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Dieses Thema hat 286 Antworten
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 Film- und Fernsehklassiker national
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Gubanov ( gelöscht )
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15.10.2019 21:20
#196 RE: Bewertet: „Das Kriminalmuseum“ / „Das Kriminalmuseum erzählt“ (1963-70) Zitat · Antworten

Deine Besprechungen zu den Folgen der ersten Box haben mir sehr gut gefallen, auch wenn wir in den seltensten Fällen einer einhelligen Meinung waren. Tatsächlich zeigt sich beim Vergleich unserer Ranglisten, dass wir keiner einzigen Folge in der ersten Box die exakt gleiche Punktzahl gegeben haben - zugleich weichen wir aber auch in 11 von 16 Fällen nur um 0,5 Pkt. voneinander ab. Bei einem so engen und insgesamt qualitativ hochwertigen Teilnehmerfeld wie der ersten "Kriminalmuseum"-Box macht dieser "kleine Unterschied" schon Differenzen von bis zu sechs Platzierungen im Ranking aus. Platzierungstechnisch liegen wir bei "Zahlen-Code N" (du 16, ich 15) und bei "Der Fahrplan" (du 4, ich 3) am engsten beieinander. Besonders konträre Meinungen dagegen vertreten wir bei "Gesucht: Reisebegleiter" (du Platz 14 mit 3,0 Pkt., ich Platz 4 mit 4,5 Pkt.), bei "Der Schlüssel" (du Platz 1 mit 5,0 Pkt., ich Platz 11 mit 3,5 Pkt.) und bei "Die Mütze" (du Platz 15 mit 2,5 Pkt., ich Platz 5 mit 4,5 Pkt.).

Gerade vor dem Hintergrund der sehr unterschiedlichen Meinungen kann ich nur empfehlen, sich auch die älteren Berichte zu Gemüte zu führen - dieser Thread ist auch eine wahre Fundgrube und ein großes Vergnügen beim Wiedersehen der einzelnen Episoden. Ich freue mich jetzt auf deine Reviews zu Box 2 und stelle mich ebenfalls schon auf einige Überraschungen ein. Schön wäre es auch, weiterhin neue Diskussionsbeiträge von anderen Serienfans zu lesen.

Gubanov ( gelöscht )
Beiträge:

15.10.2019 22:30
#197 RE: Bewertet: „Das Kriminalmuseum“ / „Das Kriminalmuseum erzählt“ (1963-70) Zitat · Antworten



Das Kriminalmuseum: Die Telefonnummer

Episode 25 der TV-Kriminalserie, BRD 1967. Regie: Otto Meyer. Drehbuch: Alexander May. Mit: Hans-Jürgen Diedrich (Kriminalobermeister Wenger), Helmut Fischer (Kriminalbeamter Knöferl), Andras Fricsay (Franz Loibl), Kurt Heintel (Wilhelm Banner), Louise Martini (Lydia Dresen), Eberhard Boeck (Karl Bünte), Kunibert Gensichen (Heinz Stettner), Kurt Bülau (Karl Bader), Heini Göbel (Kriminalbeamter Bucher), Enzi Fuchs (Kellnerin Resi) u.a. Erstsendung: 17. Februar 1967. Eine Produktion der InterTel fürs Zweite Deutsche Fernsehen.

Zitat von Das Kriminalmuseum (25): Die Telefonnummer
Bei einem Banküberfall in Oberbayern wird der Filialleiter schwer verletzt. Während Wilhelm Banner, der draußen im Fluchtauto saß, unauffällig verschwinden kann, heften sich Einwohner und die Polizei an die Fersen des Räubers Franz Loibl. Dieser überfällt noch eine weitere Geschäftsinhaberin, bevor er in die Enge getrieben wird und Selbstmord begeht. Für die Polizei ist der Fall aber erst erledigt, wenn sie auch Banner dingfest gemacht hat. Einziges Indiz: eine Telefonnummer, die sich auf einem Dokument in Loibls Wohnung befindet. Sie führt zu einem nahegelegenen Hotel, wo Banners Freundin Lydia Dresen abgestiegen ist ...


Kurioserweise wartet diese sonst in so ziemlich allen anderen Belangen ur-bayerische Episode des „Kriminalmuseums“ mit dem Nordlicht Hans-Jürgen Diedrich als Ermittler auf, der an der Seite des späteren BR-Tatort-Hauptkommissars Helmut „Lenz“ Fischer allerdings gar keine schlechte Figur macht. Mit seiner unaufdringlichen Freundlichkeit passt er sich der Harmlosigkeit seines Umfeldes und auch der Handlung bemerkenswert gut an und garantiert für einige gemütliche Szenen – etwa in dem von Enzi Fuchs bewirtschafteten Frühstücksraum des Aidlinger Hotels. Zuvor macht sich das Lokalkolorit bereits in Form langer Verfolgungsjagden durch ortstypische Wald- und Wiesenlandschaften, zwiebelturmkirchen- und bauerngehöftsbestandene Dörfer sowie durch den Einsatz markanter Darsteller wie Rosl Mayr oder Willy Schultes bemerkbar.

Ob die Folge nun zu viel Spielzeit darauf verwendet, dem flüchtigen Franz Loibl nachzustellen (wobei diese Szenen ironischerweise mangels spektakulärer Szenen und ordentlicher Musikuntermalung eine ziemliche Gemächlichkeit aufweisen), oder ob diese Schwerpunktsetzung mögliche Längen in der zweiten Hälfte verhindert, dürfte im Auge des Betrachters liegen. Sicher ist: Wenn sowieso bezüglich der Täter mit offenen Karten gespielt wird, so ist es geradezu unverzeihlich, den eigentlichen Überfall auf die Dorfsparkasse auszusparen. Diese Auslassung lässt die Inszenierung von Otto Meyer bieder wirken und schwächt die Dramatik der Loibl-Figur, wenngleich der junge Mann im hellen Sommeranzug als unsicherer Wegläufer, dargestellt von einem jungen Andras Fricsay, recht überzeugend wirkt. Auf jeden Fall profiliert sich Fricsay besser als sein Darstellerkollege Kurt Heintel, der optisch ein wenig an Klausjürgen Wussow erinnert (Wussow wäre wohl die bessere Wahl für die Rolle gewesen und hätte den Promi-Faktor dieser Episode merklich erhöht).

Verlässt sich „Die Telefonnummer“ über weite Strecken auf braves „Räuber und Gendarm auf der Alm“-Geplänkel (in einer Szene bleibt ein Zeuge sogar bei seinem Fluchtversuch in einem Waschraumfenster stecken), so geht es in den letzten Minuten des Falles auf einmal recht heiß her, denn die Überführung präsentiert sich überraschenderweise im heißen, beinah Wolfgang-Becker-artigen Stil, der klugen Gebrauch von aktueller Twistmusik und scharfer Hell-Dunkel-Kontrastierung macht. Als die Kripo den gesuchten Banner im Garten der Gereut-Villa dingfest macht, sieht man nur die von grellen Scheinwerfern angeleuchtete Silhouette des Mittäters – eine Szene, die mit der stellenweisen Seichtheit des Hauptteils versöhnt und auch über die provinzielle Abspanndudelei hinweghören lässt.

Auf einer sommerlichen Schnitzeljagd durchs Voralpenland kommt man zwei harmlosen Bankräubern mit unterschiedlichen Methoden auf die Schliche. Das Lokalkolorit trägt zum Gelingen der Folge bei, lässt sie aber auch mit angezogener Handbremse fahren. Man hätte sich eine härtere Schilderung des Verbrechens, etwas bissigere Ermittler und weniger Szenen mit der belanglosen Louise Martini gewünscht. 3,5 von 5 Telefonnummern.

Ray Offline



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17.10.2019 20:50
#198 RE: Bewertet: „Das Kriminalmuseum“ / „Das Kriminalmuseum erzählt“ (1963-70) Zitat · Antworten

Folge 17: Das Feuerzeug


Fuhrunternehmer Schimanski betreibt Versicherungsbetrug im großen Stil: Er versichert seine Fahrzeuge samt Wareninhalt mit hohen Summen und lässt diese dann regelmäßig auf engen Straßen verunfallen. Um nicht aufzufliegen, unterhält er verschiedene Scheinfirmen, die ihren Sitz in Frankreich und Italien haben...

Die zweite Box der Kriminalmuseum-Edition startet mit einer ungewöhlichen Folge. „Das Feuerzeug“ ist kein Whodunit, die Verantwortlichen hinter den Betrugstaten sind für den Zuschauer sofort bekannt. Sein Fokus richtet sich zwangsläufig auf die Täter, denen er bei ihren Machenschaften über die Schulter schauen darf. Leider kommt die Episode ein wenig schwerfällig in Gang. Bis sich über die Betrugssachverhalte hinaus ein echter Konflikt entwickelt, dauert seine Zeit. Auch wegen der ungewöhlichen Ausrichtung durch die im Fokus stehenden Betrugstaten, fragt man sich unweigerlich, wo die Episode hinsteuern möge und wird mit dieser Frage eine lange Zeit allein gelassen. Immerhin gibt Ernst Stankowski einen schön fiesen Versicherungsbetrüger, der sich, während seine Helfer sich die Hände schmutzig machen, Zigarre rauchend im Casino vergnügt oder seine Geliebte mit anderen Frauen hintergeht. Rosemarie Fendel spielt einen ihr recht typischen Part der betrogenen Frau mittleren Alters. Auch Klaus Schwarzkopf agiert gewohnt souverän. Das Ermittlerduo um Klaus Höhne und Alexander Allerson vermag hingegen keine rechten Akzente zu setzen.

Inhaltlich eher ungwöhnliche Episode, die schwer in Gang kommt und ohne charismatische Ermittler auskommen muss. Ein Stück weit auszugleichen vermag dies Ernst Stankowski, der einen absoluten „Vorzeige-Fiesling“ abgibt. Noch 3 von 5 Punkten.

Gubanov ( gelöscht )
Beiträge:

17.10.2019 22:30
#199 RE: Bewertet: „Das Kriminalmuseum“ / „Das Kriminalmuseum erzählt“ (1963-70) Zitat · Antworten

Die Durststrecke ist überstanden:



Das Kriminalmuseum: Die Kiste

Episode 26 der TV-Kriminalserie, BRD 1967. Regie: Wolfgang Becker. Drehbuch: Bruno Hampel. Mit: Wolfgang Kieling (Hubert Köpke), Hannelore Schroth (Elfriede Köpke), Elke Aberle (Dagmar Köpke), Heinz Engelmann (Kriminaloberkommissar Reisert), Ralf Gregan (Kriminalmeister Oldenburg), Hannelore Elsner (Uschi Bluhm), Anni Mewes (Mutter Köpke), Clemens Wilmenrod (Bankdirektor Kaufhold), Heinz Spitzner (Bankangestellter Rühl), Dietrich Thoms (Autohändler Blatschek) u.a. Erstsendung: 3. März 1967. Eine Produktion der InterTel fürs Zweite Deutsche Fernsehen.

Zitat von Das Kriminalmuseum (26): Die Kiste
Als jemand, der ständig in Geldnöten steckt, ist Hubert Köpke den Besuch des Gerichtsvollziehers gewohnt. Seiner Familie will er dennoch ein Luxusleben bieten und fällt dadurch auf eine alte Betrugsmasche zurück: Mithilfe eines Startkapitals von 300 DM und einiger gefälschter Postschecks erschwindelt mit einem vorgespielten Sprudelwasser-Vertrieb eine Viertelmillion Mark von einer Berliner Bank. Kaum ist man ihm auf die Schliche gekommen, steht die Polizei wieder vor der Tür. Doch Köpke weiß einen Ausweg: Er flieht und reist – in einer großen Kiste als Frachtgut verpackt – an die deutsch-österreichische Landesgrenze nach Berchtesgaden. Wird er sich straffrei absetzen können?


Mit geradezu krankhafter Selbstüberzeugung, die ihn zu einem ebenso charmanten wie gefährlichen Wiederholungstäter macht, porträtiert Wolfgang Kieling den notorischen Betrüger Hubert Köpke. In seiner Darstellung ist Kieling so beschwingt und mit einer derartigen erfinderischen Dreistigkeit versehen, dass man in dieser „Kriminalmuseum“-Folge tatsächlich gänzlich auf Seiten des Täters steht, der immerhin auch eine Familie zu ernähren hat und dessen Betrugsmasche sich gegen ein gesichtsloses, stark gewinnorientiertes und daher unvorsichtiges Bankhaus richtet. Auch wenn man mit Wolfgang Kielings Namen eher düstere Schurken verbindet, so muss dieser heitere Auftritt in „Die Kiste“ als einer seiner besten und engagiertesten bezeichnet werden, der seine erste, letztlich harmlose Rolle in „Der Brief“ noch überbietet.

Kieling trägt den Fall im Wesentlichen im Alleingang, obwohl andere Parts ebenfalls sorgsam besetzt wurden – allen voran Heinz Engelmann als ebenbürtig forscher Berliner Kriminaloberkommissar. Es ist herrlich mitanzusehen, wie sich Kieling und Engelmann im Verhör gegenseitig Honig um den Mund schmieren: der eine in der Hoffnung, dem anderen ein Geständnis zu entlocken; der andere in Erwartung einer geringen Strafe. Auch Hannelore Schroth als gepeinigte Ehefrau des Hallodris Köpke, Hannelore Elsner als seine vorübergehende Liebschaft, Anni Mewes als durchtriebene Mutter, Heinz Spitzner als Bankangestellter oder Dietrich Thoms als grobschlächtiger und opportunistischer Autoverkäufer treffen den Nagel auf den Kopf. Lediglich Elke Aberle als verzogenes Töchterchen überspannt den Bogen gelegentlich zu weit, trägt mit ihrer Vorliebe für zeitgenössische Musik und Kleider aber auch das Sixties-Flair der Folge. In jedem Fall steckt „Die Kiste“ voller interessanter Mittel- und Kleinstrollen, die die 75 Minuten Laufzeit im Gegensatz zu allen bisherigen Langfolgen wie im Fluge vergehen lassen und die Detailgenauigkeit des Skripts demonstrieren.

Natürlich ist die Episode gleichfalls ein Beweis dafür, wie viel bessere Ware plötzlich geliefert wird, wenn die Ringelmann-Serie auf einen erprobten Regisseur und einen begabten Autor zurückgreift, anstatt mit B-Klasse-Namen herumzuexperimentieren. Selbst die ungewöhnliche mehrteilige Struktur (Verbrechen, schnelle Aufklärung, Entkommen des Täters, spektakuläre Flucht) gelingt Wolfgang Becker und Bruno Hampel in der Umsetzung ohne Stolperfallen; der Plot bewegt sich zielorientiert, in großen Schritten und nicht ohne gesunde Ironie voran. Zu Spannungshöhepunkten schwingt er sich auf, als Hubert Köpke – sicher, aber unbequem in die titelgebende Kiste verpackt – wesentlich länger als gedacht für den Weg von Berlin nach Berchtesgaden benötigt. Einzige Kritikpunkte an den finalen Szenen: Der Polizei spielt deutlich zu oft der Zufall in die Hände, sodass man sich über die schlussendliche Verhaftung des Sympathieträgers Köpke ziemlich ärgert; und Günther Senftlebens Kamera erweist sich weder beim Vorzeigen Berliner oder bayerischer Panoramen noch bei den (gar nicht ‘mal so) klaustrophobischen Kisten-Aufnahmen als besonders inspiriert.

Bärenstarke Storyline, Figuren und Darsteller sowie eine hochinteressante, mit geschmackvollem Humor und gutem Suspense gespickte Regieführung machen „Die Kiste“ zu einem überdurchschnittlich vergnüglichen „KM“-Fall. Trotz exzellenter Auftritte von Wolfgang Kieling und Heinz Engelmann schrammt die Folge denkbar knapp an der vollen Punktzahl vorbei. 4,5 von 5 Kisten.

Ray Offline



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18.10.2019 20:08
#200 RE: Bewertet: „Das Kriminalmuseum“ / „Das Kriminalmuseum erzählt“ (1963-70) Zitat · Antworten

Folge 18: Die Ansichtskarte


Die Schauspielerin Angelika Tessner wird samt Abschiedsbrief eines Morgens tot aufgefunden. Alsbald stellt sich indes heraus, dass keine Selbst-, sondern eine Fremdtötung vorliegt. In Verdacht gerät schnell der Lebensgefährte der Toten, schließlich ist er Alleinerbe...

In der 18. Episode des „Kriminalmuseums“ darf Paul Dahlke zum zweiten Mal die Rolle des Ermittlers bekleiden. Mehr und mehr erhärtet sich der Eindruck, dass Dahlke prädestiniert für einen Part in einer langlebigen Krimiserie gewesen wäre. Seine sympathische, väterliche Art lassen einen unerschütterlich darauf vertrauen, dass die Kriminalpolizei den Urheber der Tat an Frau Tessner früher oder später wird überführen können. Der Einstieg in die Episode ist noch recht vielversprechend, die weitgehende Abwesenheit Erik Schumanns ab dem zweiten Drittel tut dem Fall allerdings nicht gut. Versöhnlich stimmt den Zuschauer allerdings der wirklich gelungene Schlusstwist, bei dem die titelgebende Ansichtskarte eine entscheidende Rolle einnimmt. Bemerkenswert ist noch, dass Peter Thom in einem Gespräch mit Werner Hinz in der eigenen Wohnung eine Art Plakat des Bryan Edgar Wallace-Films „Das Phantom von Soho“ aufhängt (ausgeschnittene Hand und Gesicht von Karin Dor).


Solide Episode mit einem starken Ermittler, im Übrigen unspektakulärer Besetzung und durchschnittlichem Tempo, die aber durch eine gelungene Auflösung gewinnt. Noch 4 von 5 Punkten.

Ray Offline



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23.10.2019 19:46
#201 RE: Bewertet: „Das Kriminalmuseum“ / „Das Kriminalmuseum erzählt“ (1963-70) Zitat · Antworten

Folge 20: Das Nummernschild


Drei Gauner planen, einen Juwelier in Düsseldorf auszurauben. Was sie nicht wissen: die Polizei ist ihnen bereits zufällig auf die Spur gekommen...

„Das Nummernschild“ bildet in Sachen Schauplätze eine willkommene Abwechslung zum bisher Dargebotenen. Beginnend in Hamburg, verlegt sich die Episode schon bald ins Ruhrgebiet (Oberhausen, Duisburg), um dann für den Höhepunkt ins Rheinland nach Düsseldorf weiterzuziehen. Neben dem Coup auf der Düsseldorfer "Prachtmeile" Königsallee ist vor allem die anschließende Autoverfolgungsjagd von Interesse, deren Fahrt die Gangster u.a. auch entlang des seit nunmehr 25 Jahren autofreien Rheinufers führt.

Die Gangster werden souverän angeführt vom wie immer überzeugenden Werner Bruhns, aber auch Horst Michael Neutze liefert in der für ihn typischen Rolle eine solide Vorstellung ab. Die Ermittler bleiben demgegenüber ein wenig blass, auch kann man dem Buch in der Tat vorwerfen, dass sich die Gauner etwas einfach überführen lassen, wenn man bedenkt, dass sie schon mehrere große Coups gelandet haben. Allgemein setzt sich der etwas dokumentarischer angehauchte Stil der vorangegangenen Folge fort. Dennoch hinterlässt die von Helmuth Ashley verantwortete Folge einen guten Gesamteindruck.


Der Ortswechsel vom Süden in den Norden und vor allem den Westen der Bundesrepublik erweist sich als erfrischend, die Gauner um Werner Bruhns und Horst Michael Neutze sorgen für grundsolide Unterhaltung. 4 von 5 Punkten.

Gubanov ( gelöscht )
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23.10.2019 20:12
#202 RE: Bewertet: „Das Kriminalmuseum“ / „Das Kriminalmuseum erzählt“ (1963-70) Zitat · Antworten

Na bitte, jetzt haben wir schon zwei exakte Punkteübereinstimmungen in Folge, nachdem es in Box 1 nie geklappt hat. Aber trotzdem: Wo ist denn "Die Brille" geblieben? Verzichtest du etwa gleich von vornherein auf die drei Lemmel-Episoden (zu verdenken wär's dir nicht)?

Gubanov ( gelöscht )
Beiträge:

23.10.2019 20:15
#203 RE: Bewertet: „Das Kriminalmuseum“ / „Das Kriminalmuseum erzählt“ (1963-70) Zitat · Antworten

Ich mache auch 'mal weiter mit einem Bonbon:



Das Kriminalmuseum: Die rote Maske

Episode 27 der TV-Kriminalserie, BRD 1967. Regie: Helmuth Ashley. Drehbuch: Bruno Hampel. Mit: Hans W. Hamacher (Kriminaloberkommissar Castorf), Karl Walter Diess (Kriminalobermeister Gerken), Friedrich Georg Beckhaus (Melchior), Peter Dornseif (Wilhelm Nowacki), Peter Thom (Ulrich Klessinger), Horst Janson (Peter Schmelz), Friedrich Karl Grund (Klaus Lohmüller), Claudia Butenuth (Angelika Lohmüller), Rainer Basedow (Postbote Anton Pfeifer), Heli Finkenzeller (Frau Castorf) u.a. Erstsendung: 12. März 1967. Eine Produktion der InterTel fürs Zweite Deutsche Fernsehen.

Zitat von Das Kriminalmuseum (27): Die rote Maske
Das Schicksal meint es nicht gut mit Oberkommissar Castorf: Wenige Wochen vor seiner Pensionierung bescheidet es den altgedienten Beamten noch einmal mit einem überaus kniffligen Mordfall, den er ungelöst in den Ruhestand mitnehmen muss. Dabei macht zunächst alles einen ganz klaren Eindruck: Nachdem der Steinmetzmeister Nowacki erschlagen wurde, verwickelt sich dessen streitbarer Geselle Melchior in verdächtig viele Widersprüche. Doch auf der Tatwaffe finden sich die Fingerabdrücke eines Unbekannten. Wer also war der heimtückische Mörder, dem der Tote in letzter Minute die rote Maske vom Gesicht riss?


In „Die rote Maske“ kommen zwei Dinge zusammen, von denen man bereits angenommen hatte, „Das Kriminalmuseum“ habe sie für obsolet erklärt: ein klassischer Mitrate-Mordfall mit interessant gestreuten Verdachtsmomenten sowie ausgiebiger, sauberer Polizeiarbeit auf der einen und eine klassisch anmutende Inszenierung auf der anderen Seite. Helmuth Ashleys Name im Abspann kündigt sich zwar in gewisser Weise durch die dem ruhigen Oberkommissar Castorf angepasste Erzählweise an, bürgt aber auch für altmodische Krimiunterhaltung im besten Sinne. Sie wird obendrein von den pittoresken Bildern des Ufa-Kameramanns Georg Krause unterstützt – ein derartiges Anknüpfen an Traditionen statt an moderne Brüche gab es zuletzt in den frühen 10er-Folgen der Reihe. So fühlt man sich vom Produktionszeitraum 1966/67 um ein paar Jahre in die Vergangenheit versetzt – zumal die Polizei angibt, der Fall spiele im Jahre ‘64. Krauses Kamera fängt teilweise nüchterne, teilweise beeindruckende Motive ein und arbeitet in der Steinmetzwerkstatt mit ihren imposanten Maschinen sowie dem unheimlichen Raubmord-Überfall sehr präzise.

Hans W. Hamacher pendelt in seiner Darstellung des (Beinahe-)Rentiers zwischen dem Übermut eines Ermittlers, der eigentlich schon „Ade“ sagen will, und der Gewissenhaftigkeit eines jahrzentelang geschulten Beamten. Seine nachlässige Unterlassung, am Anfang nicht mehr als eine Spur zu verfolgen, fällt ihm später auf die Füße, als diese sich als falsch erweist. Die Folge bringt einen Großteil der Zeit mit dem Sammeln von Indizien gegen den Gesellen Melchior zu, den Friedrich Georg Beckhaus auf angemessen bärbeißige Weise verkörpert, sodass er zu der betulichen Zeugin Sadowski und dem freundlichen Ermittler in markantem Kontrast steht. „Die rote Maske“ ist zwar ebenfalls nicht sehr prominent besetzt, aber alle Darsteller passen bestens in ihre jeweiligen Rollen – neben Hamacher und Beckhaus in den zentralen Parts sind auch Assistent Diess, die „jungen Wilden“ Peter Thom, Horst Janson und Friedrich Karl Grund, Filmschwester Claudia Butenuth in züchtigen Vor-„Stecknadel“-Zeiten, Rainer Basedow als gemütlicher Postbote, die Kaffeekränzchen-Gemütlichkeit versprühende Heli Finkenzeller als Polizistenfrau und selbst Ellen Umlauf in einem kleinen Ein-Szenen-Auftritt als auskunftsfreudige Nachbarin punktgenau besetzt. Der angedeutete Generationenkonflikt zwischen den seriösen Erwachsenen und den überheblichen Schuljungen ufert durch die geschmackvolle Ausarbeitung nicht in „kommissar“-artige Philosophiestunden aus, sondern verleiht dem Fall einfach eine spannende und gen Ende sogar etwas brachial-brutale Note.

Außerordentlich gelungen ist die Darstellung der Polizeiarbeit: Es werden sowohl Erfolge als auch Rückschläge im Kontext der Ermittlungen, der Presserezeption und der Beurteilung durch Vorgesetzte thematisiert und man begleitet die Polizisten und Kriminalwissenschaftler – so wie es eigentlich einmal als Sinn und Zweck der Reihe angelegt, aber zuletzt immer mehr in den Hintergrund getreten war – von der Entdeckung bis zur Aufklärung des Verbrechens bei jedem kleinen Schritt. Auch wenn das Tätergeheimnis nicht ganz bis zum Schluss gewahrt wird, sondern man schon einige Szenen vorher die Wahrheit erfährt, erhält der Fall dennoch sein volles Potenzial, weil von da an die Frage des Timings der Polizisten im Mittelpunkt steht, was zu einer sehr schönen Überführung „auf frischer Tat“ führt. Alles in allem handelt es sich hier wirklich um eine erstklassig konzipierte Geschichte, die absolut sauber, stellenweise sogar mit besonderem Esprit umgesetzt wurde. Ein erfreulicher Ausreißer!

Rachemord, Schülerstreich oder der große Unbekannte? Das Geheimnis der roten Maske verfolgt Oberkommissar Castorf bis in seine Pensionszeit, von wo aus er noch einmal zu einem entscheidenden kombinatorischen Schlag ausholt. Hans W. Hamacher erwischte mit diesem Fall nach „Der Fahrplan“ erneut eine sehr starke Episode des „Kriminalmuseums“, die an die hochwertige Anfangszeit der Reihe erinnert und mir volle 5 von 5 Masken wert ist.

Ray Offline



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24.10.2019 23:42
#204 RE: Bewertet: „Das Kriminalmuseum“ / „Das Kriminalmuseum erzählt“ (1963-70) Zitat · Antworten

Zitat von Gubanov im Beitrag #202
Na bitte, jetzt haben wir schon zwei exakte Punkteübereinstimmungen in Folge, nachdem es in Box 1 nie geklappt hat. Aber trotzdem: Wo ist denn "Die Brille" geblieben? Verzichtest du etwa gleich von vornherein auf die drei Lemmel-Episoden (zu verdenken wär's dir nicht)?


Keine tiefergehenden Motive, sondern vielmehr bloße Unaufmerksamkeit stecken hinter der fehlenden Besprechung zu Folge 19. Danke für den Hinweis. Wo Besprechung zu Folge 18 der vorangegangene Post war, hätte mir das eigentlich auffallen müssen...

Hier nun die "Nachlieferung"...


Folge 19: Die Brille


Erwin Spindler bekommt von seiner Familie ein paar Tage Urlaub „genehmigt“, die er zum Wandern in den Dolomiten nutzen möchte. Auf seiner Fahrt von Berlin zu seinem Reiseziel macht er einen folgenschweren Fehler: Er nimmt einen Unbekannten als Anhalter mit...

Im Grunde hätte „Die Brille“ wie die Vorgängerepisode auch „Die Ansichtskarte“ lauten können, denn die Tochter Erwin Spindlers schöpft durch eine Ansichtskarte des Vaters Verdacht, dass etwas nicht in Ordnung ist: Das Datum wurde mit einem Füller in anderer Farbe nachträglich verändert. Ansonsten hat die Folge in der Tat einen sehr dokumentarischen Stil, weswegen man sich eher in einer „Stahlnetz“-Folge wähnt als in einer des „Kriminalmuseums“. Trotzdem ist der Fall um die titelgebende Brille schon wegen der vielen wechselnden Schauplätze einigermaßen kurzweilig. Heinz Schubert, der später auch im legendären Durbridge-Mehrteiler „Das Messer“ ermitteln durfte, macht seine Sache als Kommissar solide. Wie schon moniert, fehlt es ob der frühen Enttarnung indes ein wenig an Spannung.

Dokumentarisch angehauchte, dank der vielen Reisemotive und des solide agierenden Polizeiapparates aber doch ordentlich unterhaltende Episode. 3,5 von 5 Punkten.

Ray Offline



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28.10.2019 17:49
#205 RE: Bewertet: „Das Kriminalmuseum“ / „Das Kriminalmuseum erzählt“ (1963-70) Zitat · Antworten

Folge 21: Der Koffer


Bei einem abendlichen Kontrollrundgang wird ein Nachtwächter ermordet. Eine Zeugin legt eine Personenbeschreibung vor, welche die Polizei auf die Spur eines Schülers führt, der alsbald auch ein Geständnis ablegt. Fall geklärt? Von wegen!

Ein Mord in Verdeckungsabsicht führt im Laufe der Handlung in eine Art Sozialdrama, wie man sie später häufig im „Kommissar“ sehen durfte bzw. musste. Ein junger Mann, der gegen seine Eltern aufbegehrt, gesteht einen Mord, den er nicht begangen hat. Leider konzentriert sich die Episode trotz der vorhersehbar nicht bestehenden Täterschaft des Mannes sehr auf ihn und sein Umfeld. Verdächtige sind ziemliche Mangelware, der wahre Tathergang lässt sich daher recht leicht rekonstruieren. Unglücklicherweise ist die Folge von Theodor Grädler überdies recht schleppend inszeniert. Immerhin wartet „Der Koffer“ mit einem unverbrauchten und recht reizvollen Ermittlerduo auf. Kurt Meisel kennt man eher als Fiesling, z.B. aus der 1954er-Verfilmung von „Emil und die Detektive“. Hier gibt er den einigermaßen nachsichtigen und engagierten Kriminalinspektor. Willy Semmelrogge agiert weitaus weniger farblos als viele seiner Vorgänger und kann schon mal ein wenig für seine spätere Assitentenrolle im „Tatort“ üben. Der übrige Cast ist demgegenüber wenig prominent, immerhin vermag Gudrun Thielemann als Zeugin ein paar Akzente zu setzen. Summa summarum dennoch eine Folge von unterdurchschnittlicher Qualität.

Die Episode konzentriert sich leider zu sehr auf im Ergebnis weniger wichtige Figuren und versäumt es, dem Publikum Verdächtige für das Täterrätsel an die Hand zu geben. Auch das Tempo lässt zu wünschen übrig. 2,5 von 5 Punkten.

Ray Offline



Beiträge: 1.930

30.10.2019 22:50
#206 RE: Bewertet: „Das Kriminalmuseum“ / „Das Kriminalmuseum erzählt“ (1963-70) Zitat · Antworten

Folge 22: Das Etikett


Die Kriminalpolizei untersucht einen möglichen Zusammenhang zwischen einer Reihe von Diebstählen und dem Mord an einem Hehler...

Wie Gubanov schon zutreffend beschrieben hat, war es sicher nicht die beste Idee der Verantwortlichen, die Episoden just in einer Phase aufzublähen, in der es ohnehin an Tempo und inhaltlicher Finesse fehlte. Hier wäre eher der umgekehrte Weg – eine Kürzung auf 45 Minuten – erwägenswert gewesen. So darf sich der Zuschauer mit der ersten Kriminalmuseum-Folge in Überlänge herumschlagen, die mit einem konsequenten Cutter sicher auch auf die so eben genannte Dauer „heruntergekürzt“ hätte werden können. Das Quartett um H.M. Neutze, Löwitsch, Wiedemann und Krumm hat zwar allemal seinen Reiz, der Folge gelingt es aber nicht, dieses hinreichend gewinnbringend einzubringen. Allzu sehr plätschert das Geschehen in reizlosen Kulissen wie der engen und ungemütlichen Kneipe vor sich hin, bis hinten heraus eine kleine Überraschung aus dem Hut gezaubert wird. Auch Heinz Weiss kann anders als in seinem ersten Auftritt im Kriminalmuseum an der Seite von Harry Riebauer „Tödliches Schach“ der Folge nicht recht ein ausgleichendes Gewicht beifügen.


Die erste KM-Folge in Überlänge darf als einigermaßen missglückt bezeichnet werden und stellt sogleich den Sinn dieses Schrittes erheblich infrage. 2,5 von 5 Punkten.

Gubanov ( gelöscht )
Beiträge:

02.11.2019 11:30
#207 RE: Bewertet: „Das Kriminalmuseum“ / „Das Kriminalmuseum erzählt“ (1963-70) Zitat · Antworten



Das Kriminalmuseum: Die Reisetasche

Episode 28 der TV-Kriminalserie, BRD 1967. Regie: Erich Neureuther. Drehbuch: Gerd Oelschlegel, Franz Neubert. Mit: Erik Ode (Kriminalkommissar Zobel), Sigurd Fitzek (Kriminalassistent Scharf), Herbert Fleischmann (Felix Hochstädter), Claus Tinney (René Charlot), Dietrich Thoms (Kriminalkommissar Arnd), Walo Lüönd (Dr. Blayer), Hertha Konrad (Evelyn Hochstädter), Thomas Reiner (Klaus Petersen), Ludwig Schmid-Wildy (Zeuge Gruber), Walter Hoor (Zeuge Zoller) u.a. Erstsendung: 7. April 1967. Eine Produktion der InterTel fürs Zweite Deutsche Fernsehen.

Zitat von Das Kriminalmuseum (28): Die Reisetasche
Für jähe Ernüchterung nach einer feucht-fröhlichen Geburtstagsfeier sorgt beim Jubilar Felix Hochstädter die Erkenntnis, dass sein Safe mit fast 10’000 Mark Bargeld und einer wertvollen Münzsammlung aufgebrochen und ausgeraubt wurde. Der Geschäftsmann gerät wegen einiger Widersprüche und Indizien bald selbst ins Visier des ermittelnden Kriminalkommissars Zobel, doch es erfordert Raffinesse und Hartnäckigkeit, den Versicherungsbetrüger und seinen Komplizen der Straftat zu überführen. Am Ende bricht der Geiz Hochstädter das Genick ...


„Die Reisetasche“ beginnt mit einer reizvollen Szenencollage, welche die Party der Hochstädters in einem angesagten Klub mit dem Einbruch ins Hinterzimmer des Hochstädter’schen Geschäfts kombiniert. Immer wieder wird zwischen der ausgelassenen Stimmung im Lokal und der Anspannung des offensichtlich aufgeregten Diebes hin- und hergeschnitten. Nur mit Mühe und schwerem Gerät kann sich der Eindringling Zugang zu Hochstädters Schatzkästchen verschaffen, wobei der eigentliche Raub im Gegensatz zum Einbruch aus guten Gründen zunächst nicht gezeigt wird. Es sind diese Szenen, die nicht nur als die spannendsten, sondern auch als die am schönsten fotografierten der Episode in Erinnerung bleiben, denn leider gelingt es den sich anschließenden Ermittlungen weder in puncto Spannung noch Ästhetik an die wirkungsvollen Einstellungen im nächtlichen Hinterhof des Kudamm-Geschäfts anzuknüpfen. Diesbezüglich macht sich die etwas formlose Spielleitung des Regie-Neulings Erich Neureuther bemerkbar, dessen Beiträge auch bei „Die fünfte Kolonne“ nicht unbedingt zu den Spitzentiteln der Serie zählen.

„Die Reisetasche“ kann als Faustpfand immerhin (erneut) auf Erik Ode verweisen. Und obwohl Ode als Kommissar vom Einbruchsdezernat eine „kommissar“-reife Performance abgibt, tritt er doch gleichzeitig – ähnlich wie später als Herbert Keller – auch engstirnig und paragrafenreiterisch auf: Dem Geschädigten lässt er jedenfalls wegen einer randläufigen Bemerkung erst einmal den Führerschein abnehmen, als seien der Diebstahl von Bargeld und Münzsammlung noch nicht genügend Schicksalsschläge für einen Tag. Dergestalt ist der feindliche Ton für einen Zweikampf zwischen Ode und seinem Kontrahenten Herbert Fleischmann natürlich sofort gesetzt, doch leider kommt es gar nicht zu einem ansehnlichen Duell, weil Kommissar Zobel meist mit der Befragung anderer Zeugen oder einer Reise nach München ins „Kriminalmuseum“-Kernland beschäftigt ist. Dabei formt sich neben Ode mit Assistenten Fitzek sowie Fleischmann mit Handlanger Tinney keine weitere Figur heraus, die für den Zuschauer wirklich von Interesse ist – anderweitige Verdächtige gibt es folglich keine und heutige Betrachter würden das ZDF obendrein wegen der absolut miserablen Frauenquote der Folge anzählen.

Dennoch ist „Die Reisetasche“ kein verlorener Fall: Die Erzählung hält besser zusammen als in den Episoden der Schwächephase #21 bis #24 (insbesondere die mehrfachen Wendungen in der Frage, ob die Münzkassette durch das Loch im Safe passte, erweisen sich als unterhaltsam), die Längen sind zwar vorhanden, aber erträglich und während Fleischmann hinter seinen Möglichkeiten zurückbleibt, sorgen einige Darsteller mit netten Kleinstauftritten für eine angenehme Würze. Vor allem Thomas Reiner als Hochstädters Freund in den beschwingten Anfangsszenen macht eine gute Figur – man hätte ihn sich auch selbst in der Rolle des Versicherungsbetrügers vorstellen können, denn er hätte der Rolle vielleicht eine deutlichere Arroganz verleihen können. Beim Berlin-Flair bestehen deutliche Potenziale, die Musik von Eugen Thomass fügt sich dagegen gut ins Geschehen ein. Insgesamt eine Angelegenheit fürs Mittelfeld.

Erneut kommt ein „Kriminalmuseum“ ohne Mord und Totschlag aus. Das ist möglich, aber in dieser Umsetzung nicht unbedingt super-spannend und man wünscht sich, es käme sowohl zwischen dem bissigen Ode-Kommissar und dem Betrüger als auch zwischen dem Betrüger und seinem Komplizen zu härteren Konflikten (womöglich mit tödlichem Ausgang). Für die vorherrschende mittelmäßige Spannung vergebe ich 3,5 von 5 Reisetaschen.

Ray Offline



Beiträge: 1.930

03.11.2019 15:21
#208 RE: Bewertet: „Das Kriminalmuseum“ / „Das Kriminalmuseum erzählt“ (1963-70) Zitat · Antworten

Folge 23: Der Barockengel


Polizeiobermeister Dreher hat es mit einem Fall von Kirchendiebstahl zu tun, der eine Verbindung zu grenzüberschreitenden Sachverhalten aufweist: die aus Kirchen entwendeten Gegenstände werden in Antiquitätenläden im Ausland verkauft...

Für die zweite Folge des Kriminalmuseums in Überlänge gilt im Grunde das Gleiche wie für die erste: es hätte die zusätzlichen Minuten nicht gebraucht, ganz im Gegenteil. Trotzdem hinterlässt sie den etwas besseren Gesamteindruck. Zunächst gibt es mit den – zugegebenermaßen für einen abendfüllenden Kriminalfilm etwas harmlosen – Kirchendiebstählen inhaltlich mal wieder etwas Abwechslung. Darüber hinaus schwärmt nicht nur der von Helmut Förnbacher sympathisch dargestellte Pfarrer von der Schönheit der Landschaft, auch der Betrachter atmet die durch die vielen Außenaufnahmen an verschiedenen Schauplätzen auf den Bildschirm transportierte Landschaft nach den vielen Minuten in engen und verrauchten Kneipenbauten tief ein. Schließlich gibt Günther Neutze eine gelungene Darbietung in der Rolle des Polizeiobermeisters Dreher, an der man sich ein Stück weit „festhalten“ kann. Insofern in manchen Bereichen eine kleine Steigerung, in anderen (insbesondere Tempo und Spannung) Stagnation bis leichter Abstieg.


Leider setzt sich der Trend der letzten Episoden auch in der zweiten Folge in Überlänge fort: Es fehlt an Tempo und Spannung an allen Enden. Immerhin bietet „Der Barockengel“ schöne Landschaftsaufnahmen und sympathische sowie gut aufspielende Darsteller in zentralen Rollen. Dies stimmt mich gnädig, weswegen ich noch 3 von 5 Punkten gebe.

Gubanov ( gelöscht )
Beiträge:

05.11.2019 16:45
#209 RE: Bewertet: „Das Kriminalmuseum“ / „Das Kriminalmuseum erzählt“ (1963-70) Zitat · Antworten

Da warst du ja wirklich recht großzügig mit dem „Barockengel“. Ich muss dagegen zum Abschluss der zweiten Box leider noch einmal ordentlich draufhauen:



Das Kriminalmuseum: Teerosen

Episode 29 der TV-Kriminalserie, BRD 1967. Regie: Georg Tressler. Drehbuch: Inge Dorsky, Hans Maeter. Mit: Horst Niendorf (Kriminalkommissar Niklas), Peter Pasetti (Rüdiger Palm), Gisela Uhlen (Franca Berg), Dunja Rajter (Fatima Jussuf), Harry Raymon (Ali Jussuf), Sigurd Fitzek (Kriminalobermeister Baumann), Günter Becker (Kriminalmeister Riedel), Herbert Fux (Ferry), Trude Breitschopf (Nachbarin), Jochen Busse (Jurastudent im Nachtlokal) u.a. Erstsendung: 12. Mai 1967. Eine Produktion der InterTel fürs Zweite Deutsche Fernsehen.

Zitat von Das Kriminalmuseum (29): Teerosen
In einem Schwabinger Lokal verkauft der abgebrannte Sänger „Gino“ neben Blumen auch Haschischzigaretten an die illustre Kundschaft. Eine Neukundin lässt den profitablen Betrieb auffliegen – mit fatalen Folgen für Gino, dem die Polizei so gefährlich nahe kommt, dass die Hintermänner des Drogenkartells sich seiner entledigen. Gino bleibt nicht das letzte Opfer, das der Handel mit der gefährlichen Droge aus dem nordafrikanischen Raum fordert. Als Kommissar Niklas sich als Kaufinteressent ausgibt und damit bis ins Hauptquartier der Verbrecher vordringt, verliert der große Strippenzieher im Hintergrund zum zweiten Mal die Nerven ...


Auch wenn die einzelnen Folgen durchaus zu überzeugen wissen, so bleiben als großer Pferdefuß der „Kriminalmuseum“-Reihe im Vergleich zu ihrer Konkurrenz „Stahlnetz“ die immer wieder spürbaren Tempoprobleme ein stetiger Begleiter. Auch für Georg Tresslers erste „KM“-Folge muss man als Zuschauer Geduldsfäden aus Stahl mitbringen, da simpelste Tätigkeiten wie das Einsteigen in ein Auto oder das Erteilen von Ballettunterricht minutenlang ins Bild gerückt werden, ohne dass sie die Handlung voranbringen würden. Auch prinzipiell spannende Sequenzen wie der Undercover-Plot, in dem sich der als Kunde ausgebende Kommissar von den beiden Haschhändlern ins Hauptquartier chauffieren lässt, während der Wagen sowohl von der Polizei als auch den Komplizen verfolgt wird, ziehen sich elendig in die Länge und verraten, dass Inge Dorskys und Hans Maeters Drehbuch hinten und vorne nicht ausreicht, um die Spielzeit zu füllen. Das fällt auch deshalb ins Auge, weil die Geschichte in den eher zähen Drogensumpf führt, der aufgrund seiner Plakativität immer gern für Fernsehkrimis hergenommen wurde, obwohl die Opfer sich im Regelfall willentlich selbst schädigen. So auch hier – man beginnt den Fall mit Blicken auf eine zum Drogenkonsum überredete Schülerin sowie einen selbstgefälligen, gruppenhaschenden Jurastudenten, dem Jochen Busse ein überaus schmieriges Gesicht verleiht.

Mit der Verschiebung des Fokus auf den Mord an „Blumenkind“ Gino und die Hintermänner des Drogenschmuggels und -verkaufs gewinnt der Fall leicht an Interesse, bevor im letzten Drittel wieder der Füllstoff überhand nimmt und zudem noch ein äußerst unspektakuläres Finale präsentiert wird. Man verfolgt einerseits Edelgauner wie Peter Pasetti und Gisela Uhlen, die diesmal im Gegensatz zu „Der Schlüssel“ aber weder miteinander verheiratet noch anderweitig verbandelt sind; und andererseits die exotischen Einflüsse, für die Harry Raymon und Dunja Rajter sorgen. Während die Stars blass bleiben und vom Drehbuch im Stich gelassen werden, erhalten die Nachwuchsdarsteller breiten Raum, um sich zu profilieren. Insbesondere Rajter kommt eine schöne Schlüsselrolle zu, in der sie als schwarzhaarige arabische Schönheit durch Engagement und Verve auf sich aufmerksam macht. Den großen Peter Pasetti spielt sie hier mit Leichtigkeit an die Wand – verkehrte Verhältnisse, während Herbert Fux seine üblichen unattraktiven Gangstergrimassen zieht und Horst Niendorf als wagemutiger, etwas schnodderiger Kriminaler an die wohligen Frühtage des „Kriminalmuseums“ erinnert.

Gerade dem orientalischen Einschlag der Episode wäre ein weniger steifer Regisseur vermutlich zugute gekommen – ein Wolfgang Becker etwa hätte aus „Teerosen“ in einer kondensierteren oder inhaltlich ausgefeilteren Form mit größerer Rolle für Rüdiger Palm einen Höhepunkt formen können. So jedoch bleibt „Teerosen“ ein halbgarer Fall, in dem künstlerisch ansprechende Szenen und Kameraeinstellungen keine Relation zur sonst eher biederen Ausstrahlung aufbauen und von Fatima Jussufs Trip nach Tunesien leider wenig Fernweh ausgeht. Erich Ferstls 1001-Nacht-Musik ist wenig memorabel, aber den Vogel schießen die unfassbaren Sicherheitskontrollen des Münchner Zolls ab. Die Reisetasche mit fünf Kilo Rauschgift wird mit folgendem Dialog zwischen dem Sicherheitsbeamten und dem Schmuggler durchgewunken: „Was ist denn da drin?“„Das ist ein orientalisches Gewürz. Arabisch.“„Arabisch kann ich leider nicht. Schon gut.“ – Diese Szene ist ein Beweis dafür, wie faul teilweise die Scripts wirken und welche spannenden Ergänzungen möglich gewesen wären, wenn man in diesem Fall z.B. die Gefahr der Zollkontrolle ordentlich zum Tragen gebracht hätte.

„Teerosen“ schreitet nicht nur langsamer, sondern auch weniger humorvoll als der erste Drogenplot der Reihe in „Gesucht: Reisebegleiter“ voran. Wer von Peter Pasetti als erstem im Abspann genannten Darsteller eine besondere Leistung erwartet, wird hier ebenso enttäuscht wie jemand, der auf der Suche nach einem guten Whodunit ist. Ohne Überraschungen und abermals mit deutlicher Überlänge strebt „Teerosen“ einem eher antiklimatischen Gipfel entgegen. 2,5 von 5 Haschischzigaretten.

Ray Offline



Beiträge: 1.930

06.11.2019 23:05
#210 RE: Bewertet: „Das Kriminalmuseum“ / „Das Kriminalmuseum erzählt“ (1963-70) Zitat · Antworten

Bin gespannt auf dein Zwischenfazit zur zweiten Box, das allerdings deutlich zurückhaltender ausfallen dürfte als bei der ersten.


Auch ich wühle mich weiter durch...


Folge 24: Das Amulett


Die Polizei erhält einen anonymen Anruf, dem zufolge der Geldbote eines Kaufhauses am kommenden Tag überfallen werden soll. Einer der Täter soll Walter heißen. Daraufhin lässt Kriminalkommissar Derksen alle Personen dieses Vornamens überprüfen, die vorbestraft sind und in Oberhausen wohnen. Nachdem die Spur zu nichts führt, kommt die Polizei über eine aufgefundene Brieftasche der Anruferin und „Walter“ auf die Schliche...

Nachdem schon „Das Nummernschild“ teilweise im Ruhrgebiet spielte, verschlägt es „Das Amulett“ nach Oberhausen und Umgebung. Es handelt sich um die zweite Regiearbeit Dieter Lemmels innerhalb der Reihe nach „Der Barockengel“. Leider kommt die vorliegende Episode nie so recht in die Gänge. Spätestens mit Versanden der ersten Spur verliert auch der Zuschauer das Interesse an dieser Folge, die mit ihren zahlreichen (uninteressanten) Figuren auf Polizei- und Gaunerseite nur so vor sich hin plätschert. Zwar schlägt sich Günther Ungeheuer in der für ihn ungewohnten Rolle des Ermittlers mehr als wacker, von ihm abgesehen sucht man bekannte Gastdarsteller indes vergebens. Und die weniger bis unbekannten Schauspieler, die sich am „Amulett“ versuchen dürfen, vermögen wenig Eigenwerbung zu betreiben, werden von der eher uninteressanten Story allerdings auch nicht gerade zu Höchstleistungen animiert. Insgesamt ein weiterer „Höhepunkt“ dieser Dürreperiode des „Kriminalmuseums“.


Die Schwächephase des „Kriminalmuseums“ hält an und präsentiert mit „Das Amulett“ die bisher schwächste Episode. Noch 2 von 5 Punkten.

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