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 Film- und Fernsehklassiker national
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Peter Ross Offline



Beiträge: 1.998

26.08.2014 07:01
#91 RE: Johannes Mario Simmel: Die Verfilmungen von 1971 bis 1976 Zitat · Antworten

Beide DVDs liegen hier noch, da ich doch was anderes geschaut habe. Werde aber Liebe ist nur ein Wort zuerst ansehen.

Peter Ross Offline



Beiträge: 1.998

27.08.2014 21:28
#92 RE: Johannes Mario Simmel: Die Verfilmungen von 1971 bis 1976 Zitat · Antworten

LIEBE IST NUR EIN WORT
mit Judy Winter, Malte Thorsten, Herbert Fleischmann, Carl Walter Diess (wird hier mit "C" geschrieben), Konrad Georg, Inge Langen uvm.
Regie: Alfred Vohrer


Mit "Liebe ist nur ein Wort" habe ich fast alle Simmel-Verfilmungen mittlerweile gesehen. Der Film handelt von dem 21jährigen Oliver Mansfeld (Malte Thorsten), Sohn nach Luxemburg ausgewanderter reicher Eltern, der in Deutschland in einem neuen Internat seine letzten Schulmonate absolvieren soll. Auf dem Weg dorthin begegnet ihm die 10 Jahre ältere Verena Angenforth (Judy Winter), in die er sich verliebt. Diese jedoch ist Frau eines Geschäftsmannes (Herbert Fleischmann), der mit Mansfelds Vater dubiose Geschäftsbeziehungen pflegt. Bevor Mansfeld Hintergründe durchschaut, steigert sich die Liebesbeziehung bis zu Höhepunkten. SPOILER - Das Ende des Films endet dramatisch.

Im Gegensatz zu einigen anderen Simmel-Verfilmungen entfernt sich dieser Streifen weiter vom deutschen Kriminalfilm. Die Spannung des Films entsteht über weitere Strecken, dass man als Zuschauer erwartet, dass jeden Moment das Unglaubliche passiert. Richtige kriminalistische Höhepunkte bleiben jedoch aus. Schauspielerisch liefert "Newcomer" Malte Thorsten natürlich eine hervorragende Leistung ab. Mir besonders aufgefallen ist jedoch neben den Hauptdarstellern auch Karl Walter Diess als korrupter Diener von Herbert Fleischmann. Beide spielen ein Verhältnis, wie es Peters und Kinski auch hätten spielen können, aber die "Paarung" Fleischmann/Diess kann darstellerisch mindestens mithalten. Judy Winter strahlt (auch wenn sie nicht mein persönlicher Typ Frau ist, immer eine erotische Linie aus (zu fein, um wie andere Darsteller gleich "willig" zu sein, aber dennoch ist die Erotik immer im Spiel).
Musikalisch gefällt mir, dass das Thema des Films immer wieder in verschiedenen Facetten in den Film eingearbeitet wurde.
Der gut 100 Minütige Film ist für mich recht kurzweilig gewesen, auch wenn ich mir ein noch spektakuläreres und nicht ganz so vorhersehbares Ende gewünscht hätte.
Fazit: Gute Simmel-Verfilmung mit wenig Krimi - 3,5 von 5 Punkten

PS: Die DVD wird derzeit im Internet gebraucht zu "Wucher-Preisen" verkauft. Unter 50 Euro ist sie nicht zu haben.

Ray Offline



Beiträge: 1.929

09.12.2017 18:19
#93 RE: Johannes Mario Simmel: Die Verfilmungen von 1971 bis 1976 Zitat · Antworten

Hatte ja im Thread zur TV-Serie "Es muss nicht immer Kaviar sein" @Jan versprochen, mir auch nochmal die Simmel-Kinofilme insbesondere der 1970er-Jahre vorzunehmen. Bis dato hatte ich nur vor Jahren einmal "Die Antwort kennt nur der Wind" gesehen. Nun habe ich mir die 4er-Kollektion von StudioCanal zugelegt, welche "Und Jimmy geht zum Regenbogen", "Liebe ist nur ein Wort", "Der Stoff, aus dem die Träume sind" und "Die Antwort kennt nur der Wind" enthält. Zu diesen vier Filmen und ggf. zu weiteren werde ich mich in nächster Zeit hier äußern.


Und Jimmy ging zum Regenbogen (BRD 1971)

Regie: Alfred Vohrer

Darsteller: Alain Noury, Judy Winter, Konrad Georg, Horst Tappert, Doris Kunstmann, Ruth Leuwerik, Horst Frank, Peter Pasetti, Paul Edwin Roth, Herbert Fleischmann, Klaus Schwarzkopf, Jochen Brockmann u.a.



Manuel Aranda, ein junger Argentinier, kommt nach Wien, da sein Vater dort kurz zuvor zu Tode gekommen ist. Zunächst ist unklar, ob es sich um Mord der Selbstmord handelt. Aranda, bestrebt die Hintergründe der Tat aufzudecken, gerät bei seinen Ermittlungen ins Kreuzfeuer der Geheimdienste, denn sein Vater war ein wichtiger Faktor im Spionagegeschäft. Des Rätsels Lösung führt den jungen Aranda jedoch auch zurück in die Nazizeit...

Drei Jahre nach seinem letzten Wallace-Film begann für Alfred Vohrer mit den Verfilmungen der Bestseller Johannes Mario Simmels eine weitere erfolgreiche Schaffensphase. Im Vergleich zu seinen bisherigen Kriminalfilmen erscheint Vohrers Simmel-Erstling in vielerlei Hinsicht ambitionierter als Vieles, was er zuvor auf die Leinwand brachte. So ist schon die Laufzeit von über zwei Stunden für den deutschen Kriminalfilm eher ungewöhnlich, dazu wagt sich Vohrer inhaltlich - dies allerdings auch schon zwei Jahre zuvor in "Sieben Tage Frist" - an die damals noch sehr junge deutsche Vergangenheit heran.

Rein inszenatorisch ist der Film gerade in der ersten Hälfte ungemein reizvoll. Vohrer zeigt sich höchst verspielt und detailverliebt und macht an sich simple Szenen durch ungewöhnliche Kameraperspektiven zu echten optischen Leckerbissen. Dazu weiß er einen Cast hinter sich, der sichtlich dankbar ist, dass Anfang der 1970er-Jahre auch noch Unterhaltungskino abseits von "Schulmädchen-Report" & Co produziert wird. Besonders hervorzuheben ist hier Judy Winter, die ihre "Doppelrolle", einmal eine Frau jenseits der fünfzig, einmal eine junge Frau von Mitte zwanzig, höchst eindrucksvoll meistert. Doch auch die von Vohrer quasi reaktivierte Ruth Leuwerik, Konrad Georg oder Horst Tappert überzeugen. Der damals hoffnungsvolle französische Jungschauspieler Alain Noury macht in der Hauptrolle ebenfalls eine ordentliche Figur.

Inhaltlich offenbart sich "Und Jimmy ging zum Regenbogen" als gut recherchiertes, in mancher Hinsicht gleichwohl inkonsequentes Werk. So schadet die bemüht eingebaute Love-Story mehr als sie nutzt, erst recht wenn sie dem Zuschauer in "Last Christmas"-Optik aufgedrängt wird. In diesen Momenten liefert Vohrer Steilvorlagen für nicht umgesetzte Parodien. Aus diesem Grund lässt der Film den Betrachter ein wenig zwiegespalten zurück. Inhaltlich durchaus interessant, ohne wirkliche Durchhänger, gut gespielt, aber eben auch latent verkitscht. Insofern wundert es nicht, dass den Vorlagen wie den filmischen Umsetzungen die ganz große Anerkennung verwehrt wurde und es bei bloßen "Publikumserfolgen" blieb.

StudioCanal präsentiert dem Konsumenten den Film im 4:3-Format, was kaum dem Original-Format entsprechen dürfte. Die Bildqualität geht in Ordnung.


Gut gespielter, über weite Strecken inhaltlich wie inszenatorisch ansprechender, aber leider auch latent verkitschter 1970er-Krimi von Alfred Vohrer. 3,5 von 5 Punkten.

Jan Offline




Beiträge: 1.753

09.12.2017 19:13
#94 RE: Johannes Mario Simmel: Die Verfilmungen von 1971 bis 1976 Zitat · Antworten

Zitat von Ray im Beitrag #93

Vohrer zeigt sich höchst verspielt und detailverliebt und macht an sich simple Szenen durch ungewöhnliche Kameraperspektiven zu echten optischen Leckerbissen.


Das ist in der Tat so. Der Film zerfällt ja in zwei Zeitebenen. Um dies dem Zuschauer auch optisch näher zu bringen und die Unterschiede auch unterbewusst zu transportieren, unterscheidet sich die Kameraarbeit dieser beiden Zeitebenen vollständig von einander. Während alles, was in der NS-Zeit spielt, in nahezu starre Bilder mit Stativaufnahmen oder allenfalls einigen wenigen Kamerafahrten auf der Schiene verpackt wird, werden die in der damaligen Ist-Zeit spielenden Szenen fast ausschließlich beweglich (mit der Handkamera) aufgenommen. Charly Steinberger vollbrachte dabei wahre Kunststücke, die umso mehr beachtlich sind, weil die Kameras damals ja durchaus ein gewisses Gewicht hatten. Den Gipfel der beweglichen Bilder hatten Vohrer und Steinberger bei "Und Jimmy ging zum Regenbogen" allerdings noch lange nicht erreicht. Vor allem bei "Liebe ist nur ein Wort" sollte es hierzu noch Steigerungspotential geben.

Worauf ich leider bis heute noch nicht gekommen bin, ist eine Erklärung dafür, warum Vohrer die Auftaktszenen auf dem Flughafen in Weitwinkel drehen ließ. Das war sicher nicht nur teuer, sondern auch aufwändig. Möglicherweise sollte dies eine Art Verbindung zwischen den beiden Zeitebenen sein. Ganz sicher bin ich da aber noch nicht.

Zitat von Ray im Beitrag #93

So schadet die bemüht eingebaute Love-Story mehr als sie nutzt, erst recht wenn sie dem Zuschauer in "Last Christmas"-Optik aufgedrängt wird. In diesen Momenten liefert Vohrer Steilvorlagen für nicht umgesetzte Parodien.

Diese Last-Christmas-Optik indes hatte einen Grund. In der Romanvorlage hatte Simmel bewusst eine für ihn sehr typische Verquickung zwischen dem Tod auf dem Friedhof und starkem Schneetreiben in überaus epischer Form beschrieben. Das rote Blut in Verbindung mit dem weißen Schnee war den zahlreichen Lesern des Romans damals auf zig Seiten nähergebracht worden und es stand auch als Charakteristika in Purzers Drehbuch. Da es aber nicht in erforderlichem Ausmaß schneien wollte und bestenfalls noch etwas Schnee lag, entschied sich Vohrer dazu, die Bilder einzumilchen. Das war eher ein dem vorhandenen Budget gezollter Tribut als eine Wunschvorstellung. Diese Verquickung jedoch ganz wegzulassen, hätte die damaligen Kinogänger evtl. ähnlich irritiert wie fehlender Nebel zehn Jahre zuvor die Wallace-Zuschauer. Aus heutiger Sicht wirkt das allerdings in der Tat etwas unbeholfen.

Gruß
Jan

Ray Offline



Beiträge: 1.929

09.12.2017 20:03
#95 RE: Johannes Mario Simmel: Die Verfilmungen von 1971 bis 1976 Zitat · Antworten

Danke für deine informative Anmerkung. Die Sache mit dem Weitwinkel ist mir natürlich auch aufgefallen. Die Aufnahmen haben mir Spaß gemacht. Aber in dem Wissen, dass man in der ersten Hälfte bewusst, auf eine "mobile" Kamera setzte und bei den Szenen, die vor 1945 spielen auf Statik setzte, liegt es natürlich nahe, dass auch die Weitwinkel-Aufnahmen einen übergeordneten Zweck erfüllen sollten.

Hast du die zugrunde liegenden Romane auch alle gelesen? Wurden sie stark bearbeitet?

P.S.: Für gleich liegt "Liebe ist nur ein Wort" bereit.

Jan Offline




Beiträge: 1.753

09.12.2017 22:26
#96 RE: Johannes Mario Simmel: Die Verfilmungen von 1971 bis 1976 Zitat · Antworten

Zitat von Ray im Beitrag #95

Hast du die zugrunde liegenden Romane auch alle gelesen? Wurden sie stark bearbeitet?


Gott behüte! Das sind alles enorme Wälzer. Manfred Purzer straffte reichlich bei allen Vorlagen. Simmel selbst war grundstzlich voll des Lobes über Purzers Arbeit. Angesprochen auf die Frage, warum der durchaus auch als Drehbuchautor zu einigen Lorbeeren gekommene Simmel denn das Skript für den Jimmy-Film nicht selbst geschrieben habe, antwortete der Autor dem Spandauer Volksblatt (Ausgabe v. 18.04.1971) wie folgt: "'Zwar bin ich ein Mann des Films, der schon 36 Drehbücher verfaßt hat, doch hier fehlt mir der nötige Abstand. Ich hatte eine Scheißangst, ich könnte mich für die Bearbeitung für den Film in der komplizierten Rückblenden-Chronologie meines Romans verirrt. Da verzichte ich lieber...'".

Zitat von Ray im Beitrag #95

P.S.: Für gleich liegt "Liebe ist nur ein Wort" bereit.

Da bin ich gespannt. Der ist ganz anders angelegt. Ich erinnere mich indes, dass in der Vorlage Simmels analog zu Jimmy das Schnee-Thema enthalten war. Da der Film im Sommer gedreht wurde, ersetzte man Schnee gegen strömenden Regen.

Gruß
Jan

Ray Offline



Beiträge: 1.929

10.12.2017 12:42
#97 RE: Johannes Mario Simmel: Die Verfilmungen von 1971 bis 1976 Zitat · Antworten

Darauf, dass "Liebe ist nur ein Wort" anders angelegt ist, war ich mental drauf vorbereitet. Hat trotzdem nicht viel geholfen...


Liebe ist nur ein Wort (BRD 1971)

Regie: Alfred Vohrer

Darsteller: Judy Winter, Herbert Fleischmann, Malte Thorsten, Donata Höffer, Karl Walter Diess, Joey Schoenfelder, Konrad Georg, Inge Langen u.a.



Der 21-jährige Schwerenöter Oliver Mansfeld, Sohn eines reichen Industriellen, unternimmt einen letzten Versuch, auf einem Internat sein Abitur zu machen. Kaum angekommen, hat er jedoch abermals kaum Zeit zum Lernen, da er bei der Anreise die verheiratete Verena Angenfort kennen gelernt und sich sofort in sie verliebt hat. Wenig später beginnen die beiden eine Affäre. Verenas Ehemann, ebenfalls ein reicher Geschäftsmann und mit Olivers Vater bestens bekannt, will sich seine vorzeigbare Gemahlin jedoch nicht so einfach von so einem "Jüngling" wegnehmen lassen...

"Liebe ist nur ein Wort" unterscheidet sich inhaltlich doch gewaltig von seinem Vorgänger "Jimmy geht zum Regenbogen", was einerseits dafür spricht, dass Simmel zwar übergeordnet ähnliche Thematiken bediente, diese jedoch in verschiedene Milieus und Subgenres verpacken konnte, anderseits die Produzenten nicht allzu sehr auf "Nummer sicher" gingen, wenngleich auch "Liebe ist nur ein Wort" freilich ein Bestseller gewesen war. Das Publikum war jedenfalls Anfang der 1970er-Jahre offen für derlei Variationen.

Ähnlich wie beim Vorgänger gelingt es Vohrer, in Sachen Lauflänge zu "überziehen", ohne aber dabei zu langweilen. Trotzdem hätte man die "Quintessenz" der Geschichte auch in eine 50-minütige TV-Episode verpacken können, denn manche Figuren und Handlungsstränge stellen sich rückblickend als weitgehend überflüssig dar. So stellt vor allem die Figur Hansi und sein Darsteller den Zuschauer vor eine nicht zu unterschätzende Geduldsprobe. Szenen wie jene, in der Hansi Oliver ein Guckloch zur Mädchendusche zeigt und ihm ungefragt die Information aufdrängt, dass er sich nach dem Anblick der Mädchen gerne in die Bäume setze und "wichse", sorgen für Kopfschütteln, sind dem informierten Zuschauer jedoch in ähnlicher Form noch aus Vohrers "Sieben Tage Frist" in "bester" Erinnerung. Letztlich verläuft denn auch Hansis Mordanschlag auf die nicht nur Oliver nervende Geraldine im Sande. Abbringen von ihrem Werben um Oliver lässt sich Geraldine davon nämlich noch lange nicht. Kurz und gut: die Eskapaden von Olivers "Blutsbruder" Hansi hätte man sich gut und gerne verkneifen können.

Generell muss man die wirklich interessanten Momente im Film suchen. Sie geschehen in der Regel, wenn Herbert Fleischmann involviert ist, der hier den betrogenen Ehemann verkörpert. Auch die angenehm dezent aufspielende Judy Winter und der recht unbekannte Malte Thorsten machen ihre Sache gut. Ob allerdings der Schwerenöter Oliver und die wohl auch aus eher pragmatischen Gründen in die Ehe gelangte Verena die rechten Botschafter für eine Liebe in ihrer originären Form und fernab von gesellschaftlichen Erwägungen sind, mag stark bezweifelt werden. Aus diesem Grunde bekommt der Film zum Ende auch nüchtern betrachtet Glaubwürdigkeitsprobleme.

Daher überzeugt der Film letztlich weder als Hochglanz-Liebesdrama noch als gesellschaftskritische Studie. Die bis auf einige Macken wieder ordentliche Inszenierung sowie die traumtänzerische Musik mögen darüber ein Stück weit hinwegtrösten.


Letztlich nicht hinreichend gestrafftes Liebesdrama, welches zwar abermals überwiegend gut gespielt und ordentlich inszeniert ist, jedoch schwere Glaubwürdigkeitsprobleme mit sich schleppt. 2,5 von 5 Punkten.

Giacco Offline



Beiträge: 2.499

10.12.2017 14:10
#98 RE: Johannes Mario Simmel: Die Verfilmungen von 1971 bis 1976 Zitat · Antworten

Im "Film-Echo" gab es 1971 folgende Kritik:

"Seit dem "Jimmy" ist Manfred Purzer auf Drehbücher nach Simmel-Bestsellern spezialisiert. Wieder hat er einen nicht leicht zu lesenden Roman plastisch und vorteilhaft interpretiert ins Filmische übersetzt und Regisseur Vohrer beweist ein weiteres Mal, dass sein Inszenierungsstil treffsicher ist.
Hier bahnt sich ein neuer Roxy-Erfolg an. Nicht zuletzt auch deshalb, weil in diesem Film alles stimmt und nichts fehlt von der sauberen Unterhaltung, die man im Kino zu erleben wünscht. Mit diesem Film ist das Non-Plus-Ultra des romantischen, spannenden und unterhaltsamen neuen deutschen Films erreicht. Er straft, wie zuvor schon "Jimmy", vor allem auch jene Lügen, die dem Kinofilm keine Steigerung mehr zutrauen, oder ihm überhaupt jede Niveau-Möglichkeit absprechen.
Die packend dargestellte Story ist unschwer zu erzählen: Einundzwanzigjähriger, aus korruptem Hause stammend, kommt ins Internat, um endlich sein Abitur zu machen. Zehn Jahre ältere, verheiratete Frau, aus ebenfalls korruptem Haus, wird sein Schicksal. Tragik ist das Ende, ein Nichts die bestrafte Zukunft der Zurückbleibenden. Milieuschilderungen des Internats, psychologische Studien, der Ausdruck echter Lebensfreude, die Eile jugendlicher Liebe und eine kaum übersehbare Menge weiterer Einzelheiten, umrahmt von klassisch anmutender Musik und großartige schauspielerische Leistungen vollenden eine lebenswahre Geschichte unverwechselbar Simmelscher Prägung.
Drei Darsteller ragen insbesondere heraus: Herbert Fleischmann und Judy Winter als überaus zwiespältiges Egepaar, sowie der junge, neuentdeckte Malte Thorsten, der Dritte in der Dreiecksgeschichte - in der Tat eine Entdeckung. Vohrer hat die Schauspieler hervorragend geleitet, unterstützt von Charly Steinberger, der eine lebendige, moderne Kamera führt. Und dann muß noch Erich Ferstl genannt werden, dessen Musik nicht nur als dramaturgisches Instrument fungiert, sondern weit darüber hinaus eine bestimmende Rolle spielt. Auch was die übrigen Darsteller angeht, da ist keine Fehlbesetzung, keine Länge, kein falscher Ton: ein Film wie aus einem Guß."

Ray Offline



Beiträge: 1.929

10.12.2017 15:45
#99 RE: Johannes Mario Simmel: Die Verfilmungen von 1971 bis 1976 Zitat · Antworten

Danke für die interessante zeitgenössische Kritik, die mir aber doch allzu "himmelhochjauchzend" erscheint. Dass man über Filme immer geteilter Meinung sein kann, ist klar. Aber eine solche überschwängliche Begeisterung kann ich bezüglich dieses Films kaum noch nachvollziehen, wobei der Autor zumindest mit seiner Erfolgs-Prognose ja Recht haben sollte, wenngleich diese natürlich nicht allzu kühn war.

Jan Offline




Beiträge: 1.753

10.12.2017 16:48
#100 RE: Johannes Mario Simmel: Die Verfilmungen von 1971 bis 1976 Zitat · Antworten

Es gab kurioserweise zu diesem Film, dem ich von allen Simmel-Verfilmungen am ehesten zugetraut hätte, landauf landab verrissen zu werden, eine ganze Reihe positiver Rezensionen. Abseits derer, die einen Film von Alfred Vohrer schon deswegen verreißen mussten, weil ihre linksintellektuelle Leserschaft das so haben wollte, schrieb beispielsweise Dieter Strunx in der BZ vom 11.11.1971: "Regisseur Vohrer wäre der letzte, der vorgeben würde, es ginge ihm um hohe Kunst oder tiefe Gegenwartsbewältigung. Er liefert einfach adrette Unterhaltung, und er tut es ein bißchen besser als mancher anderer durch eine immer originelle, überzeugende Besetzung. Mit Neuentdeckungen [...] und zuverlässigen Theaterleuten [...] hält er das Niveau hoch. Und macht einen Stoff wie 'Liebe ist nur ein Wort' über den Anlaß hinaus sehenswert. Solche solide Machart hat der deutsche Film bitter nötig, um ein durch Sex und Quatsch verprelltes Publikum erst einmal zurückzugewinnen. Ein echter Snob, wer das nicht anerkennen mag."

Der Tradepress gab Vohrer im November 1971 überdies ein Interview. "Für Alfred Vohrer ist der Umgang mit neuen und unbekannten Schauspielern nicht nur ein prickelndes Hobby; es ist der ständige Selbstbeweis seiner Behauptung, daß Deutschland ebenso viele ausgezeichnete Schauspieler aufzuweisen habe wie zum Beispiel die klassischen Filmländer Frankreich oder Italien, und daß es keinen hinreichenden Grund gibt, bei Besetzungsschwierigkeiten jenseits der Grenzen zu suchen. 'Nur suchen muß man halt', meint Vohrer, 'mit dem Gespür eines Geigerzählers, der schon beim Hauch einer Begabung zu knistern beginnt'.

Letztlich nimmt "Liebe ist nur ein Wort" dennoch eine Sonderstellung in Vohrers Simmel-Schaffen ein. Er ist in Summe auf die ungleiche Liebesbeziehung zwischen Malte Thorsten und Judy Winter abgestellt und erwähnt übrige Handlungsstränge nur noch am Rande. Der Nachfolger "Der Stoff aus dem die Träume sind" - m.E. der beste Simmel-Film, einer der besten (wenn nicht der beste) Alfred-Vohrer-Filme und ganz gewiss eine der gelungensten deutschen Produktionen der 1970er Jahre - wird wieder gaz anders sein. Auch hier vertraut Vohrer die Hauptrolle dem vergleichweise unbekannten Paul Neuhaus an und garniert ringsum ein fulminantes Darsteller-Ensemble auf 142 Minuten Laufzeit.


Gruß
Jan

Ray Offline



Beiträge: 1.929

10.12.2017 20:04
#101 RE: Johannes Mario Simmel: Die Verfilmungen von 1971 bis 1976 Zitat · Antworten

Das Winter-Wetter ermöglichte eine nachmittägliche Sichtung der dritten Simmel-Verfilmung Alfred Vohrers...


Der Stoff aus dem die Träume sind (BRD 1972)

Regie: Alfred Vohrer

Darsteller: Paul Neuhaus, Edith Heerdegen, Hannelore Elsner, Herbert Fleischmann, Paul Edwin Roth, Charles Regnier, Klaus Schwarzkopf, Konrad Georg, Gert Haucke u.a.



Der Journalist Walter Roland möchte über ein tschechisches Flüchtlingskind berichten, welches sich in einem Bremer Flüchtlingslager befindet. Bei dessen Besuch wird das Kind jedoch im Rahmen eines Tumults erschossen, der durch einen Hamburger Zuhälter hervorgerufen wurde, der die junge Tschechin Irina entführen und für sein Etablissement "gewinnen" will. Roland und sein Kollege Bertie nehmen sich Irina und ihrem Schicksal - sie ist auf der Suche nach ihrem Geliebten, von dem sie ein Kind erwartet - an und geraten dabei zwischen die Fronten von KGB, CIA und Verfassungsschutz...

Analog zu "Und Jimmy geht zum Regenbogen" führt Alfred Vohrers dritte Simmel-Verfilmung auf Spionage-Pfade. Alles andere als zimperlich in jedweder Hinsicht präsentieren sich die ersten Minuten des Films. Nach Bildern vom Prager Frühling sieht der Zuschauer ein Foto-Shooting, bei dem splitternackte Männer durch einen brennenden Ring springen (!), kurz darauf wird auf recht plakative Weise der Tod eines Kindes gezeigt. So weit, so kurios. Nachdem sich in der Folge eine nicht unspannende Spionage-Geschichte anbahnt, präsentiert Vohrer aber eher Stoff für wirre Träume denn solchen für über zwei Stunden zufriedenstellenden Film-Genuss. Der "Hansi" dieses Films ist Luise Gottschalk, verkörpert von Edith Heerdegen, deren Part man zu Gunsten eines stringenten Spionage-Thrillers besser komplett gestrichen oder auf ein Minimum reduziert hätte. So muss der Zuschauer dem tragischen Schicksal der zusehends verwirrten alten Dame folgen, ohne dass sie für die Schilderung des Schicksals der jungen Irina, welche den Haupt-Handlungsstrang ins Rollen bringt, von dauerhafter Relevanz wäre. Dadurch, dass man ständig aus der "Irina-Story" herausgerissen und in die "Gottschalk-Geschichte" reingedrängt wird, geht zusehends auch das Interesse am Schicksal Irinas und Pauls verloren.

Auszeichnen können sich bei dem ganzen Treiben nur wenige der Darsteller. Hervorzuheben wäre hier Paul Neuhaus, der angenehm unverbraucht daherkommt und sich rasch Sympathien erspielt. Auch Herbert Fleischmann macht abermals eine gute Figur. Doch auch ihre Darbietungen rechtfertigen kaum die Sichtung eines deutlich über zweistündigen Films. Mit einer "rigoroseren" Adaption wäre wohl deutlich mehr drin gewesen.


Ausreichend Stoff für wirre Träume, zu wenig Stoff für mehr als zwei Stunden zufriedenstellende filmische Unterhaltung bietet Alfred Vohrers dritte Simmel-Adaption. Noch 3 von 5 Punkten.

Jan Offline




Beiträge: 1.753

10.12.2017 22:24
#102 RE: Johannes Mario Simmel: Die Verfilmungen von 1971 bis 1976 Zitat · Antworten

Zitat von Ray im Beitrag #101

Auszeichnen können sich bei dem ganzen Treiben nur wenige der Darsteller. Hervorzuheben wäre hier Paul Neuhaus, der angenehm unverbraucht daherkommt und sich rasch Sympathien erspielt. Auch Herbert Fleischmann macht abermals eine gute Figur. Doch auch ihre Darbietungen rechtfertigen kaum die Sichtung eines deutlich über zweistündigen Films. Mit einer "rigoroseren" Adaption wäre wohl deutlich mehr drin gewesen.


Das sehe ich de facto dann doch etwas anders. Ich gestehe, dass ich den Film beim ersten Ansehen nicht vollends verstanden habe. Deine Forderung nach Streichung des Frl. Luise nährt meinen Eindruck, dass es Dir evtl. ähnlich ergangen sein mag.

Der Film muss drei Zeitebenen miteinander verknüpfen. Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft.

Frl. Luise steht dabei für die Zukunft. Was Simmel im Roman vermutlich locker beschreiben konnte, beschied den Filmemachern sicher schlaflose Nächte. Rückblenden waren im Film Gang und Gäbe, entweder in s/w gefilmt oder schlicht anhand der zeitlichen Gegebenheiten zu erkennen (siehe z.B. den Jimmy-Film). Eine Vorausblende indes wollte überlegt inszeniert werden. Frl. Luise hat nämlich die Gabe, das Geschehen vorauszusehen. Die Überblende in die Zukunft unterlegte Vohrer mit den "Vier Jahreszeiten" von Vivaldi und hielt kurz vor dem Zeitsprung das Gegenwartsbild kurz an; er hielt also quasi die Zeit an, um dann den Sprung nach vorne zu wagen. Frl. Luise nun wegzustreichen, hätte bedeutet, den Film vollends zu banalisieren.

Die Gegenwart spielt rings um Roland und Bertie. Das, was Du als kurios bezeichnest, sollte wohl genau das auch sein. Währenddessen in Prag die Panzer den Aufstand plattwalzen, Kinder bei der Flucht in die Freiheit zu Tode kommen, diskutiert der degenerierte Westen über die Marktchancen von nackten Titten, springen Kerle (wer will's Vohrer verdenken?) durch einen Zirkusring und präsentiert man ein Cover "mit Streifband über der Antenne". Vohrer hat das schon reichlich plakativ aneinander geschnitten. Dass da zunächst der Wohlfühlfaktor etwas leidet, verwundert nicht. Ähnlich gegenwartskritisch präsentiert sich ansonsten nur noch "Lieb Vaterland magst ruhig sein" von Roland Klick. Den übrigen Simmel-Verfilmungen geht das mehrheitlich ab - da hatte sich der Autor eher mit der NS-Zeit (auch "Alle Menschen werden Brüder") auseinander gesetzt.

Was bleibt, ist die Vergangenheit. Zugegebenerweise vom Umfang her deutlich kürzer geraten als die anderen beiden Ebenen. Prinzipiell wäre der Seitenarm um das imaginäre Lager mitsamt seiner Vergangenheit als NS-Einrichtung und auch der Part von Malte Thorsten letztlich am ehesten entbehrlich gewesen. Das tut zwar nicht wirklich weh, weil es unterstreicht, dass Frl. Luise "Bekannte" aus der Vergangenheit in der Zukunft wieder trifft, indes hätte man das auch anders regeln können. Ohne die Vergangenheit selbst jedoch wäre der Film auch nicht rund gewesen. Das Grundanliegen heißt, Geschichte wiederholt sich, währenddessen die, die selbstzufrieden wegsehen wollen, wegsehen und sich mit sich selbst beschäftigen.

Dass es Alfred Vohrer gelang, diese Botschaft in Form einer ungemein unterhaltsamen Mixtur aus Thriller, Liebesgeschichte und Spionagekrimi publikumswirksam zu verpacken, einen enormen Publikumserfolg einzufahren und sich in den ganzen 140 Minuten Spielzeit m.E. nicht einen einzigen handwerklichen Schnitzer erlaubt hat, ist mithin einer der maßgeblichen Gründe, waswegen ich diesen Regisseur derart schätze bzw. gar verehre. Mir fallen spontan nur wenige Filme ein, die vergleichsweise ambitioniert und unterhaltsam daherkamen.

Gruß
Jan

Ray Offline



Beiträge: 1.929

11.12.2017 11:05
#103 RE: Johannes Mario Simmel: Die Verfilmungen von 1971 bis 1976 Zitat · Antworten

Dass ich den Film nicht vollends verstanden habe, mag sein. Das mit den drei Zeitebenen ist jedoch klar (die Vergangenheitsbilder sind ja eindeutig der Vergangenheit zuzuordnen und dass Frl. Luise Geschehnisse voraussehen kann, wird von der Klaus Schwarzkopf-Figur explizit gesagt). Die Funktion des Anhaltens der Bilder war mir nicht so ohne weiteres klar, aber rückblickend kamen sie regelmäßig vor Zeitsprüngen, dies leuchtet also definitiv ein.

Trotzdem ist es für mein Empfinden aus narrativer Sicht verfehlt, Fräulein Luise, die ausgehend vom Haupt-Handlungsstrang nur eine Randfigur darstellt, zur Quasi-Hauptfigur zu machen, indem man ihr die Aufgabe zuteilt, dem Zuschauer Einblick in drei Zeitebenen zu vermitteln. Die Botschaft "Geschichte wiederholt sich" hätte man doch auch anders verpacken können, ohne ständig den Fokus zu verlieren und dermaßen zu überziehen. Da hätte ich mir einfach mehr Zugeständnisse ans Medium Film gewünscht. Manche Erzählformen, die in Romanen funktionieren mögen, lassen sich eben nicht immer überzeugend und unmittelbar verständlich filmisch umsetzen. Daran ist man für meine Begriffe auch hier gescheitert.

Ansonsten stehe ich nun vor dem "Dilemma", entweder mit der Chronologie zu brechen und als nächstes "Die Antwort kennt nur der Wind" zu sichten (den ich ja überdies schon kenne) oder die folgenden Filme einzeln für rund 15€ erwerben zu müssen. Für Letzteres fehlt mir nach den jüngsten drei Sichtungen ehrlich gesagt die rechte Motivation, weswegen die Tendenz dahin geht, vorerst "die Blumen leben" und die Simmel-Filme ruhen zu lassen.

Gubanov ( gelöscht )
Beiträge:

14.12.2017 20:38
#104 RE: Johannes Mario Simmel: Die Verfilmungen von 1971 bis 1976 Zitat · Antworten

Das ist ziemlich genau auch mein Dilemma seit Veröffentlichung der Filmjuwelen-DVDs. Ich kann mich deinen Eindrücken, dass die Simmel-Verfilmungen mit "Und Jimmy ging zum Regenbogen" stark anfingen, während "Liebe ist nur ein Wort" und "Der Stoff, aus dem die Träume sind" weniger überzeugen, aus der Erinnerung ziemlich genau anschließen. Dazu, die nicht bei Kinowelt veröffentlichten Simmels nachzukaufen, konnte ich mich bislang nicht so wirklich aufraffen. Ich habe immerhin Privatkopien dieser Filme vorliegen, aber irgendwie will man sie - falls dann doch - in bestmöglicher Qualität sehen ...

Eine Sammelbox der fraglichen Titel nach Louis-Weinert-Wilton-Vorbild könnte ein guter Anreiz seitens Filmjuwelen sein.

PS: Weil du von 15 € pro Stück sprichst: Günstigste Möglichkeit, die Filmjuwelen-DVDs zu erwerben, dürfte der labeleigene eBay-Shop sein, in dem alle DVDs für 12,90 Euro angeboten, ab 3 Exemplaren 10 und ab 5 Exemplaren 15 % Rabatt gewährt werden. Bei Simmel käme man für alle Titel also auf knapp 11 € pro Stück.

Ray Offline



Beiträge: 1.929

15.12.2017 23:36
#105 RE: Johannes Mario Simmel: Die Verfilmungen von 1971 bis 1976 Zitat · Antworten

Danke für den Hinweis. Diese VÖs sind aus den Regalen des stationären Handels ja weitgehend verschwunden und selbst wenn sollte man da wohl keine Preiswunder erwarten. Werde es im Hinterkopf behalten und für den Fall, dass mich in absehbarer Zeit nochmal die "Simmel-Lust" packt, entsprechend handeln.

Aber auch sonst ist das ein guter Hinweis. Kaufe die aktuellen Filmjuwelen-DVDs sonst in der Regel bei Müller im Laden, da gibt es sie für 12,99€, was ja auch ein recht guter Preis ist. Leider hatte man dort und ebenso wie bei Saturn und Media Markt heute weder DVD noch Blu-Ray von "Der letzte Mohikaner". Scheint zu Auslieferungsverzögerungen gekommen zu sein. Aber da wäre der Shop denn wohl auch die günstigere Alternative.

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