Zitat von Ray im Beitrag #555Der Tiger von Ney York (Killer's Kiss, USA 1955)
Regie: Stanley Kubrick
Darsteller: Frank Silvera, Irene Kane, Jamie Smith u.a.
Film Noir Nummer 139:
Davey Gordon, ein erfolgloser Boxer, verliebt sich in seine Nachbarin Gloria, die als Tänzerin im Lokal des Gangsters Vincent auftritt. Auch dieser hat ein Interesse an der gut aussehenden jungen Frau und schreckt auch vor Entführung nicht zurück, um den Konkurrenten Davey zu beeindrucken...
An dieser Stelle muss ich mich klar gegen kaeuflins Rezension hier im Thread von vor ein paar Jahren positionieren: Bin auch kein großer Stanley Kubrick-Fan, aber was er hier mit ganz kleinem Budget als Regisseur, Autor, Produzent, Kameramann und Cutter in Personalunion abliefert, ist ganz groß. Der spätere "Shining"-Regisseur macht aus der Not eine Tugend: Statt vieler Stuidoaufnahmen wie seinerzeit üblich liefert er Bilder aus den Straßen New Yorks. Der Film wirkt im Vergleich zu anderen Produktionen dieser Zeit auch aus heutiger Sicht immer noch modern und frisch, was auch an der enorm flexiblen Kamera liegt, die für die damalige Zeit höchst ungewöhnliche Perspektiven liefert. Gepaart mit dem oft sehr schnellen Schnitt entwickelt der Film gerade zu Anfang eine ganz besondere Qualität. Auch der finale Kampf zwischen Davey und dem Gangster Vincent inmitten von Schaufensterpuppen ist mit Liebe zum Detail inszeniert. Da kann man bei allen Qualitäten weithin darüber hinwegsehen, dass der Cast sich naturgemäß aus eher unbekannten Darstellern zusammensetzt. Gerade Irene Kane und Jamie Smith machen aber einen guten Job.
"Der Tiger von New York" ist als #5 in der Édition Film Noir von UCM.One erschienen. Erstmals erscheint ein Film der Reihe auch als Blu-Ray. Die Bildqualität ist sehr gut, was bei diesem exzellent fotografierten Film natürlich besonders wichtig ist. Kurios: Die Blu-Ray kommt in einfacher Hülle ohne Booklet daher (Pidax lässt schön grüßen!), die parallel erscheinende DVD im Mediabook mit Booklet. Das hat zur Folge, dass die Blu-Ray günstiger ist als die DVD.
Stanley Kubrick liefert mit seinem Frühwerk einen B-Noir, der sich vor den besten seiner Sparte wie "Detour-Umleitung" keinesfalls zu verstecken braucht. 4,5 von 5 Punkten.
Klasse Film, die Bewertung von "Ray" geht voll in Ordnung, kenne den Thriller auch, habe ihn schon mehrfach im Fernsehen ( meist ARD ) gesehen, besitze ihn aber noch nicht auf DVD!!!.
Die Frau am Strand (The Woman on the Beach, USA 1947)
Regie: Jean Renoir
Darsteller: Joan Bennett, Robert Ryan, Charles Bickford u.a.
Film Noir Nummer 140:
Lieutenant Scott Burnett, Offizier der Küstenwache plagen Albträume, in denen er mit traumatischen Erlebnissen aus dem Krieg konfrontiert wird. Eines Tages lernt der verlobte Offizier am Strand die attraktive Peggy kennen, die mit ihrem erblindeten Ehemann Tod, einem vormals sehr erfolgreichen Maler, in einem Haus am Strand lebt. Während Tod sein Schicksal schwer zu schaffen machen, entwickelt Scott rasch tiefe Gefühle für Peggy, da er der Überzeugung ist, dass sie im Gegensatz zu seiner Verlobten Eve ihn und seine Ängste verstehen kann. Sein Drang zu Peggy geht so weit, dass er erwägt, Tod zu ermorden...
Unter der Regie des großen Jean Renoir („Die große Illusion“) erzählt „Die Frau am Strand“ auf den ersten Blick eine für den Noir so typische Dreiecksgeschichte, wie sie etwa von prominenten Vertretern dieser Strömung wie „Im Netz der Leidenschaften“ oder „Frau ohne Gewissen“ dargestellt wurde. Allerdings nimmt die Story letztlich doch nicht den vorhersehbaren Verlauf, was dem Film neben dem wirklich gut aufspielenden Cast um Joan Bennett („Gefährliche Begegnung“), Robert Ryan und Charles Bickford definitiv zugutekommt. Allerdings ereilte Renoir ein vergleichbares Schicksal wie so oft Orson Welles: Nachdem der Film bei Previews ein negatives Echo erhalten hatte, sah sich der Regisseur zu erheblichen Kürzungen und Nachdrehs gezwungen und das merkt man dem Endprodukt, das mit einer Laufzeit von knapp 70 Minuten die typische Länge eines B-Noir aufweist, durchaus an. Die Paarung zwischen Scott und Peggy geht selbst für damalige Verhältnisse, in der kurze Expositionen durchaus an der Tagesordnung waren, ein bisschen sehr schnell. Auch im Übrigen kratzt der Film in vielen Bereichen, wie z.B. der seelischen Verfassung Scotts, nur an der Oberfläche. Für Cineasten und Noir-Liebhaber ist der Film aufgrund von Besetzung und Produktionsgeschichte gleichwohl sicher nicht uninteressant.
„Die Frau am Strand“ ist in Deutschland nicht im Kino gelaufen und feierte wie so viele Filme dieser Gattung seine Premiere erst im Fernsehen. Eine DVD-Auswertung fehlt hierzulande bis heute.
Jean Renoirs Ausflug in den amerikanischen Film Noir lässt zwar hier und da die Klasse des Regisseurs aufblitzen. Allerdings sieht man dem Film seine unruhige Produktionsgeschichte durchaus an. 3,5 von 5 Punkten.
Darsteller: Alan Ladd, Veronica Lake, Douglas Dick u.a.
Film Noir Nummer 141:
Unmittelbar nach Ende des Zweiten Weltkriegs will Major Captain Briggs seinem Freund, Captain Mike Perry, dem die Ärzte nur noch zwei Monate Lebenszeit voraussagen, eine möglichst gute Zeit bereiten und nimmt ihn mit auf eine Tour nach Saigon. Auf der Reise geraten die beiden in ein Schmuggel-Abenteuer…
Alan Ladd und Veronica Lake – einst eines der Traumpaare Hollywoods – stehen in „Schmuggler von Saigon“ zum vierten und letzten Mal gemeinsam vor der Kamera. Während die ersten drei Beiträge ihrer Zusammenarbeit („Die Narbenhand“, „Die Blaue Dahlie“, „Der gläserne Schlüssel“) heute allesamt zu den Klassikern des Film Noirs gezählt werden, ist „Schmuggler von Saigon“ weithin vergessen. Beinahe müßig zu erwähnen, dass der Film bis heute in Deutschland noch nicht einmal auf DVD veröffentlicht wurde. Dabei bietet der Film aus dem Hause Paramount im positiven Sinne klassisches Hollywood-Kino. Der exotische Schauplatz sowie der Weltkriegs-Kontext lassen sicher nicht ungewollt Erinnerungen an „Casablanca“ aufkommen. Der von Leslie Fenton routiniert inszenierte Streifen lässt seine Stars im besten Licht erscheinen. Die Chemie zwischen Ladd und Lake ist absolut großartig und wenn im letzten Drittel zunächst eine große Ballszene mit Lake im Smoking und Lake im eleganten Kleid, gefolgt von einem durchaus spektakulären Showdown über den Bildschirm flimmert, wird Cineasten warm ums Herz. Wer an einem Sonntagnachmittag einmal tief ins „gute, alte Hollywood“ eintauchen will, ist mit „Schmuggler von Saigon“ bestens bedient.
Liebe, Freundschaft, Abenteuer – vor dem exotischen Schauplatz Saigons erlebt das Traumpaar Alan Ladd/Veronica Lake seine letzte gemeinsame Vorstellung. Die Chemie der beiden Stars ist so gut wie eh und je, weshalb Cineasten bei diesem ein Stück weit an „Casablanca“ angelehnten Film voll auf ihre Kosten kommen. 4 von 5 Punkten.
Mal wieder "Gardenia - Eine Frau will vergessen" (USA 1953) von Fritz Lang gesehen und mich in meinem Eindruck bestätigt gefühlt, dass der Film extrem unterschätzt und zu den besten Filmen der Schwarzen Serie zu zählen ist - was angesichts der Masse an qualitativ hochwertigen Werken im Bereich Film Noir schon bemerkenswert ist.
Anne Baxter spielt die vermeintliche Mörderin dermaßen sympathisch, dass sie das Publikum sogleich auf ihre Seite zieht. Interessant ist auch die Besetzung der Männer, die völlig gegen ihr "Rollenklischee" besetzt sind: "Perry Mason" und "Ironside" Raymond Burr als aufdringlicher Womanizer, der eher als Fiesling auftretende Richard Conte dagegen als Baxters Retter in der Not. Die Klasse von Lang blitzt immer wieder auf, dazu ist der Film einfach ungemein atmosphärisch und zeigt ganz viel "Nostalgisches": Ob die Mini-Juke-Box am Tisch im Diner, die Büroräumlichkeiten der Telefonistinnen, wo die Baxter-Figur ihr tägliches Brot verdient, oder der Auftritt von Nat King Cole in der Bar "The Blue Gardenia" mit einem absoluten Ohrwurm-Titel.
"Gardenia" ist ein wunderbarer Suspense-Thriller mit einer ordentlichen Portion Wohlfühlfaktor - ein sehr guter Einstieg für diejenigen, die sich einmal näher mit der Schwarzen Serie beschäftigen möchten! Ich erhöhe meine Wertung von der Erstsichtung von 4 auf volle 5 von 5 Punkten.
Darsteller: Alan Ladd, Gail Russell, William Bendix u.a.
Film Noir Nummer 142:
Kurz nach dem Zweiten Weltkrieg verbringen drei amerikanische Piloten eine Zeit in einem Hotel in Kalkutta. Als einer der Freunde, Bill, getötet wird, begibt sich ein anderer, Neale, auf Mördersuche…
Wie der kurz drauf produzierte „Schmuggler in Saigon“ ist „Kalkutta“ ein Exotik-Noir mit dem damaligen Paramount-Star Alan Ladd. Im Gegensatz zu „Saigon“ ist der Schwerpunkt im vorliegenden Film allerdings deutlich mehr auf dem kriminalistischen Element, denn „Kalkutta“ ist im Grunde ein waschechter Whodunit, den Ladd als eine Art unfreiwilliger Privatdetektiv zu lösen hat. An seiner Seite diesmal nicht Stammpartnerin Veronica Lake, sondern die früh verstorbene Gail Russell, die zwei Jahre später noch neben Edward G. Robinson in „Die Nacht hat tausend Augen“ agierte. Außerdem ist neben Ladd wie schon in „Die blaue Dahlie“ William Bendix zu sehen. Der Film ist gefällig inszeniert und unterhält über seine knapp 80 Minuten Laufzeit gut, wenngleich er sicher nicht zu den absoluten Höhepunkten der Schwarzen Serie zu zählen ist. Als Musterbeispiel für die Strömung der Exotik-Noirs taugt er aber allemal.
Auch „Kalkutta“ ist in Deutschland noch nicht auf DVD erschienen. Interessierte müssen also auf Importe zurückgreifen.
Gefälliger Whodunit im Gewand eines Exotik-Noirs mit Alan Ladd als Detektiv wider Willen. 4 von 5 Punkten.
Darsteller: Robert Montgomery, Audrey Totter, Lloyd Nolan u.a.
Film Noir Nummer 143:
Privatdetektiv Philip Marlowe ist unter die Hobby-Schriftsteller gegangen, doch sein vergangenes Wirken holt ihn schneller ein, als ihm lieb ist: Gerade hat er sein Manuspkript für 200 Dollar an eine Verlegerin verkauft, da bietet diese ihm 300 Dollar dafür, dass er die Frau ihres Chefs Kingsby findet. Da kann Marlowe natürlich nicht „nein“ sagen…
„Die Dame im See“ basiert auf dem gleichnamigen Roman von Raymond Chandler. Nach Humphrey Bogart und Dick Powell schlüpft im vorliegenden Film Robert Montgomery in die Rolle des hartgesottenen Privatdetektivs. Das Besondere an diesem Film ist, dass er fast ausschließlich aus der Perspektive der Hauptfigur erzählt wird. Man folgt also Marlowe im wahrsten Sinne des Wortes auf Schritt und Tritt und löst den Fall quasi „mit ihm“. Einzig zu Anfang und am Ende wendet sich Marlowe direkt ans Publikum. Ansonsten sieht man das Gesicht des Hauptdarstellers Montgomery tatsächlich nur einige wenige Male im Spiegel. Was sich in der Theorie ungemein interessant anhört, funktioniert in der Praxis erstaunlich gut: Auch wenn der Reiz mit der Zeit ein wenig verloren geht und man vielleicht zwischendurch ein paar mehr Szenen hätte einbauen können, in denen sich Marlowe ans Publikum wendet, um gewissermaßen eine „Zwischenbilanz“ zu ziehen, folgt man dem abgebrühten Schnüffler doch sehr bereitwillig. Die Folge des Ganzen ist natürlich, dass die anderen Darsteller die meiste Zeit „in die Kamera“ agieren. Das funktioniert aber gerade bei Co-Star Audrey Totter sehr gut, weil sie bei der Verkörperung der geheimnisvollen Auftraggeberin viel über ihre Mimik agiert und etwa regelmäßig eine Augenbraue anhebt, was einem bei weniger Nahaufnahmen nicht gleichermaßen auffallen würde. Nett ist auch etwa die Einstellung beim ersten Besuch Marlowes bei der Verlegerin, wenn er zunächst dieser zuhört, sich anschließend sein Blick auf die gut aussehende Sekretärin richtet und sodann sein Blick – und mit ihr die Kamera – dieser nachfolgt, wie sie aus dem Büro hinausgeht, während die Verlegerin weiter spricht. Wenn sie Marlowe daraufhin – „natürlich“ mit hochgezogener Augenbraue - charmant zurechtweist, kann sich der Film des Schmunzelns beim Zuschauer gewiss sein. Inhaltlich darf festgehalten werden, dass die Story einen guten Spagat darin schafft, den Zuschauer mit einer gewissen Grundkomplexität (leicht) zu verwirren, ohne ihn im Laufe der Handlung völlig zu verlieren wie etwa bei „Tote schlafen fest“. Bei diesem Film kommen daher auch Whodunit-Freunde durchaus auf ihre Kosten.
Der Film ist hierzulande bei LaserParadise auf DVD erschienen. Das Bild ist akzeptabel.
Fast ausschließlich mit subjektiver Kamera gefilmte Marlowe-Adaption mit Robert Montgomery in der Rolle des hartgesottenen Privatdetektivs: Klingt theoretisch interessant und ist praktisch ziemlich gut gelungen, wenngleich die Konzeption mitunter an ihre Grenzen stößt und ein paar mehr "Ansprachen" Marlowes an den Zuschauer dem Film sicher gut getan hätten. 4,5 von 5 Punkten.
Darsteller: Alan Ladd, Edward G. Robinson, Joanne Dru, Rod Taylor u.a.
Film Noir Nummer 144:
Ex-Polizist Rollins wird nach fünf Jahren aus dem Gefägnis San Franciscos entlassen. Nun will er beweisen, dass er zu Unrecht wegen Totschlags verurteilt wurde. Doch dummerweise werden genau die Männer, die seine Unschuld beweisen könnten, nacheinander umgebracht. Der einflusreiche Gangster Amato scheint dabei seine Finger mit im Spiel zu haben...
Farb-Noirs der klassischen Periode sind klar in der Minderheit, erst recht diejenigen, die auch noch in Cinemascope gedreht wurden. Für den Schauplatz San Francisco ist das Breitbild-Format wie gemacht, jedenfalls macht sich Regisseur Frank Tuttle die Gegebenheiten bestens zunutze. Mit Tuttle hatte Hauptdarsteller Alan Ladd bereits bei "Die Narbenhand" zusammengearbeitet. Ladd ist im Gesicht im Vergleich zu seinen Noir-Hochzeiten Anfang bis Mitte der Vierziger etwas fülliger geworden, erscheint insgesamt deutlich gealtert und ist so wie gemacht für eine Rolle, die auch Robert Mitchum oder Richard Widmark bestens hätte ausfüllen können. Der ganz große Trumpf des Films ist freilich Edward G. Robinson, der mit der Darstellung des Gangsters Amato an seine Glanzzeiten im Gangsterfilm ("Little Caesar") anzuknüpfen weiß. Eine Nebenrolle bekleidet der junge Rod Taylor. Tuttle inszeniert äußerst stilbewusst, hervorzuheben sind in dem Zusammenhang auch die gelungenen Szenen in der Bar, in der die (Ex-)Geliebte von Rollins regelmäßig auftritt. Anders als noch in den Vierzigern häufig anzutreffen, gibt es zudem viele Außenszenen an Originalschuaplätzen und weniger Studiodrehs zu sehen. Der Showdown auf einem Motorboot im Hafen von San Francisco ist für die damaligen Verhältnisse durchaus spektakulär, was die Produktion allerdings teuer bezahlen musste: das Stuntdouble von Edward G. Robinson verunglückte und erlag seinen Verletzungen. Insgesamt sicher ein Höhepunkt der Spätphase des klassischen Film Noir.
DVD-/Blu-Ray-Auswertung hierzulande bis dato Fehlanzeige. Wäre vielleicht was für Pidax, zumal man schon einige Farb-Noirs der Zeit im Programm hat(te) ("Die fünfte Kolonne", "23 Schritte zum Abgrund", "Die Falle von Tula"). Einstweilen müssen Interessierte auf Importe zurückgreifen.
Furioses Duell zwischen den Noir-Größen Alan Ladd und Edward G. Robinson. 4,5 von 5 Punkten.
Darsteller: Otto Kruger, Nina Foch, William Wright u.a.
Film Noir Nummer 145:
Krankenschwester Eilene wacht des Nachts nach einem Alptraum in einem Hotel auf. Zu ihrer Überraschung befindet sich der Mann, von dem sie u.a. geträumt hat, ebenfalls im Hotel. Was sie nicht weiß: Der Mann, Barry, ist in eine Spionage-Affäre im Zusammenhang mit japanischen Agenten verwickelt...
„Escape in the Fog“ ist ein B-Noir aus dem Hause Columbia. Hauptdarstellerin Nina Foch war später u.a. im Gene Kelly-Klassiker „Ein Amerikaner in Paris“ sowie dem Columbo-Pilotfilm „Mord nach Rezept“ zu sehen. Neben ihr agiert Otto Kruger („Saboteure“, „Murder, My Sweet“, „Zwölf Uhr mittags“). Hauptdarsteller an Fochs Seite ist William Wright, der bereits 1949 mit nur 38 Jahren verstarb. Der Film beginnt enorm atmosphärisch mit der Traumsequenz der Hauptfigur, die sich spätabends im Nebel auf einer Brücke abspielt. Im weiteren Verlauf mündet der Film in eine für die damalige Zeit typische Spionage-Story und erinnert nicht nur wegen der Entstehungszeit an die in dieser Phase entstandenen Sherlock Holmes-Filme mit Basil Rathbone. Die Regie von Budd Boetticher weiß durchaus zu gefallen und auch die Darsteller machen ihre Sache recht gut, wenngleich sie mit den Stars aus der obersten Kategorie zumindest im Falle von Wright nicht ganz mithalten können. Letztlich bietet „Escape in the fog“ kurzweilige Thriller-Unterhaltung.
Kurzweiliges B-Movie aus dem Hause Columbia. 4 von 5 Punkten.
Auf gefährlicher Straße (Drive a Crooked Road, USA 1954)
Regie: Richard Quine
Darsteller: Mickey Rooney, Dianne Foster, Kevin McCarthy u.a.
Film Noir Nummer 146:
Eddie Shannon, ein klein gewachsener Automechaniker und Hobbyrennfahrer, lernt scheinbar zufällig die attraktive Barbara kennen, die ihn zu einer Party eines Freundes in einem Strandhaus mitnimmt. Mit dem Gastgeber kommt Eddie ins Gespräch und merkt schnell, dass er das Interesse des Mannes geweckt hat. Eddie soll mit seinen Rennfahrerkünsten zwei Bankräuber samt Beute zur erfolgreichen Flucht verhelfen…
„A new and great Mickey Rooney“ verkündeten die Kinoplakate zu „Auf gefährlicher Straße“. Und in der Tat, der schon als Kinderstar beliebte und auf Komödien gebuchte Mickey Rooney vollzog mit diesem Film einen Imagewechsel, wobei er zuvor immerhin schon im Noir „Quicksand“ aufgetreten war. Das Besondere an dem von Rooney verkörperten Eddie ist es, dass er eine durch und durch positiv besetzte männliche Figur darstellt – das gibt es im Noir höchst selten. Wie der „kleine“ Eddie mit seinen Pokalen und Rennpostern in seiner kleinen Wohnung lebt und sich von Barbara und insbesondere den Männern zu dem riskanten Coup breitschlagen lässt, ist fast schon herzzerreißend, so großartig spielt Rooney den Underdog. An dem von keinem geringeren als Blake Edwards („Frühstück bei Tiffany“, „Der rosarote Panther“) verfassten Skript bzw. seiner Grundidee könnte sich auch Don Siegel für sein „Die Killer“-Remake „Tod eines Killers“ orientiert haben, geht es doch in beiden Fällen um einen Rennfahrer, der einer Bande zur Flucht verhelfen soll. Die Inszenierung von Richard Quine bewegt sich auf allerhöchstem Niveau, was man bereits an kleinen Szenen sieht, wenn die Kamera etwa auf der Party anfangs zunächst einmal durch die Räume und an allen Gästen vorbei schwebt, um dem Zuschauer zu zeigen, welche Art Mensch dort zugegen ist, und dann wieder zu den Protagonisten zurückkehrt. Dianne Foster, die später u.a. im Burt Lancaster-Western „Der Mann aus Kentucky“ sowie in vier Folgen der Anwaltsserie „Perry Mason“ zu sehen war, spielt die vielschichtige Figur der Barbara ebenfalls überzeugend, wird aber von der großartigen Performance von Kevin McCarthy („Die 27. Etage“), der einen der Bankräuber spielt, sogar noch überboten. Der Film bietet keine Sekunde Langeweile, ist treffend besetzt, erstklassig inszeniert und damit ein weiteres Highlight der Schwarzen Serie.
Spannender Kriminalfilm um einen Mechaniker und Hobbyrennfahrer „von nebenan“, der einer Bande im Nachgang eines Bankraubs zur Flucht verhelfen soll. Volltreffer. 5 von 5 Punkten.
Alarm in der Unterwelt (The Undercover Man, USA 1949)
Regie: Joseph H. Lewis
Darsteller: Glenn Ford, Nina Foch, James Whitmore u.a.
Film Noir Nummer 147:
Frank Warren, Agent der Finanzbehörden, hat es mit einem besonders schwierigen Fall zu tun: Er soll einen Gangsterboss überführen, doch mögliche Augenzeugen schweigen angesichts der zu befürchtenden Konsequenzen einer Aussage…
„Alarm in der Unterwelt“ hat auf dem Papier enormes Potential: Hauptdarsteller Glenn Ford hat in einer Vielzahl hervorragender Noir-Thriller mitgewirkt und Regisseur Joseph H. Lewis mit „Gefährliche Leidenschaft“ und „Geheimring 99“ zwei echte Meisterwerke der Schwarzen Serie abgeliefert. Beide liefern auch ordentlich ab, doch die Story um einen zu überführenden Gangsterboss kommt nur äußerst schleppend in die Gänge. Positiv hervorzuheben sind immerhin der wirklich gut inszenierte Showdown sowie einige für die damalige Zeit noch eher ungewöhnlich nicht im Studio gefilmte Straßenszenen. Zu erwähnen verbleibt, dass mit Nina Foch die bereits aus „Escape in the fog“ (s. oben) bekannte Darstellerin mit von der Partie ist und es damit in der Zwischenzeit von der B- zur A-Produktion im Hause Columbia geschafft hat. Das muss freilich nichts heißen: unterm Strich ist „Escape in the fog“ der kurzweiligere Film, was nicht nur an der weitaus kürzeren Laufzeit liegt.
Top-Regisseur, ein Topstar in der Hauptrolle – und doch ist „Alarm in der Unterwelt“ nur ein durchschnittlicher Film, was vor allem daran liegt, dass die Story nicht recht in die Gänge kommen will. 3,5 von 5 Punkten.
Darsteller: Eli Wallach, Robert Keith, Richard Jaeckel u.a.
Film Noir Nummer 148:
Bei der Ankunft in San Francisco stiehlt ein Kofferträger einem Reisenden seinen Koffer und wirft ihn in ein Taxi. Danach überschlagen sich die Ereignisse: Bei einer Verfolgungsjagd sterben der offenbar eingeweihte Taxifahrer und ein Polizist. Kurz darauf wird auch der Kofferträger tot aufgefunden. Bei der Untersuchung des Koffers finden die Ermittler eine mit Heroin gefüllte Puppe. Der Reisende war offenbar nur ein Schmuggelwerkzeug einer Drogenorganisation. Nachforschungen ergeben sodann, dass bereits am kommenden Tag weitere Lieferungen nach San Francisco kommen sollen. Derweil treffen zwei Killer in der Stadt ein, die sich um die kommenden „Werkzeuge“ zu kümmern haben…
„Der Henker ist unterwegs“ beginnt wie ein Routine-Polizeikrimi, was darauf zurückzuführen ist, dass der Film, der im Original unter dem Titel „The Lineup“ lief, auf einer gleichnamigen Radio- und Fernsehserie beruht. Doch glücklicherweise stellt sich bald heraus, dass man es keinesfalls mit bloß routinierter Krimi-Kost zu tun hat. Mit dem Eintreffen der Killer (u.a. Eli Wallach) wird die Spannungsschraube merklich angezogen, denn mindestens einer der beiden entpuppt sich als Psychopath, der mit den unfreiwilligen Schmugglern alles andere als zimperlich umgeht. Es entwickelt sich demgemäß rasch ein Wettstreit zwischen der Polizei und den Killern. Das Ganze ist vom späteren „Dirty Harry“-Regisseur Don Siegel durchaus rasant in Szene gesetzt. Zu erwähnen ist insoweit insbesondere eine Verfolgungsjagd im Finale, die ein Stück weit das legendäre Pendant aus „Bullitt“ vorwegnimmt. Des Weiteren besticht der Film durch eine Mischung aus vertrauten und weniger vertrauten Locations in der Stadt an der Golden Gate Bridge. Unter den unverbrauchten Schauplätzen ist insbesondere das 1966 abgebrannte Sutro Baths zu nennen, das seinerzeit als Eislaufbahn genutzt wurde. Während die Polizisten eher blass bleiben, erweist sich Eli Wallach in der Rolle des psychopathischen Killers Dancer als wahre Attraktion.
Spannender Kriminalfilm von Don Siegel vor der reizvollen Kulisse San Franciscos mit einem überzeugenden Eli Wallach in der Rolle eines psychopathischen Killers. 4,5 von 5 Punkten.
Darsteller: Guy Madison, Kim Novak, Brian Keith u.a.
Film Noir Nummer 149:
Um ein wenig Abwechslung in den langweiligen Universitäts-Alltag zu bringen, beschließen vier befreundete Studenten das Harold’s Club Casino in Reno zu berauben. Der Clou: Unmittelbar nach geglückter Mission soll das Geld zurückgegeben werden, um einer Strafe zu entgehen – es geht den jungen Männern allein um den Nervenkitzel. Alles verläuft nach Plan, bis einer aus der Gruppe beschließt, die günstige Gelegenheit zu nutzen, doch „etwas mitzunehmen“ aus der Geschichte…
Eher ungewöhnlich für einen Noir-Krimi der Zeit spielt „5 Against the House“ im Studentenmilieu. Nach einer Anfangsszene im Casino spielt sich in der Folge ein Großteil der Handlung zunächst auf dem Campus und in Studentenzimmern ab. Das nimmt ein wenig die Luft raus, zumal die Figuren etwas oberflächlich bleiben und sich abgesehen von Brian Keith keiner der Akteure so richtig profilieren kann. Immerhin eine recht atmosphärischen Gesangsauftritt gibt es vom Kim Novak zu sehen, die die Lebensgefährtin einer der (Pseudo-)Räuber spielt. Im letzten Drittel, wenn das Geschehen wieder nach Reno verlegt wird, zieht der Film nochmal an und entschädigt ein Stück weit. Doch im so hochwertigen Feld der klassischen Noir-Periode geht „5 Against the House“ doch etwas unter. In Deutschland schaffte es die Columbia-Produktion unter der Regie von Phil Karlson noch nicht einmal in die Kinos. Das Werk gilt als eines der frühen Heist-Movies.
Der Film um ein Studenten-Quartett, das des Nervenkitzels wegen den Raub auf ein Casino plant, leidet an einem weithin reizlosen zweiten Drittel. 3,5 von 5 Punkten.
Es geht weiter mit der Édition Film Noir von Artkeim: Als #7 bereits erschienen ist "Laßt mich leben" von Robert Wise mit Susan Hayward, der bei der-film-noir.de über den Klee gelobt wird:
Am 18.06. erscheint als #8 "Spielfieber - The Lady Gambles" mit Barbara Stanwyck.
Beide Titel erscheinen sowohl auf DVD als auch auf Blu-Ray, wobei die Blu-Ray-Variante in "normaler verpackung" wiederum günstiger ist als die DVD-Variante im Mediabook.
Darsteller: Lee J. Cobb, Gia Scala, Kerwin Mathews, Joseph Wiseman u.a.
Film Noir Nummer 150:
Einer von zwei Betreibern einer Herstellerfirma für Kleidungsstücke, der mit Zielen der Arbeitergewerkschaft sympathisiert, wird getötet. Als der Sohn des überlebenden Inhabers von einem Europaaufenthalt zurückkehrt, um ebenfalls ins Geschäft einzusteigen, schlägt auch er sich im Zwist zwischen einflussreichen Unternehmern und Gewerkschaften auf die Seite der Gewerkschaften, als ein Organisator einer Gewerkschaft ebenfalls ermordet wird…
„Ums nackte Leben“ ist ein inhaltlich eher ungewöhnlicher Noir-Beitrag mit interessanter Produktionsgeschichte. Eigentlich fungierte Robert Aldrich („Rattennest“, Straßen der Nacht“) als Regisseur des Films, wurde jedoch im Laufe der Dreharbeiten durch Vincent Sherman ersetzt, der indes nicht nur das restliche Material produzierte, sondern auch einige Szenen mit Lee J. Cobb neu drehte, der mit Aldrich künstlerische Differenzen hatte. Nach vielversprechendem Start benötigt der Film allerdings zu lange, um wirklich in die Gänge zu kommen. Der Film funktioniert wenn überhaupt eher als Melodram denn als echter Kriminalfilm, außerdem bleibt Kerwin Mathews in der Hauptrolle als junger, idealistischer „Geschäftsmann von morgen“ äußerst blass. Akzente vermag im Gegensatz dazu die früh verstorbene Gia Scala („Die Kanonen von Navarone“) zu setzen. In einer Nebenrolle ist übrigens der spätere Dr. No Joseph Wiseman zu sehen. Im Finale gibt es ein paar schöne Bilder von den Dächern New Yorks. Gut gefilmt ist der Film ohnehin. Trotzdem letztlich ein nur bedingt interessanter Beitrag zur Schwarzen Serie.
Noir mit starkem melodramatischen Einschlag aus dem Arbeitsgewerkschaftsmilieu, der heute nur noch wenig Reiz hat. Noch 3 von 5 Punkten.
Zunächst ein kleiner Nachtrag: Die sechs zuletzt besprochenen Noirs sind allesamt enthalten in der Kollektion "Columbia Noir #1" des britischen Labels Indicator. Die Bildqualität ist durchweg erstklassig, dazu gibt es zu jedem Film eine Fülle an Extras und ein enorm hochwertiges und informatives Booklet mit Essays und Auszügen aus Interviews mit Mitwirkenden. Für Interessierte sehr zu empfehlen, zumal die Filme alle hierzulande noch nicht erschienen sind, wenn ich das richtig sehe. Die Reihe wird fortgesetzt. Kollektionen #2 und #3 sind schon veröffentlicht, #4 folgt demnächst.
Nun zu einem hierzulande kürzlich veröffentlichten Beitrag...
Spielfieber (The Lady Gambles, USA 1949)
Regie: Michael Gordon
Darsteller: Barbara Stanwyck, Robert Preston, Stephen McNally u.a.
Film Noir Nummer 151:
Während ihr Mann David seiner Reportertätigkeit nachgeht, entdeckt Joan Boothe die Spielleidenschaft für sich: Abend für Abend spielt sie vom Ehemann zunächst unbemerkt im Casino und "verzockt" nach und nach ihre Besitztümer und die Spesengelder ihres Mannes. Als David sich von seiner Frau trennt, geht es für Joan nur noch weiter bergab…
Der Film beginnt damit, dass Joan Boothe nach einem Vorfall in der Gosse in ein Krankenhaus gebracht wird. Dort trifft Ehemann David ein und berichtet dem zuständigen Arzt vom tiefen Fall, der danach – typisch Noir – dem Zuschauer ausführlich in Rückblenden geschildert wird. Im Zentrum steht die von Barbara Stanwyck gespielte Joan, bei der während eines Las Vegas-Aufenthalts das „Spielfieber“ ausbricht. Höchst eindrucksvoll ist die Darstellung einer Spielsüchtigen seitens der Stanwyck, am bemerkenswerten ist das Glitzern in ihren Augen, wenn sie am Spieltisch agiert. Robert Preston („Die Narbenhand“) in der Rolle des Ehemanns bleibt dagegen etwas blass. Deutlich besser auf männlicher Seite schlägt sich der Joan Avancen machende Stephen McNally („Gewagtes Alibi“ u.a.). Einen Kurzauftritt hat übrigens der noch junge Tony Curtis. Bemerkenswert erscheint im Rückblick, dass Robert dem Arzt und damit dem Zuschauer die tagtäglichen Vorgänge in Las Vegas noch ein bisschen erklären muss. Zum Ende, wenn der Film nach den Schilderungen in die Gegenwart zurückkehrt, wird es noch einmal hoch dramatisch, nachdem die Hintergründe für Joans Verhalten offenbar werden. An dieser Stelle erscheint das emotionale Auf und Ab ein wenig abrupt und gestelzt.
Die Blu-Ray von UCM.One zeigt ein gutes Bild.
Für Stanwyck-Fans ist „Spielfieber“ wohl ein Muss, zumal die Aktrice eine starke Darbietung abliefert. Der Cast spielt aber längst nicht durchweg so überzeugend auf und das Finale wirkt konstruiert. 3,5 von 5 Punkten.