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Dieses Thema hat 27 Antworten
und wurde 4.309 mal aufgerufen
 Film- und Fernsehklassiker international
Seiten 1 | 2
Gubanov ( gelöscht )
Beiträge:

05.01.2008 12:09
Ian Richardson: Im Zeichen der Vier / Der Hund von Baskerville (1982/83) Zitat · Antworten

Hiermit möchte ich noch einen Thread über eine weitere kleine Sherlock-Holmes-Serie eröffnen, nämlich die mit Ian Richardson. Ursprünglich war ja eine längere Serie geplant. In mancher Literatur ist von einer sechsteiligen Serie die Rede, die in ihrem Verlauf auch durch Pastiches ergänzt werden sollte, in anderen Quellen steht etwas davon, dass Produzent Sy Weintraub eine Serie von 20 bis 30 Adaptionen von Original-Geschichten in Spielfilmlänge plante. Wie dem auch immer gewesen sein mag - es wurden (durch den Beginn der Jeremy-Brett-Serie) "nur" zwei Episoden realisiert:

  • Im Zeichen der Vier (The Sign of Four, 1982)
  • Der Hund von Baskerville (The Hound of the Baskervilles, 1983)
Diese beiden Filme wurden glücklicherweise auch synchronisiert und die Synchro ist bis heute erhalten, was bei diesem Themengebiet ja nicht als selbstverständlich anzusehen ist. Zumindest im ersten Teil, den ich bisher gesehen habe, wird Holmes (Ian Richardson) von Harry Wüstenhagen synchronisiert, Watson (David Healy) von Wolfgang Völz - man bekommt also "vertraute Stimmen" zu hören.

Nun meine Meinung zu ...

Im Zeichen der Vier (The Sign of Four)

Bisher habe ich drei Adaptionen dieses Stoffes gesehen (1968 mit Cushing und Stock; 1982 mit Richardson und Healy; 1987 mit Brett und Hardwicke) und die hier zur Diskussion stehende würde ich definitiv als die beste bezeichnen. Während ich mich zu den beiden anderen Streifen schon im Diskussionsthread zur Cushing-Serie geäußert habe, möchte ich mich hier vor allem auf die "Eigenheiten" der Richardson-Fassung beschränken. Und diese sind zahlreich vorhanden: Auf der einen Seite wird das Duo "Holmes - Watson" schön dargestellt, man bekommt einen Gentleman-Holmes mit perfektem Auftreten, guten Manieren und noch besserer Kombinationsgabe zu sehen. Wie auch in diversen Quellen erwähnt, erinnert Richardson in seinem Spiel ein wenig an Basil Rathbone. David Healys Doktor Watson ist eher zurückhaltend, spielt aber mit Freude und vermittelt die Sympathie des Charakters gut. Auch seine Zuneigung zu Mary Morstan, die in diesem Film zwar einen großen Eindruck auf ihn macht, mit der er aber nicht wirklich anbändelt, bringt Healy gut herüber.

Die übrigen Schauspieler sind ebenfalls große Klasse. Holmes-Kenner finden vertraute Gesichter vor, denn es spielen unter anderem Thorley Walters (u.a. Watson in "Sherlock Holmes und das Halsband des Todes") und Clive Morrison (BBC-Hörspielstimme von Holmes) in diesesm Streifen mit. Drehbuchautor Pogue äußerte einmal, er würde die Sholto-Brüder für fehlbesetzt halten - eine Meinung, der ich energisch widersprechen muss. In dieser Verfilmung wurden sie zwar noch stärker "kultiviert" als in der Cushing-Fassung, aber sie spielen ihre Rollen beide trotzdem mit Rückblick auf das Original und vor allem verstehen sie es, den Zwist der Brüder ob der finanziellen Angelegenheiten gut zu verdeutlichen.

An der Geschichte selbst wurden, obwohl sie in ihren Grundzügen dem Buch folgt, einige Änderungen vorgenommen, die vor allem zur Steigerung von Tempo und Spannung dienen, da diese spezielle Geschichte zu Beginn der zweiten Hälfte oftmals "in sich zusammenbricht", da Holmes praktisch nichts anderes tut, als einem Hund hinterherzulaufen und auf eine Horde Kinder zu warten. Hier wurde diese kleine Faulheit des Originals durch diverse dramatische Szenen im Hause Sholto und auf dem Rummelplatz, auf dem Small sich mit Tonga seinen Unterhalt verdient, ausgebügelt. Eine weitere wichtige Änderung ist, dass Miss Morstan nicht viele Perlen über Jahre hinweg erhält, sondern einen großen Diamanten, der mehr als die Hälfte des eigentlichen Schatzes wert ist. Dadurch kommt es zu weiteren Verwicklungen, aber auch zu einem wunderbaren Happy-End, da Miss Morstan hier doch etwas vom Schatz abbekommt ...

Das Bühnenbild ist sehr angenehm, Ausstattung und Kostüme ansehnlich, auch wenn Holmes mit Deerstalker und kariertem Cape durch London läuft. Die Außenaufnahmen, bei der Verfolgung der Kreosot-Spur, an der Smith'schen Bootsvermietung und bei der Verfolgungsjagd auf der Themse (die mit diversen "Sightseeing-Aufnahmen" aufgewertet werden, unter anderem fahren die beiden Parteien unter der Tower Bridge und am Royal Naval College vorbei), sind beeindruckend. Noch ansprechender gerät allerdings die Musik, die neben dem berühmten Rathbone-Titelscore sicher als die beste Sherlock-Holmes-Musik überhaupt bezeichnet werden kann und für meine Begriffe sogar die Musik von Patrick Gowers zur Jeremy-Brett-Serie übertrumpft.

Alles in allem 5 von 5 Punkten für diese Adaption des zweiten und nicht besonders leicht umzusetzenden Sherlock-Holmes-Romans.

Markus Offline



Beiträge: 683

05.01.2008 12:49
#2 RE: Ian Richardson: Im Zeichen der Vier / Der Hund von Baskerville (1982/83) Zitat · Antworten

Schön, dass du dich an die Richardson-Serie herantasten konntest. Was Musik und deutsche Stimmen angeht, kannst du dich auch auf den zweiten Film freuen: Musikalisch bleibt das Niveau erhalten, und obwohl beim Hund ein anderer (beschränkterer) Watson agiert, sprechen wiederum Wüstenhagen und Völz - dank einer gediegenen ZDF-Synchro.

Ich habe hier ja irgendwo schon geschrieben, dass ich die beiden Filme sehr mag. Schade, dass die Realisierung mit der Brett-Serie kollidiert ist. Richardson ist ein wunderbar ironischer Holmes, ohne parodistisch zu werden, mit einer tollen Präsenz.

Wer die Filme nicht leiden kann, stößt sich meist an den dramaturgischen Zufügungen, die gerade beim Hund zahlreich sind. Ich sehe hier aber von einer strikten Werktreue ab und finde sie innerhalb der Filme logisch und gelungen (ähnlich, wie ich festgestellt habe, dass mir die neue Miss-Marple-Serie trotz negativer Kritiken gut gefällt); für TV-Filme dieser Zeit zeichnen sie sich durch hohe Qualität und ein feines atmosphärisches Gespür aus.

Etwas ärgerlich finde ich die schlechte Nigel-Bruce-Kopie im zweiten Film, die ohnehin ein Zugeständnis war, da David Healy nicht mehr dabei sein konnte (amüsante Parallele zu den "beiden Watsons" von Granada).

So fehlt nur, dass die Filme mal auf DVD erscheinen. Im ZDF laufen sie seit Jahren nicht mehr, und mein Videomitschnitt leiert ziemlich. Koch Media, denen ich die Filme schmackhaft machen wollte, sehen gerade leider keine Möglichkeit. Da heißt es hoffen ...

Gruß
Markus

Gubanov ( gelöscht )
Beiträge:

10.01.2008 11:40
#3 RE: Ian Richardson: Im Zeichen der Vier / Der Hund von Baskerville (1982/83) Zitat · Antworten

Der Hund von Baskerville (The Hound of the Baskervilles)

Diese Adaption dürfte die freieste Umsetzung des berühmten Sherlock-Holmes-Romans sein, die ich bisher gesehen habe. Obwohl sie im Grunde genommen die gleiche Geschichte erzählt wie die übrigen, ist sie doch durch viele "Extras" aufgepeppt und in ihrer Spannung und Dramatik erhöht worden, wohingegen andere Aspekte des Romans unter den Teppich fielen. Da es schon ein paar Tage her ist, dass ich den Film gesehen habe, hier nur die Änderungen gegenüber dem Original bzw. anderen Filmen, welche mir spontan einfallen:

  • Sir Charles stirbt nicht draußen auf der Eibenallee, sondern im Gartenpavillon von Baskerville Hall.
  • Das Attentat aus der Kutsche auf Sir Henry wird nicht mit einer Pistole ausgeführt, sondern mithilfe eines Stocks (mit Hundekopf), der zu einer Schusswaffe umgebaut wurde.
  • Sir Henry möchte nicht nach Baskerville Hall, sondern von London aus nur schnell die rechtlichen Sachen erledigen, dann nach Amerika zurückkehren. Seine Pläne ändert er erst nach den seltsamen Vorkommnissen in London.
  • Die Rolle des Mr. Frankland entfällt.
  • Die Rollen von Laura Lyons und Geoffrey Lyons (ihr Mann, ein trunksüchtiger Maler) wurden exzessiv ausgebaut.
  • Lestrade ist in Devon, um nach dem entflohenen Sträfling zu suchen.
  • Holmes taucht regelmäßig als Zigeuner verkleidet auf.
  • Geoffrey Lyons ist einer der Hauptverdächtigen.
  • Beim Finale im Moor ist Dr. Mortimer anwesend, was seine Figur gen Ende des Films nicht "verschwinden" lässt.
  • Beryl überlebt den Film ohne Verletzungen.
Die meisten dieser Änderungen kommen dem Film verständlicherweise zugute, sodass man das Drehbuch von Pogue im Großen und Ganzen wieder als überaus gelungen und unterhaltsam bezeichnen kann. Schade, dass weitere seiner Adaptionen fallen gelassen worden sind. Die Musik ist abermals ganz große Klasse, wenngleich die von "Im Zeichen der Vier" mir noch ein kleines Stückchen besser gefällt. Sie wirkt aber trotzdem wunderbar getragen und melancholisch, unterstützt somit die Wirkung des Moors und seiner teilweise doch sehr seltsamen Bewohner. Die Ausstattung sowie die Kullisse von Baskerville Hall ist abermals beeindruckend.

Leider können nicht alle Darsteller auf ganzer Linie überzeugen. Positiv zu beurteilen sind Richardson (als unverändert freundlicher und amüsanter Gentleman-Holmes) und Donald Churchill (als Watson, der weniger durch sein besonders dummes Handeln - denn das konnte ich nicht wirklich feststellen -, als vielmehr durch seine Art, zu sprechen, wie Nigel Bruce wirkt; Völz bringt diese Sprache stimmig zur Geltung) sowie Denholm Elliott als völlig zerstreuter, streckenweise komischer aber doch ernstzunehmender Dr. Mortimer. Weniger begeistert war ich von Sir Henry, der mit Cowboy-Hut und kariertem Mantel eher wie aus "Dallas" entsprungen aussieht und nicht recht in die viktorianische Ära passen mag. Auch ist seine Frisur einfach unter der Würde eines Holmes-Films. Und wo dieses Thema schon angeklungen ist, darf auch Nicholas Clay (bekannt aus "Die Abenteuer des Sherlock Holmes: Der Dauerpatient" mit Jeremy Brett und "Das Böse unter der Sonne" nach Agatha Christie) nicht unerwähnt bleiben. Sein Haar sieht so albern aus, dass Basil Rathbones Schnitt in den drei Kriegs-Holmes-Filmen geradezu zahm wirkt. Ansonsten gibt er eine recht gute, aber nicht sonderlich herausragende Performance als Stapleton. Blass bleibt vor allem auch Beryl Stapleton.

Ganz im Gegensatz dazu stehen die Lyons, welche sehr beeindruckend wirken: Sie als gequälte Frau, er als trunksüchtiger Raufbold, der doch ein Stück weit an Sir Hugo Baskerville selbst erinnert. Leider wird die Rolle des Geoffrey Lyons aber so verkommen und gewalttätig gespielt, dass ich mir beim besten Willen nicht vorstellen kann, dass dieser Herr jemals ein großer Künstler gewesen sein soll.

Schlussfolgernd aber eine sehenswerte und einfach 'mal ganz andere Verfilmung des altbekannten Stoffes, die überaus unterhaltsam ist und von mir 4,5 von 5 Punkten erhält.

Gubanov ( gelöscht )
Beiträge:

10.01.2008 11:44
#4 RE: Ian Richardson: Im Zeichen der Vier / Der Hund von Baskerville (1982/83) Zitat · Antworten

Nachdem ich nun übrigens sechs unterschiedliche Verfilmungen des "Hunds von Baskerville" gesehen habe, würde ich folgende (momentane) Rangliste der Filme erstellen:

  1. The Hound of the Baskervilles
    GB 2002, mit Richard Roxburgh und Ian Hart
  2. Sir Arthur Conan Doyle's The Hound of the Baskervilles
    USA 1939, mit Basil Rathbone und Nigel Bruce
  3. Sir Arthur Conan Doyle's The Hound of the Baskervilles
    GB 1983, mit Ian Richardson und David Churchill
  4. The Hound of the Baskervilles
    GB 1968, mit Peter Cushing und Nigel Stock
  5. The Hound of the Baskervilles
    GB 1959, mit Peter Cushing und Andre Morell
  6. The Hound of the Baskervilles
    GB 1988, mit Jeremy Brett und Edward Hardwicke

Ich ( Gast )
Beiträge:

15.01.2008 23:22
#5 RE: Ian Richardson: Im Zeichen der Vier / Der Hund von Baskerville (1982/83) Zitat · Antworten

Hallo Gubanov,

kannst du mir mal eine Info geben, wie die Verfilmung von Peter Cushings "Hound of the Baskervilles" von 1968 ist? Gibt es da Ähnlichkeiten mit der von 1959 oder ist das fast dasselbe? Ian Richardson sagt mir gar nichts, wobei mir auffällt, dass er, Cushing und Frewer sich sehr ähnlich sehen, besonders bei den blau-grauen Augen. Watson erwähnt ja oft mal, dass Holmes blau-graue Augen hat - also, finde ich, passen Cushing und Frewer völlig zu Holmes. Schade, dass es die Serie von Cushing nur auf Englisch gibt.

Roxburgh fand ich auch toll, ein etwas anderer Holmes, der sich auch mal schlägt, wenn es sein muss, und nicht ganz so verklemmt ist. Nur mir hätte Kenneth Welsh als Watson besser gefallen. Oder gar nicht erst eine neue Baskerville-Verfilmung drehen. Es hätte bei Frewer bleiben können; mir fehlte bei Roxburgh irgendwie die Glaubwürdigkeit, die zum Beispiel Brett, Cushing und Frewer perfekt rüberbringen können.

Gubanov ( gelöscht )
Beiträge:

16.01.2008 18:30
#6 RE: Ian Richardson: Im Zeichen der Vier / Der Hund von Baskerville (1982/83) Zitat · Antworten

Ich ( Gast )
Beiträge:

16.01.2008 20:05
#7 RE: Ian Richardson: Im Zeichen der Vier / Der Hund von Baskerville (1982/83) Zitat · Antworten

Tolle Bilder ^^.

Gubanov ( gelöscht )
Beiträge:

18.01.2008 22:06
#8 RE: Ian Richardson: Im Zeichen der Vier / Der Hund von Baskerville (1982/83) Zitat · Antworten

Eine weitere, bestimmt interessante Version der Geschichte dürfte die BBC-Miniserie aus dem Jahr 1982 sein. Tom Baker spielte Sherlock Holmes, Terence Rigby den Dr. Watson. "Der Hund" wurde - bildlich gesprochen - für diese Umsetzung in vier Teile zerlegt.

Ein Bild zur Umsetzung: Tom Baker und Terence Rigby als Holmes und Watson

Percy Lister Offline



Beiträge: 3.589

05.02.2008 18:17
#9 RE: Ian Richardson: Im Zeichen der Vier / Der Hund von Baskerville (1982/83) Zitat · Antworten

Nachdem ich nun auch "Der Hund von Baskerville" mit Ian Richardson als Sherlock Holmes gesehen habe, möchte ich gerne meine Meinung kundtun.

BEWERTET: "Der Hund von Baskerville" (The Hound of the Baskervilles) (GB 1983)
mit: Ian Richardson, Donald Churchill, Denholm Elliott, Glynis Barber, Brian Blessed, Eleanor Bron, Edward Judd, Ronald Lacey, Martin Shaw, Connie Booth u.a. | Drehbuch: Charles Edward Pogue nach dem gleichnamigen Roman von Sir Arthur Conan Doyle | Regie: Douglas Hickox

Die Besprechung enthält Spoiler.

Die Umsetzung weicht in einigen Punkten erheblich von früheren Verfilmungen ab. Wir sehen zum ersten Mal den Maler Geoffrey Lyons, eine unangenehme Gestalt. Seine Gattin, Laura Lyons, war die Vertraute von Sir Charles. Die beiden schrieben sich Briefe, die durch einen Mittelsmann, Jack Stapleton, überbracht wurden. So konnte dieser jedes Mal, wenn Sir Charles in der Eibenallee auf Mrs. Lyons wartete, seinen teuflischen Hund als tödliches Werkzeug ins Spiel bringen. Als Stapleton merkt, dass Mrs. Lyons seinen Namen verraten will, tötet er sie und lastet den Mord ihrem Ehemann an. Man ist zwar froh, dass dieser Trunkenbold endlich hinter Schloß und Riegel ist, dennoch stören einen diese gravierenden Unterschiede zur Romanvorlage.

Jack Stapleton wird von Nicholas Clay gespielt, der leider erst in den letzten zehn Minuten des Films richtig in Fahrt kommt. Seine merkwürdige Frisur und sein wenig einprägsames Spiel (in "Das Böse unter der Sonne" ist er viel besser) sind eines Jack Stapleton unwürdig. Beryl Stapleton wird von Glynis Barber dargestellt, die Wendy Barrie aus der Basil-Rathbone-Version sehr ähnlich sieht. Sie ist eine brillante Reiterin und viel zu schade für einen Cowboy wie Sir Henry Baskerville. Nun kommen wir zum schwachen Punkt des Films: Martin Shaw als Sir Henry. Auch nachdem er seinen texanischen Cowboy-Hut abgelegt hat, gelingt es ihm nicht, Sympathie für ihn aufkommen zu lassen. Er wirkt mit seiner asiatischen Augenpartie, seinen breiten Backenknochen und seiner merkwürdigen Frisur (welcher Stümper hat in dieser Verfilmung eigentlich die Herren frisiert?) unscheinbar. Nicht einmal der Höllenhund findet Gefallen an ihm. Lieber stürzt er sich auf Sherlock Holmes, der arg mit ihm zu kämpfen hat, bevor Watson und Dr. Mortimer das Biest per Pistolenschuß erledigen.

Ian Richardson ist das Glanzlicht des Films. Er ist ein wahrer britischer Gentleman und nimmt einen sofort für ihn ein. Seine Manieren sind tadellos, er hat Humor und ist stets korrekt gekleidet. Donald Churchill erinnert stark an Nigel Bruce und gefällt mir sehr gut. Er harmoniert gut mit Richardson. Die beiden respektieren einander und ihre Meinungsverschiedenheiten arten nie in Feindseligkeiten aus. Eine wunderbare Ergänzung der Landpartie ist Denholm Elliott als Dr. Mortimer. Als Hommage an Basil Rathbone ließ man Richardson als Zigeuner verkleidet auf dem Moor weilen. So verlor man Holmes nie aus den Augen und brachte zusätzlichen Humor ins Spiel. Die Naturaufnahmen und die Musik sind sehr angenehm und entschädigen für manche Ungereimtheiten. Besonders die Herbstaufnahmen in London bieten einen passenden Rahmen für das Geschehen.

Gubanov ( gelöscht )
Beiträge:

05.02.2008 20:20
#10 RE: Ian Richardson: Im Zeichen der Vier / Der Hund von Baskerville (1982/83) Zitat · Antworten

Zitat von Percy Lister im Beitrag #9
... dennoch stören einen diese gravierenden Unterschiede zur Romanvorlage.

Findest du? Gerade diese nehmen mich so für diese spezielle Verfilmung ein, da man sich hier wagte, durchaus gelungene Ergänzungen zur Originalvorlage zu tätigen, was Spannung, Erzählgeschwindigkeit im Vergleich zu anderen Versionen sehr zugute kommt. Mit deinen anderen Kritikpunkten stimme ich überein, besonders was Martin Shaw und die diversen "Frisuren" angeht ...

Mike Pierce ( gelöscht )
Beiträge:

11.05.2008 10:42
#11 RE: Ian Richardson: Im Zeichen der Vier / Der Hund von Baskerville (1982/83) Zitat · Antworten

Ian Richardson ist als Sherlock Holmes einfach wunderbar. Die Verfilmung des Romans "Der Hund von Baskerville" mit ihm gehört neben der mit Basil Rathbone zu meinen Lieblingen der Sherlock Holmes-Filme. Beim Heulen des Höllenhundes bekommt man hier eine richtige Gänsehaut. Auch das Auftreten der Bestie ist sehr spannend geraten. Die Nachtaufnahmen und die Moor-Szenen wurden unheimlich schön und gespensterhaft von Ronnie Taylor fotografiert. Bei dieser Verfilmung vereinigen sich gekonnt Elemente wie Spannung, Dramatik, englischer Humor, Tempo und mysteriöse Stimmung.

Die Musik von Michael J. Lewis ist sehr gut und passend. Die Spannung des Films wird durch sie deutlich erhöht. Auch besticht der Film durch eine gelungene Deko. Hier hat man sich wirklich Mühe gegeben. Donald Churchill als Dr. John Watson bringt einen zum Schmunzeln und sorgt so für leichten Humor. Ich finde Martin Shaw ("Die Profis") in seiner Rolle sehr gut besetzt und glaubwürdig.

Für mich eine mehr als gelungene und vor allem gruselige Verfilmung von Douglas Hickox, die schaurig schön zu unterhalten weiß. Nur zu empfehlen. Am Besten nachts anschauen.


Was "Im Zeichen der Vier" betrifft, ist das schon sehr lange her, als ich ihn sah. Aber ich war auch damals begeistert. Vielleicht gibt es beide Filme ja irgendwann mal auf DVD.

MfG
Mike

Percy Lister Offline



Beiträge: 3.589

21.08.2011 20:30
#12 RE: Ian Richardson: Im Zeichen der Vier / Der Hund von Baskerville (1982/83) Zitat · Antworten

BEWERTET: "Im Zeichen der Vier" (The Sign of Four) (GB 1982)
mit: Ian Richardson, David Healy, Thorley Walters, Cherie Lunghi, Joe Melia, Terence Rigby, Clive Merrison, Richard Heffer, John Pedrick, Michael O'Hagan u.a. | Drehbuch: Charles Edward Pogue nach dem gleichnamigen Roman von Sir Arthur Conan Doyle | Regie: Desmond Davis

Ian Richardsons Sherlock Holmes ist ein Gentleman der alten Schule und gleicht seinem Vorgänger Basil Rathbone nicht nur optisch. Es gibt immer wieder Anspielungen auf die Verkleidungskunst des Detektivs, sowohl im "Hund von Baskerville", als auch in "Das Zeichen der Vier". Wie Rathbone, verbirgt sich auch Richardson bei seinen Nachforschungen gern hinter der Maske eines Landstreichers oder Seemanns. Wir sehen ihn bei ausgedehnten Experimenten mit verschiedenen Tabaksorten, die die Baker-Street-Räume mit dichtem Rauch erfüllen. Die Monographie "Upon the distinction between the ashes of the various tobaccos" wirft bereits ihre Schatten voraus. So sehen wir den Detektiv abwechselnd seine "Calabash pipe" schmauchen oder an seiner "Churchwarden pipe" ziehen, stets gut gestopft mit Shag.

Das Umfeld, in dem die Geschichte spielt, die Welt der Schausteller und des Absonderlichen, bietet das perfekte Versteck für das ungewöhnliche Bösewichter-Paar, bestehend aus dem Einbeinigen mit dem hohlen Holzbein und dem Kleinwüchsigen mit dem Raubtiergebiss. Der Gegensatz von der steifen Atmosphäre in dem gewitterumtosten Landsitz, in dem die drei Männer der Sholto-Familie mehr oder weniger einträchtig zusammenleben, und dem Jahrmarkt mit seinen Manegen und Geistertunneln könnte nicht größer sein. Dazwischen steht Thaddeus Solto, der mit seiner Sehnsucht nach den indischen Kindertagen und seinem Gerechtigkeitssinn ein würdiger Gemahl für Mary Morstan gewesen wäre, gäbe es da nicht den auf Rache sinnenden Jonathan Small ...

Die Edelsteine, auf die eigentlich niemand ein Anrecht hat, werden in verführerischer Weise ins Licht gerückt, sind sie doch Zeugen großer Gier und Niedertracht. Blut klebt an ihnen, weshalb es der redlichen Tochter von Captain Morstan schwerfällt, den wertvollen Diamanten am Ende zu behalten. Dr. Watsons Sympathie für die junge Frau wird sehr dezent inszeniert und verläuft am Ende im Sande. "Der Klient ist eine berechenbare Größe", meint Sherlock Holmes und er soll Recht behalten. Er braucht seinen Watson, den "Schleifstein meiner Geistesschärfe", wie das Kompliment an den treuen Arzt lautet.

Im Finale nimmt die Handlung im wahrsten Sinne des Wortes Fahrt auf, wobei bereits Spürhund Toby Bewegung in Holmes' Ermittlungen bringt; Nachforschungen, die er zunächst seinen flinken Helfern, den Jungen aus der Baker Street, überlässt. Selbst beim Sprung in die Themse bewahrt Holmes noch Haltung. Mit blütenweißem Hemd und maßgeschneiderter Weste ergreift er den Täter und holt ihn zurück an Deck. In der Baker Street darf der Mörder seine Geschichte erzählen und seine Beweggründe darlegen. So schließt sich der Kreis und niemand kann dem Detektiv vorwerfen, er sei voreingenommen und lasse nur die gehobenen Klassen zu Wort kommen. Inspektor Layton steht für die Beschränktheit der Polizei, wie es so oft der Fall ist, wenn ein Privatermittler im Zentrum der Handlung steht. So erhält Holmes genügend Spielraum für Deduktionen und Überlegungen, was der Geschichte in jeder Hinsicht zuträglich ist. Die Musik rahmt den nostalgischen Film, der teilweise aussieht, als sei er durch einen Gazeschleier gedreht worden, stimmig ein, wobei in den Noten Melancholie und unerfülltes Verlangen mitschwingt. Eine Ode an die Welt des "Consulting Detective", der Menschen in Bedrängnis hilft und nebenbei Abenteuer erlebt, die weit über das hinausgehen, was "normale" Bürger in ihrem Alltag zu erwarten haben.

Gubanov ( gelöscht )
Beiträge:

21.08.2011 20:40
#13 RE: Ian Richardson: Im Zeichen der Vier / Der Hund von Baskerville (1982/83) Zitat · Antworten

Sehr schön, zu lesen, dass du dich nach langem Zögern nun an "Im Zeichen der Vier" herangetraut hast. Obwohl es sich sicher um die stärkste Verfilmung des Stoffes handelt, hätte ich fast gar nicht erwartet, dass deine Eindrücke so positiv ausfallen würden, nachdem du kein ausgesprochener Fan der Geschichte vom "Zeichen der Vier" bist. Oder sollte es sich etwa momentan um eine allgemeine holmesianische Hochstimmung handeln?

Percy Lister Offline



Beiträge: 3.589

21.08.2011 20:45
#14 RE: Ian Richardson: Im Zeichen der Vier / Der Hund von Baskerville (1982/83) Zitat · Antworten

Ich gebe zu, dass das Nahen des Herbstes und die intensive Auseinandersetzung mit dem Thema mich zur Erweiterung meines SH-Spektrums angeregt haben. In der Tat zählt "Das Zeichen der Vier" nicht zu meinen bevorzugten Stoffen und es ist bedauerlich, dass Ian Richardson keine weitere Gelegenheit erhielt, den Canon filmisch umzusetzen. Wollen wir hoffen, dass es unserem jungen Freund Benedict Cumberbatch in dieser Hinsicht besser ergehen wird.

Count Villain Offline




Beiträge: 4.616

22.08.2011 00:30
#15 RE: Ian Richardson: Im Zeichen der Vier / Der Hund von Baskerville (1982/83) Zitat · Antworten

Ich muss die beiden Filme auch unbedingt mal wieder sehen. Ich befürchte nur, unsere alten VHS-Cassetten davon sind mittlerweile verschollen. Den Hund habe ich mir mal auf MC gezogen, aber das ist ja auch nur ein notdürftiger Ersatz, besonders wenn ich hier das von den Frisuren u.ä. lese.

Ian Richardson ist jedenfalls für mich DER Holmes noch vor Rathbone et cetera. Das liegt wohl daran, dass die beiden Filme wohl meine ersten Berührungen mit Sherlock Holmes waren. Von daher stören mich auch die Ergänzungen des Drehbuchs keinesfalls, denn gelesen habe ich die Geschichten erst etwas später. Die Musik empfinde ich übrigens auch als sehr großes Plus der Verfilmungen neben Richardson (samt Wüstenhagen-Stimme).

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