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Dieses Thema hat 286 Antworten
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 Film- und Fernsehklassiker national
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Percy Lister Offline



Beiträge: 3.589

29.04.2012 14:39
#121 RE: Bewertet: „Das Kriminalmuseum“ / „Das Kriminalmuseum erzählt“ (1963-70) Zitat · Antworten

BEWERTET: "Der Scheck" (Erstsendung am 30. August 1968)
mit: Günther Ungeheuer, Hans Cossy, Fritz Strassner, Peter Pasetti, Renate Grosser, Friedrich Georg Beckhaus, Rolf Wanka, Liane Hielscher, Rudolf Schündler, Walter Sedlmayr, Hans-Dieter Asner, Maria Singer u.a.
Buch: Maria Matray und Answald Krüger - Regie: Helmuth Ashley

Der Unternehmer Andreas Bechmer hat sich in einer finanziellen Notlage von einem Geschäftspartner 100.000 DM geliehen. Da er das Geld nicht zurückzahlen kann und die Sicherheiten, die er angegeben hat, nicht existent sind, will er sich davonstehlen, indem er Selbstmord verübt. Im letzten Moment überlegt er es sich anders und beschließt, sich mithilfe einer geschönten Zwischenbilanz Geld zu leihen. Er klopft an mehrere Türen - ohne Erfolg. Da fasst er den Entschluss, den vermögenden Onkel seiner Frau zu beseitigen, nachdem er einen Scheck von diesem gefälscht hat....

Im Mittelpunkt der Handlung steht mit Günther Ungeheuer ein Mann, der seine Rollen stets mit punktgenauer Präzision zeichnet. Beherrscht, diszipliniert und mit unnahbarer Gestik und Mimik tritt er in seiner privaten und geschäftlichen Umgebung auf. Er versucht, Menschen für sich einzuspannen, sich ihrer pekuniären Disponibilität zu bedienen und erwartet von jedermann unabdingbare Erfüllung seiner Forderungen; sei es nun von Angestellten seiner Firma, angeheirateten Verwandten oder Bekannten aus der Geschäftswelt. Seine Vorgangsweise bezeichnet er selbst als dynamisch und expansiv und so gestaltet er auch seine Verbrechen.
Schleierhaft bleibt auch nach der zweiten Sichtung die Art, sich aus seinen Verpflichtungen stehlen zu wollen. Statt nach Paris zu fliegen, besteigt er den Zug nach Wasserburg am Inn, wo er zunächst seine Papiere verbrennt und alle Etiketten aus seinem Mantel entfernt. Dann will er sich unter einen Zug werfen. Diese Vorgangsweise deutet jedoch eher auf Irreführung der Polizei hin, die glauben soll, Andreas Bechmer sei Opfer eines Gewaltverbrechens geworden. Da die Handlung flott voranschreitet und Bechmer seinen alten Biss umgehend zurückerlangt, werden diese Dinge nicht in Frage gestellt. Fritz Strassner überzeugt in der Rolle des empörten Gläubigers, der nur so lange auf Strafverfolgung des Kaufmanns besteht, bis er sein Geld zurückerhalten hat. Der Strafbestand des Betrugs ist jedoch gegeben, weshalb der souveräne Hans Cossy den Fall weiterhin verfolgt. Mit einem Schmunzeln registriert man die Beschwörung der Umstände, die auf die "derzeitige Wirtschaftslage" zurückzuführen sind. Hand aufs Herz: War diese in den Augen der Wirtschaftstreibenden jemals gut?
In der erlesenen Atmosphäre eines Clubs trifft Ungeheuer auf Peter Pasetti, der in solchen Räumlichkeiten zuhause ist, sich diesmal jedoch als moralische Instanz erweist. Die Großmannssucht, die er seinem Gegenüber vorwirft, macht er vor allem in neureichen Gewohnheiten aus, die der verschuldete Mann trotz seines Engpasses nicht ablegen will. Mit eiskaltem Blick sieht Pasetti verächtlich auf Ungeheuer herab - wahrlich: diesen Mann möchte man nicht zum Feinde haben!
Die Außenaufnahmen gestalten sich für Freunde üppiger Schneelandschaften besonders ansehnlich. Wir begleiten Bechmer in seinem Wagen durch die Gegend um Miesbach und Schliersee, um dann im Finale das Jagdhaus von Dr. Grothe zu erreichen, bei dem es sich um das Gebäude handelt, das in der Serie "Forsthaus Falkenau" mit Christian Wolff als Zuhause des Försters diente. Es liegt in der Gemeinde Dietramszell (Landkreis Bad Tölz-Wolfratshausen) inmitten der oberbayerischen Wälder.

Fazit: Eine sehr gute Folge aus der Endphase der Serie, die flüssig und spannend abläuft und sich reifer Darsteller und schmucker Schauplätze bedient.

Percy Lister Offline



Beiträge: 3.589

06.05.2012 20:46
#122 RE: Bewertet: „Das Kriminalmuseum“ / „Das Kriminalmuseum erzählt“ (1963-70) Zitat · Antworten

BEWERTET: "Die Reisetasche" (Erstausstrahlung am 7. April 1967)
mit: Herbert Fleischmann, Erik Ode, Sigurd Fitzek, Claus Tinney, Dietrich Thoms, Wolf Rahtjen, Walter Hoor, Ludwig Schmid-Wildy, Thomas Reiner, Walo Lüond, Otto Stern, Hertha Konrad, Hans Elwenspoek u.a.
Drehbuch: Gerd Oelschlegel und Franz Neubert - Regie: Erich Neureuther

Der Berliner Boutiquenbesitzer Felix Hochstätter feiert im Kreise seiner Freunde seinen 45. Geburtstag in einem Nachtlokal. Währenddessen wird in seinem Geschäft eingebrochen und eine wertvolle Münzsammlung aus dem Tresor gestohlen. Als Hochstätter mit der Schadensersatzforderung an seine Versicherung herantritt, wird diese wegen dessen hoher Schulden skeptisch. Kommissar Zobel, der den Fall untersucht, vermutet einen bestellten Einbruch, um sowohl die Versicherungssumme, als auch den Verkaufserlös für die Münzen kassieren zu können. Eine heiße Spur führt nach München....

Die Episode beginnt feucht-fröhlich bei einer Geburtstagsfeier, wo die Männer über Zahnschmerzen und Alterserscheinungen klagen und sich die Frauen um den angeblich vermögenden Geschäftsmann scharen. Es scheint, als wolle jeder ein Stück von der Torte erwischen, bei der es sich natürlich aufgrund der Verhältnisse um zwei Kilo Kaviar handelt. Parallel dazu läuft der mühselige Einstieg in die Räumlichkeiten des Modeladens ab; der Eindringling rückt mit schwerem Gerät und einer Reisetasche an.
Claus Tinney profitiert von seinem "Stahlnetz"-Bonus, zeigte er doch bereits in der ersten Folge der Erfolgsreihe seine Bereitschaft zu Einschüchterung und Gewalt, wobei seine betont langsame Sprechweise anzeigen soll, dass er sich von seiner Umwelt tödlich gelangweilt fühlt.
Herbert Fleischmann führt das Doppelleben des in finanzielle Schwierigkeiten geratenen Kaufmanns, der (noch) den Schein wahren kann und für die Aufrechterhaltung seines Status' einiges tun würde. Sein Auftritt schwankt je nach Situation von aggressiv-fordernd bis vorsichtig-erläuternd, wobei ihm Kommissar Zobel stets das Gefühl gibt, ihn längst durchschaut zu haben. "Die Reisetasche" fungiert im Falle Odes als Generalprobe für die Rolle des Kommissars in der gleichnamigen Münchner Serie. Seine Rolle macht ihm Spaß und er und Sigurd Fitzek, der auch in der nächsten Folge des "Kriminalmuseums" als Beamter zu sehen ist, ergänzen sich in fast kameradschaftlicher Weise. Das väterlich Autoritäre klingt hier noch nicht so durch wie später in "Der Kommissar", obwohl Erik Ode, dessen Ehe kinderlos blieb, ohnehin daran zweifelte, ob er als Vater geeignet gewesen wäre. Die "KM"-Folge muss sich erneut den Vorwurf gefallen lassen, zu lang ausgefallen zu sein. Eine knackige Spielzeit von rund einer Stunde hätte den Abläufen mehr Schwung gegeben und verhindert, dass sich manche Zuseher bereits in der ersten Viertelstunde zu einem Manhattan-Cocktail oder Gin Fizz verabschieden. Mit der Verlegung der Handlung nach München erhält die Folge neuen Auftrieb, der Nostalgiker mit schönen Bildern des mittlerweile aufgelassenen Flughafens Tempelhof versorgt und den Konkurrenzkampf zwischen Preußen und Bayern belustigt auf die Schippe nimmt.

Grabert Offline



Beiträge: 257

18.05.2012 18:49
#123 RE: Bewertet: "Die Kamera" (31) Zitat · Antworten

Zitat
Auch hier gelingt dem erfahrenen Duo Bruno Hampel/Helmuth Ashley die gelungene, kurzweilige Schilderung eines spannenden Kriminalfalles

von Jack the Ripper

Folge 31 "Die Kamera" des "Kriminalmuseums" ist keine Whodunit-Folge, aber dennoch spannend und gut erzählt, dabei schön bebildert (herrliche Berglandschaften) und gut besetzt: Wolfgang Preiss, Siegried Rauch oder das Ermittlerduo Alexander Kerst und Werner Kreindl haben mich überzeugt, auch Thomas Braut oder Barbara Lademann spielen ihre jeweilge Rolle gekonnt. Bruno Hampels Drehbuch erzählt eine realistische und gleichzeitige gerissene Geschichte eines Versicherungsbetrugs, Helmut Ashley zeigt nicht nur schöne Bilder, sondern auch triste Dorfatmosphäre und hervorragende Kameraeinstellungen bei Verhören. Mein Fazit: eine gelungene, kurzweilige und spannende Folge.

Mr Keeney Offline




Beiträge: 1.365

04.07.2012 09:40
#124 RE: Bewertet: "Die Kamera" (31) Zitat · Antworten

Episode 4: Die Fotokopie (1963)

Auch die vierte Folge wartet wieder mit einem interessanten Ermittlergespann auf, der für mich immer irgendwie als „schauspielernder Regisseur“ abgespeicherte Jürgen Goslar (obwohl man das spätestens seit 1997 mit Fug und Recht so nicht mehr sagen kann, seither ist Goslar nämlich nur noch als immer noch höchst aktiver Darsteller in Erscheinung getreten) darf endlich einmal „folgentragend“ den Kommissar geben und der mir später vor allem als zweiter „qualliger“ Schwiegersohn von Ekel Alfred bekannte Klaus Dahlen seinen Assistenten. Goslar legt seine Rolle so an, dass er auf mich ein wenig wie ein jüngerer Bruder von Charles Regnier (in seiner Ermittlerrolle in „Der schwarze Abt“, kurioserweise ebenfalls 63er Jahrgang!) wirkt, ohne allerdings dessen „charismatische Markanz“ komplett zu erreichen, Dahlen gefällt mir ebenfalls im Gegensatz zu den meisten hier auch ganz leidlich, beide bringen mich aber mit ihren soliden Darbietungen jetzt nicht soweit, dass ich direkt nach weiteren Folgen dieses Ermittlerteams lechzte. Den schauspielerischen Glanzpunkt setzt m. E. hier natürlich Günther Schramm in seiner recht ambivalent, zwischen Hochnäsigkeit, Anbiederung, Unsicherheit und Aggressivität angelegten Rolle, die letzten Endes in dieser Form maßgeblichen Löwenanteil am Funktionieren des Plots hat. Natürlich darf man an dieser Stelle auch nicht die Leistung von Dinah Hinz schmälern, die, vielleicht zwar mit einer bewusst spartanischer angelegten emotionalen Palette, aber durchaus überzeugend als im Grunde schüchternes und ängstliches Mädchen, das befürchtet, dass das Leben und die Liebe an ihr vorbeigeht und die zur Verhinderung dessen bereit ist, ein anrüchig wirkendes Ticket für den Wohlstand zu ziehen und als Trumpf in einem fremden Spiel eingesetzt zu werden, brilliert.
Leider konnten und wurden aufgrund der eindringlichen Herausarbeitung dieser Charaktere die weiteren Beziehungen und Verhältnisse und Charaktere im Familienclan der Familie Delius, deren Familienoberhaupt verstorben ist und dessen Erbe nun verteilt werden muss, nur angedeutet und kaum zugunsten weiterer Spannungsbögen exploitiert.
Wolfgang Beckers Regie weiß dennoch durchaus gewisse Momente und Wendepunkte geschickt auszukosten und prägnant zu bebildern, ein Highlight herausgegriffen: die Szene als Schramm nervös mit der Hand pochend am Fenster steht und man unten auf der Straße den Verkehr pulsieren sieht, während im Hintergrund gerade der Familienrat mit den Erbschaftsansprüchen des jungen Mädchens konfrontiert wird.
Die Geschichte ist interessant gestrickt, und dass man spätestens ab der zweiten Hälfte relativ viel früh erahnen kann, ist auch keineswegs als Manko zu werten, bestätigt dies doch nur die Plausibilität des Plots und der dadurch weitgehend entfallende Schlussspurt und Überraschungseffekt wird durch eine durchaus einfühlsame psychologische Darstellung der tieferen „Wurzeln“ und Hintergründe, wie es zu dem Plan des Verbrechens kam, zumindest halbwegs kompensiert.
Wäre die Geschichte noch etwas verschnörkelter erzählt oder aber hätte man noch ein wenig mehr Bewegung in die Handlung gebracht hätte man einen echten Überflieger im Köcher gehabt, so aber reicht es zu einer uneingeschränkt guten Folge, die mir (nach den bislang gesehenen ersten vier Folgen Kriminalmuseum) besser gefällt als das Debüt „Fünf Fotos“, aber nicht ganz an meine bislang favorisierte Folge „Die Frau im Nerz“ heranreicht.

Frage zum Schluss: meint ihr der Fingerabdruck auf der Bierflasche wurde absichtlich platziert? Der Schluss liegt ja nahe, einerseits angesichts der vielfältigen ungenutzten Möglichkeiten des Einbrechers sich dennoch herauszureden und angesichts der andererseits sich dann in der Folge ergebenden Möglichkeit, einen falschen Verdacht zu streuen. Wie auch immer, meint ihr nicht auch, dass dies dann dennoch der Kardinalfehler im Plan war und dass sich ohne diesen Hinweis die Aufklärung des Falles weitaus schwieriger gestaltet hätte?

Mr Keeney Offline




Beiträge: 1.365

05.07.2012 10:51
#125 RE: Bewertet: "Die Kamera" (31) Zitat · Antworten

Oder aber, um meine Schlußfrage im vorigen Beitrag nochmal zu präzisieren: ist es nicht irgendwie ein Logikloch, dass der "Komplize" ausgerechnet nur auf der Bierflasche einen Fingerabdruck hinterließ und sonst in der Wohnung über einen längeren Zeitraum wohl immer Handschuhe getragen haben muss?
Oder lässt ein Mann wirklich niemals etwas zwischen sich und die Bierflasche kommen ?
Die einzig halbwegs plausible und befriedigende Erklärung dieses Umstandes scheint mir doch eine absichtliche Platzierung eines Fingerabdrucks an auffälliger Stelle zum Zwecke der weiteren Streuung von Verdachtsmomenten gegen die legitimen Erben zu sein, auch wenn dies von den Tätern im Film anders dargestellt wurde.

Percy Lister Offline



Beiträge: 3.589

15.08.2012 20:56
#126 RE: Bewertet: „Das Kriminalmuseum“ / „Das Kriminalmuseum erzählt“ (1963-70) Zitat · Antworten

BEWERTET: "Tödliches Schach" (Erstausstrahlung am 3. Dezember 1964)
mit: Harry Riebauer, Heinz Weiss, Günther Neutze, Rolf von Nauckhoff, Jan Hendriks, Reinhard Kolldehoff, Christiane Jansen, Thomas Reiner, Irene Marhold, Siegfrit Steiner, Walter Sedlmayr, Monika John, Franziska Liebing, Nino Korda, Karl Schaidler, Marianne Morck, Dietrich Thoms - Drehbuch: Rolf u. Alexandra Becker und Stefan Gommermann - Regie: Helmuth Ashley

Im Schachclub, der regelmäßig im "Hotel Häuser" zusammentrifft, findet die Clubmeisterschaft statt, die zum dritten Mal in Folge vom Fabrikanten Robert Bräuning gewonnen wird. Er besiegt seinen Angestellten Benno Matz, obwohl dieser erwiesenermaßen der beste Spieler im Raum ist. Nicht nur der Immobilienhändler Struck hegt den Verdacht, dass Matz, der von Bräuning finanziell abhängig ist, sich von seinem Chef bestechen ließ. Kurze Zeit später findet das Hausmeisterehepaar Schmiedl seinen Arbeitgeber erschossen auf. Für die Tat infrage kommen nicht nur der alleinerbende Neffe des Toten, sondern auch seine ehemalige Geliebte und die Herren aus dem Schachclub. Viel Arbeit für Kriminalinspektor Petersen, der mit seinem Kollegen Polizeiinspektor Grabert die Ermittlungen aufnimmt und dabei einige Lektionen des "Spiels der Könige" lernen muss....

Die gedämpfte Atmosphäre der Männerclubs, in denen Frauen allenfalls an der Bar oder im Foyer geduldet werden, verbirgt sehr gut, dass es in "Tödliches Schach" trotz deutlicher Hinweise auf pekuniäre Verlegenheiten, finanzielle Abmachungen und ungesetzliche Geldtransaktionen um eine Dame geht, die wie ihre Entsprechung auf dem Brett nach allen Richtungen zieht. Geschickt werden falsche Fährten gelegt und eine Reihe von Gründen für den Mord an Robert Bräuning aufgezeigt, die alle ihre Berechtigung haben. Wie bei dem Kombinationsspiel muss der Zuseher sich fragen, welche Absichten der Täter hatte und wie er diese vor seinem Gegner zu verbergen suchte. "In diesen Kreisen scheint 'matt' mit 'Mord' identisch zu sein," bemerkt einer der Kriminalbeamten und es scheint, alle könne nur ein des Schachspiels Kundiger das Rätsel lösen. Aus der Darstellerriege stechen besonders die Offiziere hervor: Günther Neutze, der mit süffisanter Bedachtheit alle Fäden in der Hand hält und sich in seiner Rolle als Schmarotzer und Bonvivant gefällt; Reinhard Kolldehoff, den weder eine auf hochdeutsch und betulich machende Franziska Liebing, noch sein fehlendes Alibi zu Fall bringen können; Jan Hendriks, dessen Gefasstheit ihn von den fahrigen und verzweifelten Figuren abhebt, die ansonsten von Spielschulden umgetrieben werden - die Bauern (Steiner, Sedlmayr und Reiner) bewegen sich in kleinen Schritten und fallen deshalb weniger auf, obwohl man gerade im Falle von Sedlmayr ein groteskes Bild eines "bairischen Bsuffa" erhält. Harry Riebauer und Heinz Weiss funktionieren als Ermittlergespann recht gut und man könnte sich beide Männer in weiteren Folgen vorstellen, gerade, weil sie den Charakterköpfen um sie herum genügend Raum zur Entfaltung lassen.
Die Auflösung ist schlüssig und spricht für das Grundthema der Episode; dass die Vorgangsweise des Täters von einem langjährigen Mitglied des Schachclubs erläutert wird, lenkt ein wenig von dem unscheinbaren Mörder ab. Eine sehr gelungene Folge der Reihe, deren Reiz sich jedoch erst nach und nach entfaltet - unbedingt mehrmals sehen!

Percy Lister Offline



Beiträge: 3.589

26.08.2012 20:20
#127 RE: Bewertet: „Das Kriminalmuseum“ / „Das Kriminalmuseum erzählt“ (1963-70) Zitat · Antworten

BEWERTET: "Der Ring" (Erstausstrahlung am 27. Juli 1965)
mit: Werner Peters, Klaus Krüger, Hans Zander, Willy Semmelrogge, Johannes Grossmann, Max Griesser, Rosl Mayr, Christa Berndl, Christine Oesterlein, Hans Zesch-Ballot, Helmuth Rudolph, Wolf Rathjen u.a. - Drehbuch: Walter Forster, Regie: Theodor Grädler

Pension Obermayer am Viktualienmarkt. Als ein Gast vom Zimmermädchen zu spät geweckt wird, will er sich bei der Pensionsinhaberin Frau Obermayer beschweren. Das Gespräch gestaltet sich ein wenig einseitig: Die Frau liegt tot in ihrem Zimmer, sie wurde mit einem Brieföffner erstochen, rund 2000 DM fehlen.
Kriminalkommissar Walther verdächtigt zunächst den Ehemann der Ermordeten, richtet sein Augenmerk jedoch auch auf einen Mann namens Karl Hacker - ein Pensionsgast, der Schulden bei der Wirtin hatte. Plötzlich zu Geld gekommen scheint auch der Fahrer der Wäscherei Strassauer, Franz Riedler, zu sein: Sein Wetteinsatz auf dem Pferderennplatz beträgt 600 DM. Und welche Bedeutung hat der goldene Truppenring der Bundeswehr, den Teppichleger im Stiegenhaus des Mordschauplatzes finden?

Werner Peters (Jahrgang 1918) spielt den Kriminalkommissar Walther mit unverbrauchter Energie, die zunächst routiniert wirkt, sich dann jedoch nach und nach in einem kraftvollen Crescendo entlädt. Er passt sich den jeweiligen Situationen an; seine Kollegen respektieren ihn, sei es nun in der Polizeikantine beim Genuss eines Sauerbratens oder zwischen zwei Verhören im Büro. Einen Zeugen weist er freundlich darauf hin, dass er nur zur Sache vernommen wird - einem Verdächtigen gibt er harsch zu verstehen, dass ihm dessen Ton nicht gefällt. Die Erfahrung des gereiften Mannes blockiert jedoch nicht seine Bereitschaft, neue Spuren zu verfolgen, Eitelkeit ist ihm fremd. Das verschneite München bietet neben der fast familiär wirkenden Pension genügend Schauplätze, um einer reinen Studioatmosphäre zu entfliehen. Zweimal ist der Hauptbahnhof zu sehen, zwischendurch immer wieder der Hof der Wäscherei und Franz Riedlers bescheidene Junggesellenbude. Sogar für einen Ausflug auf die Trabrennbahn reicht es. Willy Semmelrogge gibt den unauffälligen Lieferanten der Firma Strassauer, sein gesenkter Blick und seine stille Resignation hindern ihn jedoch nicht daran, jeden Strohhalm zu ergreifen, der sich ihm bietet und dabei in ständiger Angst zu leben, ohne Geld/Freiheit/Zukunft dazustehen.
In kleinen, aber feinen Nebenrollen sehen wir den kameradschaftlichen Max Griesser, der seinem Kollegen gute Ratschläge erteilt und Rosl Mayr am Zeitungskiosk. Die Institution der Ehe ist weder dem Mordopfer, noch seinem Mörder gut bekommen. Stets scheiterte ein gemeinsames Leben an den Forderungen nach größeren finanziellen Mitteln, desillusioniert verfolgen beide Parteien nun ausschließlich eigene Interessen.
Fazit: Eine nette Folge, die mehrere Verdächtige aufweist und einem starken Werner Peters Gelegenheit gibt, in einer Hauptrolle sein Können zu zeigen.
Frage am Rande: Warum wird der Überfall auf einen Zeitungsstand nebenbei erwähnt? Handelt es sich etwa um den Kiosk unseres bayerischen Originals Rosl Mayr?

Mr Keeney Offline




Beiträge: 1.365

07.01.2013 09:43
#128 RE: Bewertet: „Das Kriminalmuseum“ / „Das Kriminalmuseum erzählt“ (1963-70) Zitat · Antworten

Nach längerer Rezensions- und auch kriminalmus(ß)ealer (?) Pause will ich doch zumindest mal wieder einige Eindrücke der gerade konsumierten Folge hier zusammenklauben und beitragen.

Episode 6: Zahlencode N (1963)

Jürgen Goslars erster Regiebeitrag zur Reihe „Das Kriminalmuseum“ markiert gleichzeitig auch das Debüt der Drehbuchautoren Rolf und Alexandra Becker und die Floskel mit dem frischen Wind ist hier aus meiner Sicht tatsächlich auch weitgehend zutreffend. Interessant ist jedenfalls schon, dass die ZDF-Serie tatsächlich in dieser Folge einen Schritt herunter wagt vom manchmal etwas ausgetüftelt-akademisch wirkenden (aber generell keineswegs zu verachtenden) Podest, auf den sich die Serie dank ihrer Bücher bislang im Gegensatz zum raueren engmaschig semidokumentarisch die Ermittlungsarbeit wiedergebenden ARD-Stahlnetz begeben hat (wohingegen sich das Stahlnetz ja im Laufe der Zeit grob gesagt auf den umgekehrten Weg machte).
Es ist zwar hier immer noch ein ausreichender Sicherheitsabstand zum harscheren und düstereren Vorbild vorhanden, und die Erzählweise ist immer noch eindeutig fiktionaler, doch zumindest darf Goslar drehen, was ihm schon immer recht gut anstand, eine sich entwickelnde, sich vor dem Zuschauer wonnevoll entfaltende, recht handlungsreiche Episode, ja, zumindest für Museumsverhältnisse, eine Räuberpistole, mit einem gerüttelt Maß an Ermittlungsarbeit allerdings.
Der Zuschauer darf nämlich von Beginn an miterleben, wie sich der Fall, vom ersten falschen Schein in der Marokko-Bar an, Kriminalkommissar Michall präsentiert und wie fortab das Unheil unaufhaltsam seiner Auflösung entgegeneilt.
Diese Heranführung des Zuschauers macht Spaß (zumindest für ein geschätztes halbes Dutzend Folgen dürfte es jetzt so weitergehen), ist entspannend, wenn auch wenig innovativ oder überraschend.
Und der Spaß wächst vor allem aus einem wohlbeharkten Nährboden. Die Chemie zwischen dem von Wolfgang „Die Harke“ Völz verkörperten Kommissar Michall und Kriminalkommissar Karst alias Jochen „The Frog“ Brockmann stimmt eindeutig: gutgelaunt witzelnd greifen die beiden gegenseitig nur angedeutete Geistesblitze (die zumeist allerdings in den Zuständigkeitsbereich Michalls fallen) blindlings auf. Von mir aus hätte dies sehr gerne, Stichwort Marokko, also auch der Beginn einer wunderbaren Freundschaft werden können. Manchmal kommt aufgrund des verschmitzten Humors (insbesondere angesichts des augenzwinkernden Umgangs mit der gesamten Belegschaft der Marokko-Bar) beinahe schon F. J. Wanninger Atmosphäre auf, während Laufzeit und Regieführung stark an eine handlungsbetontere „Kommissar“-Folge der frühen 70er erinnern (auch wenn dort die Bars entschieden anders aussahen, die Belegschaft weniger kooperativ, und die Klavierspieler zumeist…aber lassen wir das). Kurios, dass dann tatsächlich auch noch Fritz Strassner als „Vorgesetzter“ die Marokko-Bar entert und so naturgemäß für eine Art Schlüsselerlebnis beim Zuschauer sorgt.
Unterm Strich regiert heitere Kurzweil (um nicht zu sagen Spaß, aber nur in Verbindung mit –haftigkeit, wenn ihr versteht, was ich meine) die Folge. Kurzweil, die über jedweden sonstigen Mangel hinweg trägt, sodass ich mich auch gar nicht weiter über durchaus vorhandene Schwächen der Geschichte äußern möchte (die von mir, im Gegensatz zu Fällen wie „Die Kopie“, ihr erinnert euch vielleicht, auch nur grob geortet werden konnten, aber stante pede gar nicht weiter der nachsinnenden Vertiefung bedürftig eingeschätzt worden sind). Ich möchte stattdessen lediglich über die Stärke der Leichtfüßigkeit reden, mit der Logik- und sonstige Löcher spielerisch umrundet werden können und die mir auch natürlich ohne größeres Abwägen ein entschiedenes Daumen hoch abnötigt, auch wenn die Besten der kopflastigeren Vorgängerfolgen wohl doch (zumindest aus objektiver Sicht) noch höher anzusiedeln sind, aufgrund der mit viel Schweiß und Herzblut erzeugten und oftmals doch wesentlich überraschenderen Abgerundetheit.
Mein Gott, das hier ist das Kriminalmuseum, Folge 6, und es gibt sogar echte, funktionierende running gags…wie konnte das bloß geschehen

Mr Keeney Offline




Beiträge: 1.365

14.01.2013 11:55
#129 RE: Bewertet: „Das Kriminalmuseum“ / „Das Kriminalmuseum erzählt“ (1963-70) Zitat · Antworten

Episode 7 : Der stumme Kronzeuge (1964)

Eine Folge, die verheißt mit einem stummen Kronzeugen aufwarten zu können, projiziert gleich verschiedene potentielle Handlungskonstellationen in die Köpfe der spekulativ geneigten Zuseher, die sich primär wohl allesamt mehr oder minder rund um (quälenden) psychischen Druck in irgendeiner Form entfalten mögen.
Um es gleich kurz und schmerzlos zu enthüllen: nichts davon liefert diese Folge letztendlich, abgesehen von dem natürlich nicht zu unterschätzenden Fakt, dass es sich um einen Fall der Kindesentführung und damit einhergehender Erpressung handelt.
Ja, die in der Vorgänger-Folge noch als so befreiend empfundene Leichtigkeit wirkt hier meines Erachtens allzu aufgesetzt und die Ermittler wirken leider ziemlich gesichtslos, auch die Freude Erik Ode präkommissarial als Kriminalrat (tja, die swingenden Karriereleitern der sixties eben) zu erleben, weicht bald der Erkenntnis, dass er mir hier in seiner doch recht unernst angelegten Rolle einfach nicht so besonders gefällt. Walter Sedlmayer ist der einzige, der seine „Augenzwinkerrolle“ (und in solchen finden sich in dieser Folge eigentlich durch die Bank beinahe alle Protagonisten wieder, ohne dass dadurch – leider – eine insgesamt irre Sause hochgekocht wurde) zu meiner und offenbar vor allem auch zu seiner vollen Zufriedenheit ausfüllt, was der Folge aber angesichts der vielen anderen Top-Auftritte Sedlmayers auch kein entscheidendes positives Alleinstellungsmerkmalsplus verleihen kann. Auch Harry Riebauer in seiner Rolle als Stefan Kosta vermag der ganzen Suppe mit seinem lebhaften Spiel immerhin recht viel Energie zu geben und erstarrt gottlob erst nach seinem Filmtod zur Salzsäule.
Positiv zu werten ist jedenfalls die Grundstory, die durchaus eine plausible, interessante und nach spannenden Szenen geradezu schreiende Variation des auch von mir insgesamt nicht sonderlich geliebten Sujets „Kindesentführung“ bietet. Tatsächlich verschließt sich der Film auch nicht einigen sehr netten und von Wolfgang Becker profund abgewickelten, vorzüglich nächtlicher und anlässlich von Autofahrten entstandener Außenszenen, die aber angesichts der waltenden „Gesamtheiterkeit“ leider unter Ausschluss jeglicher ernstzunehmender Spannung ablaufen müssen.
Nun ja, am Ende bleibt ein notgedrungen ein zwiespältiger Eindruck zurück: eine dem Thema und der Geschichte nicht ganz gerecht werdende Grundstimmung, aber dennoch ein guter Plot, gute bis sehr gute Regiearbeit und einige sogar wirklich witzige Szenen.
Natürlich muss man daher auch diese Folge empfehlen, wenn sie auch schwächer ist als sämtliche Vorgänger nach meinem Dafürhalten.
Immerhin bekommt hier ein Uralt-Hut (nämlich „ein in der Krimisprache sogenanntes „Fernseh-Alibi“ wird aufgrund einer unerwarteten Änderung oder Ähnlichem entlarvt“) für den werten Sammler und Jäger aufgrund des seitenstichelnden Deltgen-Jokes ein paar durchaus leuchtend-schöne, markante und intertextuelle neue Federn.
Der künftige „neue Stern am Krimiserienhimmel“ (Ode) leuchtet aber noch vergleichsweise matt, und bedarf doch noch ein wenig der Imagepolierung , darin erinnert er zumindest auch ein wenig an den (fiktiven) werbebedürftigen „neuen Stern am Theaterhimmel“, im Film ebenfalls eher blass dargestellt von Anne Book.

Grabert Offline



Beiträge: 257

04.03.2013 14:02
#130 RE: Bewertet: „Das Kriminalmuseum“ / „Das Kriminalmuseum erzählt“ (1963-70) Zitat · Antworten

Bewertet: Das Kriminalmuseum: Der Bohrer Episode 38 der TV-Kriminalserie, BRD 1968.

Regie: Erich Neureuther. Drehbuch: Inge Dorsky. Mit: Bruno Dietrich, Angela Hillebrecht, Monika Peitsch, Joost Siedhoff, Hans Daniel, Rainer Basedow, Til Erwig, Rainer Penkert, Gabi Blum, Lore Bronner.

Achtung: Spoiler!
Ob dieses vom Stoff her mittelmäßigen Krimis wollte sich bei mir keine Begeisterung weder für die Hauptfigur noch für die Handlung einstellen. Von Anfang an erscheint klar, wer der "Bohrer" ist - ein selbstverliebter junger Mann, der neben seinen "Raubzügen" auch fotografiert und dabei seine Selbstbezogenheit zum Ausdruck bringt, wie es besonders deutlich in der einige Minuten umfassenden Fotosession mit Monika Peitsch wird. Tatsächlich inszeniert Erich Neureuther hauptsächlich den Typus dieses "Räubers", den Bruno Dietrich smart spielt, ohne ihn aber fassbar zu machen. Gut beschrieben wird die Konstellation der Beziehung des "Bohrers" zum von Joost Siedhoff gespielten Polizisten Brinken, von der der Film im gesamten zweiten Teil lebt. Die spannende Verfolgungsjagd (die sich in vier Teile gliedert und die letzten 20 Minuten des Films in Anspruch nimmt) mit gelungenen Außenaufnahmen des winterlichen Hamburgs läuft fast zwangsläufig auf diese Schlussszene zu: schließlich kann es nur Brinken sein, der "den Bohrer" stellen darf. Wie so manches in diesem Film ist auch das vorhersehbar. Mehr als 3 von 5 Punkten sind daher nach meiner Meinung für diesen Besuch im "Kriminalmuseum" nicht zu vergeben.

Prisma Offline




Beiträge: 7.591

29.04.2013 11:57
#131 RE: Bewertet: „Das Kriminalmuseum“ / „Das Kriminalmuseum erzählt“ (1963-70) Zitat · Antworten



FÜNF FOTOS [FOLGE 1]

mit Horst Niendorf, Reinhard Glemnitz
sowie Horst Naumann, Katrin Schaake, Herbert Tiede, Ellen Umlauf, Heinz Spitzner, Hubert von Meyerinck, Alexander Allerson, u.a.
Regie: Helmuth Ashley



Ein seltsamer Hinweis geht bei der Kriminalpolizei ein. Der Besitzer einer Drogerie legt eine Reihe von Fotos vor, die er in seinem Labor entwickelt hat, die jedoch vom Kunden nicht mehr abgeholt wurden. Dem Anschein nach ist auf diesen fünf Bildern ein Ermordeter zu erkennen, der Blut überströmt und mit einer Schusswunde am Kopf in einem Waldstück liegt. Handelt es sich hierbei tatsächlich um einen Mord, und wenn ja, warum hat der Mörder sein Opfer ausgiebig fotografiert? Die Polizei steht vor einem Rätsel und sieht sich nun mit der schwierigen Aufgabe konfrontiert, ein Mosaik zusammenzufügen...

Die Pilot-Folge von "Das Kriminalmuseum" überrascht gleich zu Beginn mit einem eigenartigen Fall, den man bestimmt nicht alltäglich nennen darf. Ein Verbrechen und ein Toter, der obendrein von seinem eigenen Mörder noch fotografiert wird, um diese Beweisfotos offensichtlich der Polizei in die Hände zu spielen? Ganz originell. Zunächst ist zu erwähnen, dass dem Zuschauer gleich ein eindeutiges Konzept der Reihe offeriert wird. Die Folge wird geprägt sein von klassischer Ermittlungsarbeit, fließbandartigen Verhören und einem Duo, das sachlich, routiniert und dem Anschein nach über die Maßen korrekt vorgehen wird. Dabei wird die Arbeit jedoch nicht gerade als leichteste Sache der Welt dargestellt, sondern sie wirkt äußerst mühsam und teils Nerven aufreibend. Nicht jeder zeigt sich wie üblich zu Kompromissen bereit, aber die Ermittlungen laufen dennoch in, den Nebel auflösende Bahnen. Was bei dieser Folge irgendwie verblüfft, ist dass das Zufallsprinzip eine tragende Rolle bekommen wird, und dieses, bei erfolgreichem Abschluss auch blendend funktioniert. Jedoch hätte der raffinierte, und für meinen Geschmack äußerst komplizierte Plan eines Verbrechers auch genau so gut nach hinten losgehen können, nämlich falls der Besitzer der Drogerie, der ja lediglich auf das Drängen seiner Angestellten zur Kripo gegangen ist, die Fotos einfach hätte unter den Tisch fallen lassen. Somit nimmt der Zuschauer den Hinweis, dass Verbrechen nicht nur unter bestimmten Voraussetzungen geschehen, sondern auch nur unter gewissen Umständen aufgelöst werden, bejahend zur Kenntnis.

Die sympathischen Darsteller erleichtern es dem Zuschauer erheblich, die Aufmerksamkeit im Dickicht der komplizierten Überlegungen eines Verbrechers beizubehalten. Das ermittelnde Duo bekommt durch Horst Niendorf und Reinhard Glemnitz kompetente Beamten und überzeugende Gesichter verliehen, die manchmal sogar wie Hund und Katze wirken. Ihr Umgang miteinander lockert das Geschehen sehr gut auf und sorgt für präzisen Humor und stillen Sarkasmus. Auch die übrigen Gast-Darsteller können sich durchaus sehen lassen und funktionieren sehr patent in dieser nicht gerade alltäglichen Assoziationskette. Was sich bereits in der ersten Folge also andeutet ist, dass man darstellerisch gesehen durchaus sagen kann, dass Wiedersehen tatsächlich noch Freude machen wird. Die winterlichen Schauplätze sorgen gleich schon einmal für ein angenehmes Flair, und glücklicherweise bekommt man es immer wieder mit sehr ansprechenden Ortswechseln zu tun, so dass die Handlung nicht isoliert wirkt, und zum TV-Verhängnis wird. Das Erzähl-Tempo ist verlangsamt, doch zum Finale hin kommt eine angenehme Spannung auf und es wird vorsichtig rasant. "Fünf Fotos" ist im Endeffekt glasklar, wenn auch zu kompliziert aufgebaut, und es könnte durchaus geschehen, dass man sich während des Verlaufes sicher das ein oder andere Mal etwas desorientiert gefühlt hat. Jedoch leistet das schlüssige Finale eine gute Aufklärung und hinterlässt sogar einen sehr bitteren Beigeschmack, vor allem für denjenigen, der auf hochtouren einen genialen Plan ausgeheckt hatte. Überraschende Wendungen, gute darstellerische Kompetenzen und eine letztlich klare Linie machen diese erste Folge sehenswert, wenn auch die Frage nach der Wahrscheinlichkeit nicht vollends wegdiskutiert werden konnte.

Prisma Offline




Beiträge: 7.591

29.04.2013 16:14
#132 RE: Bewertet: „Das Kriminalmuseum“ / „Das Kriminalmuseum erzählt“ (1963-70) Zitat · Antworten



DIE FRAU IM NERZ [FOLGE 2]

mit Hans Ernst Jäger, Hans Elwenspoeck
sowie Gustav Fröhlich, Marlis Schoenau, Anne Book, Peter Garden, Herta Konrad, u.a.
Regie: Wolfgang Becker



Eine junge Frau im teuren Nerzmantel wurde von einem Zug überfahren. Ein junger Mann, der sie in letzter Sekunde noch retten wollte und dabei verletzt wurde, ist der Ansicht, es sei ein Unfall gewesen. Mithilfe des Etiketts, welches sich am Mantel der Toten befindet, kann die Kriminalpolizei feststellen, wo dieser gekauft wurde und dort erfährt man auch ihre Identität, denn sie hatte keinerlei Papiere bei sich. Schnell führt die Spur in ein Antiquitäten-Geschäft und zu der besten Freundin der Frau im Nerz. Die Ermittlungen ergeben, dass es sich möglicherweise doch um keinen Unfall handelt, sondern Mord...

Die Erfahrung zeigt, dass der Tatort Bahnhof immer wieder gerne genommen wurde, denn der Tod durch einen Zug wirkt auf den Zuschauer doch immer wieder eine Spur erschreckender als beispielsweise ein profaner Mord durch eine Pistole. Ich musste sofort an Billy Wilders Film "Fedora" von 1978 denken, beziehungsweise an die These der Gräfin Sobryanski, alias Hildegard Knef, die lauthals erklärte, dass eine Frau die Suizid begehen möchte, sich unter gar keinen Umständen vor einen Zug werfen würde, da ihr letzter Gedanke in Richtung ihres Aussehens gehen würde. Als dann der rasende Reporter am Bahnsteig auftaucht, und dies ebenfalls mit seiner Aussage, dass eine Frau die einen 35000 DM teuren Nerz trägt, sich nicht auf die Gleise stürzen würde belegt, muss ich schon sagen, dass es ich durchaus um eine spannende Theorie handelt, über die nachzudenken ist. Mit Nerz oder ohne, die Frau ohne vorläufige Identität fand jedenfalls ihr schreckliches Ende, was ziemlich gut im Bilde festgehalten wurde. Ob es schließlich am Bahngleis von Verdächtigen nur so gewimmelt hat, wird die Kriminalpolizei in harter Arbeit für den Zuschauer aufdecken. Dabei wird erneut der klare Aufbau der Geschichte deutlich und die Ermittlungen laufen sehr transparent ab. Schnell führt die Spur in die vermeintlich besseren Kreise, in die sich einige bürgerliche Fremdkörper eingeschlichen haben. Was mich bei dieser Serie von Anfang an doch überrascht hat ist, dass plötzlich noch jeweils ein Toter auftaucht, was in anderen Formaten eher die Ausnahme darstellte.

Ein neues Ermittler-Duo bringt eine völlig andere Note in das Geschehen, das insbesondere von Hans Ernst Jäger geprägt wird, der sich wie es scheint perfekt in jede noch so unterschiedliche Rolle hineinversetzen konnte. Es macht Spaß ihm dabei zuzusehen, wie er sich manchmal von Anderen oder gewissen Umständen aufziehen lässt, und dann etwas mürrisch un fluchend reagiert. Man glaubt ebenfalls herauszuhören, dass er, möglicherweise aus seiner Erfahrung heraus, auf Kriegsfuß mit dem sogenannten Geldadel steht, und man hört des Öfteren spitze Bemerkungen wie zum Beispiel: »Eine Dame kauft sich keinen Nerz, sie lässt ihn sich schenken!«. Um seine miese Laune aus dem Tief herauszubekommen, stichelt er jedoch ebenfalls gerne, Humor und Prisen von Sarkasmus sind hier garantiert. Hans Elwenspoeck stellt das Kontrastprogramm zu ihm dar, er wirkt stets gemütlich und von Zeit zu Zeit etwas langsam, was den Inspektor zusätzlich Nerven kostet. Auch hier stellt die erweiterte Besetzung eine angenehme und glaubhafte Truppe dar, von Oberflächlichkeit bis Tiefsinnigkeit versuchte man alles möglichst gut abzudecken. Der Fall an sich erfordert wieder eine wache Aufmerksamkeit und weniger eine gute Kombinationsgabe, denn die Geschehnisse wirken doch etwas diktiert, weil sie zu plötzlich aus dem Nichts auftauchen. Für den beinahe restlos zufriedenstellenden Gesamteindruck von "Die Frau im Nerz" sorgt das überraschungsgeladene Finale mir einigen nicht unbedingt erwarteten Twists, und Folge zwei präsentiert sich abschließend als sehr gelungener Beitrag. Wer aber hätte auch daran gezweifelt, dass diese Ermittler-Granaten den Mord an Bahnsteig 18 nicht aufklären würden?

Lobbykiller Offline



Beiträge: 9

09.05.2013 12:41
#133 RE: Bewertet: „Das Kriminalmuseum“ / „Das Kriminalmuseum erzählt“ (1963-70) Zitat · Antworten

Das Kriminalmuseum Folge 35 - Die Spur führt nach Amsterdam aka Komplizen (GER 1967) R: Wolfgang Becker

Eine der besten Folgen der Reihe, ein echter Heist-Movie mit feiner, psychotronischer Kamera von Manfred Ensinger. Laut dieser Seite http://www.krimiserien.de.vu/ die 35. Folge. Teutonische Gangsterfilme dieser Art kennt man meist nur aus den üblichen Metropolen München, Hamburg, Berlin, Köln oder Frankfurt. Aber auch das Ruhrgebiet ist eine Metropole, hat Metropolen: das wunderbar eingefangene 60er Jahre Dortmund-Setting hätte durchaus mehr Drehbuchautoren inspirieren können (auch wenn die Villenaufnahmen in München stattfanden).

Interessanter Nebenaspekt, in einem Dortmunder Kino läuft der Film DIE GEFÜRCHTETEN VIER, hier sind es zunächst drei Gangster und eine Frau, also auch vier, die zur Bande gehören, die die Überfallserie durchführt. Später kommt eine weitere Frau hinzu, was natürlich nicht ohne Folgen bleibt. Wie dem auch sei, Bennent als Bandenführer mit penetranter Aufreisser-Mentalität zieht seine Sache zielstrebig durch. Wer so kool ist, dem laufen die Frauen halt hinterher. Er trägt die eine Seite des Films, der gewohnt solide Glemnitz die andere, mit ausreichender Unterstützung von Lüttge, einem Parade-Kommissar-Assistenten. In den Nebenrollen überzeugt abermals Basedow mit einem prägnanten Kurzauftritt.

Das Amsterdam-Setting im Schlussdrittel steht dem Dortmund-Setting dann natürlich in nichts nach und so ergibt sich insgesamt eine unterhaltsame, actionreiche Symphonie mit chilliger Jazz-Untermalung von ...?.

4,5/5

schwarzseher Offline



Beiträge: 626

02.09.2013 18:56
#134 RE: Bewertet: „Das Kriminalmuseum (erzählt)“ (1963-70) Zitat · Antworten

Für mich sind beide Serien - "Stahlnetz" und "Kriminalmuseum" - gleich reizvoll.Dieses zurück versetzen in eine längst vergessene ( Krimi )Welt ist schon Klasse.Der manchmal erhobene Zeigefinger und die " Beamten mit mühevoller Fleißarbeit " versetzen mich in mehr Krimistimmung als die heutigen " Ermittler " mit ihren an den Haaren herbeigezogenen Problemen/Macken/Weltanschauungen und sonstigen für die Story uninterssanten Details.
Also eher Ermittlungen pur.Das beim Netz und beim Museum mal die ein oder andere Story etwas dünner/langatmiger ist , was solls.

Georg Offline




Beiträge: 3.263

02.02.2014 14:31
#135 RE: Bewertet: „Das Kriminalmuseum (erzählt)“ (1963-70) Zitat · Antworten

In den letzten zwei Monaten habe ich beinahe täglich einmal das Kriminalmuseum besucht und die Folgen mal wiedergesehen (ich bin im Moment bei #35, also noch nicht ganz fertig). Was mir diesmal besonders auffiel ist, dass die Serie ungefähr nach Folge 15 einen Durchhänger bekommt. Die ersten Episoden sind beinahe ausnahmslos enorm spannend und packend (die tolle Besetzung aller 41 Episoden klammern wir jetzt mal aus), danach werden die Fälle irgendwie banaler. Dass die Episoden ab "Der Barockengel" auch um 15 Minuten länger dauerten, war in meinen Augen nicht gerade von Vorteil, denn so ziehen sich die meisten Geschichten ein wenig. So ab Episode 20 gibt es zum Großteil nur mehr 08/15-Geschichten und nur ganz wenige Folgen erreichen die Spannung, die in den ersten Episoden überall vorhanden war. Sicherlich gibt es in der 20er- und 30er-Reihe auch noch tolle Reißer, die sind aber eher die Ausnahme. Womit hängt das zusammen? Hat man am Anfang die spektakulärsten Fälle hergenommen, so dass für spätere Folgen nur mehr banalere und weniger interessante Geschichten blieben? Ich sehe die Verpflichtung gänzlich anderer Regisseure ab Folge 17 als einen möglichen Grund. Davor inszenierten ausschließlich Ringelmanns jahrzehntelange Spannungsgaranten: Helmuth Ashley, Jürgen Goslar, Wolfgang Becker, Theodor Grädler.
Nun will ich die Arbeit der anderen nicht schmälern (und die Qualität der Reihe, die ja bis zum Ende dennoch bestehen blieb), aber es ist doch augenscheinlich, dass die Qualität der späteren Folgen die der frühen nicht mehr erreichten. Hat jemand ähnliche Beobachtungen gemacht?

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