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Dieses Thema hat 9 Antworten
und wurde 1.246 mal aufgerufen
 Film- und Fernsehklassiker international
Gubanov ( gelöscht )
Beiträge:

11.02.2009 19:59
Sammelthread: Die Filme des Douglas Sirk Zitat · Antworten

In diesem Thread soll die Möglichkeit geschaffen werden, sich über die Filme des Regiemeisters und deutschen Emigranten Douglas Sirk (d.i. Detlef Sierck) auszutauschen. Der für seine Melodramen in den 1940er und 1950er Jahren bekannt gewordene Spielleiter wird von vielen als Genie auf seinem Gebiet anerkannt. Den Anfang sollen die Rezensionen zu den beiden Kinowelt-DVD-Veröffentlichungen „Angelockt“ (Lured, 1947) und „Schlingen der Angst“ (Sleep, My Love!, 1948) bilden. Natürlich steht der Thread aber auch für andere Filme, Fragen und Anmerkungen offen.



Lured (Angelockt)

Kriminalkomödie, USA 1947. Regie: Douglas Sirk. Drehbuch: Leo Rosten. Mit: George Sanders (Robert Fleming), Lucille Ball (Sandra Carpenter), Charles Coburn (Insp. Harley Temple), Boris Karloff (Charles van Druten), Cedric Hardwicke (Julian Wilde), Joseph Calleia (Dr. Nicholas Moryani), Alan Mowbray (Lyle Maxwell), George Zucco (Officer H.R. Barrett), Robert Coote (Officer Barret), Alan Napier (Detective Gordon) u.a. Uraufführung (USA): 28. August 1947. Uraufführung (BRD): 9. Februar 1975. Eine Produktion von Hunt Stromberg Productions für United Artists.

Zitat von Inhaltsangabe der DVD zu „Angelockt“
Die Londoner Polizei erhält makabere Gedichte. In jedem wird der Mord an einer jungen Frau angekündigt. Sieben Opfer sind bereits zu beklagen, da trifft gerade das achte Gedicht ein. Um den Psychopathen endlich dingfest zu machen, geht die Polizei ein hohes Risiko ein: Mit einem weiblichen „Köder“ versucht sie, den Serienmörder anzulocken.


Eine Kriminalgeschichte von einem poetischen Mädchenmörder wird in Douglas Sirks Kriminalfilm „Lured“ erzählt ebenso wie deren Aufklärung durch eine selbstbewusste und komödiantisch angehauchte Undercover-Ermittlerin. Die Besetzung verhilft der guten Geschichte zu starkem Glanz und handfester Glaubwürdigkeit. In den Hauptrollen sieht man neben George Sanders, Lucille Ball, Charles Coburn und Boris Karloff auch die aus den Basil-Rathbone-Sherlock-Holmes-Filmen bekannten Gesichter Alan Mowbray, George Zucco und Gerald Hamer, den Vater von Brett-Watson Edward Hardwicke sowie den späteren BBC-Sherlock-Holmes Alan Napier. Sie alle agieren im Rahmen ihrer Charaktere ergreifend, humorvoll oder anpackend und lassen den Film zu keinem Zeitpunkt zum Stillstand kommen.

Die Regie Sirks unterstützt einerseits die Stringenz der Handlung, die trotz zahlreicher Auflockerung nicht an Effektivität verliert, und kann andererseits durch auch dem Drehbuch Leo Rostens zu verdankende geschickte Erzählführung die Spannung stets auf einem hohen Niveau halten. Trotzdem ist es möglich, Leuchttürme auszumachen: Dazu gehört definitiv der, wie Filmwissenschaftler Marek Bringezu treffend formuliert, expressiv in Szene gesetzte Auftritt Boris Karloffs als verrückter Modeschöpfer, aber auch die latente Gefahr, die stets von Bösewicht Mowbray ausgeht. Dadurch, dass Sandra Carpenter, die Heldin der Geschichte, die den Zuschauer sofort für sich einnehmen kann, am Ende mit ihrem unerwarteten Romeo wieder in einer Tanzbar (dieses Mal natürlich in anderer Position) sitzt, gelingt es Sirk auch, den Film als runde Sache abzuschließen und den Zuschauer nach all den Morden, Mordversuchen, seelischen Abgründen und amüsanten Zwischenspielen zufrieden aus dem Kino zu schicken.

Negativ anzumerken gibt es nur weniges. Der wohl stärkste Kritikpunkt des Films ist in der Rolle des aus den Sherlock-Holmes-Filmen mit Basil Rathbone als Erzschurke bekannten George Zucco zu sehen: Während er zu Beginn des Films – perfekt zu seinem mysteriösen Auftreten passend – düster und unheimlich eingesetzt und gefilmt wird, sodass er in den Low-Angle-Shots geradezu bedrohlich wirkt, wendet sich dieser Charakter nach der (offensichtlichen) Entdeckung, dass er ein Polizist ist, um 180 Grad. Er wird zum Comic Relief des Films, was (man kann nur spekulieren, ob es am Versagen des Drehbuchs oder an der Eignung Zuccos liegt) nicht gelingen mag und zumeist übertrieben und unpassend wirkt.

Ein weiterer Faktor, den man nicht zu seiner vollen Wirkung ausnutzte, ist die Gewissheit, dass Sandra Carpenter ebenfalls ein Opfer des Mörderpoeten werden soll. Hier hätte man noch eine weitere spannungssteigernde Szene einbauen müssen, bevor durch das Gespräch zwischen Inspektor Temple und Sandra Klarheit geschaffen wird. Schließlich und endlich hadere ich auch mit dem Titel des Films, der mir zu allgemein und uneindeutig wirkt. Wer lockt wen an? Der Mörderpoet seine Opfer? Sandra Carpenter den Mörderpoeten? Inspektor Temple denselben? Hier hätte ich, auch wenn diese Meinung gegen die Auffassung Sirks steht, den Alternativtitel „Personal Column“ bevorzugt.

Insgesamt machen die hier als negativ aufgeführten Punkte das Endergebnis des Films nur unwesentlich schlechter. Die Qualität besticht über die gesamte Spielzeit ebenso wie das hervorragende Ensemble und die atmosphärisch dichte Kameraführung und Ausleuchtung. Dazu darf man nicht vergessen, dass hier ein durchaus solider, leicht psychologischer Kriminalfall überzeugend dargestellt wird. 4,5 von 5 Punkten.



Die DVD von Kinowelt enthält ein deutsches Bildmaster, das qualitativ sicher nicht absolut hochwertig, aber dennoch für das Alter durchaus in Ordnung ist. Der Kontrast ist etwas zu stark, wodurch es zu einiger Überstrahlung kommt. Bei der Synchronisation handelt es sich um die prominent besetzte TV-Synchronisation von 1974/75, in der man Curt Ackermann auf Charles Coburn, Holger Hagen auf Sir Cedric Hardwicke, Siegfried Schürenberg auf Boris Karloff, Horst Naumann auf Alan Napier und Erik Schumann auf George Sanders hört. Die englische Tonspur sowie deutsche Untertitel sind enthalten. Das Bonusmaterial ist lobenswert hervorzuheben: Aufgespielt sind ein Audiokommentar von Marek Bringezu, eine Fotogalerie, der Original-Werberatschlag, Biografien und Trailer zu anderen Filmen. Eine solide DVD-Veröffentlichung, mit der man, wenn man auf die englischen Titelinserts verzichten kann, zufrieden sein kann.

Percy Lister Offline



Beiträge: 3.589

14.02.2009 22:03
#2 RE: Sammelthread: Die Filme des Douglas Sirk Zitat · Antworten

BEWERTET: "Angelockt" (Lured), USA 1947

Die Geschichte beginnt nach klassischem Repertoire mit feinen Andeutungen der offensichtlichen Parallelen zum historischen Fall "Jack the Ripper". Ein Mädchenmörder, der Botschaften an die Polizei schickt und sich seiner Verbrechen rühmt, ergänzt in diesem Fall um poetische Anleihen, die bei Charles Baudelaire (1821-1867) genommen wurden. Der Tod und die Wollust ziehen sich durch die meisten seiner Gedichte, die vielseitige Interpretationen zulassen.

Zitat von 'Das schöne Schiff' aus: Die Blumen des Bösen
Auf deinem runden Hals und reicher Schultern Bogen
Läßt du dein prangend Haupt in fremder Anmut wogen;
So schreitest sieghaft du und lind
Auf deinen Wegen hin, mein hoheitsvolles Kind.


Inspector Temple und der Zuschauer können sich dem morbiden Zauber des Mörderpoeten nicht entziehen, obwohl dem geschulten Auge klar sein muss, was der Beamte von Scotland Yard in einer glänzend gespielten und durch die Position der Kamera perfekt angedeuteten Szene kombiniert: Ein sinnesfroher, mitten im Leben stehender Mann wie Robert Fleming sucht seine Befriedigung nicht in den Lyrikbänden verbotener Dichter, sondern im Lächeln einer Frau. Julian Wilde wird von Sir Cedric Hardwicke gespielt, der durch seine vornehme Zurückhaltung gerade in den Schluss-Szenen an Eindringlichkeit gewinnt. Sirk gelingt es vorzüglich, durch sein ausgewogenes Ensemble (die komödiantische Ball, der charmante Sanders, der joviale Coburn) verschiedene Stimmungen unter einen Hut zu bringen. Der Wechsel von einem süffisanten Wortgefecht zu einer bedrohlichen Szene ist nahezu gleitend. Interessant ist auch, dass dieser glänzende Film Noir dem deutschen Publikum bis zum Jahr 1975 vorenthalten wurde (dt. Erstausstrahlung im Fernsehen). Er schwimmt zwar im Fahrwasser der Basil-Rathbone-Sherlock-Holmes-Filme, ist also als B-Film geplant worden, doch Sirk zog alle Register, um weder Glamour, noch Pracht missen zu lassen. Kostüme und Ausstattung sind bemerkenswert. Lucille Ball gelingt es, den Zuseher sofort für sich einzunehmen. Durch Witz, Schlagfertigkeit und ihre irdische Schönheit (im Gegensatz zur Göttinnen-Aura mancher Kolleginnen, ist sie trotz ihrer eleganten Ausstrahlung ein Kumpeltyp) stellt sie kein Opferlamm, sondern eine mutige Gegnerin des unbekannten Mörders dar. George Sanders gibt ihren Sparringspartner, der sowohl als werbender Liebhaber, als auch als Justizopfer glaubhaft ist. Boris Karloff zeigt seine dämonische Seite, die ihn so berühmt gemacht hat. Sein Auftritt ist eine Reminiszenz an den Horrorfilm der Dreißiger Jahre ("Frankenstein", "Die Mumie").

Fazit: Ein spannender Kriminalfilm, der Spaß macht und fesselt zugleich. Faszinierend düster, stimmig synchronisiert und vorzüglich auf DVD gebracht, ist der Film eine klare Empfehlung.

Gubanov ( gelöscht )
Beiträge:

14.02.2009 22:09
#3 RE: Sammelthread: Die Filme des Douglas Sirk Zitat · Antworten

Wie angedeutet, ist es der große Vorzug von "Lured", die unterschiedlichsten Stimmungen unter einen Hut zu bekommen. Von Horror bis Humor, von der Atmosphäre eines Schauerstücks bis zu Musikgenuss ist alles vertreten. Sirk schafft es, diese Übergänge so fließend zu gestalten und auch teilweise zwei oder drei Stimmungen zugleich anzudeuten. Man denke nur an Alan Mowbrays Darstellung des Dieners, der gleichzeitig über eine düstere Ausstrahlung, aber auch über den angedeuteten Humor des nicht ganz cleveren Verbrechers verfügt, was besonders in seinen Szenen mit Joseph Calleia als Moryani - übrigens eine bemerkenswerte Anleihe an "Professor Moriarty" - zur Geltung kommt.

Reinhard Offline



Beiträge: 1.373

15.02.2009 07:39
#4 RE: Sammelthread: Die Filme des Douglas Sirk Zitat · Antworten

Ich vergöttere Douglas Sirk, aber seine Kriminalfilme / Thriller (zumindest was ich davon gesehen habe - ich hatte auch eine VHS-Aufnahme von SHOCKPROOF, die sich als unvollständig entpuppte), dgehören m.E. zu seinen schwächeren Arbeiten, in seiner US-Phase lief er eigentlich erst mit Beginn der 50iger (quasi mit Erwerb eines gewissen "Ranges" als Erfolgsregisseur) bei Universal zu Hochtouren auf und dort hat er auch seinen besten Kriminalfilm (eigentlich eher ein "Kriminal-Drama") gedreht, SCHWESTER MARIA BONAVENTURA (OT: THUNDER ON THE HILL). ANGELOCKT und VIDOQ sind natürlich auch sehenswert und SCHLINGEN DER ANGST wohl auch (ich kann mich an den Film nur noch vage erinnern), aber für mich persönlich nicht die Krönung in Sirks Werk. Seine Stärke lag m. E. vor allem darin, den Kitsch, den er als "Arbeiter" im Studiosystem produzieren "musste" (mehr oder minder) durch extreme Überhöhung ins Lächerliche zu ziehen, comichaft zu karikieren und ihm trotzdem seine Funktionalität nicht zu nehmen, ihm eine große Ehrlichkeit einzuverleiben - so ist die emotionale Manipulation und pathetische Übertreibung (in jeder Hinsicht) in SOLANGE ES MENSCHEN GIBT offensichtlich, nicht zu übersehen - was mich aber trotzdem nicht davon abgehalten hat, mehrfach in Tränen auszubrechen, tatsächlich. Mir ist bisher noch kein Regisseur untergekommen, dem derartig heikle, schwierige Gratwanderungen permanent in dieser Ausprägung gelingen und nebenher ist Sirk auch ein Meister im präzisen Entwerfen eisiger, sarkastischer Gesellschaftsbilder und insbesondere auch der Form - photographisch sind seine Filme meist ungeheuer einnehmend, faszinierend, komplex und virtuos.

Meine liebsten Sirk-Filme sind IN DEN WIND GESCHRIEBEN, SOLANGE ES MENSCHEN GIBT und, als mein besonderer "Schatz", ZEIT ZU LIEBEN, ZEIT ZU STERBEN (der übrigens in den Nebenrollen eine einzige Parade späterer Wallace-Darsteller ist: Barbara Rütting, Alexander Engel, Dieter Borsche, Alice Treff, Klaus Kinski, Dieter Eppler, Agnes Windeck, Charles Regnier). Und apropos Wallace-Darsteller: Einen sehr jungen Siegfried Schürenberg kann man erleben in ZU NEUEN UFERN, der mir wiederum von den mir bekannten deutschen Filmen Sirks am besten gefällt.

Anbei - quasi als Übersicht und indirekte Empfehlung - meine Bewertungen der 20 Sirk-Filme, die ich inzwischen gesehen habe (nach einem furiosen Einstieg mit IN DEN WIND GESCHRIEBEN vor etwas mehr als einem Jahr habe ich mir in kurzer Zeit gierig alles von ihm angesehen, was ich zwischen die Finger bekommen konnte - inzwischen ist er zu einem meiner Lieblings-Regisseur avanciert):

1. Schlussakkord (D 1936), 7/10
2. Das Hofkonzert (D 1936), 7/10
3. Zu neuen Ufern (D 1937), 9/10
4. La Habanera (D 1937), 7/10
5. Sommersturm (1944), 9/10
6. Vidoq - Ein eleganter Gauner (1945), 8/10
7. Angelockt (1948), 7/10
8. Leicht französisch (1949), 7/10
9. Schwester Maria Bonaventura (1950), 8/10
10. Eine abenteuerliche Frau (1952), 7/10
11. Taza, Sohn des Cochise (1954), 6/10
12. Die wunderbare Macht (1954), 9/10
13. Wenn die Ketten brechen (1955), 6/10
14. Was der Himmel erlaubt (1955), 8/10
15. Es gibt immer ein Morgen (1956), 8/10
16. In den Wind geschrieben (1956), 10/10
17. Duell in den Wolken (1957), 9/10
18. Der Engel mit den blutigen Flügeln (1958), 7/10
19. Zeit zu lieben, Zeit zu sterben (1958), 10/10
20. Solange es Menschen gibt (1959), 10/10

Gubanov ( gelöscht )
Beiträge:

30.03.2009 21:15
#5 RE: Sammelthread: Die Filme des Douglas Sirk Zitat · Antworten



Schlingen der Angst (Sleep, My Love!)

Kriminalfilm, USA 1948. Regie: Douglas Sirk. Drehbuch: St. Clair McKelway, Leo Rosen (Buchvorlage: Leo Rosen). Mit: Claudette Colbert (Alison Courtland), Robert Cummings (Bruce Elcott), Don Ameche (Richard W. Courtland), Rita Johnson (Barby), George Couloris (Charles Vernay), Queenie Smith (Mrs. Grace Vernay), Ralph Morgan (Dr. Rhinehart), Keye Luke (Jimmie Lin), Raymond Burr (Detective Sgt. Strake), Hazel Brooks (Daphne) u.a. Uraufführung (USA): 18. Februar 1948. Uraufführung (BRD): 3. November 1950. Eine Produktion von Triangle Productions für United Artists.

Zitat von Inhaltsangabe der DVD zu „Schlingen der Angst“
Alison Courtlands Alptraum beginnt in einem Zug nach Boston. Sie weiß nicht, wie sie in den Zug gekommen ist. Alison behauptet, zu Hause ins Bett gegangen zu sein. Schlafwandelt sie? Ist alles nur Einbildung? Mitnichten, denn was Alison nicht ahnt, ihr Ehemann mischt heimlich Medikamente in ihr Nachtgetränk, um sie schlafwandelnd erst in den Wahnsinn und dann den Tod zu treiben.


Nach einer ungewollt langen Pause soll hier nun auch meine zweite angekündigte Besprechung eines Douglas-Sirk-Films erfolgen, nämlich die von „Sleep, My Love!“, einem Film mit unglaublich bedeutsamem Titel, der in der deutschen Kinofassung leider nur den platten Namen „Schlingen der Angst“ trägt, somit zwar die Handlung im Groben recht gut einfängt, sie aber wesentlich weniger kunstvoll umschreibt.

Was eben diese Handlung angeht, so ist sie schnell erzählt. Die arme, reiche Frau, die von ihrem Ehemann wegen einer anderen umgebracht werden soll, kann im letzten Moment von einem rettenden (und natürlich gutaussehenden männlichen) Engel beschützt werden. Was sich ebenso anspruchsvoll wie der deutsche Titel anhört, wird durch zahlreiche Spannungsmomente und eine unglaublich atmosphärisch-stilsichere Inszenierung zu einem Psychothriller erster Güte. Wieder einmal zeigt sich das Gespür Sirks für die Schaffung einer packenden Atmosphäre, die hier vor allem in jenem alten Haus am Sutton Place in New York effektvoll zur Geltung kommt. Auch die übrigen Schauplätze (der Film ist im Gegensatz zu „Angelockt“ nicht in Großbritannien, sondern im Produktionsland angesiedelt) spiegeln eine dunklere Seite der Millionenstadt wieder, als man vermuten würde.

Jene bedrückende Stimmung, auf die Spitze getrieben in den Auftritten des „falschen Psychiaters“ und natürlich der famosen Schlussszene, ist der Aktivposten des Films. Sie wird aber auch hilfreich von den Schauspielern unterstützt, die allesamt „wie angegossen“ in dieses Kunstwerk passen. Da wäre Claudette Colbert, ein „Kunstgeschöpf“, wie es ein anderer Kritiker formuliert, die die tragische Hauptrolle glaubwürdig zwischen Unwissenheit, Entsetzen und Naivität pendelnd zum Besten gibt; da wäre der hervorragende Don Ameche als hinterlistiger Ehemann (er erinnert mich vom Äußeren her ein wenig an Ivan Desny, in jedem Falle ist er, dann auch noch durch Schürenberg synchronisiert, mein absoluter Lieblingsschauspieler in diesem Film); da wäre der erfrischende Bob Cummings als Sonnyboy und Privatdetektiv; und da wäre freilich der bereits erwähnte gefälschte Dr. Rhinehart, George Coulouris, der wahrlich unheimlich durch seine dicken Brillengläser starrt. Auch der spätere „Perry Mason“ Raymond Burr darf hier eine kleine Rolle übernehmen – und findet sich bezeichnenderweise auf der Seite des Gesetzes wieder.

Zu kritisieren bleibt, dass der Film an einer Stelle mächtig an Schwung verliert, wo er ansonsten so wunderbar kompakt und spannend ist: auf der chinesischen Hochzeit, die im Grunde genommen völlig überflüssig ist. Hätte Sirk hier darauf bestanden, die Schere anzusetzen, hätte „Sleep, My Love!“ noch besser werden können. Auch auf eine bessere Charakterisierung der Daphne hätte man Wert legen sollen: In einer tollen Szene im Fotolabor kommt leicht zum Vorschein, was hätte ausgebaut werden müssen: eine Überlegenheit, eine Dominanz Daphnes, der Geliebten im Hintergrund, die den Ehemann zu ihrem willenlosen Werkzeug macht. In der vorliegenden Form aber bleibt die genaue Konstellation der beiden Partner zueinander leider recht unklar, obwohl sie die zentrale Antriebskraft der Geschehnisse ist.

Schließlich und endlich, das ist aber nicht dem Film selbst anzulasten, ist es die deutsche Kinosynchronisation von 1950, die fast alle Frauencharaktere so nervig überzeichnet, dass es ein Grauen ist. Hiervon werde ich trotz des Einsatz Schürenbergs auf der männlichen Hauptrolle deshalb in Zukunft Abstand und den Film lieber im Originalton schauen ...

Von der Stimmung her hat mir „Sleep, My Love!“ noch besser gefallen als „Lured“, da man dort einige Male mit dem Humor etwas stark übertrieben hat, hier hingegen ein zwar hin und wieder aufgelockerter, aber stets sehr düsterer Ausdruck zu verzeichnen ist. Die Darsteller sind in beiden Produktionen ebenbürtig. Allerdings bleibt zu „Sleep, My Love!“ zu sagen, dass durch den Umstand, dass nur ein einziges Verbrechen in seiner vollen Umsetzung (oder zumindest dem, was umgesetzt werden konnte) gezeigt wird, eine noch tiefgründigere Motivation der einzelnen Parteien und eine noch bessere Charakterisierung in einzelnen Fällen nötig gewesen wäre. Da aber so genial zweideutige Einstellungen wie die „Dart-Szene“ nicht unhonoriert bleiben dürfen und ich insgesamt „Sleep, My Love!“ präferieren würde, drücke ich beide Augen zu und vergebe – wackelige, aber gut gemeinte – 5 von 5 Punkten.



Die DVD von Kinowelt weist ein deutlich besseres Bild auf als „Angelockt“. Grautöne und Schwarzwerte sind hier im grünen Bereich und Kontrast und Schärfe sind ebenfalls als ordentlich zu bezeichnen, was offenbar (Kinofassung gewinnt gegen Fernsehfassung) auf besseres Ausgangsmaterial zurückzuführen ist. Wie auch beim anderen Release sind natürlich die englische Tonspur und lobenswerterweise sowohl deutsche Untertitel als auch ein Audiokommentar mit Filmwissenschaftler Marek Bringezu enthalten. Ansonsten nichts Weltbewegendes (Biografien und eine Bildergalerie, die leider am Computer uneinsehbar ist). Amerikanischer Originalvorspann mit deutscher Titeltafel. Insgesamt eine gute Veröffentlichung.

Percy Lister Offline



Beiträge: 3.589

05.04.2009 12:31
#6 RE: Sammelthread: Die Filme des Douglas Sirk Zitat · Antworten

BEWERTET: "Schlingen der Angst" (Sleep, My Love!), USA 1948

Nach dem spannenden "Angelockt" war "Schlingen der Angst" für mich zunächst eine kleine Enttäuschung. Die Ausgangssituation schien sehr vielversprechend: Junge Ehefrau wacht in einem Schlafwagenabteil auf und weiß nicht, wie sie in den Zug gekommen ist. Dass der Ehemann Schuld daran ist, steht von Beginn an fest. Er bedient sich für seine finsteren Pläne eines Fotografen, der sich als Psychiater ausgibt und bezeugen soll, dass Alison Courtland unter Verfolgungswahn leidet. Die Triebfeder für das Verbrechen ist wieder einmal - wie in den meisten Fällen, wenn Ehepartner morden - das Geld und eine andere Frau.
Leider macht Sirk den Fehler, die Handlung durch Nebenschauplätze aufzulockern. Die ausführliche Hochzeitssequenz und Alisons beschwipste Fröhlichkeit stehen im Kontrast zu den Sorgen, die die junge Frau quälen. So hatte ich manchmal das Gefühl, als sei die Bedrohung nicht stark genug. Vermutlich ist das so, weil sich Alison immer frei bewegen kann und mit ihrem neuen Freund Bruce Elcott sogar ausgehen kann, was in anderen Filmen des Genres (z.B. "Gaslicht", "Das Haus der Lady Alquist") nicht der Fall ist. Dort findet man meist eine Locked-in-the-House-Situation vor; eine Ehefrau, die von der Außenwelt abgeschirmt wird, damit sie sich in ihrer Gedankenwelt verliert und als einzige Bezugsperson ihren Ehegatten hat, der sich zwar besorgt zeigt, jedoch keinen Zweifel daran läßt, dass er sie für geisteskrank hält.
Die Figur des dämonischen Psychiaters gewinnt im Laufe der Handlung an Bedeutung. Er wird als Kinderschreck mit dicker Brille und gebeugtem Rücken inszeniert, was im deutlichen Gegensatz zur entrückten Eleganz seines Modells steht. Daphne scheint sich in Kulissen zu bewegen. Ihr Glamour ist nicht alltagstauglich. Sie sitzt im wahrsten Sinne des Wortes auf einem Podest, während Alison zwar ebenfalls in teure Stoffe gehüllt ist, jedoch weitaus natürlicher und menschlicher ist.
Suggestion und Hypnose gehen Hand in Hand. Nicht nur Alison unterliegt einem fremden Zwang, auch ihr Mann hat sich (allerdings freiwillig) in die Macht einer anderen Person begeben. Der sympathische Bruce sprengt diese Verflechtungen und bringt Lachen, Klarheit und Offenheit ins Spiel. Da die Kriminalpolizei absichtlich aus der Sache herausgehalten wird (abgesehen von einem Kurzauftritt von Raymond Burr), übernimmt er die Nachforschungen und verkörpert so den Zuschauer, der sich fragt, wie weit es den Intriganten gelingen wird, Alison zu brechen.

Fazit: Insgesamt vermag der Film zu überzeugen, mit kleinen Abstrichen durch den Füllstoff im Mittelteil (chinesische Hochzeit) und die gräßliche deutsche Synchronisation besonders der weiblichen Figuren (wofür der Film an sich natürlich nichts kann). Das Finale ist perfekt komponiert und man merkt bei mehrmaliger Betrachtung, dass Sirk es wie einen Tanz inszeniert hat. Der Schurke eilt in spiralförmigen Bewegungen (sein Lauf durchs Treppenhaus) voran, gefolgt von einem behende auftretenden Helden, während die Heldin durch geschicktes Anknipsen der Lampen aktiv teilnimmt, anstatt ohnmächtig in einer Ecke zu liegen, wie es so oft in anderen Dramen zu sehen ist.

lasher1965 Offline




Beiträge: 419

09.04.2009 20:11
#7 RE: Sammelthread: Die Filme des Douglas Sirk Zitat · Antworten

Ich habe kürzlich "In den Wind geschrieben" gesehen, der Film ist einfach grandios! Muss man gesehen haben!

Gubanov ( gelöscht )
Beiträge:

06.10.2010 18:18
#8 RE: Sammelthread: Die Filme des Douglas Sirk Zitat · Antworten



Was der Himmel erlaubt (All That Heaven Allows)

Liebesdrama, USA 1955. Regie: Douglas Sirk. Drehbuch: Peg Fenwick. Mit: Jane Wyman (Cary Scott), Rock Hudson (Ron Kirby), Agnes Moorehead (Sara Warren), Conrad Nagel (Harvey), Virginia Grey (Alida Anderson), Gloria Talbott (Kay Scott), William Reynolds (Ned Scott), Charles Drake (Mick Anderson), Hayden Rorke (Dr. Dan Hennessy), Jacqueline deWitt (Mona Plash) u.a. Uraufführung (GB): 25. August 1955. Uraufführung (USA): 25. Dezember 1955. Uraufführung (BRD): 15. Juni 1956. Eine Produktion von Universal Pictures.

Zitat von Inhaltsangabe der DVD zu „Was der Himmel erlaubt“
Cary Scott ist eine reiche Witwe, die sich in den attraktiven, jüngeren Gärtner Ron Kirby verliebt hat. Ron erwidert ihre Gefühle und die beiden heiraten. Cary ist glücklich in ihrer Beziehung, doch sie hat Angst, dass ihre Kinder und ihre Freunde sich von ihr abwenden werden. Und tatsächlich denken sie, dass Ron nur an ihrem Reichtum interessiert ist und können Carys Gefühle für ihn nicht nachvollziehen. Ron macht sich nichts aus dem Gerede, doch auf Cary zeigt es Wirkung ...


Wer in der letzten Nacht zufällig im Ersten nach dem Nachtmagazin nicht rechtzeitig die Fernbedienung zur Hand hatte, um den Apparat auszustellen, wird wie ich auf den Douglas-Sirk-Film „Was der Himmel erlaubt“ gestoßen sein. Diese Technicolor-Produktion aus dem Hause Universal versorgt den geneigten Zuschauer mit allem, was man sich unter schwülstiger Fünfzigerjahreromantik und Liebesdramatik vorstellt. Der Film erzählt die Geschichte der reichen Witwe Carry, die sich in ihren jungen Gärtner verliebt und von einer Heirat mit ihm durch die ablehnenden Reaktionen ihrer Kinder und Bekannten abgehalten wird. Damit macht sich „All That Heaven Allows“, so der Originaltitel, gleichsam zu einer Kritik an der Borniertheit der Gesellschaft – ein gern gesehenes Thema in Filmen, die so wie dieser in malerischen Dörfern und Kleinstädten der Ostküstenregionen angesiedelt sind.

Douglas Sirk gelingt es, der Produktion trotz durchdringender Klischeeorientierung Substanz zu verleihen. Er vermag diesen Schritt vor allem in der hervorstechenden Bildgestaltung festzusetzen und rückt die Geschichte vor dem Wechsel der Jahreszeiten, dem Indian Summer, dem Schnee des Winters sowie den Freuden und Leiden des Weihnachtsfestes in ein optisch sehr befriedigendes, wenngleich bis auf die Knochen genregeprägtes Licht. Da hüpfen Rehlein vor der Kamera herum, werden Bodenständigkeit und Naturbelassenheit zu Übertugenden stilisiert, Tradition und Sicherheit als beengende Einschränkungen auch in räumlichen Dimensionen verbildlicht. Auffällig ist gleichsam der Einsatz von Metaphern, der Gegenständen wie einer Teekanne die Aufgabe zukommen lässt, Aussage über den Stand einer Liebe zu treffen.

In den Hauptrollen vermitteln Jane Wyman und Rock Hudson Sympathie und Präsenz. Es ist erstaunlich, dass Wyman, die gerade einmal fünf Jahre zuvor in Alfred Hitchcocks „Stage Fright“ als junges Mädchen auftrat, hier in „All That Heaven Allows“ als gealterte und wenig extravagante Witwe völlig überzeugend agiert und auch körperlich für den Part wie geschaffen zu sein scheint.

Eine Punktewertung werde ich für „Was der Himmel erlaubt“ nicht vornehmen. Es handelt sich um einen sehr speziellen Film, dessen mit einem Heimatfilm vergleichbare Ausstrahlung man mögen muss, um ihn überhaupt eines Blickes zu würdigen. Er ist kein Film für alle Tage, sondern für eine besondere Stimmung. Diese hat die ARD gestern jedenfalls bei mir gut getroffen.

Jack_the_Ripper Offline




Beiträge: 388

02.03.2012 17:08
#9 RE: Sammelthread: Die Filme des Douglas Sirk Zitat · Antworten

SCHWESTER MARIA BONAVENTURA
(USA 1951, Original: Thunder on the Hill)




Enthält Spoiler!

Zwar lässt einen der Titel eher an ein pathetisches Religionsdrama oder eine kitschige Arztschnulze denken, tatsächlich verbirgt sich dahinter eine interessant angelegte Kriminalgeschichte, die in Douglas Sirks Regie der Gefühle und Stimmungen auch die Emotionen, Beweggründe und Lebenslügen der Protagonisten thematisiert bzw. immer wieder in den Vordergrund stellt. Die Bühnenherkunft beschränkt die Handlung größtenteils auf einen einzigen Schauplatz, ein britisches Nonnenkloster, das während einer Sturmflut Zufluchtsort für anliegende Dorfbewohner und Durchreisende wird. Der Beginn beschert uns düstere, apokalyptisch-unheimliche Bilder von der Karawane der Flüchtlinge, die in Gewitter und tosendem Regen, mit Sack und Pack, Tier und Hausrat in das Kloster einziehen. Damit hält in der trutzigen Burg, die für einige Tage Obdach und Schutz bieten soll, auch die laute, vulgäre Alltagswelt Einzug, bringt die enge, von kirchlichen Riten geprägte und nach strengen jahrhundertealten Regeln und Gebräuchen organisierte Klosterabgeschiedenheit durcheinander. Zwar ist die kriminalistische Grundidee interessant - unter den von der Überschwemmung Schutz Suchenden befindet sich eine zum Tode Verurteilte auf dem Weg zur Hinrichtung, einer der Ordensfrauen, Schwester Bonaventura, kommen Zweifel an der Schuld der Delinquentin und sie beginnt Untersuchungen -, doch die Ausführung wirkt durch manche Komponenten unglaubwürdig und extrem konstruiert. Besonders, dass fast alle Beteiligten an der Mordaffäre, Verdächtige, Zeugen, Ermittler sich zufällig unter dem Dach des Klosters zusammenfinden oder wie der Liebhaber durch eine gewagte (aber schön und stimmungsvoll in Nebel und Nacht gefilmte) Aktion von Schwester Bonaventura dorthin verbracht werden, verlangt einige Zugeständnisse an die Glaubwürdigkeit, ebenso wie die Tatsache, dass die alten Zeitungen mit den Prozessberichten, von einer sammelwütigen Schwester gehortet, wundersam bei der Aufklärung dienlich sind. Claudette Colbert überzeugt mit ihrer differenzierten Darstellung der vom eigenen Leid in die Tracht einer Ordensschwester geflüchteten Frau, die nun versucht, das Unrecht an der Todeskandidatin zu verhindern, um vielleicht damit auch die (vermeintliche) eigene Schuld ungeschehen machen zu können. Ihr leises Spiel lässt den Konflikt zwischen Gehorsam, Gelübde und eigenem Willen glaubhaft werden. Erscheinungsformen und Abarten der Liebe sind neben Mord und Schuld ein weiteres Hauptthema des Films, die Liebe von Schwester Bonaventura zu Gott und den Mitmenschen, die obsessive, besitzergreifende und letztendlich zerstörerische Liebe des Arztes zu seiner psychisch kranken Frau, die reine, unverfälschte Zuneigung zwischen der Verurteilten und ihrem Freund, die durch das Wiedersehen hinter Klostermauern neue Nahrung gewinnt. Die kurze Laufzeit von 81 Minuten bewahrt den Film vor Langatmigkeit, doch am Ende bleibt ein zwiespältiger Eindruck, die Kriminalstory ist ungewöhnlich, aber zu konstruiert, voller Klischees und vorhersehbar, die Darsteller agieren solide und routiniert, bleiben bis auf Claudette Colbert aber unscheinbar, zudem gleitet der Film manchmal in allzu dick aufgetragenen emotionalen und religiösen Pathos ab.

In der ARD-Version aus dem Jahr 1958 spielt Hilde Krahl die Titelrolle, die sonst schwerfällige ORF-Bearbeitung des Stoffes von 1969 begeistert durch die frische, lebendige und einprägsame Rolleninterpretation von Erika Pluhar.

Percy Lister Offline



Beiträge: 3.589

12.04.2015 14:25
#10 RE: Sammelthread: Die Filme des Douglas Sirk Zitat · Antworten

BEWERTET: "Was der Himmel erlaubt" (All that Heavens allows), USA 1955
mit: Jane Wyman, Rock Hudson, Agnes Moorehead, Conrad Nagel, Gloria Talbott, William Reynolds, Virginia Grey, Charles Drake u.a. | Drehbuch: Peg Fenwick nach der Erzählung von Edna L. Lee und Harry Lee | Regie: Douglas Sirk

Die Witwe Cary Scott lebt nach dem Tod ihres Mannes sehr zurückgezogen. Sohn und Tochter sind erwachsen und gehen ihre eigenen Wege, während Carys Freundinnen völlig im hiesigen Country-Club und dem Ortsklatsch aufgehen. Als Cary den fünfzehn Jahre jüngeren Gärtner und Baumschulenbesitzer Ron Kirby kennenlernt, spürt sie, dass ihre geordnete Welt aus den Fugen gerät. Ron will Cary heiraten, doch der Widerstand von Carys Umfeld macht ihre Liebe unmöglich....



Altersunterschiede zwischen Paaren werden immer nur dann thematisiert, wenn es sich bei dem älteren Partner um eine Frau handelt. Das extremste Beispiel dafür ist "Harold und Maude" (1971), doch bereits die biederen Fünfziger Jahre kannten die Provokation, die eine solche Liebe für ihre Umgebung darstellt. Interessanterweise ist der Altersunterschied zwischen den Hauptdarstellern Jane Wyman (*1917) und Rock Hudson (*1925) marginal, wobei die mütterliche Wärme, die Wyman ausstrahlt und der jungenhafte Charme Hudsons bewusst zum Gelingen der Rollenvorgaben eingesetzt wurden. Douglas Sirk erwählt sich die Natur als Parabel für seinen Film, wobei der Fokus auf den Wechsel der Jahreszeiten und die Läuterung des Menschen durch die Erdverbundenheit gelegt wird. Die artifizielle Welt des sogenannten Country-Clubs, in dem harte Drinks und bissige Kommentare vorherrschen, konkurriert mit einem ländlichen Beisammensein unter wohlmeinenden Originalen.

Zitat von Chronik des Films, Bechtermünz Verlag 1996
Sirks Melodram, wegen seiner Gefühlsseligkeit von Kritikern zunächst eher abgelehnt, vom Publikum jedoch gefeiert, gilt Jahrzehnte später als Klassiker. Die Aussagekraft seiner klug inszenierten Bilder in Verbindung mit der dramatischen Musik wird als einzigartig erkannt.


Bewusst werden Figuren überzeichnet, so vor allem die freudianische Soziologin in Gestalt von Carys Tochter, deren ständiges Auf-und Absetzen der Brille nicht nur ihre Verwirrung kennzeichnet, sondern sie auch um einiges älter erscheinen lässt. Jene Eigenschaften, die sie ihrer Mutter abspricht, sucht man bei ihr vergebens. Nicht weniger festgefahren in seiner Meinung ist Carys Sohn, der nur seinen eigenen Vorteil im Blick hat. Symbole wie der Fernseher als Begleiter der wunschlos Genügsamen durch einsame Abende und Nächte rücken zunehmend in den Mittelpunkt, während menschliche Nähe abnimmt. Die Jugend zieht hinaus ins Leben, das Alter bleibt zurück. Ein Rütteln an den Traditionen wird mit Ächtung und Verachtung bestraft.

Die Fragilität menschlicher Beziehungen und der Liebe im Besonderen wird im Stil großer amerikanischer Epen mit zwei Kassenstars charmant und lebendig umgesetzt. Eignet sich besonders für Feiertage wie Erntedank oder Weihnachten. 4 von 5 Punkten

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