Ich besitze eine Goldmann - Taschenbuchausgabe vom Roman "Das Halstuch" und nehme sie aus aktuellem Anlass zur Hand, um die einzelnen Charaktere zu beschreiben.
Es wäre interessant, hier zu besprechen, inwiefern die Schilderungen der Personen im Buch mit den deutschen Schauspielern übereinstimmen.
"Nigel Matthews war um die Fünfundvierzig, von untersetzter Gestalt und durchaus gesundem Aussehen. Sein dünnes Haar stand im Begriff, von Braun zu Grau überzuwechseln, und seine braunen Augen blickten sanft und vertrauensvoll auf seine Umwelt. Er erfreute sich allgemeiner Beliebtheit bei den Bürgern von Littleshaw, denn trotz seiner etwas salbungs- vollen Art hatte er Sinn für Humor, einen Humor allerdings, der gelegentlich zu beißendem Spott werden konnte. Er war Junggeselle und betreute die Gemeinde von Littleshaw seit seiner Entlassung aus dem Militärdienst."
Vikar Matthews wird von Horst Tappert gespielt und er wird der Vorlage durchaus gerecht. Er ist zwar groß und schlank, doch sein ruhiges Gemüt und seine besonnene Art stimmen mit der Buchausgabe überein.
"Edward Collins, ein Mann von dreißig Jahren, war dunkelhaarig, groß und hager. Sein widerspenstiges schwarzes Haar paßte gut zu dem schmalen, intelligenten Gesicht. Jede seiner Bewegungen verriet die rastlose Nervosität, die ihn erfüllte. Er ging mühselig, mit Hilfe eines Stockes. Drei Jahre zuvor war er Opfer einer Kinderlähmungs- epidemie geworden, und im Anschluß daran hatte er die medizinische Fachwelt auf den Kopf gestellt, indem er mit sichtlichem Erfolg Gehversuche anstellte."
"Glücklicherweise stammte er aus vermögendem Hause, aber dadurch wurde das Problem der Nutzung seiner schier unerschöpflichen Energiequellen nicht gelöst. Seine Tätigkeit als Musiklehrer in Littleshaw vermochte auch nur einen kleinen Ausgleich zu schaffen."
Wunderbar formuliert, man sieht den brillanten Hellmut Lange direkt vor sich.
"Gerald Quincey kam zögernden Schrittes in das Zimmer. Er war ein bebrillter, ernsthafter junger Mann von achtzehn Jahren und beseelt von dem Wunsch, es jedermann recht zu machen. Unter dem Arm trug er einen Geigenkasten, und in der Hand hielt er eine Pralinenschachtel."
Der Schauspieler Christian Doermer schafft es, den jungen Quincey glaubhaft darzustellen. Er trägt stets einen Anzug, ist höflich und beobachtet genau. Durch seine zögernden Antworten gegenüber Inspektor Yates macht er sich selbst ein wenig verdächtig.
"Alistair Goodman , ein Endvierziger von stämmiger Gestalt und gutem Aussehen, liebte es, sich als erfolgreicher und unternehmungslustiger Farmer zu geben. Als äußeren Beweis dafür trug er fast immer eine gutsitzende Jägerjoppe, Breecheshosen aus feinstem Cord und Reitstiefel aus weichem Leder, die speziell für ihn in irgend- einem feinen Geschäft in der St. James Street angefertigt wurden."
Attraktiv ist er wahrlich nicht, der Schauspieler Erwin Linder. Im Gegenteil, er verkörpert einen einfachen, etwas überheblichen Großgrundbesitzer, der so gar nicht zu der mondänen Marian Hastings passt. Er ist langsam, misstrauisch, gerne auch redselig, aber immer auf der Hut.
"Kriminalinspektor Harry Yates von der Hertfordshire-Polizei war etwa vierzig Jahre alt, von mittlerer Größe und leicht saloppem Aussehen. Man hätte ihn für einen Vertreter halten können oder für einen kleinen Angestellten im öffentlichen Dienst. Doch war er tatsächlich ein bemerkenswert scharfsinniger Kriminalist, der seinen jetzigen Dienstgrad bereits als verhältnismäßig junger Mann erreicht hatte. Seine Augen waren von einem verwaschenen und trotzdem eindrucksvollen Hellblau. Sie blickten ein wenig starr und hatten etwas von der Wachsamkeit einen kleinen Raubtieres an sich. Für gewöhnlich bediente er sich eines kultivierten, fast sanften Tonfalls."
Heinz Drache ist der richtige Mann für diese Rolle. Präzise, ironisch und gelassen. Er weiß, wie man mit den verschiedenen Verdächtigen reden muß und ist souverän genug, sich von herablassenden Bemerkungen oder Lügen nicht irritieren zu lassen. Er bringt eine gewisse Eitelkeit mit und tritt sicher und beharrlich auf.
"Marian Hastings konnte nicht viel älter als dreißig sein. Sie war elegant gekleidet und gab sich sehr selbstsicher und intellektuell. Yates stufte sie in die Gruppe der gutaussehenden, intelligenten, scharfzüngigen und egozentrischen Mitglieder des anderen Geschlechts ein. Ihre Stimme war kultiviert, ihr Tonfall ein wenig zu förmlich."
Margot Trooger ist prädestiniert für den Prozess der Wandlung bzw. Demaskierung, den die Modeschöpferin Marian Hastings durchmachen muß. Sie ist eine Dame und verliert ihre Beherrschung erst in der letzten halben Stunde des Mehrteilers. Sie zeigt alle Nuancen ihrer Darstellungskunst und man sieht, daß es hinter der kühlen Fassade brodelt. Sehr überzeugend !
"Clifton Morris kam aus dem Schlafzimmer, und Yates erkannte in ihm sogleich den Mann aus der Zeitung wieder. Sein Alter schätzte er auf zweiundvierzig Jahre. Er sah gut aus. Sein Kopf glich dem in Stein gemeißelten Ideal eines Bildhauers. Morris war im Begriff, seine Smokingjacke anzuziehen. Zu einem weißen, gestärkten Hemd trug er eine schwarzseidene Fliege.
Yates blickte Morris prüfend von der Seite an. Er beschloß, diesen Mann mit Vorsicht zu behandeln. Ein falsches Wort, eine leichtfertige Bemerkung, und Morris war genau der Mann, um eine Menge Schwierigkeiten zu verursachen."
Eine sehr treffende Beschreibung des Schauspielers Albert Lieven. Er wirkt immer distinguiert, zurückhaltend, kein Mann, mit dem jemand belanglos scherzen würde. Er spielt die Rolle des Verlegers mit Würde und läßt sich nicht in die Karten blicken. Die zentrale Figur des Mehrteilers, die Lieven mit der ihm eigenen Eleganz und Gelassenheit darstellt.
"Jill, die bessere Hälfte des sorgengeplagten Inspektors, war in der Küche beschäftigt, als Yates sein Heim betrat. Es duftete nach frischem Toast. Jill hatte das Weißbrot auf gut Glück geröstet, denn in diesen Tagen war es höchst ungewiß, wann und ob überhaupt ihr Herr Gemahl zum Abendessen nach Hause kommen würde."
Gardy Granass spielt die Frau an der Seite von Heinz Drache. Er bespricht den Fall mit ihr und sie gibt ihm ihre Meinung über die Bewohner von Littleshaw. Durch ihre flinke und adrette Art zeigt sie ein typisches Porträt der Hausfrau der 60er Jahre.
"Auf den ersten Blick machte John Hopedean durchaus den Eindruck eines gutaussehenden Mannes Anfang Fünfzig, der sein üppiges graues Haar ein wenig länger trug, als es unter Männern im allgemeinen üblich ist. Sein Anzug wirkte ein bißchen lässig, doch erstklassig geschneidert. Die locker gebundene Fliege aus rotem Samt und das seidene Taschentuch in der Brusttasche standen ihm im Gegensatz zu anderen Männern, ausgezeichnet zu Gesicht."
Diese Beschreibung passt zum Glück nicht auf Dieter Borsche, der den Kunstmaler in seiner üblichen korrekten Art darstellt. Er wirkt eher unauffällig und es gelingt ihm gut, seine Gedanken und Ansichten zu verbergen. Stets höflich und hilfsbereit tritt er immer wieder in Erscheinung, wobei er Gefühle wie Schadenfreude und Entrüstung gar nicht erst zu leugnen versucht.
"Das erste, was Morris zu sehen bekam, als er nach kurzem Klopfen die Tür öffnete, war ein ungewöhnlich hübsches, wohlproportioniertes blondes Mädchen, das vor dem Frisiertisch saß und seine vollen Lippen nachzog."
Kim Marshall, eine Tänzerin im Nachtclub "Finale", wird von Erica Beer gespielt, die diese Rolle mit Bravour meistert. Sie zeigt eine Mischung aus Naivität, Selbstüberschätzung und Gier. Ihre Stimme allein verleiht der Figur die nötige Portion Einfältigkeit, die sie als Zwischenträgerin bei der Erpressung von Clifton Morris braucht. Man schmunzelt des öfteren über ihren Glauben, einen Mann wie den Musikverleger in die Knie zwingen zu können.
"Diana Winston war schlank, dunkelhaarig und genau das, was man landläufig eine Schönheit nennt. Ihr glänzendschwarzes Haar und ihr weißes Gesicht verliehen ihr ein fast madonnenhaftes Aussehen, doch war sie in Wirklichkeit ganz und gar keine Madonna, sondern eine ausgekochte junge Journalistin mit einem beträchtlichen Spürsinn für gute Stories. Sie saß fast ein wenig herausfordernd auf ihrem Stuhl und erwiderte gelassen den prüfenden Blick ihres Gastgebers."
Eva Pflug hat mit dieser Beschreibung wenig gemein. Sie ist blond und keck, niemand würde sie für eine Madonna halten, sondern für eine moderne, patente Frau, die genau weiß, was sie will. Sie hat im "Halstuch" eine kleine, aber feine Rolle und ihr Flirt mit Clifton Morris zeigt den strengen Verleger von einer anderen Seite.
In Antwort auf:Eva Pflug hat mit dieser Beschreibung wenig gemein
Das hat wohl damit zu tun, dass die Beschreibung auf die für die englische TV-Version THE SCARF vorgesehene Darstellerin zutrifft. Durbridge hatte es bei den Personenbeschreibungen für den Roman ja leicht, da er ja diese stets nach den Drehbüchern schrieb.
- Littleshaw in Hertfordshire ( 27 Meilen von London entfernt ) - Greensteps - Häuschen von Edward Collins am Rande der Stadt - Marians - Modesalon von Marian Hastings in der High Street - Stadtwohnung von Clifton Morris in der South Audgey Street 3 im West End, London - Club Finale in der Helston Street, London - Kino in der Curzon Street - Restaurant Le Lavencher in der Dover Street, London - Wohnung von Fay Collins am Welbeck Square 28, London
Kurioses aus dem Buch "Der deutsche Fernsehkrimi" ( Metzler-Verlag ) Kapitel : Der "Halstuch"-Eklat Seite 126
"Der Glaube an die Grundsätze des öffentlich-rechtlichen Fernsehens wurde durch reale Morde mit Halstüchern erschüttert. "Zwei vollendete Morde, ein versuchter Mord und ein Phantasiebericht an die Kriminalpolizei , das ist die Bilanz einer Woche nach Beendigung einer Sendereihe des Deutschen Fernsehens", so begann der Vizepräsident der Deutschen Kriminologischen Gesellschaft eine Stellungnahme zu den Morden in der Zeitung "Der Mittag". Der Jurist, der selbst kein Fernsehgerät besaß, schlug vor, eine mit Kriminologen besetzte "Filmprüfungsstelle" einzurichten."
Auch der Evangelische Pressedienst Kirche und Fernsehen zeigte sich skeptisch : "Ein ganzes Volk - so schien es doch - im Banne eines Mörderspiels ? Sechs Januar- Abende ausgefüllt mit dem Beobachten von Verbrechen, von Gangstern, von Verdächtigen ?"
Zitat von Percy Lister Gardy Granass spielt die Frau an der Seite von Heinz Drache. Er bespricht den Fall mit ihr und sie gibt ihm ihre Meinung über die Bewohner von Littleshaw. Durch ihre flinke und adrette Art zeigt sie ein typisches Porträt der Hausfrau der 60er Jahre.