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Dieses Thema hat 213 Antworten
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 Film- und Fernsehklassiker international
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patrick Offline




Beiträge: 3.245

26.08.2014 21:44
#151 RE: Sammelthread: Die Filme des Alfred Hitchcock Zitat · Antworten

Zitat von Peter im Beitrag #152
Zitat von patrick ebner im Beitrag #151
Fazit: Ein sehr fein ausgedachter und inszenierter Thriller,dem ich in den unendlichen Weiten des Hitchock-Universums 4 von 5 Punkten gebe.

Volle Zustimmung. Ergänzen könnte man noch, dass die Story fast drehbuchreif von Patricia Highsmith in ihrem Erstlingswerk ausgedacht wurde. Chandler, selbst großartiger Noir-Romancier, versuchte sich wiederholt und leider eher mit mäßigem Erfolg als Drehbuchautor bzw. -adapteur und verschlimmbesserte das Script zunächst, bevor es die genannten Ersatzautoren - und Hitchcock himself - retteten.



Wie ich den älteren Berichten entnommen habe, wird in der literarischen Vorlage der zweite Mord tatsächlich begangen. Das wäre ein guter Ansatz für eine Neuverfilmung, wobei eine solche wohl,bei den heutigen Ermittlungsmethoden, nicht in der Gegenwart spielen dürfte.

Peter Offline




Beiträge: 2.886

26.08.2014 22:07
#152 RE: Sammelthread: Die Filme des Alfred Hitchcock Zitat · Antworten

Zitat von patrick ebner im Beitrag #153
Wie ich den älteren Berichten entnommen habe, wird in der literarischen Vorlage der zweite Mord tatsächlich begangen. Das wäre ein guter Ansatz für eine Neuverfilmung, wobei eine solche wohl,bei den heutigen Ermittlungsmethoden, nicht in der Gegenwart spielen dürfte.

As Time Goes By - Wie so oft muss ich auch hier zugeben, dass es über 20 Jahre her ist, dass ich den Roman gelesen habe - und mich daher auf Detailgeschichten nicht mehr einlassen mag. Allerdings erinnere ich micht gut daran, dass neben den wichtigen Zügen der Handlung vor allem die eigenwillige Atmosphäre des Films bereits im Roman recht schön und klar vorgezeichnet war.
Eine Neuverfilmung bräuchte ich nicht unbedingt. Meistens sind die Erfahrungen mit solchen Versuchen doch eher schlecht...

patrick Offline




Beiträge: 3.245

30.08.2014 13:22
#153 RE: Sammelthread: Die Filme des Alfred Hitchcock Zitat · Antworten



Deutscher Titel Erpressung
Originaltitel Blackmail
Produktionsland Großbritannien
Originalsprache Englisch
Erscheinungsjahr 1929
Länge 84 Minuten
Altersfreigabe FSK 12
Stab
Regie Alfred Hitchcock
Drehbuch Alfred Hitchcock
Benn W. Levy (Dialoge)
Michael Powell
Produktion John Maxwell
für British International Pictures
Musik Hubert Bath
Kamera Jack E. Cox
Schnitt Emile de Ruelle
Besetzung
Anny Ondra: Alice White,Sara Allgood: Mrs. White,Charles Paton: Mr. White,John Longden: Inspektor Frank Webber,Donald Calthrop: Tracy
Cyril Ritchard: Crewe, der Künstler,Hannah Jones: Vermieterin,Harvey Braban: Chief Inspector

Jetzt mal einen Sprung weit zurück in der Zeit, nämlich ins Jahr 1929. Das besondere an blackmail ist, dass es sich um den ersten englischen Tonfilm handelt. Zwar war der Streifen ursprünglich als Stummfilm konzipiert,doch wollten die Produzenten im weiteren Verlauf einen Halb-Tonfilm daraus machen. Hitchcock begnügte sich allerdings nicht mit einigen eingeschobenen Dialogen und drehte den Film als Tonfilm neu.
Die ersten sieben Minuten sind jedoch stumm,wie auch teilweise einige andere Szenen.So zum Beispiel das Finale auf dem Britischen Museum.
Erst in der achten Filmminute outet sich der Streifen als Talkie und wir hören den ersten Dialog.
Natürlich geht das Ganze nicht ohne Kinderkrankheiten ab.Das plakative Agieren der Darsteller zeigt, wie sehr diese noch in der Stummfilmära verwurzelt sind. Auch musste Anny Ondra, wegen ihres starken Akzents, synchronisiert werden und nur die Lippen bewegen, was etwas auffällig geraten ist.
Die Story selbst ist recht simpel, jedoch durchaus spannend. Die im deutschen Film bekannt gewordene Anny Ondra (1902 od. 1903 ?? - 1987),spielt die junge Alice, die nach einem Streit mit Ihrem Freund, dem Scotland Yard Beamten Frank, mit einem anderen Mann,einem Künstler, dessen Wohnung aufsucht und diesen ersticht, nachdem er sie vergewaltigen will. Der zwilichtige Tracy, welcher sie am Tatort sieht, erpresst diese und Ihren Freund, bis Frank den Spiess umdreht und ihm die Tat in die Schuhe schiebt.
Hier bereits das Motiv des unschuldig verfolgten, wobei dieser ganz und gar kein Sympathieträger ist.Als Zuseher ist man, trotz Franks skrupelloser Vorgehensweise, auf der Seite des jungen Pärchens, da Alice in Notwehr gehandelt hat und Tracy ein hinterhältiger und gemeiner Erpresser ist. Hitchkock zeigt schon in seiner frühesten Phase, was er so drauf hat. Die symbolische Bildsprache trägt bereits seine Handschrift. So begegnet der, von Schuldgefühle heimgesuchten,Alice immer wieder, in irgendeiner Form, der herabhängende Arm der Leiche, oder das Wort Messer. Eine Szene zeigt einen Schatten,der wie ein Galgen um ihren Hals fällt.Auch ein Bild mit einem böse grinsenden Narren, welcher mit dem Finger auf sie zeigt, wird zum Schluss noch an ihr vorbei getragen.
Der Abschied von der Stummfilmära wird in einer kurzen Szene verdeutlicht, in welcher ein Polizeibeamter Alice etwas ins Ohr flüstert, was für den Zuseher nicht hörbar ist. Danach lachen beide herzhaft.
Nach Ben Hur (1926) ist das der wohl älteste von mir gesichtete Film überhaupt. Auch die Stummfilmfassung existiert noch, wobei ich diese nicht kenne, da mir Stummfilme nicht wirklich behagen. Sind diese aus heutiger Sicht doch technisch viel zu wenig ausgereift und auch sonst optisch eher wenig attraktiv (meine Meinung).
Ich habe Blackmail erstmals als Kind, vor mehr als 30 Jahren, gesehen. Er hat mir damals, für sein Alter,überraschend gut gefallen. Meine zweite Sichtung war dieser Tage und die Begeisterung ist etwas abgeflaut. Allerdings wäre es unfair, dieses Frühwerk mit den grossen Hitchcock Filmen, vor Allem der 50er und frühen 60er-Jahren, direkt zu vergleichen. Im Rahmen der damaligen Möglichkeiten ist der Film nämlich sehr unterhaltsam, spannend und kurzweilig geraten. Technisch darf man natürlich keine übergroßen Ansprüche stellen.
Erwähnenswert ist auch Hitchs Cameo in einer Straßenbahn, wo er von einem Kind gehänselt wird. Auch Edgar Wallace wird einmal kurz erwähnt. Alice zu Frank: "If it werenˋt for Edgar Wallace, nobody would know Scotland Yard."
Punkte möchte ich hier, aus oben erwähnten Gründen, nicht vergeben. Auf jeden Fall ist dieser Streifen für Cineasten ein sehenswertes Stück Filmgeschichte.

Cora Ann Milton Offline



Beiträge: 5.110

30.08.2014 14:55
#154 RE: Sammelthread: Die Filme des Alfred Hitchcock Zitat · Antworten

Alfred Hitchcock macht einen höchst anzüglichen Kameratest mit seiner Hauptdarstellerin Anny Ondra während der Dreharbeiten zu "Erpressung" ("Blackmail") (1929)

Lord Peter Online




Beiträge: 621

31.08.2014 18:16
#155 RE: Sammelthread: Die Filme des Alfred Hitchcock Zitat · Antworten

Zum "Fremden im Zug":

Zitat von patrick ebner im Beitrag #151

Das ,sich verzögernde, Tennismatch,durch welches Guy bei der Vereitelung Brunos Plans, ihn durch ein manipuliertes Beweisstück zu belasten,kostbare Zeit verliert, bringt sehr viel Nervenkitzel ein. Zumal auch Bruno parallel dazu ein Missgeschick passiert und hier immer wieder zwischen dem Match und Bruno hin und her gesprungen wird.
Schlussendlich wird man mit einem Finale der etwas anderen Art belohnt.


An der Szene finde ich allerdings immer wieder die Arroganz von Guy bemerkenswert, der einen Drei-Satz-Sieg hinlegen will, um das Spiel schnell zu beenden. In drei Sätzen zu verlieren wäre doch viel einfacher (und zeitsparender) gewesen. Das wäre zwar mit einem gewissen Gesichtsverlust verbunden, was angesichts der Umstände allerdings für Guy von zweitrangiger Bedeutung hätte sein sollen.

Parallel dazu ist die Szene mit Brunos immer länger werdendem Arm, den er durch die seeehr schmale Öffnung eines Kanalgitters steckt, auch reichlich absurd und wird nur durch die Parallelmontage gerettet.

Seine stärksten Szenen hat der Film zweifelsfrei im Vergnügungspark, etwa Miriams Ermordung auf der Insel oder der Showdown auf dem rasenden Karussell. Doch auch die schon angesprochene Würgeszene auf der Party und Brunos schräges Elternhaus bieten einige starke Momente. Bemerkenswert auch Brunos angedeutete Homosexualität, die in der (ohnehin schwachen und außerdem gekürzten) Synchro allerdings weggebügelt wurde. Vor Guys Kinnhaken sagt Bruno im Original "I... like you, Guy.", woraus auf deutsch "Aber Guy, wir sind Freunde." wurde (was die Reaktion Guys auch etwas überzogen wirken läßt). Lediglich Erik Odes schauspielerische Leistung rettet die deutsche Fassung vor dem Totalausfall, denn auch die üblichen 50er-Eigenheiten (eindeutschen von Anreden und Namen) ziehen den Gesamteindruck runter. Bei diesem Film hätte ich mir eine Neusynchro in den 70ern gewünscht.

Aber auch losgelöst von der Synchro ist Hitchcock hier noch nicht auf der Höhe seines Schaffens, obwohl er aus dem teilweise unsauber geplotteten Drehbuch noch so ziemlich alles rausholt. Dennoch liefert der Film auch heute noch einen spannenden Abend - und um mehr ging es schließlich nicht.

patrick Offline




Beiträge: 3.245

31.08.2014 22:14
#156 RE: Sammelthread: Die Filme des Alfred Hitchcock Zitat · Antworten

Zitat von Lord Peter im Beitrag #157


An der Szene finde ich allerdings immer wieder die Arroganz von Guy bemerkenswert, der einen Drei-Satz-Sieg hinlegen will, um das Spiel schnell zu beenden. In drei Sätzen zu verlieren wäre doch viel einfacher (und zeitsparender) gewesen. Das wäre zwar mit einem gewissen Gesichtsverlust verbunden, was angesichts der Umstände allerdings für Guy von zweitrangiger Bedeutung hätte sein sollen.

Parallel dazu ist die Szene mit Brunos immer länger werdendem Arm, den er durch die seeehr schmale Öffnung eines Kanalgitters steckt, auch reichlich absurd und wird nur durch die Parallelmontage gerettet.

Seine stärksten Szenen hat der Film zweifelsfrei im Vergnügungspark, etwa Miriams Ermordung auf der Insel oder der Showdown auf dem rasenden Karussell. Doch auch die schon angesprochene Würgeszene auf der Party und Brunos schräges Elternhaus bieten einige starke Momente. Bemerkenswert auch Brunos angedeutete Homosexualität, die in der (ohnehin schwachen und außerdem gekürzten) Synchro allerdings weggebügelt wurde. Vor Guys Kinnhaken sagt Bruno im Original "I... like you, Guy.", woraus auf deutsch "Aber Guy, wir sind Freunde." wurde (was die Reaktion Guys auch etwas überzogen wirken läßt). Lediglich Erik Odes schauspielerische Leistung rettet die deutsche Fassung vor dem Totalausfall, denn auch die üblichen 50er-Eigenheiten (eindeutschen von Anreden und Namen) ziehen den Gesamteindruck runter. Bei diesem Film hätte ich mir eine Neusynchro in den 70ern gewünscht.

Aber auch losgelöst von der Synchro ist Hitchcock hier noch nicht auf der Höhe seines Schaffens, obwohl er aus dem teilweise unsauber geplotteten Drehbuch noch so ziemlich alles rausholt. Dennoch liefert der Film auch heute noch einen spannenden Abend - und um mehr ging es schließlich nicht.



Der angestrebte Drei-Satz-Sieg ist wohl eben der Stoff, aus dem (amerikanische) Heldenträume sind.Natürlich würden wir alle uns in der Realität anders verhalten.Solche Einlagen sind eben der Traumfabrik geschuldet.
Das in der Kanalgitter-Szene sämtliche Ralationen nicht stimmen, brachte mich auch zum schmunzeln.Eigentlich ist mit freiem Auge erkennbar, dass der Arm eines Erwachsenen gar nicht durchpasst, geschweige denn nach unten reicht, hatte er doch schon Mühe, das Feuerzeug weiter oben zu erreichen. Ausserdem ist der Oberarm eines gesunden, nicht an Magersucht leidenden, Mannes wohl nochmal ein Stück breiter als dessen Unterarm. Aber wie schon gesagt. Traumfabrik.
Im Vergnügungspark hatte Mjriam immerhin 2 Begleiter, denen Bruno eigentlich hätte auffallen müssen, zumal sie sich ständig umdrehte und er immer präsent war.
Die angedeutete Homosexualität ist mir gar nicht aufgefallen. Das immer wieder erwähnte "I like you" könnte darauf hindeuten, muss aber nicht unbedingt.Jedoch zeigt Bruno eigentlich tatsächlich gar kein Interesse am weiblichen Geschlecht. Insofern könntest du durchaus Recht haben.
Zur deutschen Synchro kann ich gar nichts mehr sagen, da ich mir schon lange keine Synchrofassungen mehr ansehe.Mein Motto: "Nur Original ist real".
Auf deutsch genoss ich nur die Erstsichtung. Und das war irgendwann Anfang der 80er.
Ich hab aufgehört, mich an gewissen Logikfehlern allzusehr zu stossen, begegnen sie doch in fast jedem Krimi. Der Unterhaltungswert zählt und diesen bietet "Der Fremde im Zug" allemal. Dass es in den sehr Hitchcock-trächtigen 50er und (frühen)60er Jahren bessere Filme gibt, kann ich nicht verneinen. Aber sehr gut ist auch dieser.

patrick Offline




Beiträge: 3.245

02.09.2014 07:57
#157 RE: Sammelthread: Die Filme des Alfred Hitchcock Zitat · Antworten



Deutscher Titel Das Fenster zum Hof
Originaltitel Rear Window
Das Fenster zum Hof Logo 001.svg
Produktionsland USA
Originalsprache Englisch
Erscheinungsjahr 1954
Länge 112 Minuten
Altersfreigabe FSK 12
Stab
Regie Alfred Hitchcock
Drehbuch John Michael Hayes
Produktion Alfred Hitchcock
für Paramount Pictures
Musik Franz Waxman
Kamera Robert Burks
Schnitt George Tomasini
Besetzung
James Stewart: L. B. „Jeff“ Jefferies,Grace Kelly: Lisa Carol Fremont,Thelma Ritter: Stella,Wendell Corey: Detective Ltd. Thomas „Tom” J. Doyle,Raymond Burr: Lars Thorwald,Judith Evelyn: „Miss Lonely Hearts”,Ross Bagdasarian: Songwriter,Georgine Darcy: „Miss Torso”,Sara Berner: Hundebesitzerin,Frank Cady: Hundebesitzer,Jesslyn Fax: Bildhauerin,Rand Harper: Frischvermählter,Havis Davenport: Frischvermählte,Irene Winston: Emma Thorwald

Dieser Bericht enthält Spoiler.

Hier geht es um das Thema Voyeurismus. Der, aufgrund eines Gibsbeins, vorübergehend an den Rollstuhl gefesselte Fotojournalist Jeff (dargestellt von Jimmy Steward) nimmt regen Anteil am täglichen Tun und Treiben seiner Nachbarn.Diese gewähren im Gebäude gegenüber, einem Schaukasten gleich, bei sperrangelweit geöffneten Fenstern und Türen uneingeschränkten Einblick in ihr Privatleben . Jeffs Aufmerksamkeit wird instinktiv immer in Richtung Hinterhof gezogen und er verleiht den diversen Charakteren verschiedene Kosenamen, wie z.B. Miss Lonely Heart, Miss Torso usw.
Nachdem plötzlich die invalide Gattin des, von Raymond Burr dargestellten, Lars Thorwald spurlos verschwindet und dieser sich seltsam verhält, wittert Jeff sofort ein Verbrechen, wird aber von seiner Freundin Lisa, dargestellt von der wunderbaren Grace Kelly, zunächst nicht ernst genommen. Allerdings verdichten sich gewisse Verdachtsmomente, welche die weibliche Intuition in ihr wecken und sie auf seine Seite ziehen. Jeffs alter Kriegskamerad, der Detectiv Tom Doyle, wird konsultiert, nimmt die Sache allerdings nicht ernst.
Tom, Lisa und die, nicht auf den Mund gefallene, Krankenschwester Stella (Thelma Ritter) nehmen die Ermittlungen selbst in die Hand und die Story mündet in eine direkte Konfrontation Jeffs mit Thorwald.

Obwohl dieser Streifen nur an einem Ort spielt, ist er ausgesprochen phantasievoll und spannend inszeniert.Ein greifbares summer-feeling wird vermittelt.Dem, regelmässig vor dem offenen Fenster schlafenden Jeff, sitzen die Schweissperlen im Gesicht, das Thermometer zeig hochsommerliche Temperaturen an. Aus der sehr offenen Nachbarschaft dröhnen, längst zu Evergreens gewordene, Hits der frühen 50er Jahre. Vor Allem Nat King Coles "Mona Lisa" spielt hier wohl auf die von Grace Kelly gespielte Lisa an.Die Gebäude sind typische Backsteinhäuser. So stellt man sich die amerikanischen 50er Jahre vor.
Jeff ist sehr hingebungsvoll in der Rolle des mit Fernglas und Teleobjektiv bewaffneten Beobachters, der den Hof und das gegenüberliegende Gebäude keine Sekunde mehr aus den Augen lässt.
Hitchocks sprichwörtlicher schwarzer Humor ist unverkennbar. Besonders im Finale, als Raymond Burr Jimmy Steward in einem Anfall von Raserei aus dem Fenster wirft. Wir sehen, wie Jimmy sich ans Fensterbrett klammert, die Situation von den aufgescheuchten Nachbarn dokumentiert wird und er schließlich Beine voraus, Gesicht nach oben in Richtung Asphaltboden immer kleiner wird.
Ich weiß nicht, wie es anderen dabei geht, aber diese Szene schafft es einfach immer wieder, ein hämisches Grinsen in mein Gesicht zu zaubern. Am Schluss sehen wir Jimmy, wie bereits zu Beginn des Films, dösend vor seinem Fenster , allerdings jetzt mit beiden Beinen im Gips.
Jeff findet erst so richtig zu Lisa, nachdem diese ihm ihren Wagemut und Risikobereitschaft bewiesen hat.

Bei den Darstellern ließ der Großmeister hier nichts anbrennen. Neben den gewohnt souverän agierenden Jimmy Steward und Grace Kelly ist auch die wortgewandte Thelma Ritter eine erfrischende Bereicherung. Raymond Burr überzeugt als grobschlechter und rüder Thorwald auf der ganzen Linie. Wendell Corey als skeptischer und stichelnder Tom Doyle sorgt auch für unterhaltsame Momente.

Das Fenster zum Hof ist ein Hitcock-Streifen, den ich wahnsinnig gerne mag und in der Filmgeschichte nicht missen möchte. Kommt er doch auch aus Hitchs bester Schaffensperiode. Ein klares top ten Material im Gesamtwerk

5 von 5 Punkte.

patrick Offline




Beiträge: 3.245

06.09.2014 13:34
#158 RE: Sammelthread: Die Filme des Alfred Hitchcock Zitat · Antworten



Deutscher Titel Die 39 Stufen auch: 39 Stufen
Originaltitel The 39 Steps
Produktionsland Großbritannien
Originalsprache Englisch
Erscheinungsjahr 1935
Länge 86 Minuten
Altersfreigabe FSK 12[1]
Stab
Regie Alfred Hitchcock
Drehbuch Charles Bennett,
Alma Hitchcock
Produktion Michael Balcon
für Gaumont British Picture Corporation
Musik Louis Levy,
Hubert Bath
Kamera Bernard Knowles
Schnitt Derek N. Twist
Besetzung
Robert Donat: Richard Hannay, Madeleine Carroll: Pamela,Lucie Mannheim: Annabelle Smith,Godfrey Tearle: Professor Jordan,Peggy Ashcroft: Margaret Crofter,John Laurie: John Crofter,Helen Haye: Mrs. Louisa Jordan, die Ehefrau des Professors,Frank Cellier: Sheriff Watson,Wylie Watson: Mr. Memory

Achtung Spoiler:

Nachdem ein Auftritt des Gedächtnisakrobaten Mr.Memory durch Schüsse abgebrochen wird, fragt Anabelle Smith den, ebenfalls dort anwesenden, Richard Hannay, ob er sie zu sich nach Hause mitnehme. Dort erzählt sie eine mysteriöse Geschichte über die 39 Stufen, eine Organisation, die geheime Dokumente entwendet haben sollte. Dies ist Hitchcocks erster Mc Guffin.
Dem Chef der 39 Stufen sollte ein Teil seines kleinen Fingers fehlen. Auch erwähnt sie in diesem Zusammenhang Schottland.
Hannay kann mit dieser Geschichte nicht viel anfangen, muss allerdings erleben, wie Anabelle Smith in seiner Wohnung erstochen wird. Er flüchtet Richtung Schottland, da er sich logischerweise als Mordverdächtigen sieht. Dort möchte er der Geschichte auf den Grund gehen. Während einer turbulenten Flucht, sowohl vor der Polizei, als auch vor den 39 Stufen,macht er unfreiwillig Bekanntschaft mit der jungen Pamela. Die Fährte führt schließlich wieder zurück zu Mr.Memory, der den Inhalt der Dokumente auswendig gelernt hat.

Die 39 Stufen ist ein ausgesprochen temporeicher und rasanter Film . Er enthält, wie viele andere Hitchcock Filme dieser Zeit, Elemente, sowohl des Thrillers, als auch der Komödie. Robert Donat spielt den Richard Hannay sehr schwungvoll, gewieft und findig. Der Streifen erinnert stark an den 24 Jahre später entstandenen "Der unsichtbare Dritte".
Im Zug küsst Hannay die, ihm fremde, Pamela, um der Polizei vorzutäuschen,sie wären ein Liebespaar. Nachdem Pamela (im Gegensatz zu Eva Marie Saint in "Der unsichtbare Dritte") nicht mitspielt, flieht er auf der Forth Bridge aus dem fahrenden Zug und durchwandert das sehr düster und neblig dargestellte schottische Hochland.
Schließlich trifft er auf Professor Jordan, welcher sich als obgenannter Chef der 39 Stufen entpuppt. Kurzerhand "erschießt" er Hannay . Nach einem kurzen Schnitt sehen wir allerdings Hannay quicklebendig auf einem schottischen Polizeiposten. Die Kugel wurde von einem Büchlein in der Brusttasche abgefangen. Nachdem ihm die Polizei natürlich kein Wort glaubt, geht es nach einem weiteren kurzen Schnitt gleich gewohnt rasant weiter mit einem, von außen gefilmten, Sprung Hannays aus dem geschlossenen Fenster des Polizeipostens . Er gerät auf seiner Flucht erst in einen Prozessionsmarsch, dann in eine Wahlkampfveranstaltung, wo er eine lebhafte Rede über die "unschuldig verfolgten" hält, welche mit großem Beifall begrüsst wird. Die Worte beschreiben unverkennbar seine eigene Situation.
Er wird allerdings, unter weiterem Beifall, in Handschellen von falschen Polizisten abgeführt, welche ihn im Auto an Pamela ketten. Nachdem eine Schafherde die Fahrt aufhält,wird sofort die Gelegenheit zu einer weiteren Flucht ergriffen.
Als Pamela in einem Gasthaus ein Gespräch der falschen Polizisten belauscht, erkennt sie, dass Hannay die Wahrheit spricht.

Die 39 Stufen ist eine Perle ihrer Zeit. Ich bin zwar ein großer Fan von Hitchocks Beiträgen der 50er und Frühsechziger,dennoch bietet auch dieser Film beste Unterhaltung ohne Langweile.Vor allem Robet Donat ist in Höchstform. Die originelle,phantasievolle und rasante Handlung lässt den Film trotz seines stolzen Alters keineswegs angestaubt erscheinen.

4 von 5 Punkten.

patrick Offline




Beiträge: 3.245

20.09.2014 17:18
#159 RE: Sammelthread: Die Filme des Alfred Hitchcock Zitat · Antworten



Filmdaten
Deutscher Titel Marnie
Originaltitel Marnie
Produktionsland USA
Originalsprache Englisch
Erscheinungsjahr 1964
Länge 124 Minuten
Altersfreigabe FSK 16
Stab
Regie Alfred Hitchcock
Drehbuch Jay Presson Allen
Produktion Alfred Hitchcock für Universal Pictures
Musik Bernard Herrmann
Kamera Robert Burks
Schnitt George Tomasini
Besetzung
Tippi Hedren: Marnie Edgar, Sean Connery: Mark Rutland, Diane Baker: Lil Mainwaring, Martin Gabel: Sidney Strutt, Louise Latham: Bernice Edgar, Bob Sweeney: Bob, Cousin, Milton Selzer: Mann am Bahnsteig, Alan Napier: Mr. Rutland, Henry Backman: Detective, Edith Evanson: Rita, Putzfrau, Mariette Hartley: Susan Clabon, Bruce Dern: Seemann, S. John Launer: Sam Ward, Meg Wyllie: Mrs. Turpin

Marnie ist wohl ein Mittelding zwischen Psychodrama und Liebesgeschichte.Die Titelheldin (Tippi Hedren) ist eine psychisch schwer traumatisierte Frau, die zur Kleptomanie neigt, Männern gegenüber frigide ist, Alpträumen hat und auf die Farbe rot mit Panikattacken reagiert.Ausserdem ist sie eine notorische Lügnerin. Ihren Lebensunterhalt bestreitet Sie, indem sie Ihre optische Attraktivität und Intelligenz ausnutzt und nichtsahnende Dienstgeber um beträchtliche Geldsummen erleichtert. Danach macht sie sich auf Nimmerwiedersehen aus dem Staub.Emotionale Bindungen meidet sie, genauso wie diverse Laster.Sie leidet darunter, dass sie sich von Ihrer Mutter ungeliebt fühlt.Stets auf der Flucht, wechselt sie ständig Ihre Haarfarben und Namen. Schließlich trifft sie auf Mark Rutland(Sean Connery), welcher ihr auf die Schliche kommt, sich allerdings in Marnie verliebt und sie daher nicht ausliefert. Er ersetzt sogar heimlich das von ihr gestohlene Geld. Allerdings ist auch Mark kein gewöhnlicher Charakter. Sein Interesse an Marnie steigert sich zur Obsession. Er will ihr einerseits unbedingt helfen, nutzt ihre Situation aber auch dahingehend aus, dass er sie zur Ehe und zum Sex zwingt. Marnie reagiert darauf mit einem Selbstmordversuch auf der Hochzeitsreise im Swimmingpool eines Kreuzfahrtschiffs. Mark rettet sie. Der bemerkenswerte Dialog: Mark:" Why the hell didn´t you jump over the side?" Marnie: "The idea was to kill myself, not to feed the damn fish".
Schließlich versucht Marnie auch Mark zu bestehlen, bringt es jedoch schlussendlich nicht über´s Herz. Dabei wird sie von Mark beobachtet, der über einen Detektiv von Marnies Mutter erfahren hat. Er begleitet Sie in deren Haus, wo die traumatische Begebenheit entschlüsselt und aufgearbeitet wird.
Als Nebenfigur sehen wir die hübsche Diane Baker als Lil, Marks kecke Schwägerin, die diesen offensichtlich gern für sich hätte.Mark selbst ist durch seine gut laufende Firma sehr wohlhabend.
Marnie ist ein durchaus tiefgründiger Film mit zwei interessanten Charakteren. Einerseits die bereits beschriebene Titelheldin, andererseits Mark, der sehr gebildet und kultiviert ist, dessen Interesse der Zoologie gilt und der gerne Wissen aus Büchern sammelt. Typische Männerhobbies wie Jagd oder Pferderennen haben´s ihm allerdings weniger angetan, worin er sich sehr stark von Marnie unterscheidet.Marks Jagdinstinkt konzentriert sich vor Allem auf Marnie, die er, wie er selber sagt einfängt und nicht mehr loslässt.Sein Vorgehen Marnie gegenüber ist einerseits zielstrebig,triebgesteuert und skrupellos, andererseits wieder von echter Sorge und Hilfsbereitschaft motiviert, worin er große Stärke und auch Einfühlungsvermögen zeigt.
Als Kritikpunkt möchte ich noch die Szenen vor dem Haus von Marnies Mutter erwähnen, wo der Hafen mit dem Schiff im Hintergrund offensichtlich gezeichnet ist, was im Jahre 1964 eigentlich nicht mehr nötig gewesen wäre.
Bevor Mark Marnie zum Sex zwingt wird nur seine Augenpartie als herannahende Bedrohung gezeigt. Dann schwenkt die Kamera in Richtung düstere See.Für Sean Connery, der bereits sehr früh darum bemüht war, sein James-Bond-Image abzuschütteln, war dieser Film eine willkommene Gelegenheit. Er spielt seine Rolle ungemein überzeugend und beweist,dass er auch jenseits von Bond in tiefgründigen Rollen brillieren kann. Auch Tippi Hedren macht sich gut, gefällt mir allerdings in "Die Vögel" wesentlich besser.
Trotz dieser sehr starken Besetzung ist Marnie ein Hitchcock Film, den ich keineswegs unter dessen Top-Filme einreihen würde, der allerdings zumindest eine Erstsichtung verdient. Im Kontrast zu den ungemein starken Vorgängerfilmen fällt er für mich deutlich ab,ist aber nicht unbedingt uninteressant und auch nicht langweilig, jedoch weit davon entfernt, eine herausragende Perle darzustellen.


Alles in Allem würd ich sagen, 2,5 von 5 Punkten.

patrick Offline




Beiträge: 3.245

16.11.2014 21:57
#160 RE: Sammelthread: Die Filme des Alfred Hitchcock Zitat · Antworten



Filmdaten
Deutscher Titel Hitchcock
Originaltitel Hitchcock
Produktionsland USA
Originalsprache Englisch
Erscheinungsjahr 2012
Länge 98 Minuten
Altersfreigabe FSK 12[1]
Stab
Regie Sacha Gervasi
Drehbuch John J. McLaughlin
Produktion Ivan Reitman
Tom Pollock
Joe Medjuck
Alan Barnette
Tom Thayer
Musik Danny Elfman
Kamera Jeff Cronenweth
Schnitt Pamela Martin
Besetzung
Anthony Hopkins: Alfred Hitchcock, Helen Mirren: Alma Reville, Scarlett Johansson: Janet Leigh, Toni Collette: Peggy Robertson, Danny Huston: Whitfield Cook, Jessica Biel: Vera Miles, James D’Arcy: Anthony Perkins, Michael Stuhlbarg: Lew Wasserman, Ralph Macchio: Joseph Stefano, Kurtwood Smith: Geoffrey Shurlock, Michael Wincott: Ed Gein, Richard Portnow: Barney Balaban, Wallace Langham: Saul Bass, Richard Chassler: Martin Balsam, Josh Yeo: John Gavin, Paul Schackman: Bernard Herrmann

Dies ist kein Film von Alfred Hitchcock, sondern ein Film über Alfred Hitchcock. Er beginnt mir einer Szene im Jahre 1944, in der der berühmte Mörder, Grab- und Leichenschänder Ed Gein (1906-1984) seinen Bruder erschlägt. Es folgt ein schneller Wechsel in´s Jahr 1959. Hitchcock ist 60 Jahre alt, hat gerade "North by Northwest" (der unsichtbare Dritte) erfolgreich in´s Kino gebracht und befindet sich auf der Suche nach neuen Inspirationen. Wiederholungen alter Erfolge, wie von den Studiobossen gefordert, lehnt er ab. Schließlich stößt er auf die wahre Geschichte Ed Geins und das davon inspirierte Buch "Psycho" von Robert Bloch (1917-1994).Nun weiß er, welchen Film er drehen wird, stößt aber auf heftigen Wiederstand der Studiobosse von Paramount, die das Projekt nicht finanzieren wollen.Davon unbeirrt, entscheidet er sich, den Film selbst zu produzieren, obwohl er eine Hypothek auf sein Haus aufnehmen muss und ihn ein Misserfolg finanziell ruinieren würde.Er lässt alle Kopien des Buches landesweit aufkaufen, damit möglichst niemand den Schluss kennenlernt,bevor der Film präsentiert wird. Allerdings macht ihm die Zensur der prüden 50er-Jahre das Leben zur Hölle. Doch Hitchcock erinnert sich zurück an seine Anfänge, als er kein Geld hatte und trotzdem frei experimentierte. Er sehnt sich diese Freiheit zurück und lässt sich nicht aufhalten. Seine starke Frau Alma steht ihm dabei zur Seite, freundet sich allerdings zu Hitchs Leidwesen mit dem Schriftsteller und Drehbuchautor Whitfield Cook an. Dieser ist ein Charmeur und versucht eine Affäre mit Alma zu beginnen, wozu es allerdings nicht kommt. Hitch ist aus dem Häuschen und erleidet sogar einen Zusammenbruch. Nachdem die Sache mit Whitfield geklärt ist, findet er wieder zu seiner alten Form zurück und vollendet Psycho, der allerdings bei der Zensur vorerst durchfällt. Er wird mit Almas Hilfe neu geschnitten, mit Mühe und Not freigegeben und nicht nur sein größter Erfolg, sondern ein Meilenstein der Filmgeschichte. Am Schluss sehen wir Hitchock, wie er erklärt, noch keine Ideen für sein neues Projekt zu haben und dabei eine große Krähe auf seiner Schulter Platz nimmt....

Dieser Film zeigt Hitchcocks Leben in den Jahren 1959/1960 während des steinigen Wegs bis zur Fertigstellung von "Psycho", seinen Kampf mit Studiobossen und prüden Zensurberhörden und nicht zuletzt sein Zusammenleben mit seiner Frau Alma.
Er sagt, er hasse nur eines mehr als Zahnarztbesuche. Nämlich die Diskussionen mit den Zensurbehörden. Diese sagen, dass noch niemals in einem amerikanischen Film eine Toilette gezeigt, geschweige denn gespühlt wurde. Darauf Hitchcock: "Dann drehen wir die Szene eben in Frankreich und verwenden stattdessen ein Bidet. Zensur: "Is there any inproper suggestion of nudity in the shower scene?" Hitchcock: "No, she is not nude, she is wearing a shower cap ". Zensur: "If this office denies a seal, and we are certainly heading in that direction, will you still make jokes then?"
Hitcock erklärt auch, er würde soviel Mühe in seine Filme investieren, für den kurzen Moment des Glücks, wenn diese mit Beifall angenommen werden. Die Zensur würde ihm diesen kurzen Moment einfach nicht gönnen. Immer wieder sehen wir imaginäre Szenen mit Ed Gein, die sich in Hitchs Phantasie abspielen und ihn inspirieren.
Während des Drehs der Duschszene schwingt Hitch, unzufrieden mit dem Mörderdouble, selbst das Messer und stellt sich dabei Studiobosse ,Zensurbeamte und Whitfield Cook als Opfer vor. Janet Leigh gerät dabei in echte Panik.
Hitchcocks Vorliebe für Essen und Trinken wird liebevoll porträtiert.Er steht nächtens vor dem Kühlschrank und genehmigt sich einen Snack nach dem anderen. Auch Flaschen und Gläser sind ständig irgendwo versteckt.
Seine Neigung zu bösen Scherzen sieht man in einer Szene, in der Janet Leigh schreiend die mumifizierte Mr.Bates in ihrer Garderobe vorfindet. Hitchcock: "I must apologize.But Mrs.Bates asked me to use your dressing room".
Da die Zensur den Film vorerst nur für 2 Kinos ohne Premiere freigibt, startet Hitchcock eine gewiefte Werbekampagne und kündigt an, Psycho wäre so schrecklich, dass Security-Personal das Kinopublikum vor eventuellen Amokläufern schützt. Nach Beginn des Films würde niemandem von Außen mehr Zutritt gewährt. Und Uhren erinnern im Vorfeld mit Signalen an den Start des Films.

Alma (Helen Mirren) ist eine sehr starke Frau, die bei den Filmen ein gewichtiges Wörtchen mitzureden hat. Sie treibt ihn auch zur Gartenarbeit im Freien an, was nicht gerade seine starke Seite ist. Außerdem ist sie seine Chauffeurin und kontrolliert seine Essgewohnheiten, da er, wie unschwer zu erkennen, zur Völlerei neigt.
Scarlett Johannsson spielt Janet Leigh, Jessica Biel Vera Miles.Beides tolle leading-ladys, auch wenn sie den von ihnen dargestellten Altstars nicht besonders gleichen. James D`Arcy aber hat eine geradezu verblüffende Ähnlichkeit mit Anthony Perkins, den er verkörpert. Man glaubt wirklich den echten Perkins zu sehen.
Anthony Hopkins ist der anspruchsvollen Titelrolle durchaus gewachsen, wenn man davon absieht, dass seine Gesichtszüge kaum an den Großmeister erinnern. Körperlich wurde er offensichtlich gut ausgepolstert. Posen und Gehabe sind recht stimmig.
Während der ersten Vorführung von Psycho beobachtet Hitchcock das Publikum aus dem Vorraum und begleitet wie ein Dirigent die Tonspur bis zum Höhepunkt der Duschszene, auf welchen das Publikum mit panischem Geschrei reagiert. Hitch ist entzückt.

Im Großen und Ganzen eine klare Empfehlung für Freunde des Großmeisters.

Ray Offline



Beiträge: 1.929

09.05.2019 22:22
#161 RE: Sammelthread: Die Filme des Alfred Hitchcock Zitat · Antworten

Lese akteuell Truffauts "Mr. Hitchcock, wie haben sie das gemacht?" Die Lektüre hat mich dazu inspiriert, in nächster Zeit hier ein paar Hitchcock-Filme zu besprechen. Vielleicht hat ja noch wer mal wieder Lust auf die ein oder andere Perle des "Master of Suspense"?


39 Stufen (The 39 Steps, GB 1935)

Regie: Alfred Hitchcock

Darsteller: Robert Donat, Madeleine Carroll, Lucie Mannheim u.a.



Richard Hannay läuft bei einer Varieté-Vorstellung der jungen Anabelle Smith in die Arme und nimmt diese kurzerhand mit zu sich in die Wohnung. Schnell stellt sich heraus, dass sie ein Geheimnis hat. Sie eröffnet ihm, eine Spionin zu sein und vom Diebstahl wichtiger Informationen durch eine ausländische Macht zu wissen. In der Nacht wird Annabelle in Richards Wohnung ermordet. Der Verdacht fällt umgehend auf Richard, der sich von nun an auf der Flucht vor Polizeibehörden und ausländischen Spionen befindet...

"39 Stufen" enthält das typische Hitchcock-Motiv des unschuldig Verfolgten. Eine Thematik, die den "Master of Suspense" Zeit seines Lebens verfolgte und die er immer wieder gerne in seinen Filmen aufgriff - etwa in "Saboteure" und vor allem "Der unsichtbare Dritte". Nach der gelungenen Exposition in dem Varieté um den Mann mit dem unglaublichen Gedächtnis namens "Mr Memory" purzelt die Hauptfigur schnell in eine ausgewachsene Spionagegeschichte. Die titelgebenden "39 Stufen" fungieren als MacGuffin, mithin als (austauschbare) Triebfeder für eine spannungsgeladene Geschichte. Der Film ist ausgesprochen temporeich und wechselt regelmäßig die Schauplätze. So flüchtet Richard zunächst aus seiner Wohnung, bald darauf springt er auf dem Weg nach Schottland aus einem Zug. Hitchcock beschränkt sich auf notwendige Szenen und spart alles weitere aus. Folge ist eine episodenhafte Erzählstruktur, die ihren Zweck, den Zuschauer bestmöglich zu unterhalten, allemal erfüllt. Das Publikum muss mit Richard einige lebensgefährliche bzw. brenzlige Situationen überstehen, bis es im Finale vermittelt über "Mr Memory" - sein erneutes Auftreten lassen den Film ungemein rund erscheinen - das Geheimnis um die 39 Stufen erfährt.

Was dem Film im Vergleich zu späteren Filmen freilich abgeht, ist der Glamour. Robert Donat schlägt sich wacker, hat aber längst nicht die Ausstrahlung eines Cary Grant oder James Stewart. Interessant ist die Mitwirkung der deutschen Schauspielerin Lucie Mannheim, die aufgrund ihrer jüdischen Herkunft 1933 aus Deutschland emigriert war. Anfang der 1950er-Jahre kehrte sie nach Deutschland zurück und wirkte in den gelungenen Kriminaldramen "Gestehen Sie, Dr. Corda!" und "Der letzte Zeuge" mit.


Das ewig junge Sujet des unschuldig Verfolgten sorgt gepaart mit der temporeichen Inszenierung des Meisters auch rund 85 Jahre nach Erscheinen von "39 Stufen" für kurzweilige Unterhaltung. 4 von 5 Punkten.

Lord Peter Online




Beiträge: 621

10.05.2019 15:14
#162 RE: Sammelthread: Die Filme des Alfred Hitchcock Zitat · Antworten

Zitat von patrick im Beitrag #153
Zitat von Peter im Beitrag #152
Zitat von patrick im Beitrag #151
Fazit: Ein sehr fein ausgedachter und inszenierter Thriller,dem ich in den unendlichen Weiten des Hitchock-Universums 4 von 5 Punkten gebe.

Volle Zustimmung. Ergänzen könnte man noch, dass die Story fast drehbuchreif von Patricia Highsmith in ihrem Erstlingswerk ausgedacht wurde. Chandler, selbst großartiger Noir-Romancier, versuchte sich wiederholt und leider eher mit mäßigem Erfolg als Drehbuchautor bzw. -adapteur und verschlimmbesserte das Script zunächst, bevor es die genannten Ersatzautoren - und Hitchcock himself - retteten.



Wie ich den älteren Berichten entnommen habe, wird in der literarischen Vorlage der zweite Mord tatsächlich begangen. Das wäre ein guter Ansatz für eine Neuverfilmung, wobei eine solche wohl,bei den heutigen Ermittlungsmethoden, nicht in der Gegenwart spielen dürfte.


Tatsächlich gibt es schon (mindestens) 2 Neuverfilmungen von "Strangers on a Train", einmal "Wenn dich der Mörder küsst" (Once You Kiss a Stranger) von 1969, wo Bruno efeminiert (und von Carol Lynley gespielt) wurde, wodurch das Ganze eher wie ein Vorläufer von Eastwoods "Sadistico - Wunschkonzert für einen Toten" wirkt, der wiederum ein Vorläufer von "Eine verhängnisvolle Affäre" war. Dann gab es noch "Ein nicht ganz perfekter Mord" (Once You Meet a Stranger), der 1996 fürs Fernsehen entstand und diesmal alle Rollen jeweils ins andere Geschlecht drehte. Die Hauptparts hatten Jacqueline Bisset (für ihren Part leider schon viel zu alt) und Theresa Russell.

Beide Filme trauen sich allerdings nicht, den Guy-Charakter ambivalenter darzustellen als bei Hitchcock, es geht immer nur um das Reinwaschen der eigenen Weste und das Zur-Strecke-bringen des Bruno-Charakters.

patrick Offline




Beiträge: 3.245

10.05.2019 15:51
#163 RE: Sammelthread: Die Filme des Alfred Hitchcock Zitat · Antworten

Zitat von Ray im Beitrag #163
Lese akteuell Truffauts "Mr. Hitchcock, wie haben sie das gemacht?" Die Lektüre hat mich dazu inspiriert, in nächster Zeit hier ein paar Hitchcock-Filme zu besprechen. Vielleicht hat ja noch wer mal wieder Lust auf die ein oder andere Perle des "Master of Suspense"?



Sehr gute Idee. Mannomann, dieser Thread enthält ja viele recht ungelenke Berichte aus meiner Anfangsphase im Forum , auf die ich stilistisch nicht mehr garade stolz bin..

Da müsste ich auch wieder mal was neues schreiben. Leider fehlt mir hinten und vorne die Zeit.

patrick Offline




Beiträge: 3.245

10.05.2019 15:55
#164 RE: Sammelthread: Die Filme des Alfred Hitchcock Zitat · Antworten

Zitat von Ray im Beitrag #163
Der Film ist ausgesprochen temporeich und wechselt regelmäßig die Schauplätze.


Das kann man wohl sagen. Ausgesprochen flott und unterhaltsam für einen Film aus den 30ern. Allerdings finde ich, dass Robert Donat sich keineswegs hinter Cary Grant und co. verstecken muss.

Ray Offline



Beiträge: 1.929

11.05.2019 12:01
#165 RE: Sammelthread: Die Filme des Alfred Hitchcock Zitat · Antworten

Weißes Gift/Berüchtigt (Notorious, USA 1946)

Regie: Alfred Hitchcock

Darsteller: Ingrid Bergman, Cary Grant, Claude Rains u.a.



Der Vater der deutschstämmigen Alicia Huberman wird kurz nach Ende des Zweiten Weltkriegs wegen Landesverrats zu einer langen Haftstrafe verurteilt. Der amerikanische Geheimdienst wendet sich in der Folge an Alicia mit der Bitte, Kontakt zu einem ehemaligen Vertrauten ihres Vaters namens Alexander Sebastian aufzunehmen, der in Rio Kontakt zu Alt-Nazis hält. Sie soll in Erfahrung bringen, ob von Sebastian und seinen Kollegen eine Gefahr ausgeht. Sebastian hatte schon immer tiefere Gefühle für Alicia empfunden. Der angestrebte Erfolg des Auftrags bringt Alicia in einen emotionalen Konflikt: Sebastian macht ihr bald einen Antrag, Alicia hat sich hingegen längst in den amerikanischen Agenten Devlin verliebt...

Lebte "39 Stufen" vom Tempo und den verschiedenen Schauplätzen, verließ sich Hitchcock in "Berüchtigt" vor allem auf die Star-Power seines Hauptdarsteller-Duos. Sowohl mit Bergman ("Ich kämpfe um dich") als auch Grant ("Verdacht") hatte der Regisseur schon erfolgreich zusammengearbeitet. Der Film ist ein Thriller mit eindeutig romantischem Einschlag, insoweit vergleichbar mit dem späteren Werk "Über den Dächern von Nizza". "Berüchtigt" enthält die bis dahin längste Kussszene. Gerade zu Anfang nimmt sich der Film viel Zeit, um die Anbahnung der Beziehung der beiden Hauptfiguren zu zeigen. Dies ist freilich in Teilen notwendig, um den späteren emotionalen Konflikt Alicias um die Heirat mit Sebastian vorzubereiten. Dennoch zeigt sich, dass romantisch akzentuierte Thriller Hitchcock weniger liegen als etwa Stanley Donen ("Charade", "Arabeske"). So versinkt "Berüchtigt" vor allem im Finale in Melodramatik, es fehlt ein wenig die Leichtigkeit. Typische Suspense-Momente (der Schlüsselklau Alicias und die Szenen im Keller, in denen sie und Devlin die uranhaltigen Weinflaschen entdecken) und die edle Inszenierung können dies nur teilweise kompensieren. Insofern dürfte der laut Truffaut beste Hitchcock - zumindest unter den Schwarzweiß-Filmen - in die Kategorie "überschätzt" fallen. Interessant ist noch, dass der Film zum Kinostart seinerzeit in Deutschland inhaltlich wie üblich, wenn es um die jüngere deutsche Vergangenheit ging, umgewandelt wurde. Die Rollennamen wurden verändert und aus dem Uran wurde Rauschgift. Für die Erstausstrahlung im Fernsehen Ende der 1960er-Jahre wurde eine neue Synchronisation angefertigt, die sich wieder weithin am Original orientierte. Ingrid Bergman und Cary Grant sollten 1958 noch einmal gemeinsam in einem Film auftreten: in der romantischen Komödie "Indiskret" unter der Regie Stanley Donens.


Stargespickter romantischer Thriller um verbrecherische Pläne untergetauchter Nazis, der sich arg auf die Ausstrahlung seiner Hauptdarsteller verlässt und mitunter sehr theatralisch daherkommt. 3,5 von 5 Punkten.

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