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Dieses Thema hat 90 Antworten
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 Francis Durbridge
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Percy Lister Offline



Beiträge: 3.589

07.08.2016 14:52
#61 RE: Bewertet: Francis Durbridge - Das Halstuch (3) Zitat · Antworten

Vor wenigen Tagen ist die Zeitschrift "DER SPIEGEL - Geschichte" Ausgabe 4/2016 zum Thema "Die 60er Jahre - Pop, Protest und Fortschrittsglaube" erschienen. Dem Fernsehen widmet Lars-Olav Beier einen Artikel, in dem er auch auf den bekanntesten Durbridge-Straßenfeger eingeht: Im Januar 1962 hielt das Wirtschaftswunderland für ein paar Tage den Atem an. Einige Fabriken drosselten ihre Produktion, Abend- und Nachtschichten wurden gestrichen. Westdeutschland versammelte sich vor dem Fernseher, um den Mehrteiler "Das Halstuch" zu sehen. Der Krimi, der auf einer Vorlage des britischen Autors Francis Durbridge basierte, erzählte vom Mord an einer jungen Frau und der Suche nach dem Täter. Wer die Frau erdrosselt haben könnte, wurde zur nationalen Frage. "DER SPIEGEL" wollte damals von Ernst Lemmer, Bundesminister für gesamtdeutsche Fragen, wissen, wen er in Verdacht habe. "Meine Frau hält den Vikar für den Mörder", antwortete der Christdemokrat. "Da habe ich sie aber gehörig zur Ordnung gerufen, denn ein Geistlicher macht doch so etwas nicht." (Seite 47)

Gubanov ( gelöscht )
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19.01.2018 21:20
#62 RE: Bewertet: Francis Durbridge - Das Halstuch (3) Zitat · Antworten



Francis Durbridge: Das Halstuch (Teile 1 und 2)

Teile 1 und 2 des TV-Kriminalmehrteilers, BRD 1961. Regie: Hans Quest. Drehbuch: Francis Durbridge. Übersetzung: Marianne de Barde. Mit: Heinz Drache (Inspector Harry Yates), Eckart Dux (Sergeant Jeffreys), Albert Lieven (Clifton Morris), Margot Trooger (Marion Hastings), Hellmut Lange (Edward Collins), Christian Doermer (Gerald Quincey), Dieter Borsche (John Hopedean), Erwin Linder (Alistair Goodman), Erica Beer (Kim Marshall) u.a. Erstsendungen: 3. und 5. Januar 1962. Eine Produktion des Westdeutschen Rundfunks.

Zitat von Das Halstuch (Teile 1 und 2)
Faye Collins, eine junge Frau aus dem Dorf Littleshaw, die in London als Fotomodell arbeitet, wird auf dem Gut des Bauern Goodman tot aufgefunden. Sie wurde mit einem Halstuch erdrosselt. Zunächst fehlen konkrete Hinweise, doch nach einigen Tagen meldet sich Marion Hastings bei Inspector Yates und berichtet davon, Faye am Abend deren Todes noch in Begleitung eines Mannes mit einem auffälligen Halstuch gesehen zu haben. Sie identifiziert diesen als den Zeitungsverleger Clifton Morris. Obwohl Morris vorgibt, unschuldig zu sein, lässt er seinen Diener in Fayes Wohnung einbrechen, um belastende Materialien zu stehlen. Auch eine Erpresserin kommt bald auf Morris zu ...


Kein anderer Francis-Durbridge-Mehrteiler genießt in Deutschland einen so legendären Ruf wie „Das Halstuch“. Neben den mit der Erstausstrahlung verbundenen Skandal dürfte dieser Ruf vor allem der Besetzung zu verdanken sein, bei der der WDR in seiner ersten Durbridge-Adaption die bisherigen Anläufe in puncto Prominenz mit links ausstach. Neben der Auftrennung des Nord- und Westdeutschen Rundfunkverbands in NDR und WDR („Stahlnetz“ fiel an den Hamburger, Durbridge an den Kölner Sender) änderte sich aber auch hinter den Kulissen so manches Detail: Hatte Hans Quest „Es ist soweit“ noch mit großem Materialaufwand auf Film gebannt, so schlug er beim „Halstuch“ nun ein völlig neues Aufnahmesystem, das Ampex-Verfahren, ein. Ob dies finanzielle Gründe hatte oder man einfach der Annahme war, mit der Zeit gehen zu müssen – technisch war „Das Halstuch“ jedenfalls wieder ein Rückfall in Zeiten noch nicht ausgereifter Entwicklung, die die Schauspieler vor die immense Hürde stellten, jeweils einen ganzen Teil am Stück spielen zu müssen. Das sorgt für manche kuriosen Momente, in denen Margot Trooger eine Blume herunterfällt oder Albert Lieven seinen Arm nicht in den Mantelärmel bekommt – Szenen, die unter „normalen“ Bedingungen wiederholt worden wären und die nun einen verschämten Blick auf die Professionalität der Darsteller in schwierigen Situationen erlauben.

Leider darf sich der Zuschauer mit der toten Faye Collins nie persönlich vertraut machen – schon kurz nach Beginn liegt ihre Leiche auf dem Heuwagen des Bauern. Der gesamte Beginn erinnert in seiner Inszenierung an einen Heimatfilm, doch die Durbridge’schen Spitzfindigkeiten und falschen (?) Fährten lassen nicht lang auf sich warten. Eine Position bleibt dabei altvertraut: Auch diesmal gibt Albert Lieven den Hauptverdächtigen. Er steht zwar nicht so allein auf weiter Flur wie in „Der Andere“; sein selbstsicheres Auftreten, der dekadente Lebensstil und die unzähligen Hinweise auf seine Figur erlauben ihm aber erneut ein wunderbar undurchsichtiges Spiel. Auch das Kamerateam, das sonst eher nüchtern fotografiert, fängt Lieven in hochverdächtigen Posen vor dandy- und lasterhaften Kulissen ein – eine sehr stimmige Reprise!

Neben Lieven etabliert sich vor allem ein polternder Hellmut Lange als Bruder der Toten in einer zweiten Rolle, die man im Auge behalten sollte. Eine interessante Besetzung glückte des Weiteren mit Christian Doermer, der in den 1950er Jahren in Dramen wie „Viele kamen vorbei“, „Die Halbstarken“ oder „Der Stern von Afrika“ eine gute Figur gemacht hatte. Doermer gibt sich fast zu zurückhaltend, um unverdächtig zu wirken – und das genaue Gegenteil trifft auf die gewohnt eigensinnige Margot Trooger zu. Mit dieser Konstellation wird das „Halstuch“ selbst für die Zuschauer, welche die Lösung bereits kennen, noch manche Überraschung und beste Unterhaltung bereithalten ...

Edgar007 Offline




Beiträge: 2.601

19.01.2018 21:45
#63 RE: Bewertet: Francis Durbridge - Das Halstuch (3) Zitat · Antworten

Tja, lieber Gubanov, Du hast mich angesteckt. Bin auch gerade dabei, mir die Durbridge-Mehrteiler wieder mal anzuschauen. Auch mir ist hier aufgefallen, dass DAS HALSTUCH von der Qualität (Bild und Ton!) wesentlich schlecher ist als ES IST SOWEIT. Man erreicht hier wirklich nur das Niveau von DER ANDERE.

Georg Offline




Beiträge: 3.276

20.01.2018 10:51
#64 RE: Bewertet: Francis Durbridge - Das Halstuch (3) Zitat · Antworten

Die Originaldrehbücher waren ja ursprünglich für Livefernsehspiele konzipiert und hatten daher einen sehr geringen Anteil an Außenaufnahmen, waren für das Studio bestimmt.
Was das Aufnahmeverfahren der drei ersten dt. Mehrteiler betrifft, so war es bei Der Andere und Das Halstuch im Prinzip das selbe, d.h. Wochen lang proben, ehe man es in großen Teilen chronologisch aufzeichnete. Nur die Art der "Bildspeicherung" war bei Der Andere und Das Halstuch anders. Auch bei Der Andere filmte man mit mehreren Kameras gleichzeitig und der Regisseur legte auch hier fest, welches Bild zu sehen war. Im Unterschied zu Das Halstuch wurde das Bild aber nicht direkt elektronisch (Ampex) aufgezeichnet, sondern von einer Filmkamera von einem Monitor abgefilmt. Dieses Bildmaster diente später zur Ausstrahlung und erklärt auch die schlechte Bildqualität. Im Übrigen weisen bis ca. 1960 alle dt. Fernsehfilme (sofern sie nicht komplett als Film gedreht wurden wie Der Richter und sein Henker oder Gesucht wird Mörder X) dieses Aufnahmeverfahren auf und haben daher eine derartige schlechte Bildqualität. Geschnitten wurde damals also auch nichts und auch beim Anderen sind in einzelnen langen Szenen kleine Versprecher oder Ausrutscher mit an Bord, wie dann auch beim Halstuch, wo beispielsweise Heinz Drache einen der Verdächtigen einmal mit einem falschen Rollennamen anspricht, sich dann aber korrigiert.
Durbridge war ja von Haus aus immer in Köln angesiedelt (schon durch Paul Temple), Wilhelm Semmelroth hatte ja schon den Radiodetektiv Temple hierhergeholt. Der Andere wurde - durch das Zusammengehören des NWRV Hamburg und Köln - an die Hamburger ausgelagert und dann wieder an die Kölner zurück geholt. Dass Es ist soweit komplett auf Film gedreht wurde, liegt auch daran, dass es in den Bavaria Studios gedreht wurde, da der WDR (damals noch NWDR Köln) keine eigenen Fernsehstudios hatte und erst mit Das Halstuch in eine Kölner Tennishalle zog, wo fortan viele TV-Filme aufgezeichnet wurden. Es ist soweit wurde auch nur mit einer Kamera gedreht.

Zum Halstuch selbst ist Interessantes zu beobachten: es ist diejenige Durbridge-Geschichte, die am meisten Versionen aufweist: eine finnische, eine schwedische, eine italienische, eine polnische, eine französische und natürlich auch eine englische. Sehr schön ist auch die schwedische Variante, mit einem tollen Intro (nur ein Schal, der auf einem Ast weht).

Francis Durbridge selbst sagte kurioserweise Anfang der 60er einmal, dass er Das Halstuch für seine schlechteste Geschichte halte (wobei man vorsichtig mit solchen Pressemeldungen sein muss). Wie auch immer, es ist die einzige Geschichte, der der perfektionistische Autor selbst zu einem Remake verhalf, das viele ob der zahlreichen Änderungen und "Verbesserungen" sicherlich nicht als solches erkannten. In Breakaway - The Local Affair (1979/80), in der BRD als Auf eigene Faust - Kleinstadtaffäre ausgestrahlt, wird die Halstuch-Geschichte nochmals neu erzählt, allerdings mit geschickten Änderungen, so dass man das als "Laie" nicht gleich erkennt: aus dem Halstuch werden Handschuhe, aus dem Feuerzeug ein Schlüsselanhänger, aus dem Bruder des Opfers die Schwester, aus dem Pfarrer ein Arzt usw. usw. Schön auch einer der Cliffhanger, in dem der nunmehrige Handschuhmörder (aus seiner Perspektive gefilmt) auf das Opfer (das Fotomodell) zu geht, um sie zu erwürgen, fast schon in Giallo-Manier.

patrick Offline




Beiträge: 3.245

20.01.2018 13:43
#65 RE: Bewertet: Francis Durbridge - Das Halstuch (3) Zitat · Antworten

Ich muss gestehen, dass ich, obwohl ich ein großer Fan von Klassikern bin und in dem Genre auch kein Frischling mehr, "Das Halstuch" noch nie gesehen habe. Es muss irgendwie an mir vorbeigegangen sein, war in unserer Fernseh-intensiven Jugend im Gegensatz zu Wallace, eigentlich auch nie ein Thema. Auch bin ich sehr vorsichtig mit Fernsehspielen aus der Frühzeit des Mediums, da ich etwas Angst vor zu viel Hausbackenheit habe. Da ich aber nur Lob darüber zu Hören und Lesen bekomme, werde ich wohl den Sprung wagen und die Mini-Serie in Kürze ordern. Leider ist mir der Täter bekannt, da ich schon vor langer Zeit über die erste Inhaltsangabe darüber gestolpert bin. Ich hoffe, das dies den Genuss nicht völlig verdirbt.

Gubanov ( gelöscht )
Beiträge:

20.01.2018 21:10
#66 RE: Bewertet: Francis Durbridge - Das Halstuch (3) Zitat · Antworten

Danke für die spannenden Zusatzinfos, @Georg! „Das Halstuch“ ist für sich genommen vielleicht nicht der allerstärkste Durbridge und verdankt seinen Ruf wohl eher den Umständen bei seiner Erstsendung. Aber ihn den schwächsten zu nennen, trifft es andererseits auch nicht – dann wäre er wohl auch kaum so oft umgesetzt worden. Und @Edgar007: Schön, dass du sozusagen mit von der Klippe hängst! Die Qualität und Aufnahmetechnik empfinde ich nicht einmal unbedingt als Schwachpunkt – einerseits ist es zwar ein Rückschritt, andererseits sorgt sie für den typischen alten TV-Look, der ja irgendwie auch seinen ganz eigenen Reiz hat.



Francis Durbridge: Das Halstuch (Teile 3 und 4)

Teile 3 und 4 des TV-Kriminalmehrteilers, BRD 1961. Regie: Hans Quest. Drehbuch: Francis Durbridge. Übersetzung: Marianne de Barde. Mit: Heinz Drache (Inspector Harry Yates), Eckart Dux (Sergeant Jeffreys), Albert Lieven (Clifton Morris), Horst Tappert (Vikar Nigel Matthews), Dieter Borsche (John Hopedean), Margot Trooger (Marion Hastings), Hellmut Lange (Edward Collins), Erwin Linder (Alistair Goodman), Eva Pflug (Diana Winston) u.a. Erstsendungen: 7. und 10. Januar 1962. Eine Produktion des Westdeutschen Rundfunks.

Zitat von Das Halstuch (Teile 3 und 4)
Ein Feuerzeug in der Nähe des Leichenfundorts und eine Geburtstagskarte, die Clifton Morris an Faye Collins schrieb, belasten den Verleger aufs Schwerste. Morris behauptet jedoch, am Tatabend im Kino gewesen zu sein, und beabsichtigt, die Journalistin Diana Winston als Alibi einzuspannen. Bevor diese ihre mit einem lukrativen Stellenangebot erkaufte Aussage machen kann, entdeckt man ihre Leiche in Morris’ Wohnung – ebenfalls erwürgt mit einem Halstuch! Der leicht reizbare Edward Collins hat genug: Weil Inspector Yates für sein Empfinden zu zögerlich vorgeht, droht er Morris selbst mit einer Pistole! Des Weiteren verstricken sich der Vikar von Littleshaw und sein örtlicher Maler in merkwürdige Widersprüche ...


Für den zuvor nicht unbedingt mit großen Rollen in bekannten Produktionen gesegneten Heinz Drache stellte sich „Das Halstuch“ einerseits als Sprungbrett zur Riege der namhaften Hauptdarsteller und andererseits als Rückkehr zur in „Der Rächer“ bereits erprobten Ermittlerrolle heraus. War auf diese seit Beginn der Edgar-Wallace-Reihe in den Jahren 1959 bis 1961 zunächst Joachim Fuchsberger weitgehend allein abonniert, so bekam Drache durch seinen charismatischen Auftritt als Inspector Yates sowohl in den Köpfen der großen Zuschauerschaft als auch bei der Rialto-Film, die ihn ab Anfang 1962 auch für „echte“ Wallace-Krimis verpflichtete, einen Fuß in die Tür. Drache ist zwar gemeinhin für seine ruppig-coole Art bekannt, gestaltet Inspector Yates aber als höflich-zuvorkommenden Schnüffler, der seine Befragungen in Gentleman-Manier durchführt, seinen Kriminalassistenten wie einen kleinen Jungen neckt und eine Bilderbuchehe führt, die ihn vor den doch eher zweifelhaften Frauenfiguren des Mehrteilers bewahrt. Letztere sind mit Margot Trooger, Eva Pflug und Erica Beer elegant und ebenfalls ausnehmend wallace-like besetzt.

Als Durbridge-Klassiker kann „Das Halstuch“ als typischer Vertreter der Technik des Autors gelten, Verdachtsmomente in sonst ungekannter Anzahl zu akkumulieren. Man nimmt dies allerdings nie als redundant wahr. Vielmehr steht dahinter das Prinzip der Ablenkung (die scheinbar ausweglose Situation von Clifton Morris lässt die Fragwürdigkeiten der Littleshaw-Bewohnern in den Hintergrund treten), aber auch die schlichte Idee der Nadel im Heuhaufen: Wer kann schon sagen, welche der gefühlt unendlich vielen Spuren – das Halstuch, der Fund im Geigenkasten, das Feuerzeug, die Geburtstagskarte, der Gedichtband, die Schmähbriefe oder die abweichenden Angaben darüber, wer wen wann wo gesehen hat – die zielführende ist? Die bei einer Fernsehwiederholung in den 1990er Jahren hinzugefügten „Was bisher geschah“-Einleitungen in jeden Teil, die von stimmungsvollen Werbefotos begleitet werden, helfen dabei, im Dschungel der Möglichkeiten den Überblick zu behalten.

Für die angebliche Studiolastigkeit des Mehrteilers werden die Folgen 3 und 4 durch eine doch recht ansehnliche Menge von Außenszenen aufgelockert. Sie verdeutlichen ebenso wie Marion Hastings’ Weg aufs Polizeirevier in einem der früheren Teile die Mühe, die sich die Macher damit gaben, britisches Flair zu erzeugen. Dennoch ist unverkennbar, dass die Außenaufnahmen diesmal nicht in England gedreht wurden. Lediglich ein paar Archivaufnahmen vom Piccadilly Circus künden in leicht erheiternder Uniformität stets davon, dass nun gleich eine Szene mit Erica Beer im Finale-Nachtclub zu erwarten ist. Für Littleshaw doubelte das niederbergische Städtchen Wülfrath, dessen idyllische Kirchtürme vor allem in einer Szene mit Heinz Drache und Horst Tappert gut zur Geltung kommen.

Gubanov ( gelöscht )
Beiträge:

20.01.2018 22:00
#67 RE: Bewertet: Francis Durbridge - Das Halstuch (3) Zitat · Antworten

Zitat von patrick im Beitrag #65
Da ich aber nur Lob darüber zu Hören und Lesen bekomme, werde ich wohl den Sprung wagen und die Mini-Serie in Kürze ordern.

Bin gespannt, was du zur Durbridge-Kost sagen wirst. Ich kann nicht wirklich einschätzen, wie sie dir gefallen wird.

Edgar007 Offline




Beiträge: 2.601

21.01.2018 09:28
#68 RE: Bewertet: Francis Durbridge - Das Halstuch (3) Zitat · Antworten

Zitat von Gubanov im Beitrag #66
Und @Edgar007: Schön, dass du sozusagen mit von der Klippe hängst! Die Qualität und Aufnahmetechnik empfinde ich nicht einmal unbedingt als Schwachpunkt – einerseits ist es zwar ein Rückschritt, andererseits sorgt sie für den typischen alten TV-Look, der ja irgendwie auch seinen ganz eigenen Reiz hat.


Na ja, vor allem der Ton ist bei DER ANDERE und DAS HALSTUC tlw. schon sehr schlecht. Mann muss schon extrem genau aufpassen, damit man alles versteht. Früher, auf dem alten Röhren-Fernseher ist mir das mit dem schlechten Bild nicht so stark aufgefallen, aber jetzt auf den LED-TV sieht das Bild schon sehr "verwaschen" aus und schlecht vom Kontrast. Aber besser werden wir die Filme wohl nicht mehr bekommen...

patrick Offline




Beiträge: 3.245

21.01.2018 12:41
#69 RE: Bewertet: Francis Durbridge - Das Halstuch (3) Zitat · Antworten

Zitat von Gubanov im Beitrag #67
Zitat von patrick im Beitrag #65
Da ich aber nur Lob darüber zu Hören und Lesen bekomme, werde ich wohl den Sprung wagen und die Mini-Serie in Kürze ordern.

Bin gespannt, was du zur Durbridge-Kost sagen wirst. Ich kann nicht wirklich einschätzen, wie sie dir gefallen wird.


Kann es selber nicht einschätzen. Kenne nur Ausschnitte und Trailer, die mich ehrlich gesagt weniger ansprechen, da sie sehr hausbacken und kammerspielartig wirken, was ich nicht so mag. Mich motivieren lediglich die vielen guten Kritiken. Ich hab eigentlich noch nichts negatives über das Halstuch gelesen. Mal sehen, ob ich da aus der Reihe tanze.

Gubanov ( gelöscht )
Beiträge:

21.01.2018 20:15
#70 RE: Bewertet: Francis Durbridge - Das Halstuch (3) Zitat · Antworten

@Edgar007: Tja, damalige TV-Produktionen waren ja auch nicht dazu gedacht, auf einem großen LED-Bildschirm gesehen zu werden. Da ist es nur logisch, dass das Bild auf dem eigentlichen Zielmedium Röhre annehmbarer aussieht.



Francis Durbridge: Das Halstuch (Teile 5 und 6)

Teile 5 und 6 des TV-Kriminalmehrteilers, BRD 1961. Regie: Hans Quest. Drehbuch: Francis Durbridge. Übersetzung: Marianne de Barde. Mit: Heinz Drache (Inspector Harry Yates), Eckart Dux (Sergeant Jeffreys), Albert Lieven (Clifton Morris), Margot Trooger (Marion Hastings), Erwin Linder (Alistair Goodman), Dieter Borsche (John Hopedean), Hellmut Lange (Edward Collins), Horst Tappert (Vikar Nigel Matthews), Erica Beer (Kim Marshall) u.a. Erstsendungen: 13. und 17. Januar 1962. Eine Produktion des Westdeutschen Rundfunks.

Zitat von Das Halstuch (Teile 5 und 6)
Während sowohl Kim Marshall als auch John Hopedean Clifton Morris belasten, stellt Inspector Yates dem Unglücksraben eine geschickte Falle: Er versetzt ihn in den Glauben, Edward Collins getötet zu haben. Als Morris erfährt, dass Collins wider Erwarten noch am Leben ist, erklärt er sich endlich zur Kollaboration mit Yates bereit. Gemeinsam versuchen der Polizist und der Verleger, den Halstuchmörder in die Flucht zu schlagen. Dieser stellt sich als hinterlistiger Erpresser heraus, dessen Werkzeug unter anderem Faye Collins war. Doch seine Identität gibt der Killer erst bei einem weiteren Mordversuch in einer einsamen Scheune preis ...


Theoretisch hatte es ein so offenes Feld derjenigen Figuren, die als Mörder infrage kommen, bei den anderen Mehrteilern noch nicht gegeben. Durbridge hielt sich diverse Optionen offen und erst das Verhalten einiger Charaktere im sechsten Teil schließt sie als Haupttäter aus, bevor zum Beispiel der Verdacht gegen Horst Tappert und Erwin Linder, Margot Trooger und Dieter Borsche in Teil 5 noch einmal fleißig gesteigert wird. Im Umgang mit Christian Doermer muss sich „Das Halstuch“ dagegen Nachlässigkeit vorwerfen lassen: Auch wenn der Geigenschüler Gerald in Teil 5 noch einen kleinen Auftritt zugestanden bekommt, so ist er doch im Wesentlichen schon lang aus dem Kreis der aktiven Handlungsträger getilgt worden, was nach der vielversprechenden Anlage der Rolle recht bedauernswert ist.

In der Praxis schoss jedoch ein Neider auf den wachsenden Einfluss des Fernsehens, der sich mit dem Erfolg der Mehrteilerkrimis weiter manifestierte, quer: Obwohl er nicht mitspielte, ist Wolfgang Neuss’ Name mit dem „Halstuch“ ebenso eng verbunden wie der von Heinz Drache. Neuss hatte am Vortag der Ausstrahlung der sechsten Folge eine Annonce in die Zeitung Der Abend setzen lassen, die den Täter verriet und die Leser aufforderte, ins Kino zu gehen, anstatt zu Hause vor der Flimmerkiste zu sitzen. Es ist wohl nicht mehr möglich, festzustellen, ob Neuss’ Annonce ernsthafte Sabotage-Absichten zugrunde lagen oder ob er nur ein unglücklich treffsicheres Händchen beim Raten unter Beweis stellte – auf jeden Fall fiel die Aktion massiv auf ihn zurück und sein in der Anzeige beworbener Kinofilm („Genosse Münchhausen“, der laut aller gängiger Quellen aber merkwürdigerweise erst am 24. Juni 1962, reichliche fünf Monate nach Ende der „Halstuch“-Sendung, zur Uraufführung kam) scheiterte an den Kassen. Um solche Eklats zu vermeiden, verpflichtete der WDR alle Mitwirkenden von da an striktester Geheimhaltung – ähnlich des Prinzips, wie man es auch von den Edgar-Wallace-Filmen her kennt.

Hans Quest gelang eine stimmige Vorbereitung und Durchführung der letztlichen Auflösung, die er sich im dunklen Inneren einer Scheune abwickeln ließ – eine hervorragende Schauplatzwahl, welche es der Kamera und den Beleuchtern erlaubte, noch einmal große krimitypische Geschütze harter, beinahe unheimlicher Ausleuchtung aufzufahren. Die an der Szene beteiligten Akteure liefern sich ein regelrecht hypnotisches Spiel, in dem Facetten von Angst und Unterdrückung, Wahnsinn und Brutalität zum Ausdruck kommen, die man in einer so „soliden“ Produktion nicht in dieser Deutlichkeit erwartet hätte. Aufgewogen wird dieser Schock durch einen amüsanten Schlussgag – das Publikum sollte wohl nicht mit einem zu mulmigen letzten Eindruck in den Abend entlassen werden. „Verzeihung, Sir, ist das Ihr Halstuch?“ fragt Sergeant Jeffreys den ewig verdächtigen Clifton Morris. „Sie werden es mir kaum glauben: Die Antwort ist Nein“, entgegnet dieser humorvoll.

Objektiv sind einige Durbridges vielleicht besser gelungen als „Das Halstuch“, das einen stellenweise recht traditionellen, um nicht zu sagen altbackenen Charme versprüht. Zugleich kann man weder dem Spannungsaufbau noch den Darstellern Schnitzer vorwerfen. Unterm Strich kommt hier alles, was der Name Francis Durbridge verspricht, so unverfälscht zusammen wie kaum jemals sonst. 4 von 5 Punkten.

Gubanov ( gelöscht )
Beiträge:

25.01.2018 20:03
#71 RE: Bewertet: Francis Durbridge - Das Halstuch (3) Zitat · Antworten

@Georg: Hast du eine Erklärung dafür, dass die Daten der "Halstuch"-Erstsendungen und die von "Genosse Münchhausen" gar nicht zusammenpassen?

Georg Offline




Beiträge: 3.276

25.01.2018 20:46
#72 RE: Bewertet: Francis Durbridge - Das Halstuch (3) Zitat · Antworten

Interessant, diese Diskrepanz ist bisher scheinbar niemandem aufgefallen, auch mir nicht. Werde der Sache mal nachgehen.

patrick Offline




Beiträge: 3.245

10.02.2018 21:51
#73 RE: Bewertet: Francis Durbridge - Das Halstuch (3) Zitat · Antworten

Francis Durbridge - Das Halstuch (1961)



Regie: Hans Quest

Produktion: Wilhelm Semmelroth, WDR 1961

Darsteller: Heinz Drache, Albert Lieven, Eckart Dux, Horst Tappert, Margot Trooger, Erwin Linder, Erica Beer, Dieter Borsche, Hellmut Lange, Christian Doermer, Gardy Granass, Eva Pflug, Alf Marholm, Alwin Joachim Meyer, Helga Zeckra, Heinz von Cleve, Gerhard Becker, Annelie Jansen, Wolf Schlamminger, Bernd M. Bausch, Hans Bosenius, Bodo Primus, Harald Meister



Nun habe auch ich mein "Halstuch-Experience" hinter mich gebracht. Wie schon erwähnt, ist dieser Klassiker bisher an mir vorbeigegangen, obwohl ich schon seit Jahrzehnten weis, dass es ihn gibt. Gewisse Vorbehalte, die vor allem aus der Befürchtung ein allzu altbackenes Kammerspiel zu sehen zu bekommen resultierten, haben mich immer davon abgehalten, eine Sichtung ernsthaft in Erwägung zu ziehen. Nachdem ich nun aber den Sprung in's kalte Wasser gewagt habe, räume ich reumütig ein, dass meine Einwände sich zum Glück nicht bestätigt haben und ich sehr positiv überrascht worden bin.

Die 6 Teile bieten einen wirklich konsequenten Spanunngsaufbau und ködern den Zuseher mit einer gehörigen Portion Suchtpotential. Der arme Albert Lieven findet sich von Anfang an in einer hässlichen Zwickmühle, in der sich von praktisch allen Seiten die Verdachtsmomente und Indizien zu seinen Ungunsten verdichten. Auch mit seiner Wahrheitsliebe scheint es nicht weit her zu sein. Nachdem er als logischer Täter so schön am Tablett serviert wird, ist jedem Krimi-Freund natürlich sofort klar, dass er einfach nicht schuldig sein kann. Soviel darf wohl ruhig verraten werden, ohne großartig zu spoilern. Dass die Handschellen nicht sofort klicken, hat er neben Inspektor Yates scharfsinnigem Verstand und Bauchgefühl vor allem auch dem Umstand zu verdanken, dass zahlreiche weitere Protagonisten sich in Widersprüche verwickeln und ebenfalls Verdachtsmomente, wenn auch sehr viel weniger gravierende, auf sich ziehen. Gelogen wird hier nämlich, dass die Balken brechen.

Der Plot ist clever und logisch durchdacht und die schauspielerische Leistung hervorragend, was wohl darin begründet liegt, dass die Länge dieses Sechsteilers sehr viel Raum für die Entfaltung der Charaktere zur Verfügung stellt. Von Heinz Drache hatte ich oft den Eindruck, dass er bei seinen Auftritten ziemlich steif und sterotyp agierte, auch wenn's mich bei Wallace nie wirklich gestört hat. Ich möchte dieses Urteil trotzdem revidieren, denn was er hier bietet ist exzellent. Als scharfsinniger, aber auch sehr einfühlsamer und menschlicher Ermittler trifft er immer den richtigen Ton und stellt intuitiv die richtigen Fragen, sodass es eine wahre Freude ist, seiner natürlich fließenden Performance zu folgen. Er wirkt auf mich in dieser Miniserie auch etwas geschliffener als bei seinen Wallace-Einsätzen. Insgesamt bin ich geneigt, diesen Auftritt als seinen besten zu goutieren. Er wird auch in Szenen mit seiner Film-Ehefrau gezeigt, welche ein typisch tadelloses, fast kitschiges 50er-und 60er-Jahre-Heile-Welt-Familienleben vermitteln.

Leider bin ich schon vor sehr langer Zeit einmal über einen Artikel gestolpert, in dem der Täter preisgegeben wurde, sodass mir das Whodunit-Element verwehrt blieb. Damit ging es mir wohl ähnlich wie, zumindest ab der letzten Folge, dem Fernsehpublikum von Anno 1962, das nach Wolfgang Neuss lediglich auf Mutmaßung beruhenden Nennung des Täters regelrecht auf die Barrikaden stieg. Ich gehe allerdings davon aus, dass ich den Mörder höchstwahrscheinlich erraten hätte. Das kann im Nachhinein natürlich jeder behaupten, aber bei einer gewisse Vertrautheit mit den Schauspielern überrascht die Auflösung aus heutiger Sicht sehr wenig. Vermutlich wäre für mich neben dem tatsächlichen Täter nur eine weitere Person in die engere Wahl gekommen.

Besonders kammerspielartig erschien mir die Geschichte übrigens nicht, da immer wieder einige Außenaufnahmen gezeigt werden. Sehr gelungen sind die recht eleganten und runden Dialoge, welche wirklich Freude machen zu hören. Der geschundene Albert Lieven schlägt sich als Clifton Morris sehr wacker und vermag trotz aller Widrigkeiten Haltung und Coolness zu bewahren. Damit wird er dem Alphatier gerecht, das er aufgrund seines Erfolges als Verleger wohl sein muss. Ferner gelingt es dem Drehbuch recht gut, möglichst viele Personen in eine zwielichtige Aura zu hüllen. Etwas unglaubwürdig erscheint mir der Umstand, dass der von Dieter Borsche dargestellte John Hopedean bei seiner Unscheinbarkeit und seinem Auftreten, das ihn weder als Sympathieträger noch als großen Charmeur hervortut, ein Hallodri mit vielen Affären sein sollte. Der Täter entpuppt sich als widerwärtiger Psychopath, der mit seinem finalen Auftritt auch einen Wallace-Film wunderbar bereichert hätte.

Fazit:

Überaus spannender und hervorragend besetzter und gespielter Krimi der alten Schule, der auch heute noch, 56 Jahre nach der Erstsendung, seine Wirkung als Klassiker nicht verfehlt. Gute 4 von 5 Punkten.

Ray Offline



Beiträge: 1.948

10.02.2018 22:03
#74 RE: Bewertet: Francis Durbridge - Das Halstuch (3) Zitat · Antworten

Schön, dass dir dein persönlicher Durbridge-Einstieg Freude gemacht hat. Ich hoffe, du bleibst dran und erfreust uns mit weiteren Besprechungen zum Thema. Zumidest "Die Schlüssel" liegen dir ja schon mal vor.

Gubanov ( gelöscht )
Beiträge:

10.02.2018 22:07
#75 RE: Bewertet: Francis Durbridge - Das Halstuch (3) Zitat · Antworten

... von denen du dich aber nicht abschrecken lassen solltest, nachdem du dich nun recht enthusiastisch zum "Halstuch" geäußert hast, @patrick! Besonders empfehlenswert dürften eher "Melissa" und "Wie ein Blitz" sein.

Sonst kann ich deinen Äußerungen nur zustimmen. Ich hatte ja durchaus auch befürchtet, dass "Das Halstuch" dir zu altbacken sein könnte, aber wenn das nicht der Fall ist, müsste das eigentlich auch ein gutes Signal für die übrigen Durbridges sein.

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