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Dieses Thema hat 31 Antworten
und wurde 4.468 mal aufgerufen
 Film- und Fernsehklassiker international
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STONER Offline



Beiträge: 62

20.12.2008 12:22
Ein Unbekannter rechnet ab (1974) Zitat · Antworten

"Ein Unbekannter rechnet ab" ("And Then There Were None" a.k.a. "Ten Little Indians") mit Oliver Reed, Elke Sommer, Gert Fröbe, Herbert Lom, Richard Attenborough u.a. erscheint im Februar in Großbritannien auf DVD, vielleicht bekommt der Film auch eine deutsche Veröffentlichung. Die DVD soll 102 Minuten laufen, ist also länger als meine Aufzeichung von Bayern3.

Lord Peter Offline




Beiträge: 621

20.12.2008 13:16
#2 RE: Ein Unbekannter rechnet ab (1974) Zitat · Antworten

Das stimmt: Von dem Film gibt es eine längere Fassung, die auch schon länger auf DVD erhältlich ist (in Italien oder Spanien). Wie bei diesen Euro-Co-Produktionen üblich, hat sich halt jedes Land seine eigene Schnittfassung erstellt (wie z.B. auch bei den "Fu Man Chu"-Filmen mit Christopher Lee und einigen Wallaces). Und unsere deutsche Fassung ist - typisch! - mal wieder die kürzeste. In der Langfassung gibt es wohl noch Szenen mit einem von Rik Battaglia gespielten Kommissar, der die Handlung von seinem Büro aus rekapituliert (oder so ähnlich).

Percy Lister Offline



Beiträge: 3.589

08.03.2009 20:24
#3 RE: Ein Unbekannter rechnet ab (1974) Zitat · Antworten

BEWERTET: "Ein Unbekannter rechnet ab" (Ten Little Indians) (D, GB, F, I 1974)

Mit: Richard Attenborough, Elke Sommer, Oliver Reed, Gert Fröbe, Herbert Lom, Stéphane Audran, Alberto de Mendoza, Adolfo Celi, Maria Rohm, Charles Aznavour, Orson Welles u.a. | Drehbuch: Erich Kröhnke, Enrique Llovet und Peter Welbeck (Harry Alan Towers) nach dem Roman von Agatha Christie | Regie: Peter Collinson

Eines vorweg: Die Fernsehzeitschrift "Gong" vergibt nur drei Punkte (= durchschnittlich) und schreibt, der Film habe "nur wenig Pfiff". Leider stimmt dies teilweise. Die Handlung wurde in einen abseits gelegenen Wüstenpalast verlegt, was für opulente, überwältigende Kulissen sorgt. Die Eingangshalle mit dem kunstreichen Treppenaufgang, die Kellergewölbe, die Säulen rund um den Palast - all diese Elemente sorgen für ein abwechslungsreiches Set, das einen üppigen, exotischen Zauber entfaltet. Die Geschichte basiert auf der Romanvorlage von Agatha Christie, das Ende wurde jedoch erneut abgewandelt. Die Dialoge wurden teilweise wortwörtlich von "Geheimnis im blauen Schloss" übernommen; dennoch wirken viele Szenen hier gekünstelt und hilflos. Erleben wir in der Produktion von 1965 ein kompaktes, charismatisches Ensemble (man denke nur an die Darsteller des Richters und des Arztes), so bildet die Riege bekannter Namen in der 1974er-Version eine Gruppe Menschen, denen man ansieht, dass sie spielen und nicht agieren. Die Kamera ist in der ersten halben Stunde unsicher, wen sie nun ins Bild rücken soll und man muss lange warten, bis man die Darsteller in Großaufnahme sieht.

Einige Todesfälle werden nicht näher beleuchtet (der Butler liegt einfach tot in der Wüste) oder sie geschehen ohne Ziel. Was macht die Haushälterin im Säulenaufgang? Sie scheint spazierenzugehen. Das Knistern, das den Reiz des Rätsels um die geheimnisvollen Todesfälle ausmacht, kommt erst in der letzten halben Stunde auf. Nach dem Tod des Richters wird für einen Augenblick der eintreffende Hubschrauber gezeigt und dann bricht der Film ab. Der Zuseher sitzt da und gähnt. Irgendwie hat er das Gefühl, das alles schon einmal gehört und gesehen zu haben. Es fehlt z.B. einige Male das Zitieren der jeweiligen Zeile des Kinderliedes. Die Mordmethoden stimmen nicht immer überein. Die Künstlerin stirbt durch den Biss einer - glücklicherweise nicht in Großaufnahme zu sehenden - Schlange, statt durch eine Injektion ("Sechs kleine Negerlein gingen in die Sümpf', das eine stach 'ne Biene tot ...").

Sehr schön ist das Spiel mit dem Wetter, als gegen Ende ein Gewitter aufzieht. Die Darsteller tun ihr Bestes und trotzdem ist man nicht hundertprozentig mit den Personen einverstanden, die sie für das Publikum entwerfen. Gert Fröbe z.B. soll Wilhelm (!) Blore darstellen - einen Detektiv. Doch er macht wenig Anstalten, Ermittlungen durchzuführen (abgesehen vom Untersuchen der Weinflasche des Sängers).

Percy Lister Offline



Beiträge: 3.589

08.03.2009 20:55
#4 RE: Ein Unbekannter rechnet ab (1974) Zitat · Antworten

Alberto de Mendoza macht seine Sache als Diener Martino gut, allerdings zeigt das Drehbuch bei seinem Tod eine enorme Schwäche. Zu Beginn diskutiert die Gruppe, ob man den Palast nicht verlassen könne, um die nächste Ortschaft oder den Flugplatz zu erreichen. Martino erklärt, dass die nächste Siedlung 200 Kilometer entfernt sei und man keinen Wagen zur Verfügung habe. Nach dem Tod seiner Frau begibt er sich jedoch zu Fuß auf den Weg (nur mit einem Kompass und einer (!) Wasserflasche bewaffnet). Wie wäre er mit dieser bescheidenen Ausrüstung 200 km weit gekommen? Da hört sich doch der Versuch Mario Adorfs in "Geheimnis im blauen Schloss" - den steilen Berg runterzukraxeln - noch realistischer an.

Count Villain Offline




Beiträge: 4.616

08.03.2009 22:10
#5 RE: Ein Unbekannter rechnet ab (1974) Zitat · Antworten

Ja, da gibt es einige Schwächen im Film. Auch stirbt Martino viel zu früh. Der ist doch höchstens erst einen halben Tag unterwegs gewesen, wenn überhaupt. Ich tippe ja darauf, dass sein Wasser vergiftet war.

Der Tod von Martinos Frau ist noch schlimmer. Vor allem weil man da schon erkennt, dass weder Martino noch Lombard oder Miss Clyde der Mörder sein kann. Die waren alle drei zusammen, als Frau Martino erdrosselt wurde.

Aber ich mag den Film trotzdem. Staraufgebot, nette musikalische Untermalung, toller Schauplatz.

Joachim Kramp Offline




Beiträge: 4.901

08.03.2009 22:15
#6 RE: Ein Unbekannter rechnet ab (1974) Zitat · Antworten

... leider ist die deutsche Fassung stark gekürzt.

Joachim.

Gubanov ( gelöscht )
Beiträge:

08.03.2009 23:44
#7 RE: Ein Unbekannter rechnet ab (1974) Zitat · Antworten



„Ein Unbekannter rechnet ab“ (FR / SP / BRD / IT 1974)
Dix petits nègres / Diez negritos / Zehn kleine Negerlein / ... e poi non ne rimase nessuno


Die Rollen, ihre Darsteller und Synchronstimmen

Richter Arthur Cannon  . . Richard Attenborough . . Fritz Tillmann
Vera Clyde . . . . . . . . Elke Sommer . . . . . . Almut Eggert
Hugh Lombard . . . . . . . Oliver Reed . . . . . . Michael Chevalier
William Blore . . . . . . Gert Fröbe . . . . . . . Gert Fröbe
Dr. Edward Armstrong . . . Herbert Lom . . . . . . Siegfried Schürenberg
Ilona Morgan . . . . . . . Stéphane Audran . . . . ???
Otto Martino . . . . . . . Alberto de Mendoza . . . Hans Werner Bussinger
General André Salvé . . . Adolfo Celi . . . . . . Claus Biederstaedt
Elsa Martino . . . . . . . Maria Rohm . . . . . . . Brigitte Grothum
Michel Raven . . . . . . . Charles Aznavour . . . . Gerd Martienzen
Stimme auf dem Tonband . . Orson Welles . . . . . . Heinz Petruo
Inhalt

Zehn einander unbekannte Gäste werden von einem ominösen Gastgeber in ein einsames Hotel inmitten der iranischen Wüste geladen. In der Einöde angekommen, erfahren sie jedoch, dass diese Reise wohl ihre letzte sein wird: Der mysteriöse Mr. Owen hat es sich zur Aufgabe gemacht, einen nach dem anderen umzubringen, weil die Gesellschaft aus lauter unentdeckten Mördern besteht ...

Besprechung

Auf Basis der wohl bekanntesten Kriminalstory des erfolgreichen Werks von Agatha Christie drehten Filmfirmen aus vier verschiedenen Ländern 1974 den opulenten Kinofilm „Ein Unbekannter rechnet ab“. Man kann getrost behaupten, dass es sich hierbei um die erste ernsthafte Verfilmung des Stoffes handelt. Nachdem die beiden Fassungen von 1945 bzw. 1965 zeitgeschuldet eher durch halbherzigen Humor und unangebrachte Leichtfüßigkeit auf sich aufmerksam machten, zeigt „Ein Unbekannter rechnet ab“ zwar ebenfalls die Happy-End-Version des Theaterstücks, bereitet sie jedoch auf eine angemessene Art und Weise auf. Wie weggewischt sind die Lacher und wohligen Schauer, die die Vorgänger den Zuschauern noch einjagten: Isolation, Verzweiflung und Brutalität zeigen sich in der vorliegenden Verfilmung, die beinahe schon einige Giallo-Anklänge aufweist.

Der Schauplatz ist ein beeindruckender. Neben dem der russischen Fassung von 1987 kann man ihn sicher als den besten bezeichnen, wenngleich er natürlich – wie so vieles anderes in diesem Film – sich nicht mit der von mir so hochgeschätzten Romanvorlage deckt. Kameraführung und das Agieren der Schauspieler verdeutlichen von Anfang an die verlassene Atmosphäre in dem großen Palast und das Misstrauen sowie die Unvertrautheit der Charaktere untereinander und sind lobend hervorzuheben. Allein die Namen Richard Attenborough, Elke Sommer, Oliver Reed, Gert Fröbe, Herbert Lom, Maria Rohm und Charles Aznavour lesen sich wie ein Aufgebot von Superstars – sie als unterlegen anzusehen, dürfte bei einigen in den Bereich Gotteslästerung fallen. Wie hoffentlich bekannt sein dürfte, distanziere ich mich von der Methode, Schauspieler nach ihrem Bekanntheitsgrad zu bewerten, doch hier kann ich wirklich nicht viel aussetzen. Gewiss: Einige Schauspieler sind nicht so sympathisch wie 1965, aber das ist doch im Rahmen der Story sogar ein Pluspunkt.

Es ist die die Stimmung auskostende, aber dennoch zügig voranschreitende Dramaturgie der ersten dreißig Minuten, die mich besonders begeistert hat. Geschieht der erste Mord noch recht nebenher, so kommt vor allem in den Szenen der Ermordung der Elsa Martino und des Generals echte Spannung auf. Leider muss hierbei ein großer Abstrich gemacht werden: Zu großartigen Aufnahmen an einem großartigen Setting hätte ein großartiger Soundtrack gehört. Diesen sucht man vergeblich. Das Fehlen einer Titelmusik ist ein Fauxpas, der einer Großproduktion wie dieser nicht hätte unterlaufen dürfen. Später eliminiert man sogar den Gesang des Negerliedes zugunsten eines belanglosen Chansons. Auch im späteren Verlauf wird die Musik im Gegensatz zu den optischen Reizen (man denke nur an das Farbspiel in Ilona Morgans Zimmer!) sehr spartanisch eingesetzt.

Durch den klugen Umstand, dass man Vera und Hugh schon recht zeitig hat zueinander finden lassen, bekommt der durch den Roman und die russische Verfilmung „verwöhnte“ Zuschauer genug Zeit, sich an die Liebesbeziehung und den drohenden guten Ausgang zu gewöhnen. Mildernd kommt ebenfalls hinzu, dass Vera und Hugh hier nicht so prüde Möchtegernhelden sind wie etwa in der George-Pollock-Version. Sie haben das Zeug zur echten Auseinandersetzung mit der gegenseitigen Vergangenheit und der der anderen, sodass ihr Techtelmechtel nicht so unglaubwürdig erscheint wie in anderen Versionen. Andererseits ist es das Verheizen der beiden für ein Happy End schade, da beide auch die romangerechten Schurkenparts sicher hervorragend hätten spielen können.

Im zweiten Teil des Films strecken sich die Ereignisse trotz der zahlreichen Kürzungen ein wenig, sodass er weniger dynamisch, aber nicht weniger dramatisch wirkt. Das Spiel der einzelnen Protagonisten zwischeneinander bekommt mehr Wert zugestanden als in früheren Fassungen, die als brave Kriminalpossen der Aussage des Stoffs und der Charaktere selbst entgegenstehen. Ein besonders markantes Beispiel hierfür ist die Szene im Maschinenraum des Hotels, in der Oliver Reed und Gert Fröbe zu Bestform auflaufen.

Unterstützt wird die Qualität des Spiels von der hochwertigen Synchronisation, die mit ebenso großen Namen aufwarten kann. Ich habe oben eine Übersicht angefügt, die die Prominenz der Stimmen aufzeigt. Einen Vergleich mit heutigen Synchronisationen kann man sich sparen.

Insgesamt macht „Ein Unbekannter rechnet ab“ viele Dinge richtig, die seine beiden Vorgängerfilme noch versemmelten. Der Stimmung des Romans kommt dieser Film wesentlich näher, er wirkt ernsthafter und schlichtweg so, als hätten sich die Drehbuchautoren nun erstmals überhaupt mit dem Gusto der Vorlage beschäftigt. Trotz teilweise noch größerer Freiheiten (manchmal auch in Bezug auf die Reime) wirkt der Film echter als „Das letzte Wochenende“ oder „Geheimnis im blauen Schloss“.

Die Darsteller sind allesamt gelungen, die Regie bringt viele gute Einfälle und Einstellungen mit. Alle diese Pluspunkte können jedoch nicht übertünchen, dass die Theaterstückversion der „Zehn kleinen Negerlein“ im Vergleich zum Roman Logik und Stringenz über Bord wirft und – ich kann es nur immer wieder sagen – die Aussage des Buches sowie seine zentralen Motive (Ausweglosigkeit und die Schaffung einer höheren und unfehlbaren Gerichtsbarkeit, denn das ist ja gerade der Witz an der Sache) in eine völlige Utopie umkehrt.

Anmerkung zur Ausstrahlung

Die gestrige Ausstrahlung der ARD wies eine über die meiste Zeit angenehme Bildqualität und frische, kräftige Farben auf. Zunichte gemacht wird der positive Eindruck dieser Umstände durch die fünf Sekunden, in denen wieder einmal – wie leider typisch für viele öffentlich-rechtliche Programme – ein vollkommen irrelevanter Sendehinweis mitten im Fernsehbild eingeblendet wird. Wer so etwas verbricht, gehört ebenfalls vor das Gericht des U.N. Owen ...

Natürlich handelte es sich nur um die deutsche Fassung des Films, die, wie Joachim bereits ausführte, leider stark gekürzt ist. Von den ursprünglich 105 Minuten blieben nur mehr 92 übrig, was eventuell für einige offene Fragen in der Handlung und den recht ungeschickten Schluss verantwortlich ist:

- Was genau war der geheimnisvolle „Weg zur Flucht“, den der Butler entdeckte?
- Was passiert am Ende mit Vera und Hugh? Der Richter hat ja bereits das Schicksal der Überlebenden geschildert.
- Der Richter gesteht die Unschuld Setons doch hoffentlich nur zum Schein. Alles andere wäre unlogisch.

Dass ein solcher Film mit dieser Besetzung bisher weltweit noch keine mindestens anglophile DVD-Umsetzung erfuhr, ist erschütternd und zeugt von dem großen Nachholbedarf, der auf diesem Gebiet noch besteht. Was nützen da französische und spanische Veröffentlichungen, wenn sie nicht wenigstens über englische Untertitel verfügen?

Meine Filmwertung: 4 von 5 Punkten.

Havi17 Offline




Beiträge: 3.763

09.03.2009 06:27
#8 RE: Ein Unbekannter rechnet ab (1974) Zitat · Antworten

Zitat von Gubanov im Beitrag #7
Der Schauplatz ist ein beeindruckender. Neben dem der russischen Fassung von 1987 kann man ihn sicher als den besten bezeichnen, wenngleich er natürlich – wie so vieles anderes in diesem Film – sich nicht mit der von mir so hochgeschätzten Romanvorlage deckt.

Kennst Du die Verfilmung "Geheimnis im blauen Schloss"?

Gruß
Havi17

Gubanov ( gelöscht )
Beiträge:

09.03.2009 07:14
#9 RE: Ein Unbekannter rechnet ab (1974) Zitat · Antworten

Natürlich; ich beziehe mich in meiner Besprechung mehrfach auf "Geheimnis im blauen Schloss".

Count Villain Offline




Beiträge: 4.616

09.03.2009 14:48
#10 RE: Ein Unbekannter rechnet ab (1974) Zitat · Antworten

Ha, ich hab ein altes Review von mir gefunden. Direktvergleich zwischen dem Unbekannten und dem blauem Schloss.

EIN UNBEKANNTER RECHNET AB

Wie schon gesagt ein Film mit Schwächen, die mir vor allem beim ersten Sehen ins Auge fielen, aber auch mit Stärken, die sich mir nach mehrmaligem Sehen dann erschlossen. Ich werde die Besprechung als Vergleich zu der 1965er-Version aufbauen, da sich das thematisch anbietet. Trotzdem wird es irgendwie ein Vergleich von zwei gänzlich verschiedenen Sorten Äpfeln sein, wenna uch zum Glück nicht ein Vergleich zwischen Äpfeln und Birnen, denn der Ton des jeweiligen Filmes ist ein gänzlich anderer. Während die 1965er Version leichter und lockerer, im Falle von Wilfried Hyde-White gar mit einem verschmitzten Augenzwinkern, daher kommt, so ist diese doch weitaus ernsthafter und härter, was aber durchaus auch dem jeweiligen Zeitgeist anzurechnen sein mag.

Die Musik:
Sehr athmosphärisch immer wenn sie eingesetzt wird (ich liebe die Musik bei der Szene wo das Band die Verbrechen der Gäste anklagt), allerdings meiner Meinung nach zu selten eingesetzt. Düsterer als 1965. Aznavours Gesang ist dem Fabians, der noch dazu mitsynchronisiert wurde, doch deutlich vorzuziehen. Trotzdem können hier beide Versionen punkten.
1-1

Die Morde:
Da sie hier nicht nach den Reimen geschehen ein klarer Punkt für die 1965er Version. Da fehlt einfach ein typisches Element.
1-2

Der Suspense:
Meines Erachtens bei dieser Version höher. Für mich kommt das Belauern und die angegriffenen Nerven der Gäste hier besser herüber als 1965. Die ganze Athmosphäre ist drückender. Die Szene als das Licht ausgeht hier mal als Beispiel. Der Dialog zwischen Doktor und Richter überzeugt in beiden Versionen während ich die Konfrontation zwischen Blore und Lombard am Aggregat in dieser Version doch besser finde. Fröbe und Reed wirken irgendwie 'manischer'. Auch das hier Lombard Martino angreift und nicht andersherum eine interessante Variation. Allerdings, wie ich später noch erläutern werde, leider überflüssig.
2-2

Die Dialoge:
Viele sind gleich, stellenweise sind sie in der einen Version besser (z.B. Schnapsleiche-echte Leiche oder Lebensmittelrationierung), stellenweise in der anderen. Ein Mischung aus beiden wäre wohl die ultimative Lösung.
3-3

Mike / Michel Raven:
Da gewinnt für mich ganz klar Aznavour vor Fabian. Bei Fabian fragt mans ich ständig ob der tatsächlich so grottig spielt oder ob der Nervfaktor der Figur beabsichtigt ist. Zudem ist Ravens Tod in dieser Version besser in Szene gesetzt, wie er weg geht, torkelt und fällt wirkt wesentlich glaubwürdiger wie der Schrei.
4-3

Elsa Martino / Grohmann:
Nicht viel Entfaltungsmöglichkeiten für Maria Rohm, Marianne Hoppe bleibt mehr im Gedächtnis. Der Tod 1965 viel besser gelöst. Während Maria Rohm stranguliert wird sieht man Martino, Lombard und Miss Clyde zusammen auf der Suche nach ihr. Fazit: Die drei können nicht die Mörder sein. Was für ein Fauxpas!
4-4

General Salve / Mandrake:
Hier ziehe ich Celi Genn vor. Er wirkt irgendwie kantiger, Genn ist mehr der liebe alte Onkel. Auch die Szene wie er die Geständnisse der anderen erwartet ist in dieser Version besser gelöst. Er sieht jeden einzelnen direkt an, geht zu ihnen hin.
5-4

Martino / Grohmann:
Ich mag sie beide irgendwie. Der Punkt geht trotzdem eindeutig an Adorf, sowohl wegen dem Fauxpas bei dem Tod von Martinos Frau als auch bei Martinos Tod selbst. Ich kann mir das nur so erklären, dass Martino an einem Hitzschlag starb, ansonsten hätte er doch viel länger durchgehalten. Oder war am Ende sein Wasser vergiftet worden? Und wieso ist auf einmal sein Kompass kaputt? Wer 200 km durch die Wüste gehen will, der rüstet sich doch auch besser aus und nimmt mehr als nur eine Wasserflasche mit, die er auch noch nach wenigen Stunden schon leer hat. Alles irgendwie unglaubwürdig. Treibsand wäre doch eine gute Alternative gewesen.
5-5

Ilona Morgan / Bergen:
Ganz klarer Punkt an Stéphane Audran. Gegen sie wirkt Daliah Lavi doch wie ein verängstigtes Girlie. Audran schafft es besser die Tragik der Rolle auszuspielen und gleichzeitig verdächtig zu wirken. Der Tod in beiden Versionen nicht zufrieden stellend gelöst.
6-5

Doktor und Richter:
Das Zusammenspiel der beiden funktioniert in beiden Versionen sehr gut. Lom und Price überzeugen beide ebenso Hyde-White und Attenborough, auch wenn letztere jeweils etwas anders an die Rolle herangehen. Aber das ist letztendlich Geschmackssache.
7-6

Blore:
Holloway und Fröbe scheint die Rolle gleichermaßen auf den Leib geschneidert zu sein. Allerdings wirkt Holloway doch etwas harmloser als Fröbe. Trotzdem Punkt für beide.
8-7

Lombard und Miss Clyde:
O’Brien und Eaton schaffen es besser gleichzeitig verdächtig und sympathisch zu wirken. Meines Erachtens haben sie mehr Ausstrahlung als Reed und Sommer. Bei letztgenannten ist dank des Fauxpas bei Frau Martinos Tod sowieso jedes weitere verdächtig machen leider vergebene Liebesmüh. Allerdings sagt mir der Showdown zwischen den beiden in dieser Version etwas mehr zu. Das reicht leider trotzdem nicht um den Punkt zu holen.
8-8

Tja, ich komme auf einen Gleichstand. Letztendlich ist es doch irgendwie Geschmackssache welche Version man bevorzugt. Allerdings hat der Stoff auch Schwächen, die in beiden Versionen zum Tragen kommen.

Martino / Grohmann und der Doktor:
In beiden Versionen wird der Tod des Dieners irgendwann einfach so akzeptiert, obwohl sie seine Leiche nicht finden, bzw. noch nicht mal die Klettermöglichkeiten überprüfen. Beim Doktor sagt allerdings sofort alles: Ja, das ist der Täter, der hält sich versteckt.

Die Dummheit der Figuren:
Warum überprüfen sie nicht ob alle Toten wirklich tot sind? Und die Sache mit dem Schlaf. Es hätte gut immer einer schlafen können während die drei anderen wachen. Das wäre natürlich noch besser gegangen als noch mehr Personen da waren. Warum bleiben alle nicht einfach immer zusammen? Um nur ein paar Beispiele zu nennen.

Wie auch immer. Beides sind jedenfalls durchaus sehenswerte Filme.

Joachim Kramp Offline




Beiträge: 4.901

09.03.2009 17:53
#11 RE: Ein Unbekannter rechnet ab (1974) Zitat · Antworten

Zitat von Count Villain im Beitrag #10
Die Dummheit der Figuren:
Warum überprüfen sie nicht ob alle Toten wirklich tot sind? Und die Sache mit dem Schlaf. Es hätte gut immer einer schlafen können während die drei anderen wachen. Das wäre natürlich noch besser gegangen als noch mehr Personen da waren. Warum bleiben alle nicht einfach immer zusammen? Um nur ein paar Beispiele zu nennen.

Wie auch immer. Beides sind jedenfalls durchaus sehenswerte Filme.

Ein durchaus guter Vergleich. Hinzuzufügen wäre, dass beide Fassungen sowohl von Harry Alan Towers (mit Co-Autoren) geschrieben und produziert wurden. Towers hat zudem auch die vierte Version "Tod auf Safari" geschrieben und produziert. Und letztendlich basieren seine Versionen auf der Erst-Fassung "Das letzte Wochenende". Jede der vier Versionen hat ihre Vorzüge, aber auch Nachteile. Zum Beispiel verkörpern Hoppe und Adorf ein Ehepaar, was aber sehr unglaubwürdig im Bezug auf Alter und Verhalten rüberkommt. Hier überzeugen Rohm und Martino mehr. Auch die Musik, insbesondere der Song von Aznavour, überzeugt mich mehr. Was mich aber bei dieser Fassung sehr stört, sind die übertriebenen räumlichen Großaufnahmen. Ansonsten wird auch in dieser Fassung nach dem Zehn-kleine-Negerlein-Prinzip gemordet, nur hat Towers den Text etwas umgeschrieben.

Was die Dummheit der Figuren betrifft, wurde sie so von Agatha Christie vorgegeben. Einzig der Schluss hat man in diesen vier Fassungen ins Positive geschrieben.

Joachim.

Markus Offline



Beiträge: 683

10.03.2009 17:30
#12 RE: Ein Unbekannter rechnet ab (1974) Zitat · Antworten

Kennt jemand von euch die vollständige Fassung?

Hab mal in einem Forum erfahren, dass die Kürzungen eine Rahmenhandlung betreffen, worin ein Inspektor Nachforschungen über die Verbrechen anstellt. Diese Szenen wurden für die spanischen und italienischen Kinoeinsätze neu gedreht (Quelle: Ofdb).

Klingt eher nach Ablenkung vom Closed-Room-Mystery - obwohl ich nichts dagegen hätte, die integrale Fassung als Bonus auf einer deutschen DVD sehen zu können (Qualität bitte wie die letzten TV-Ausstrahlungen).

Gruß
Markus

Joachim Kramp Offline




Beiträge: 4.901

10.03.2009 19:15
#13 RE: Ein Unbekannter rechnet ab (1974) Zitat · Antworten

Zitat von Markus im Beitrag #12
Hab mal in einem Forum erfahren, dass die Kürzungen eine Rahmenhandlung betreffen, worin ein Inspektor Nachforschungen über die Verbrechen anstellt. Diese Szenen wurden für die spanischen und italienischen Kinoeinsätze neu gedreht (Quelle: Ofdb).

Die Szenen wurden nicht neu gedreht, sondern es handelt sich hierbei in der Majorität um eine italienische Produktion von Harry Alan Towers. Die französischen, deutschen und spanischen Partner haben nur Geld zur Finanzierung gegeben, so wie es in den 60ern und 70ern durch das italienische Produktionsabkommen üblich war. Rik Battaglia hatte in der erweiterten Fassung eine Rolle. Schwierig dürfte es sein ein vollständiges Negativ noch aufzutreiben. Die damaligen Produktionsfirmen wurden meist nach dem Tod der Produzenten aufgelöst. Und was H.A.T. mit seinen Produktionen so alles machte, ist eine Geschichte für sich. (Über GB, Spanien, USA, BRD, Italien bis hin nach Liechtenstein - quasi unendlich verworrene Geschichten!)

Joachim.

Gubanov ( gelöscht )
Beiträge:

10.03.2009 19:40
#14 RE: Ein Unbekannter rechnet ab (1974) Zitat · Antworten

Zitat von Joachim Kramp im Beitrag #13
Schwierig dürfte es sein ein vollständiges Negativ noch aufzutreiben.

Das hinderte findige DVD-Produzenten in Spanien aber nicht daran, eine zumindest ziemlich vollständige Fassung auf dem Markt zu bringen. Der Film läuft dort 104 Minuten und ist in der Open-Matte-Version erschienen. Leider nur mit spanischem Ton und ohne jegliche Untertitel.

Gubanov ( gelöscht )
Beiträge:

24.03.2009 18:47
#15 RE: Ein Unbekannter rechnet ab (1974) Zitat · Antworten

Von welchem Label könnte dieser Film eigentlich in Deutschland kommen?

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