lässt.
Neben Hansjörg Felmy spielte in den ersten beiden Teilen von „Flucht ohne Ausweg“ Peter Ehrlich die wohl markanteste Rolle als sein anfänglicher Freund und späterer Widersacher Paul. Als roher, abgekarteter Gangster hinterlässt er einen bleibenden, da wesentlich passenderen Eindruck als als harmloser Inspektor in dem Durbridge-Krimi „Ein Mann namens Harry Brent“. Die Negativbesetzung in „Flucht ohne Ausweg“ kommt seinem Äußeren und seiner Statur, seiner Artikulation und seinen Gesten näher.

Teil 3 lässt unter Berücksichtigung all dieser Faktoren ebenfalls auf rasante und kompromisslose Unterhaltung mit Spannung um die Geldbeschaffung Gregors sowie seine Flucht ins Ausland hoffen, wenngleich sowohl der Titel des Mehrteilers als auch die Schuld, die Gregor unterdessen auf sich geladen hat, kaum mehr Zuversicht auf einen für ihn glücklichen Ausgang der Dinge zulassen.

Gubanov ( gelöscht )
Beiträge:

06.03.2010 00:40
#3 RE: Bewertet "Flucht ohne Ausweg" Zitat · Antworten

3. Teil

Abgesehen von der spannenden Frage: „Was wäre ein deutscher TV-Krimi ohne die Gereutvilla?“ gibt es nicht viel, was den Zuschauer am letzten Teil von „Flucht ohne Ausweg“ noch fesseln könnte. Erstaunlich langatmig und ruhig, man möchte beinahe sagen: schläfrig, präsentiert sich die Wiederaufnahme der Handlung, in der nun sämtliche Gegenkräfte zu Bert Gregor vollkommen in den Hintergrund treten. Mit Paul ist’s vorbei und die Polizei wird bis kurz vor Schluss höchstens noch ein paar Male flüchtig erwähnt – von wirklicher Bedrohung spürt man kaum etwas. Die Stationen auf Gregors Route wirken willkürlich und beliebig; teilweise – vor allem eben die Szenen in der Villa – sind sie im Grunde genommen völlig überflüssig und dienen ausschließlich der Streckung der Laufzeit auf die benötigten 80 Minuten.
Auch das Ende gestaltet sich nach den großteils modern und abgebrüht wirkenden Charakteren und Handlungselementen zu glattpoliert und perfekt. Was man vermutet tritt auch ein; das Netz um Gregor, ohne jede Chance, zieht sich immer weiter zusammen, bis... Tja, das kann sich wohl jeder ausmalen. Eine andere, unkonventionellere Auflösung hätte der Geschichte einen ungewöhnlichen Ausklang geben und damit Wunder wirken können. Meine heimliche Vermutung und Sehnsucht war beispielsweise die, dass die wieder erstarkte Figur der Sandra Filippi, die von Gregor erpresst und ausgenutzt wird, den Verbrecher umbringt (z.B. indem sie die Hütte anzündet, in der sie ihn versteckt hält) und damit schließlich ungeschoren davonkommt. Sicher wäre dies eine moralisch riskante Lösung, doch würde sie immerhin ein griffiges Schicksal für Karin Hübners recht interessante Rolle formen, wohingegen sie in der vorliegenden Fassung doch ein ganzes Stück zu offen und damit zu vage verbleibt.

Die drei Teile von „Flucht ohne Ausweg“ überbringen dem Zuschauer drei völlig unterschiedliche Gefühle: Im ersten baut sich Bewunderung für einen schlauen Zuchthäusler und seinen gelungenen Ausbruch auf, im zweiten schlägt diese in Abneigung gegen seine Brutalität und Egomanie um und im dritten fügt sich die unterdessen stark strapazierte Handlung zu einem schlecht sitzenden Bilderbuchende lediglich notdürftig zusammen. Einzig Hansjörg Felmy verbindet diese wechselhaften Qualitäten durch sein eindringliches Spiel, wohingegen die auch sehr stimmig auftretenden übrigen Schauspieler meist das Pech haben, Rollen erwischt zu haben, die nicht ganz und gar zu Ende gedacht sind. Freunde der Nostalgie finden allerdings viel fruchtbaren Boden in München und auf dem Lande. 3,5 von 5 Punkten.

Mark Paxton Offline




Beiträge: 347

09.08.2012 21:44
#4 RE: Bewertet "Flucht ohne Ausweg" Zitat · Antworten

Soviel ich weiß, hätte dieser Mehrteiler schon längst in die Straßenfeger-Boxen mitaufgenommen werden sollen. Warum ist das noch immer nicht geschehen?

Abgesehen davon ein ganz spannender Film, Felmys erste Fernseharbeit nachdem er sich gegen das neue Medium immer gewehrt hatte. Den Titel finde ich aber schwach, da er das Ende ja schon vorweg nimmt.

Georg Offline




Beiträge: 3.263

07.07.2013 11:44
#5 RE: Bewertet "Flucht ohne Ausweg" Zitat · Antworten

FLUCHT OHNE AUSWEG
Krimidreiteiler, BRD 1966, Regie: Franz Peter Wirth, Darsteller: Hansjörg Felmy, Karin Hübner, Peter Ehrlich, Hermann Lenschau, Claudia Gerstäcker, Karl Tischlinger u. v. a.



Eben mal wieder für die Erstellung des Booklets gesehen: insgesamt ein recht spannendes und doch kurzweiliges Vergnügen, auch wenn man Franz Peter Wirth damals vorwarf, den Film zu wenig gestrafft zu haben (TV-Presse: "Zwei Teile hätten es auch getan!"). Bemerkenswert für mich ist, dass weite Teile der Produktion ohne Worte auskommt, die ersten 45 Minuten des 1. Teils beispielsweise sind fast ohne Gespräche. Zum Spannungsaufbau trägt die Musik von Bert Grund bei. Zwiespältig ist natürlich, dass man für Bert Gregor - wie Gubanov schon andeutete - nicht wirklich Sympathie empfinden darf/ soll. Genau das ist aber das Problem: man fiebert mit dem Ganoven mit. Die damalige TV-Presse kreidete dies dem Regisseur und Autor auch an.
Regisseur Franz Peter Wirth hatte das richtige Händchen bei der Besetzung und nur ihm und seiner guten Beziehung zu Felmy dürfte es zu verdanken sein, dass dieser erstmals ein TV-Angebot akzeptierte, nachdem er Klassiker wie "Tim Frazer" und die Rolle des Guy Foster in "Melissa" ausgeschlagen hatte. Überzeugend und perfide spielt Peter Ehrlich (mit Perücke!), Karin Hübner, die mich sonst eher nervt, gefällt als junge Frau aus reichem Haus. Auch Hermann Lenschau als Barbesitzer und Claudia Gerstäcker als leichtes Mädchen sind eine gute Wahl gewesen. Bis in die kleinsten Nebenrollen tauchen schließlich sympathische Gesichter auf: Karl Tischlinger als hilfsbereiter und resoluter Bauer, Ingrid Henning (Gustl Bayrhammers Ehefrau) als dessen Gattin und Michaela May als deren Tochter (damals noch als Gertraud Mittermayr).
Die Gereutvilla darf natürlich in einem Krimi, der in München spielt, nicht fehlen und auch der obligatorische Nachtkurier aus der gleichnamigen Serie ist in einer Bavaria-Produktion jener Jahre fast obligatorisch.

Abschließend einige Kritiken aus damaligen TV-Zeitschriften:

Dr. H. W., Greifenstein, schrieb: "Was sollen diese Krimis? Sollen wir Sympathie für Bert Gregor empfinden? Was kosten uns solche Verbrecher für Geld, und wieviel tüchtige Männer müssen ihr Leben einsetzen, um solche Elemente zur Strecke zu bringen"

Ludwig K., Breidenbach: "Seit Monaten plane ich ein "todsicheres Ding". Mir fehlten nur noch die Details. Doch jetzt kann es bald losgehen, Vielen Dank für die einzigartigen Anregungen!"

Karl B., Lübeck: "Ein erstklassiges Spiel und der Beweis dafür, dass man auch in Deutschland - und dass ohne viele Tote und Schießerei - spannende Filme herstellen kann".

Georg O., Braubach: "Ich habe noch keinen Krimi erlebt, der solch rohe, sadistische, unmögliche und unwahrscheinliche Szenen zeigte und dabei so langweilig und ohne Spannung war".

G. W., Hamburg: "Einem so sympathischen Schauspieler wie Hansjörg Felmy glaubt man den Gangster einfach nicht!".

Dieter F., Nürnberg: "Felmy war eine Fehlbesetzung, aber eine glänzende!"

Gubanov ( gelöscht )
Beiträge:

07.07.2013 13:51
#6 RE: Bewertet "Flucht ohne Ausweg" Zitat · Antworten

Zitat von Georg im Beitrag #5
Ludwig K., Breidenbach: "Seit Monaten plane ich ein "todsicheres Ding". Mir fehlten nur noch die Details. Doch jetzt kann es bald losgehen, Vielen Dank für die einzigartigen Anregungen!"

Genial!

Clifton Morris Offline



Beiträge: 116

08.07.2013 21:03
#7 RE: Bewertet "Flucht ohne Ausweg" Zitat · Antworten

Da hat man Vorfreude auf die DVD-Veröffentlichung. Und darf gespannt sein. Eine sichere Bestellung.

Ray Offline



Beiträge: 1.930

03.06.2016 21:23
#8 RE: Bewertet "Flucht ohne Ausweg" Zitat · Antworten

Flucht ohne Ausweg (BRD 1966)

Regie: Franz Peter Wirth

Darsteller: Hansjörg Felmy, Karin Hübner, Peter Ehrlich, Hermann Lenschau u.a.



Auch diesen in der kurzlebigen "Straßenfeger präsentiert KRIMI KLASSIKER"-Reihe erschienenen Mehrteiler habe ich mir erstmals angesehen und folgende Meinung gebildet:

Die ersten 50 Minuten sind insofern gewöhnungsbedürftig, als kaum gesprochen wird. Hansjörg Felmy spielt Freddy Gregor. Ah nee, das war ein anderer, bzw. genauer zwei andere. Felmy heißt natürlich Bert Gregor, gerne auch "Greg" genannt. Er sitzt im Gefängnis, die Revision vor dem Bundesgerichtshof hatte keinen Erfolg, so dass ihm einige Jahre "hinter Gittern" bevorstehen. Gemeinsam mit einem alten Kumpel, der sich auf freiem Fuß befindet, plant er den Ausbruch, um an die noch vorhandene Beute aus einer Unterschlagung, die sich in einem Bankschließfach befindet, zu gelangen.

Es folgt die "Flucht ohne Ausweg". Wie schon von Vorrezensenten aufgezeigt, nimmt der Titel letztlich das Ende vorweg, wobei man den ausdruck "Flucht ohne Ausweg" im Vorhinein sicher auch in einem übertragenen bzw. psychologischen Sinne verstehen konnte, weswegen das Finale in seiner konkreten Gestalt nicht so vorhersehbar ist, wie man meinen könnte.

Der Film lebt einerseits von seiner aufwendigen Machart und andererseits von den starken Leistungen der Hauptdarsteller. Von den stilechten Gefängnisszenen über die Wohnung Karin Hübners mit Pool im Wohnzimmer ("Um Null Uhr schnappt die Falle zu" lässt grüßen) bis zu den vielen Außendrehorten im dritten Teil bekommt man fürs Auge vergleichsweise viel geboten. Hansjörg Felmy ist sehr authentisch und erweckt durch sein facettenreiches Spiel trotz seiner deliktischen Vergangenheit und Gegenwart die Sympathien des Zuschauers. Karin Hübner ist wie immer eine absolute Bereicherung. Sie umgibt stets eine geheimnisvolle Aura. Ihre desillusionierte Art ist einmal mehr erfrischend. Das Zusammenspiel mit Felmy ist - vor allem in den Szenen in ihrer Wohnung - hervorragend und rechtfertigt alleine schon die Sichtung dieses Mehrteilers.

Ansonsten gilt das, was für so viele Mehrteiler gilt: im Grunde hätte man manches straffen können. Doch ist es irgendwo doch gerade die gewisse Betulichkeit, die derartige Filme ausmacht, wobei der vorliegende weitaus spektakulärer und temporeicher ist als manches Konkurrenzprodukt.


Dank des herausragenden Duos Felmy/Hübner und der aufwendigen Produktion vergebe ich 4/5 Punkten.

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