Zitat von Gast im Beitrag Bewertet: "Die Tote aus der Themse" (1970, 30)@Gubanov: Eine sehr gelungene Kritik! Was die Bewertung des Films betrifft, stimme ich mit dir absolut überein. Nur eine kleine Anmerkung:
Ich finde die Bezeichnung "beste Reinl-Manier" etwas überzogen, weil gerade bei Reinl die Zweikämpfe ziemlich aufgeblasen und gestellt wirken. Reinl war ein hervorragender Regisseur, aber diese Zwei- / Faustkämpfe wirken immer ziemlich unglaubwürdig bei ihm. Man denke nur an die Schlägerei zwischen Leipnitz und dem Handlanger in der Mühle in dem Film "Der unheimliche Mönch". Fürchterlich!
Editiert von Gubanov am 19.09.2009 um 22:15 Uhr - vier Beiträge in anderes Thema verschoben
In diesem Zusammenhang darf ich an Wochenschauberichte erinnern, in denen Reinl erklärt, wie er die Zwei-Kämpfe arrangiert. Und in diesem Sinne hat Gubanov mit seinem Ausdruck "beste Reinl-Manier" vollkommen recht. Nichts wirkt bei den Zweikämpfen aufgesetzt.
Achtet mal darauf, wie Leipnitz und Barker Schläge verteilen und ihre Kontrahenten sich dabei bewegen und verhalten. Verzeihung, aber das wirkt auf mich wie diese Art von "Comic-Gewalt", durch die Terrence Hill und Bud Spencer Jahre später legendär geworden sind. Gubanov hat das Clarin-Zitat ja schon angedeutet. Ganz abgesehen davon, dass Reinl die Fertigkeiten eines Stunt-Coordinators weitestgehend abgehen. Man vergleiche besagte Schlägereien nur mal mit Kampfsequenzen bei James Bond. Da kann Reinl mit seiner "Over-Acting-Choreografie" einfach nicht mithalten.
Ja, eine Grundsatzdiskussion brauchen wir nicht zu führen. Aber genau WINNETOU I, wie Reinl Barker das Schlagen beibringt, ist Hauptthema in dem genannten Wochenschaubericht!
Gut, das Spencer-und-Hill-Beispiel war etwas übertrieben. Aber wenn man Reinls Choreografien z.B. mit dem Kampf zwischen Bond und Bouvar in "Feuerball" vergleicht, liegen da doch einfach Welten dazwischen, was die Dynamik und Koordination angeht!
Ich glaube, Bond-Produktionen kann man in den Ausführungen nicht mit deutschen Produktionen vergleichen. Hier wird das nicht 100-prozentig vom Regisseur inszeniert, sondern vom Stuntkoordinator mit dessen Team. Reinl war dagegen auf sich selbst angewiesen. Er erläutert in dem genannten Bericht auch, wie man richtig schlägt, um es auch glaubwürdig wirken zu lassen. Wenn ich mich nicht irre, könnte dieser Bericht auf einer May-DVD sein.
@Joachim Kramp: Dies ist auch sehr gut bei den Making-of-Aufnahmen von BLUTIGE GEIER innerhalb der Reinl-Doku zu sehen.
Die Faustkämpfe von Reinl finde ich im Übrigen immer grundsolide inszeniert. An heutigen Standards oder an internationalen Großproduktionen gemessen, mag dies etwas fad wirken, doch dieser Vergleich ist natürlich etwas unfair. Hinzu kommt, dass in den frühen 60er-Jahren gerade die Karatewelle nach Deutschland herüberschwappte. Daher waren Schulterwürfe und die berühmten, schlafbringenden Handkantenschläge auf den Nacken gerade große Mode und in fast allen deutschen Filmschlägereien dieser Jahre zu sehen.
Die genannte Szene aus WINNETOU I ist für Reinl eigentlich eher untypisch. Ich denke hier war die Überspitzung kalkuliert. Zu einer klassischen Saloon-Schlägerei gehören nunmal auch über die Theke fliegende Schurken. Oder nicht?
Reinl-Zweikampf-Choreographien erkennt man stilistisch zumindest sofort wieder. Ich gebe @Gubanov recht, dass in Reinl-Filmen statistisch mehr geprügelt wird als bei Streifen seiner Kollegen. Reinl hat's ja sogar fertiggebracht, beim völlig un-actionorientierten "Die Lümmel von der ersten Bank, 3. Teil - Pepe, der Paukerschreck" dem o.g. Hans Clarin einen handfesten Fight als karate-erprobtem Neulehrer zu spendieren - ein Auftritt, der allerdings symptomatisch ist für alle Reinl-Fights dieser Zeit (die erwähnte Szene aus "Winnetou I" lass' ich jetzt mal außen vor, da sie wie Daniel recht bemerkte, nicht verallgemeinernd angesehen werden kann und bewusst over the top inszeniert ist).
Reinls Technik beim Arrangement solcher Keilereen ist ja allgemein bekannt: Der Darsteller setzte zum Schlag an - dann Schnitt, die Kamera wechselte die Position während die Akteure in ihrer Position verharrten, Reinl rief "Action" - und dann kam der K.O. aus anderer Perspektive. Sehr schön zu sehen ist das bei Reinls Cotton-Filmen (siehe hier ab 4:13 min). Aber auch bei den frühen Mabuses oder Wallaces ist das zu beobachten.
Und wie alles hat diese Technik ihre zwei Seiten: Positiv ist natürlich, dass es keine Anschlussfehler im Sinne von "Bei der nächsten Szene ist der mit der Faust o.Ä. schon ganz woanders" gibt, negativ bleibt die Tatsache, dass es partiell recht abgehakt wirken kann, wenn der Schnittmeister nicht ganz so auf Draht ist wie der Regisseur.
Ich finde zwar, wie @DanielL auch, dass die Kampfszenen bei Reinl immer grundsolide gemacht sind, aber rein technisch gab's da auch bedeutend Besseres in dieser Zeit.
Zitat von Joe Walker im Beitrag #38Ich finde zwar, wie @DanielL auch, dass die Kampfszenen bei Reinl immer grundsolide gemacht sind, aber rein technisch gab's da auch bedeutend Besseres in dieser Zeit.
Das mag ja stimmen - dann nenne bitte aber auch deutsche Fime aus jener Zet, wo dies besser gemacht wurde!
- Keilerei im Billardclub in "Der Mann mit dem Glasauge" - Regie: Alfred Vohrer - Prügelei Armenmission in "Der Mörderclub von Brooklyn" - Regie: Werner Jacobs oder sowas in der Richtung.
Mal ganz abgesehen davon, dass man das insofern schwer vergleichen kann, da viele andere Regisseure (z.B. Harald Philipp, Jürgen Roland, Helmuth Ashley etc.) für solche Problematiken Leute wie Brad Harris oder Allen Pinson verpflichteten, die ihnen die Stunts und Actionchoreographien machten.
Keiner von den genannten Filmen oder Regissere hat mich hier besonders überzeugt. Alles nur gewöhnlicher Durchschnitt - teilweise gelungen, teilweise auch unbeholfen. Hier einmal die Stunt- / Kampfarrangeure bei den Jerry-Cotton-Filmen, die von der Produktion engagiert wurden: Allan Pinson (Mordnacht und Falle), Bob Lerrick (Rechnung), Roy Scammel (Mörderclub) und Georg F. Brückner (Todesschüsse).
Und bei DER MANN MIT DEM GLASAUGE waren keine Schauspieler bei der Billardszene am Werk sondern echte Berliner Catcher und ein Ringer.
Zitat von DanielL im Beitrag #37An heutigen Standards oder an internationalen Großproduktionen gemessen, mag dies etwas fad wirken, doch dieser Vergleich ist natürlich etwas unfair.
An heutigen Maßstäben sicherlich, aber nicht an internationalen Maßstäben in den 60er Jahren. Ich vergleiche die Wallace-Filme ja auch mit zeitgenössischen internationalen Produktionen. Wieso sollte man die Filme nicht miteinander vergleichen? Ich stelle nun mal bestimmte Kriterien an Filme. Ich mag die 32 Wallace-Filme sehr, aber ein wirkliches Meisterwerk ist nicht darunter. Aber ein paar der besten bekommen von mir schon 8 oder 9 von 10 Punkten. Mehr dazu, wenn ich demnächst mal wieder ein paar Filme sehe und dann die entsprechenden Kritiken im Filmbewertungsbereich schreibe.
Aber die Schlägereien von Reinl und auch Vohrer wirken nun mal auf mich vergleichsweise schwach und gestellt. Da spielt es auch keine Rolle, ob der Film aus Deutschland kommt oder die Regisseure keinen Stunt-Koordinator (gestellt bekommen) hatten. Auf das Ergebnis kommt es an.
Zitat von Gast im Beitrag #35Gut, das Spencer-und-Hill-Beispiel war etwas übertrieben. Aber wenn man Reinls Choreografien z.B. mit dem Kampf zwischen Bond und Bouvar in "Feuerball" vergleicht, liegen da doch einfach Welten dazwischen, was die Dynamik und Koordination angeht!
Es ist doch ein Unterschied, ob 1965 ein Film DM 900.000,00 (Der unheimliche Mönch) oder $ 5.500.000,00 (ca. DM 22.000.000,00) kostete. Daher kann man sie nicht miteinander vergleichen. Man kann höchstens die billig gemachten italienischen Agentenfilme einem Vergleich zu Grunde legen und dann schneiden die Wallace-Filme wesentlich besser ab.
Ich "liebe" die Bond-Filme ebenso wie die Wallace-Filme, würde sie aber nie miteinander vergleichen. Ein Wallace-Meisterwerk wie "Der unheimliche Mönch" kann man nicht mit dem Bond-Meisterwerk "Feuerball" vergleichen. Und aus dieser Sichtweise schaue ich mir alle Filme an. Mal öfter, mal nur einmal.
Zitat von Gast im Beitrag #42An heutigen Maßstäben sicherlich, aber nicht an internationalen Maßstäben in den 60er Jahren. Ich vergleiche die Wallace-Filme ja auch mit zeitgenössischen internationalen Produktionen. Wieso sollte man die Filme nicht miteinander vergleichen? Ich stelle nun mal bestimmte Kriterien an Filme. Ich mag die 32 Wallace-Filme sehr, aber ein wirkliches Meisterwerk ist nicht darunter. Aber ein paar der besten bekommen von mir schon 8 oder 9 von 10 Punkten. Mehr dazu, wenn ich demnächst mal wieder ein paar Filme sehe und dann die entsprechenden Kritiken im Filmbewertungsbereich schreibe.
Einerseits ist das Budget schon auch im Verhältnis zu sehen. Andererseits - du hast auch nicht Unrecht. Ich gebe zu, auch ein Wallace-Film muss sich in gewisser Weise mit der Inszenierung eines Bonds etc. vergleichen lassen dürfen. Neben den klassischen Budget-Sachen (also Dekoration, Set usw.) war hier vielleicht auch mal das eine oder andere wirklich besser inszeniert, aber auch nicht zwangsläufig immer.
Ich denke da beispielsweise an den Faustkampf von Bond im Finale von "Goldfinger" vor der Bombe. Hier kann ich keine weltbewegenden Verbesserungen in der Regie / im Schnitt / in der Kamera sehen im Vergleich zu Reinl oder Vohrer. Also Kulisse und so weiter mal außen vor!
Nur so am Rande: Für den Edgar-Wallace-Film DIE KATZE MIT DER TIGERKRALLE engagierte man den Bond-Stuntman und Double von Sean Connery BOB SIMMONS. Dennoch half es dem Film mit dem späteren Titel DIE SCHOKOLADENSCHNÜFFLER geschäftlich überhaupt nichts. Nur rund 25.000 westdeutsche Kinogänger interessierten sich - trotz Simmons' Auftritt bei "Wetten, dass ..?" aus Saarbrücken für diesen Film.