Bewertet: Francis Durbridge – Ein Mann namens Harry Brent Deutschland 1967, TV. Regie: Peter Beauvais. Drehbuch: Francis Durbridge. Mit: Günther Ungeheuer, Peter Ehrlich, Brigitte Grothum, Wolfgang Preiss, Gert Haucke, Dirk Dautzenberg, Christiane Nielsen, Paul Verhoeven, Anneliese Römer, Barbara Frey u.v.a.m.
„Ein Mann namens Harry Brent, I. Teil“
Nach Hans Quests traditionellen Durbridge-Spannungsmehrteilern erwartete ich hier von Anfang an, etwas völlig anderes, moderneres zu sehen. Immerhin vier Jahre liegen zwischen „Tim Frazer: Der Fall Salinger“ und „Ein Mann namens Harry Brent“ – Veränderungen von Mode (sowohl der zum Anziehen als auch der der [TV-]Filmerstellung), Art der Inszenierung, Erfahrung des Publikums und des Autors eingeschlossen. Die Atmosphäre, die ich in diesem Mehrteiler bzw. bisher seinem ersten Teil vorfand, begeisterte mich jedoch nicht sonderlich. Zwischen eben jener Frische, die für 1967 vorausgesetzt werden kann, und traditioneller Dorfatmosphäre vermag der Film nicht zu vermitteln. Dies kann durchaus daran liegen, dass mit Peter Beauvais ein Regisseur verantwortlich war, der mit Kriminalfilmen bisher (so las ich) noch nicht in Kontakt gekommen war. So erkläre ich mir auch eine Vielzahl für mich verständnisloser Längen im ersten Teil, den man gut und gern auch in vierzig Minuten Spielzeit hätte unterbringen können.
Die Darsteller spielen überzeugend, wenngleich die Zeit „ganz großer Namen“ bei Durbridge vorbei zu sein scheint. Zwar gibt es Kinoschauspieler-Gastdurchläufe (Grothum, Preiss), doch wirkliche Zugpferde sind das nicht. Einen Hauptrollenstar wie Heinz Drache oder Harald Leipnitz sucht man vergebens. Stattdessen spielen, völlig realistisch, aber, wie erwartet, durchfallend, zwei eher weniger als mehr namhafte TV-Darsteller die Ermittler: Ehrlich und Dautzenberg. Der Fall selbst – nun gut, wie sollte man es anders erwarten – gestaltet sich abermals als Puzzle. Ich könnte einmal mehr die Ereignisse mit einer Hypnose-Verschwörungstheorie erklären, sehe mich sonst allerdings völlig ratlos.
Zustimmen muss ich Georg bezüglich der Bildqualität von „Ein Mann namens Harry Brent“. Das Bild wirkt körnig, unscharf, viel zu dunkel, oft zu kontrastreich und manchmal etwas verzerrt. Es könnte tatsächlich von einer anderen Bildquelle „abgefilmt“ worden sein. Weiß der Teufel, wann und warum dies gemacht wurde und weshalb ARD-Video a) keine Anstalten machte oder b) nicht die Möglichkeit hatte, das Material in einen (noch?) besseren Zustand zu bringen. So bleibt die Bildqualität jedenfalls hinter allen bisher gesehenen Durbridge-Mehrteilern zurück, was sich leider auch auf das Filmvergnügen auswirkt. Kulissen wirken düster und trostlos (Extrembeispiel die scheinbar fast fensterlose Wohnung von James Wallace). Auch der Ton scheint mir nicht der beste zu sein, wenngleich ich zugeben muss, ihn bisher nur über Computerlautsprecher „konsumiert“ zu haben.
Hier nun einige Screenshots von der Disc:
- Menüshot - Die Titeleinblendung sitzt schief
- Unscharf, dunkel und mit Bewegungsungenauigkeit: Wallace auf dem Friedhof - Dirk Dautzenberg spielt Roy Philipps
Der Mehrteiler beginnt temporeich mit dem Fußweg von Harry Brent zum Bahnhof. Am schnellen Schritt erkennt man, dass es sich um einen entschlossenen Mann handelt, der seine Pläne zielstrebig verfolgt. Die anschließende Zugfahrt und die Abholung in Guildford durch George Conway soll die Personen kurz charakterisieren und gleichzeitig den Anschein erwecken, es handele sich um tägliche Routine. Der Weg Brents führt ihn an den Arbeitsplatz seiner Verlobten Jane Conway, wo es zu einem Wiedersehen mit der jungen Frau kommt, die mit Brent im gleichen Abteil gefahren ist. Wie aus heiterem Himmel erschießt Barbara Smith ihren künftigen Arbeitgeber. Als sie auch noch kurze Zeit später Selbstmord begeht, beginnt der Fall für den Zuseher erst richtig interessant zu werden. Die hier oft geäußerte Kritik, der Mehrteiler wäre düster und in schlichten Kulissen inszeniert, stimmt nur zum Teil. Es ist in der Tat sehr bedauerlich, dass man sich mit "Ein Mann namens Harry Brent" nicht mehr Mühe gegeben hat. Vielleicht hätte man die "Straßenfeger"-Editionen nicht so schnell hintereinander auf den Markt bringen sollen. Zeitdruck hat sicher auch dazu geführt, dass man aus dem vorhandenen Material nicht mehr herausgeholt hat. Doch welche Master lagen vor? Die Wohnungen der Beteiligten sind teilweise fensterlos und dunkel, doch das ist meiner Ansicht nach gewollt. James Wallace kann sich als gewöhnlicher Inspektor keine so großzügige Wohnung leisten, wie sie der ehemalige Ingenieur Tim Frazer bewohnt. Die Schlichtheit der Möbel soll dem Zuseher zeigen, dass wir es mit einem vielbeschäftigten Beamten zu tun haben, der allein lebt und selten zuhause ist. Die Enge der Räume steht für seine seelische Situation (nicht verarbeitete Trennung von Jane Conway, dienstliche Besprechungen selbst nach Feierabend). Das Haus der Geschwister Conway hingegen ist hell und geräumig, weshalb sich alle Beteiligten gern dort aufhalten. Der Innenhof erinnert sofort an den Gutshof von Alistair Goodman ("Das Halstuch") - wahrscheinlich ist es der gleiche. James Wallace wird von Peter Ehrlich gespielt, der ungeschminkt und geradeheraus ist. Man glaubt ihm, dass er es insgeheim bereut, sich von Jane getrennt zu haben und deshalb gewisse Vorbehalte gegen ihren Verlobten Harry hat. Er muss sachlich und ohne Vorurteile an den Fall herangehen und man sieht, wie er sich im ersten Verhör (nach dem Überfall auf Brent) bemüht, objektiv zu bleiben, obwohl er nur zu gern glauben würde, dass Janes Verlobter ein Verbrecher ist. Aus dieser Perspektive erscheint der Mehrteiler umso interessanter: Ist Harry Brent schuldig und wird am Ende verhaftet? Kann James Wallace Jane zurückgewinnen? Günther Ungeheuer ist der richtige Mann für die Person des zweilichten Brent. Er ist durch seine früheren Rollen schon vorbelastet (siehe: "4 Schlüssel") und man weiß, wie leicht er durch seinen herben Charme Frauen um den Finger wickelt (siehe: "Polizeirevier Davidswache"). Brigitte Grothum mit frechem Kurzhaarschnitt ist die positive Figur der Geschichte. Sie muss sich fragen, ob sie nach der Trennung von Wallace mit Brent nicht den falschen Mann gewählt hat. Ein riesiger Plusplunkt des Mehrteilers ist die Musik von Hans-Martin Majewski, die immer wieder in mysteriösen Situationen zu hören ist (z.B. bei Harrys Besuch der Kingstown Mansions). Die beiden Cliffhanger lassen den Zuseher jeweils mit einer außer Gefecht gesetzten Frau zurück. Zuerst mit Phyllis Brother, dann mit Jane Conway, was besonders schmerzt, da sie als einzige Person unverdächtig erscheint und dem Publikum als Identifikationsfigur präsentiert wird. Die Spannung wird durch Rätsel und gefährliche Situationen in beiden Teilen gehalten, auch wenn sich manche Zeugenbefragungen etwas in die Länge ziehen (besonders die Gespräche mit Mrs. Green).
Gubanov
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11.01.2009 14:32
#3 RE: Bewertet: Francis Durbridge - Ein Mann namens Harry Brent (8)
Was man dem zweiten Teil dieses Durbridge-Straßenfegers lassen muss, ist, dass er leichter konsumierbar ist als der erste. Langsam steigt man in das Gewirr der sich teilweise stark gleichenden Handlungsträger ein, langsam gewöhnt man sich an die merkwürdige Ausstrahlung des Films und langsam, ganz langsam, gewinnt die Handlung an Fahrt. In einigen Szenen (und es sind gerade die von Percy Lister kritisierten Gespräche mit Mrs. Green) kommt sogar altes Durbridge-Flair durch, das dafür sorgte, mich kurzfristig für diesen Fall zu begeistern.
Auch in den anderen Punkten stehe ich den hier geäußerten „Verteidigungen“ um etwa 180 Grad entgegen. Die Wohnungen sind schlichtweg nicht attraktiv genug. Dies mit einer Paradeinterpretation über Seelenzustände zu rechtfertigen, wirkt sehr wacklig – weit hergeholt, möchte man sagen. Ich sehe einfach das größtenteils ausgetauschte Team dafür verantwortlich. Nur noch wenige Namen der Crewliste kennt man aus den bisherigen Straßenfegern: Szenenbau-Verantwortlicher Alfons Windau (Das Halstuch, Tim Frazer, Tim Frazer: Der Fall Salinger, Die Schlüssel, Melissa) wurde durch Wolfgang Schünke ersetzt – hätte man’s doch besser beim Alten belassen... Die sehr realistischen britischen Außenaufnahmen, die der Zuschauer oft präsentiert bekommt, können so einfach mit dem Interieur nicht aufgewogen werden. Ein Ungleichgewicht entsteht.
Auch die Besetzung stimmt mich nicht so zufrieden wie in anderen Mehrteilern: Brigitte Grothum, dieses Mal mit kürzeren Haaren als sonst, wirkt sehr erfrischend und natürlich. Ich freue mich immer, sie zu sehen – sie ist ein Pluspunkt des Films. Im gleichen Maße enttäuscht mich jedoch Wolfgang Preiss: Er wirkt schrecklich farblos im Vergleich zur etwa ähnlich gearteten Rolle von Erwin Linder in „Das Halstuch“. Dirk Dautzenberg gefällt mir auch nicht sonderlich – er hat (z.B. bei der Verfolgung Kevin Jasons) einige gewollt komische Auftritte, über die ich aber beim besten Willen nicht lachen konnte. Auch hört man seinen Kölner Akzent leider merklich durch... Nun zur hochgelobten Besetzung Harry Brents mit Günther Ungeheuer: Ich persönlich bedaure sehr, egal, wie „Ein Mann namens Harry Brent“ ausgehen wird, dass Joachim Fuchsberger diese Rolle nicht annehmen konnte. Er hätte dem Film nicht nur mit seiner Prominenz unter die Arme gegriffen – nein, auch wäre es für ihn die Chance gewesen, Skeptikern, die ja auch heute noch reichlich vorhanden sind, zu zeigen, dass er durchaus einen zwielichtigen Charakter darstellen kann. Unabhängig vom Ausgang wäre er auch ein befriedigenderer Partner für Brigitte Grothum gewesen.
Zustimmen muss ich Percy Lister eindeutig bei der Musik. Majewski läuft zu Höchstform auf: Der Score ist ein absoluter Ohrwurm, der selbst gedehnte Szenen versüßt. Dass der Film dies jedoch überhaupt nötig hat, ist schon eine Enttäuschung.
Könntest Du - ähnlich wie bei "Melissa" - nähere Angaben zu den anderen Verfilmungen von "Ein Mann namens Harry Brent" machen?
Einige Szenenausschnitte von "A Man Called Harry Brent", "Un Certo Harry Brent" oder "Un Certain Richard Dorian" würden für eine Beurteilung sehr hilfreich sein.
Kann ich bei Zeiten gerne machen, UN CERTO HARRY BRENT habe ich zuletzt vor drei Jahren gesehen und ich kann mich jetzt nur an wenig erinnern. Ganz allgemein kann ich sagen, dass dieser Durbridge zu 6 Folgen à 60 Minuten aufgeblasen wurde, d.h. der Drehbuchautor hat (wie bei allen italienischen Fassungen üblich) zusätzliche Szenen eingebaut. Man muss sich das so vorstellen, dass ca. die Hälfte jeder Folge die originalen Durbridge-Dialoge sind und die andere Hälfte zusätzliche Handlungsstränge erzählt. UN CERTO HARRY BRENT wurde 100% in Großbritannien gefilmt und ist - obwohl 1970 gedreht - ein Schwarz/weiß-Film (für Italien bis Mitte der 70er nichts Ungewöhnliches). Mehr, wenn ich mir die Serien am Wochenende mal überblicksmäßig ansehe.
Kannst Du mir eine Frage beantworten? Du kennst die Durbridge-Romane sehr gut und hast uns schon viele interessante Personenhintergründe geliefert. Ich würde gerne wissen, weshalb sich Jane Conway und Insp. James Wallace im Buch getrennt haben. In der filmischen Umsetzung wird dieser Umstand leider nicht näher beleuchtet.
Dieser Durbrigde - Krimi gefällt mir leider nicht so sehr... Das lag vor allen an den Schauspielern. Aber auch die Story war nicht so spannend wie beispielsweise beim "Halstuch" oder "Melissa"...
Es fehlte mir persönlich neben Günther Ungeheuer ein schlagkräftiger Schauspieler wie z.B. Drache oder eben Günther Stoll.
Kannst Du mir eine Frage beantworten? Du kennst die Durbridge-Romane sehr gut und hast uns schon viele interessante Personenhintergründe geliefert. Ich würde gerne wissen, weshalb sich Jane Conway und Insp. James Wallace im Buch getrennt haben. In der filmischen Umsetzung wird dieser Umstand leider nicht näher beleuchtet.
Vielen Dank für die Blumen, Percy und gleichzeit Sorry, wenn es dauert, bis ich mich melde. Hab den Roman leider nicht mehr genau im Kopf, erinnere mich nur noch, dass sich Jane Coneway, die im Buch übrigens Carol Vyner heißt, am Ende wieder dem Inspektor zuwendet. Details folgen, sobald ich mich wieder etwas eingelesen habe. Danke für die Geduld
Jack
Gubanov
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17.01.2009 15:50
#10 RE: Bewertet: Francis Durbridge - Ein Mann namens Harry Brent (8)
Zitat von DieterBorscheDieser Durbrigde - Krimi gefällt mir leider nicht so sehr... Das lag vor allen an den Schauspielern. Aber auch die Story war nicht so spannend wie beispielsweise beim "Halstuch" oder "Melissa"... Es fehlte mir persönlich neben Günther Ungeheuer ein schlagkräftiger Schauspieler wie z.B. Drache oder eben Günther Stoll.
Viele weitere Worte erübrigen sich eigentlich bei der Besprechung von „Ein Mann namens Harry Brent“, weshalb ich nur noch kurz auf den dritten Teil eingehen möchte. DieterBorsche hat die Schwachpunkte dieses Mehrteilers ja schon zusammengefasst. „Ein Mann namens Harry Brent“ wurde seinerzeit von der Presse und vom WDR selbst als der beste Durbridge-Mehrteiler überhaupt gefeiert. Wer diese Ansicht vertritt, hat scheinbar alle Vorgänger nicht gesehen, denn sie sind durch die Bank weg nicht nur temporeicher und besser besetzt, sondern in ihrer Rätselstruktur interessanter und mitreißender. Der Fall hier scheint einfach nicht für die Laufzeit eines Mehrteilers gemacht (dass man ihn in anderen Ländern sogar noch weiter aufblähte, finde ich nicht nur erstaunlich, sondern geradezu unheimlich) – in vielen Szenen, als Beispiel seien die Flucht Kevin Jasons oder die Szene vor und in der nächtlichen Scheune genannt, ist der Schnitt so katastrophal, dass ich mich selbst beim ersten Sehen geneigt fühlte, den Film zu unterbrechen, weil er mich langweilte. Nicht einmal der Kampf des Täters am Ende lässt den Zuschauer aus dem Halbschlaf aufwachen oder die Beschäftigung mit Nebentätigkeiten unterbrechen. Daran liegt es wohl auch, dass die locker über den dritten Teil verstreuten Auflösungserklärungen zwar tatsächlich sehr zahlreich sind, aber so wenig stringent und dafür einfach nebenbei (z.B. während einer Autofahrt) erzählt werden, dass es schlichtweg unmöglich ist, die Hintergründe beim ersten Sehen wirklich zu begreifen. Ich werde mich daher auch nicht zur Lösung äußern.
Der Ausgang der Rolle des Harry Brent bringt mich überdies zu meinem bereits geäußerten Kritikpunkt zurück, der Fehlbesetzung Günther Ungeheuers. Besonders in diesem dritten Teil wird nach der Wendung auffällig, wie wenig geeignet dieser „schmierige Gauner“ für die Rolle eines „schmierigen Liebhabers“ ist. Er und Brigitte Grothum als Paar – was am Anfang, da nur recht unauffällig dargestellt, noch erträglich war, steigerte sich im Verlauf des Films bis hin zur Krankenhausszene zu einer Qual für den Zuschauer. Ich wiederhole meinen Schrei nach Fuchsberger!
Auch die übrigen Rollen sind fast alle schlecht besetzt. Die löbliche Ausnahme bildet Brigitte Grothum. Mit dieser Meinung stehe ich glücklicherweise (siehe oben) nicht allein. Auch Joachim hat sich bezüglich einer „gewöhnungsbedürftigen Besetzung“ ja schon geäußert, wenngleich sie ihn offenbar nicht so sehr stört:
Zitat von Joachim Kramp"Ein Mann namens Harry Brent" ist sehr gewöhnungsbedürftig, was ich auf die Darsteller zurückführe. Aber dennoch sehr positiv.
Jede Rolle hätte anders besser besetzt werden können. Hier meine Vorschläge, zumeist im Rahmen klassischer Fernsehdarsteller aus „Durbridge“-Filmen und „Stahlnetz“:
Harry Brent: Joachim Fuchsberger. Inspektor Wallace: Richard Lauffen. Jane Conway: Brigitte Grothum. George Conway: Heinz Engelmann. William Brother: Paul Klinger. Phyllis Brother: Margot Trooger. Roy Philipps: René Magron. Samuel Fielding: Werner Peters. Jacqueline Dawson: Ruth Scherbarth. Barbara Smith: Barbara Frey. Sir Gordon Towns: Albert Lieven.
Alles in allem bleibt mir nichts weiter zu sagen, als dass „Ein Mann namens Harry Brent“ nach den hervorragenden bisherigen Francis-Durbridge-Filmen eine herbe Enttäuschung war. In allen Punkten bleibt er hinter den anderen Mehrteilern zurück – oft in erschreckendem Maße. Lediglich die gute Musik und die angenehme Brigitte Grothum geben einen klitzekleinen Eindruck davon, was dieser Mehrteiler hätte werden können, wäre man in Stoffumsetzung, Casting, Bühnenbau und der Wahl des Regisseurs akkurater vorgegangen. Ich schwanke zwischen 1,5 und 2 Punkten.
Günther Ungeheuer ist in der Tat nicht der richtige Partner für Brigitte Grothum, doch er ist der richtige Mann für die Rolle des Harry Brent. Ein Schauspieler mit einer so positiven Ausstrahlung wie Joachim Fuchsberger, der vor allem in Deutschland als der "nette Junge von nebenan" gilt, hätte im Publikum nicht den geringsten Zweifel an seiner Integrität hervor- gerufen. Fuchsberger hat natürlich auch andere Rollen gespielt, z.B. tritt er in "U 153 antwortet nicht" (einer amerikanischen Produktion) als deutscher Kapitänleutnant in Erscheinung, den man gerne an einem Riff zerschellen sieht; dennoch ist Günther Ungeheuer für "Harry Brent" die bessere Wahl. Mit der Versöhnung von Jane Conway und Brent am Ende bin ich jedoch nicht einverstanden: Brent hätte seinen Verletzungen erliegen sollen.
Gubanov
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17.01.2009 16:07
#12 RE: Bewertet: Francis Durbridge - Ein Mann namens Harry Brent (8)
Zitat von Percy ListerEin Schauspieler mit einer so positiven Ausstrahlung wie Joachim Fuchsberger, der vor allem in Deutschland als der "nette Junge von nebenan" gilt, hätte im Publikum nicht den geringsten Zweifel an seiner Integrität hervorgerufen. Fuchsberger hat natürlich auch andere Rollen gespielt, z.B. tritt er in "U 153 antwortet nicht" (einer amerikanischen Produktion) als deutscher Kapitänleutnant in Erscheinung, den man gerne an einem Riff zerschellen sieht; dennoch ist Günther Ungeheuer für "Harry Brent" die bessere Wahl.
Diesen Standpunkt kann ich leider nicht nachvollziehen. Allein aufgrund der Anlegung der Rolle des Harry Brent kann es nach dem Ermessen eines Krimifreunds unter keinen Umständen, egal bei welcher Besetzung, zu "Zweifeln an seiner Integrität" kommen. Wer von Durbridge als Hauptverdächtiger auf dem Silbertablett präsentiert wird, ist garantiert nicht der Täter. So ist es nicht nur bei ihm und so wäre es nicht nur bei Fuchsberger.
Durbridge streut jedoch absichtlich Zweifel an der Unschuld seiner Hauptfigur. Wir wissen, dass die goldene Regel des Kriminalromans besagt, dass die Person, gegen die alles spricht, am Ende NICHT der Täter ist. Dennoch: Harry Brent ist ein Agent des britischen Verteidigungsministeriums, der seine Verlobte absichtlich über seine Handlungen im Unklaren läßt. Wir können Brent nicht verzeihen, dass er Jane Conway zum Narren hält, sie betäubt, einsperrt, die Polizei im Glauben läßt, sie sei tot etc. Diesen Aspekt bringt Ungeheuer glaubwürdig rüber: Wir identifizieren ihn mit seiner Rolle. ER ist so ein Schurke, denkt der Zuseher. Fuchsberger und Grothum sind dem breiten Publikum zudem noch als WALLACE-Traumpaar in bester Erinnerung, was der WDR wohl bedacht hat.
Gubanov
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17.01.2009 16:24
#14 RE: Bewertet: Francis Durbridge - Ein Mann namens Harry Brent (8)
Diese Aspekte wären mir nie in den Sinn gekommen. So kann ich nicht behaupten, dass Ungeheuer sie glaubwürdig darstellt.
Zitat von Percy ListerFuchsberger und Grothum sind dem breiten Publikum zudem noch als WALLACE-Traumpaar in bester Erinnerung, was der WDR wohl bedacht hat.
Eben nicht, ansonsten hätten sie alles daran gesetzt, diese Erfolgskonstellation zu wiederholen.
Ich hab mich jetzt nochmal näher mit dem Buch beschäftigt, das gerade im Ende dann doch sehr von der Verfilmung abweicht. Harry Brent überlebt nämlich den Anschlag mit dem Messer nicht ("Brent war mit seiner Aufgabe beschäftigt und bemerkte nichts von der Gestalt, die ans Scheunentor getreten war und stumm zusah. Der Neuankömmling entdeckte die Pistole zu seinen Füßen ... Seine Rechte umfasste ein langes Messer. Der Mann trug Handschuhe. Er wartete, bis sich Brent, auf dem ächzenden Filey kniend, aufrichtete, dann stieß er ihm das Messer in den Rücken. Brent bäumte sich auf, versuchte vergeblich das Messer zu ergreifen und stürzte vornüber zu Boden ...")
Das letzte Kapitel deutet dann sogar die Möglichkeit an, dass Milton und Carol (wie sie im Buch heißen) einen Neuanfang wagen könnten. Carol verlässt das Präsidium nach ihrer Zeugenaussage, Milton geht ihr nach. Sergeant Philipps und ein Kollege beobachten vom Fenster aus die Szene: "Milton war aufgetaucht, ohne Hut und Mantel, und rannte den Weg entlang. Sie sahen, wie er Carol einholte. Sie blieb stehen und wandte sich ihm zu. Sie sprachen kurz miteinander. Carol zögerte, und Milton redete auf sie ein. Schließlich gab sie nach und ging mit ihm zum Parkplatz zurück, wo sein Austin-Mini stand. Er nahm ihren Arm, und sie sah vertrauensvoll zu ihm auf." Damit endet der Roman.
Über das Ende der Beziehung zwischen den beiden fand ich im Buch auch nichts Konkretes, die Trennung ging wohl von Carol aus, allerdings nicht wegen Harry Brent, den sie erst später kennen lernte (im Reisebüro, so wie's auch im Film berichtet wird).
Hier noch die Namen der Haupt-Protagonisten im Buch:
Harry Brent Günther Ungeheuer = Harry Brent Inspektor James Wallace Peter Ehrlich = Polizeiinspektor Alan Milton Jane Conway Brigitte Grothum = Carol Vyner George Conway Wolfgang Preiss = Eric Vyner (der Bruder Carols) William Brother Gert Haucke = Harold Tolly (Inhaber von Verkaufsständen) Roy Philipps Dirk Dautzenberg = Roy Philipps Phyllis Brother Christiane Nielsen = Phyllis Tolly Samuel Fielding Paul Verhoeven = Sam Fielding Jacqueline Dawson Anneliese Römer = Jacqueline Dawson Barbara Smith Barbara Frey = Barbara Smith