“Collins heißt sie, Faye Collins ... Sie ist erwürgt worden ...” (zu Alistair Goodman)
“Ich kann mir gut vorstellen, wie mir zumute wäre in Ihrer Lage ...” (zu Edward Collins)
“Hör mal zu, Jill. Du bist doch ein kluges Kind. Nehmen wir einmal an, du hättest jemanden ermordet. Und zwar erwürgt mit einem Schal. Was würdest du damit tun?” (zu seiner Frau)
“Wir sind ja wohl alle keine Engel ...” (zu John Hopedean)
“Ich habe mir immer große Mühe gegeben, niemals etwas als selbstverständlich anzunehmen ...” (zu Clifton Morris)
“Vor zwölf Monaten, als ich zu Scotland Yard abgestellt wurde, habe ich mir mal für jemanden einen Haftbefehl geben lassen - einfach so. Es stellte sich heraus, dass ich mich getäuscht hatte, und das möchte ich ungern ein zweites Mal tun.” (zu Clifton Morris)
“Aus Ihnen wird noch ein Detektiv, Sunny Boy!” (zu Sergeant Jeffreys)
“Glauben Sie, ich weiß nicht, was in meinem Bezirk vorgeht. Halten Sie mich für einen Vollidioten?” (zu Edward Collins)
“Sie sind wohl völlig verrückt geworden, Mr. Collins! ... Mein lieber Mann, das hätte Sie den Kopf kosten können ...” (zu Edward Collins)
“Noch dümmer konnten Sie sich wohl nicht anstellen, Sie Dilettant, was?!” (zu Edward Collins)
“Hallo Liebling!” (zu Kim Marshall)
“Dich hatte ich unter B für Bett eingereiht und nicht unter E für Erpressung. Mein Kind, du solltest mich über solche einschneidenden Neuerungen immer sofort auf dem laufenden halten ...” (zu Kim Marshall)
“Ich möchte nicht, dass du mit einem Schal um den Hals zu einem vorzeitigen Ende kommst ...” (zu Kim Marshall)
“Ich glaube nur, was ich sehe, Sir!” (zu Clifton Morris)
“Dann treten Sie von der Bühne ab und überlassen alles weitere uns. Das ist ein Befehl, Sir!” (zu Clifton Morris)
“Ich bin, wie Sie sicherlich schon gemerkt haben werden, ein ziemlich unorthodoxer Mensch.” (zu Clifton Morris)
“Wissen Sie, ich bin jetzt schon seit fünfzehn Jahren bei der Polizei, und Sie kennen ja das Sprichwort einem alten Hund kann man keine neuen Tricks beibringen.” (zu Clifton Morris)
Harry Yates ist Kriminalinspektor in Littleshaw, einer idyllisch gelegenen ländlichen Kleinstadt in der Nähe von London. Der attraktive Herr, der sich elegant kleidet und nur selten auf eine Zigarette verzichtet, ist mit der Aufklärung des Mordes an Faye Collins, die mit einem Halstuch erwürgt wurde, betraut. Im Zuge seiner Ermittlungen bekommt es Harry Yates mit einem weiteren Mordfall, mit einigen Fällen von Erpressung sowie mit Körperverletzung und einem Mordversuch zu tun.
Ihm zur Seite steht sein loyaler Assistent Sergeant Jeffreys, den Yates des öfteren “Sunny Boy” nennt. Da er Jeffreys meistens einen Gedankengang voraus ist, neckt Yates ihn des öfteren freundschaftlich.
Jill Yates versorgt ihren Mann Harry mit Tee und gutem Essen, damit er über seinem Fall nicht die angenehmeren Dinge des Lebens vergißt. Jill behagt die Arbeitsüberlastung ihres Gatten keineswegs (“Ich wollte, ich wäre mit Bing Crosby verheiratet. Wetten - der arbeitet bestimmt nicht an seinem dienstfreien Tag!”) und Harry denkt bei einem neuen Kleid, das seine Frau Jill erworben hat zuerst an das Geld, das ihn das wieder gekostet hat. Dennoch sind die Beiden ganz offensichtlich sehr glücklich mit einander. Harry konsultiert sein “kluges Kind” Jill auch bezüglich seines Falles. Hätte er auf zwei ihrer Bemerkungen bezüglich eines gewissen Herren und einer bestimmten Dame besser geachtet, hätte er möglicherweise seine Untersuchungen schneller abschließen können...
Bei seinen Ermittlungen geht Harry Yates überaus feinfühlig vor. So befragt er zum Beispiel Edward Collins in einem überaus sanftem Tonfall, nachdem er ihn soeben über den Tod von dessen Schwester Faye informieren mußte. Als Collins Yates später in scharfen Worten attackiert und ihm völliges Versagen vorwirft, erkennt der Inspektor, dass nur die ohnmächtige Trauer und Wut über den Mord an Faye aus Edward sprechen und er darüber hinaus weit mehr Alkohol konsumiert, als ihm gut tut. So läßt er die Tiraden von Collins in stiller Würde über sich ergehen, weil er Mitgefühl für ihn empfindet. Den in Tatverdacht geratenen Verleger Clifton Morris verhört Harry Yates zwar hartnäckig, doch läßt er sich nicht darauf ein, vorschnell zu urteilen und an die Schuld des Verlegers zu glauben, obwohl beinahe alle Indizien gegen Morris sprechen und er Yates offensichtlich ständig zu belügen scheint. Harry Yates signalisiert dem Kunstmaler John Hopedean ein gewisses Verständnis darüber, dass dieser seine Frau möglicherweise mit Faye Collins betrogen haben könnte. Weil der Maler anonyme Drohbriefe erhalten hat, empfiehlt ihm Yates, die aufgeregten Nerven seiner Gattin mit der Lüge zu beruhigen, dass viele Bewohner von Littleshaw seit dem Mord an Faye Collins ähnliche Briefe erhalten hätten.
Mitunter reißt Harry Yates der Geduldsfaden, und dann darf der oder die Betreffende mit lautstark vorgebrachten und harten Worten rechnen oder mit beißender Ironie. Der wahrscheinlich nicht mit allzu großer Intelligenz gesegnete Konstabler Kent darf sich einige energische Bemerkungen anhören, weil er mit dem Inhalt eines Päckchen, das anonym an das Polizeistation adressiert wurde, nichts rechtes anzufangen weiß. Nachdem Edward Collins sich aus blindem Hass und Rachegefühlen zu einer sehr unüberlegten und beinahe fatalen Handlung hinreißen läßt, maßregelt Harry Yates ihn mit heftigen Worten. Als Marian Hastings glaubt, sich über die ihrer Meinung nach unverschämten Fragen des Inspektors beschweren zu müssen, kontert Harry Yates spöttisch, indem er ihr seinen direkten Vorgesetzten als Ansprechpartner empfiehlt. Mit dem Revuegirl Kim Marshall führt Harry Yates ein überaus ironisches Verhör, in dem er sie mit lauter Kosenamen tituliert (“Liebling”, “Engel”, “Schatz”), die er jedoch als offensichtliche Zynismen gebraucht.
Wenn es ihm geboten scheint, stellt Harry Yates den Beteiligten mit List und Tücke einige Fallen, um so der Lösung näher zu kommen. So schiebt Harry Yates dem nichtsahnenden Clifton Morris die Mordwaffe unter und erlangt unter dem Vorwand, ein bestimmtes französisches Wort nicht korrekt zu Papier bringen zu können, eine Schriftprobe von ihm. Harry Yates läßt jemandem sogar in dem Glauben, dieser habe ein Menschenleben auf dem Gewissen, damit der Betreffende endlich mit der Wahrheit herausrückt.
Hinter den formvollendeten Umgangsformen und aller Verbindlichkeit von Harry Yates verbirgt sich eine immense Energie und Hartnäckigkeit. So ist es denn auch kein Wunder, dass er den Mörder von Faye Collins und Urheber aller daraus resultierenden Verbrechen am Ende zur Strecke bringen kann.
“Marian Hastings konnte nicht viel älter als dreißig sein. Sie war elegant gekleidet und gab sich sehr selbstsicher und intellektuell. Yates, der eine Menge über Frauen wußte, stufte sie in die Gruppe der gutaussehenden, intelligenten, scharfzüngigen und egozentrischen Mitglieder des schwachen Geschlechts ein ..." (Francis Durbridge: “Das Halstuch”)
Während der scharfsinnige Kriminalinspektor Harry Yates aus der beschaulichen Kleinstadt Littleshaw damit beschäftigt ist, den Mord an der jungen Faye Collins aufzuklären, macht er die Bekanntschaft der Modistin Marian Hastings.
Bereits bei ihrem ersten Auftritt, als sie vor der örtlichen Polizeistation aus ihrem Wagen steigt, strahlt sie - gekleidet in ein modisches Kostüm, perfekt kombiniert mit Hut, Handschuhen und einer Handtasche - Grazie und Selbstbewußtsein aus.
Das darauf folgende Erscheinen von Marian Hastings im Büro von Harry Yates hat durchaus etwas vom Empfang einer Königin. Der Kriminalinspektor, der vor ihrem Eintreffen sein korrektes Erscheinungsbild durch das Überziehen seines Jacketts wieder vervollkommnet hat, empfängt sie am Fuße der Treppe stehend, reicht ihr die Hand, sie schreitet - vorsichtig von ihm assistiert - hoheitsvoll die Stufen hinab und er weist ihr den Weg zu einem Stuhl. Weder das Anbieten und Akzeptieren einer Zigarette noch dass Yates sich im Verlaufe des Verhörs, das man durch den höflich-korrekten Tonfall der Beiden wohl eher noch ein Gespräch nennen kann, neben Marian Hastings stellt, kann die Distanz zwischen den Beiden verringern.
Die immense Selbstsicherheit von Marian Hastings resultiert sicherlich auch aus der Tatsache, dass sie selbstständige Unternehmerin ist und somit ihren Lebensunterhalt in eigener Verantwortung bestreitet, was für Damen der gehobenen Mittelklasse der Sechziger Jahre in Großbritannien sicherlich keine Selbstverständlichkeit dargestellt haben dürfte.
Marian Hastings führt in der High Street von Littleshaw einen Modesalon namens “Marians”, der allerdings zwischen einer Firma, die landwirtschaftliche Geräte vertreibt und einem Süßwarengeschäft nicht besonders günstig gelegen ist. Ihre Angestellte Phyllis North ist mit ihrer plappernden Geschwätzigkeit und ihrer beschränkten Intelligenz der vollständige Gegenpol zu ihrer Chefin. Das Geschäft scheint eher mäßig zu gehen, denn man sieht nie Kunden darin. Es wird ausschließlich über sie gesprochen. Lediglich Jill Yates, die treusorgende Gattin von Kriminalinspektor Harry Yates, bekommt von Marian Hastings persönlich ihr neu erworbenes Kleid ins Haus geliefert. Mitunter liefert auch Alistair Goodman, der Besitzer von Kingsbury Farm sowie weiterer Ländereien, diverse Hutmodelle an einige Kundinnen seiner Verlobten Marian Hastings aus.
Nicht nur dass die äußere Erscheinung von Marian Hastings nicht für eine idyllische Kleinstadt wie Littleshaw geschaffen scheint, sondern beinahe schon zwingend den Aufenthalt in einer mondänen Großstadt wie dem nahegelegenen London erfordert, so gibt auch ihr Privatleben zu allerlei Spekulation Anlaß. Ihre Verlobung mit dem deutlich älteren, in Temperament und Erscheinung ihr diametral entgegengesetzten Landwirt Alistair Goodman läßt nur den einen Schluß zu, dass sie sich lediglich seiner beträchtlichen finanziellen Mittel bedienen möchte. So ist es keine Überraschung, als sich herausstellt, dass Marian Hastings ihren Verlobten ganz offensichtlich betrügt.
Im weiteren Verlauf der Ermittlungen im Mordfall Faye Collins verwickelt sich Marian Hastings mit ihren Aussagen gegenüber Kriminalinspektor Harry Yates in immer größere Widersprüche. Zunächst reagiert sie mit überlegener Ironie später mit offener Verärgerung auf das insistierende Nachfragen des Inspektors. Ihr zuvor so verbindlicher Tonfall gegenüber Harry Yates ist eisiger Kälte gewichen, während dieser zwar seinen höflichen Umgangston beibehält, allerdings mit Härte und Nachdruck klarstellt, welche Auskünfte er von ihr erwartet.
Marian Hastings scheint unter einem immensen psychischen Druck zu stehen, denn obwohl sie ihr letztes Verhör auf der Polizeistation noch halbwegs souverän überstanden hat, bringt die kleinste Nachfrage ihres Verlobten bezüglich eben jenen Verhörs ihre gewohnte Selbstsicherheit gefährlich ins Wanken.
Doch noch immer versagen der starken Frau ihre durchaus angegriffenen Nerven nicht den Dienst - selbst als mehrere Schüsse auf sie abgegeben werden.
Und auch weiterhin läßt sich Marian Hastings zu Dingen nötigen, die gegen alle ihre Grundsätze verstoßen, aus leider nur allzu berechtigter Todesangst und aus einer ein Jahr zurückliegenden Schuld am Tode eines Menschen, die auf ihrem Gewissen lastet und die jemand anderes skrupellos für seine Zwecke auszunutzen versteht.
Nachdem die zuvor so glamouröse Fassade der eleganten und selbstbewussten Dame im Laufe des Geschehens deutliche Risse erhielt und bröckelte, so bricht sie am Ende vollständig in sich zusammen und übrig bleibt eine zutiefst verzweifelte Frau, die sich den Dämonen ihrer Vergangenheit nicht stellen wollte und dafür einen hohen Preis zahlen muß.
Danke, Cora Ann, für diese lesenswerten und sicherlich arbeitsintensiven Analysen! Ich fand Marian Hastings auch immer als Person extrem unsympathisch, was noch durch ihre Darstellung von Margot Trooger unterstrichen wird, die für diese Rolle sehr gut passt.
Auch ich finde die Besetzung der Marian Hastings mit Margot Trooger ausgezeichnet. Sie füllt ihre Rolle glaubhaft und einprägsam aus, besonders ihre Wandlung innerhalb des Geschehens ist bemerkenswert. Mir geht es allerdings hier ganz anders. Trotz der Darstellung einer so eisblockartigen, hochmütigen Person finde ich sie dennoch irgendwie sympathisch. Es liegt wohl zum einen an Margot Trooger selbst und der damit verbundenen, hochklassigen Interpretation, und zum anderen daran, dass es sich um eine Person handelt, die in ihrer Verzweiflung zusätzlich im Würgegriff gehalten wird und bis zur Selbstaufgabe funktionieren muss. Aber ich war ja schon immer ein kleiner Sympathisant von den Marian Hastings, Emily Codys, JR Ewings und Alexis Carrington-Colbys der Filmwelt.
Ich sehe die Sache ähnlich wie Mark Paxton. Margot Trooger wirkt in der Rolle nicht gerade sympathsich und ist deshalb wohl eine sehr gute Besetzung für die Rolle. Das liegt wahrscheinlich auch daran, dass ich diese Schauspielerin anders als etwa Prisma (Cora Ann Milton verzeiht mir das bitte) nicht gerade zu meinen Lieblingen zähle. Demnach erscheint sie in einer negativen Rolle natürlich perfekt. @ Cora Ann: auch von mir ein Danke für die schönen, sicherlich mühevollen Auflistungen zu Marian Hastings und Harry Yates!
Das finde ich ganz interessant, da ich nun zum ersten Mal darüber nachdenke, dass man Margot Trooger nicht so sehr mögen könnte, was ja bei jedem Darsteller aber vollkommen logisch ist. Ich sah sie trotz unterschiedlichster Rollen immer als eine Art Sympathieträgerin, wobei mir das Wort "Sympathie" doch nicht so ganz treffend vorkommt. Marian Hastings ist eigentlich nicht sympathisch, das stimmt auf den zweiten Blick wohl eher. Also wird es meinerseits wohl doch mit der Schauspielerin an sich zusammenhängen. Trotzdem ist erwähnenswert, dass sie, ob man sie schätzt oder nicht, von beiden Blickwinkeln her als passende und aussagekräftige Besetzung angenommen wird. Georg, was genau ist es, dass Du an Margot Trooger denn nicht so magst? Ist das generell so? Ich grübele nämlich und mir fällt gar nichts passendes ein.
Ich kann es nicht genau sagen, aber irgendwie finde ich Margot Troogers Ausstrahlung kalt und unweiblich, wenig attraktiv. Das passt in manchen Rollen ganz gut zu ihr, in anderen nervt sie mich.
Kalt und unweiblich? Das kann ich nicht nachvollziehen.
Margot Trooger verkörpert für mich den Typ der starken, selbstbewußten und unabhängigen Frau, die über den Dingen steht. Im "Halstuch" hat sie als Marian Hastings Schuld auf sich geladen und ist dadurch eine Getriebene, aber in den "Hexer"-Filmen ist sie als Cora Ann Milton für mich das Idealbild einer Grande Dame voller Stil und Eleganz.
“Das ganze ist eine Sache der Vorstellungskraft. Phantasie ..."
(Heinz Drache in "Der Hexer")
Rollenbedingt gibt sie häufig die Unnahbare, die Situation Beherrschende und Disziplinierte, die vielleicht gerne mal aus dem Käfig, in dem sie steckt, ausbrechen möchte, es aber nicht so leicht fertigbringt über ihren Schatten zu springen. Das wirkt dann oft kühl bis distanziert. Wohl auch auf Grund ihrer Lungenfibrose war sie nun auch nicht für die Actionrollen zu besetzen.
Fay Collins sehen wir in "Das Halstuch" erst nachdem ihre Leiche von dem Landarbeiter Bill Royd gefunden wird. Sie liegt auf seinem Anhänger, der mit Zuckerrüben beladen ist. Im Innenhof des Bauerngutes von Alistair Goodman können wir einen kurzen Blick auf ihren Oberkörper werfen, als die Plane abgenommen wird. Allerdings sehen wir ihr Gesicht kopfüber. Sie hat dunkle Locken und wirkt mit den dichten Augenbrauen und den harten Gesichtszügen zunächst wenig reizvoll. Als wir dann später ihre Stimme auf Tonband hören, bestätigt sich unser Eindruck. Fay Collins spricht mit schroffer, harscher Stimme und klingt gehetzt. Dem Klang nach würde ich sie auf mindestens Mitte Dreißig schätzen. Gebildet ist sie anscheinend auch nicht, denn "Literatur und Fay sind einander so fern wie Mars und Venus". Ebenso wie Melissa Foster wollte sie sich als Schauspielerin betätigen, ist aber derzeit stellungslos und posiert ab und zu für Modeaufnahmen. Tatsächlich lebt sie vom Anteil, den sie für ihre Arbeit als Erpresserin bekommt. Die Verehrung, die sie in ihrer Heimatgemeinde Littleshaw genießt (Gerald Quincey, Phyllis North), spricht ein wenig für die Naivität der Dorfbewohner, aber auch für das Talent Fays, sich zu verstellen und liebeswürdig nichtssagend mit ihren Mitmenschen plaudern zu können. Eine Blenderin also und eine Frau, die sich durch eigene Schuld in Gefahr und somit in die Nähe des Todes begeben hat.
Das Halstuch birgt für mich immer wieder zu viele unlogische Details. Durbridges Krimis funktionierten natürlich immer nur durch etwas "gewagte" Konstruktionen, aber in dieser Geschichte gibt es viele Dinge, die eher unglaubwürdig erscheinen und nicht ganz klar sind:
* Was wäre geschehen, wenn Marian Hastings nicht gerade zufällig Clifton Morris in einem Zeitungsbericht erkannt hätte? Das Foto vom Verlassen des Schiffes ist doch ziemlich bei den Haaren herbeigezogen, für die weitere Handlung ist die Aussage der Hastings jedoch relativ wichtig.
* Weshalb gibt Clifton Morris ausgerechnet Diana Winston als Alibi an, wo er doch mindestens eineinhalb Jahre nichts mehr von ihr gehört hat und sie nicht einmal eine Bekannte im engeren Sinne von ihm ist? Das ist doch ziemlich haarsträubend. Warum weiß er so genau, dass sie ihm helfen wird? Außerdem muss er doch damit rechnen, dass der Inspektor sie aufsucht, sobald er ihren Namen genannt hat. Und dann hätte sie nichts von allem gewusst und das Alibi wäre schon wieder geplatzt gewesen!
* Wie erfährt der Mörder vom Alibi für Clifton? Doch nicht von Kim, denn dazu ist die Zeit zu kurz. Auch wie das Halstuch in den Geigenkasten kommt, ist etwas dubios.
* Für den Zuschauer bleibt die Überraschung aus, wer Terry ist, denn der Name fällt schon eine Episode bevor der Vikar dem Inspektor dies verrät auf dem Tonband, das Kim vorspielt.
Darsteller: Heinz Drache, Albert Lieven, Margot Trooger, Hellmut Lange, Dieter Borsche, Horst Tappert, Eckart, Eva Pflug
"Das Halstuch" ist der wohl bekannteste unter den Durbridge-Mehrteilern, den sog. "Straßenfegern". Dies dürfte nicht zuletzt an dem damaligen Skandal um die (vermeintliche) Demaskierung des Täters vor der letzten Folge und an der fulminanten Besetzung liegen, die im Bereich Durbridge ihresgleichen sucht. So bekommt man hier gleich sieben Wallace-Stars, teilweise noch vor (Heinz Drache, Margot Trooger, Horst Tappert), z.T. bereits nach ihrer (kurzen) Wallace-Karriere (Hellmut Lange, Eva Pflug) zu sehen.
Heinz Drache übernahm die Hauptrolle und würde sich dadurch ähnlich wie später Günther Stoll für die Edgar Wallace-Reihe der Rialto nachdrücklich empfehlen. Aufgrund der deutlich längeren Laufzeit im Vergleich zu Wallace ist es ihm hier möglich, sein Spiel noch facettenreicher anzulegen. Auffallend ist jedoch, dass er nicht ganz so dominant und selbstbewusst auftritt wie später bei Wallace und das ein oder andere Mal - Taktik? - vor seinen Verhörspartnern ein wenig einzuknicken scheint (Trooger, Lieven). Dennoch legte er mit seiner Darstellung des Inspektor Yates (teilweise wird von "Kommissar" Yates gesprochen) den Grundstein für seine späteren Wallace-Rollen als Inspektor.
Albert Lieven hat das Privileg, über mehrere Folgen den Hauptverdächtigen mimen zu dürfen. Scheinbar sprechen alle Indizien gegen ihn. Anders als etwa Günther Stoll in "Melissa" fungiert er dennoch nicht als Sympathieträger. Seine Rolle ist ein wenig vergleichbar mit jener des Raymond Lyne in "Das Geheimnis der gelben Narzissen", sicher ein Grund dafür, warum man Lieven auswählte. Er meistert seinen Part einmalmehr mit Bravour. Wohl keiner kann distinguierte Geschäftsmänner derart überzeugend spielen. Seinem Spiel zu folgen, macht - neben den Kniffen durch Draches Inspektor - den Reiz der Folgen 2-5 aus.
Ebenfalls gesonderter Erwähnung bedarf Margot Trooger, die in jener Epoche von Film und Fernsehen für meine Begriffe einen ganz eigenen Frauentyp verkörpert, am besten in Erinnerung natürlich als Mrs. Milton in den beiden "Hexer"-Filmen. Aber auch hier zeigt sie ihre damenhafte, distanzierte und geheimnisvolle Ausstrahlung. Eine tolle Frau, die ich persönlich sehr gerne sehe.
Die übrigen Darsteller, vor allem Tappert, Lange und Borsche, machen ihre Sache ebenfalls sehr ordentlich. Dieses großartige Ensemble ist es auch, welches die ein oder andere Länge oder Unwahrscheinlichkeit auszubügeln vermag (Bsp. Warum wählt Lieven Eva Pflug, die er schon so lange nicht mehr gesehen hat, damit sie ihm ein Alibi verschafft? Er hat doch sicher noch andere "Bekannte", die ihn vor dem Kino hätten sehen können und ihm ein Alibi verschaffen würden.)
Inszenatorisch ist das Ganze gewohnt bieder, die Musik ist ebenfalls nur Durchschnitt.
Achtung Spoiler
Dass Dieter Borsche der Täter ist, ist - wenn man dies wie ich nicht schon vor der Erstsichtung weiß - zumindest bei wiederholter Betrachtung relativ naheliegend. Er allein bringt sich durch sein Erscheinen in die Handlung ein und hätte überhaupt keine Funktion, wenn er nicht selbst der Täter wäre.
Spoiler Ende
Der großartige Cast - allen voran der herausragende Albert Lieven - kaschieren Längen und inhaltliche Schwächen. Für den Durbridge-Klassiker schlechthin vergebe ich daher 4,5/5 Punkten.