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Dieses Thema hat 35 Antworten
und wurde 3.834 mal aufgerufen
 Film- und Fernsehklassiker national
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Jan Offline




Beiträge: 1.753

24.06.2008 12:07
#31 RE: Der Greifer (1957/58) Zitat · Antworten

So, ich habe den Film soeben auch gesehen, jedoch nicht die Version der DVD, sondern die Premiere-Ausstrahlung.

Ebenso wie DAS HERZ VON ST. PAULI ist auch dieser Eugen-York-Film voll auf den (alternden) Hauptdarsteller Albers zugeschnitten und drappiert um ihn herum eine mehr oder minder glaubwürdige Geschichte, die stets bemüht ist, den Hauptdarsteller in möglichst glänzendem Licht erstrahlen zu lassen. Kriminalkommissar Dennert ist freilich schlauer als alle anderen, er ist im Gegensatz zu allen anderen unfehlbar, ist gut Freund mit allen, hat binahe hellseherische Fähigkeiten. Das kam dem Ego Albers' sicher entgegen, macht den Film jedoch nicht besser. Zumal es nicht von der Hand zu weisen ist, dass Hans Albers drei Jahre vor seinem Tod eher dem Bild des pensionierten Beamten entsprach als dem des vitalen Draufgängers. Er wirkt oftmals steif und unbeweglich, was er, wie ja bekannt ist, in den letzten Jahren seines Lebens gerne unter den Teppich kehren wollte. So ist auch DER GREIFER als Albers-Vehikel vor allem dazu gedacht, den Ruhm Albers' zu nutzen, um an einstige Erfolge anzuknüpfen. Das Vorhaben demonstriert sich ohne Frage bei der Wahl des Titels selbst, der sich an den großen Albers-Erfolg der 30er Jahre anlehnt. Der bekannte Song aus GROßE FREIHEIT NR. 7, den Albers in DER GREIFER trällert, erinnert ebenso an bessere Zeiten.

Regisseur Eugen York inszenierte ansonsten wie gewohnt ohne großen Einfallsreichtum, ohne Höhepunkte aber kreuzbrav und solide. Wer den von Trebitsch produzierten "Zwillingsfilm" DAS HERZ VON ST. PAULI kennt, der wird attestieren, dass sich beide von der Machart nichts nehmen und lediglich durch die unterschiedliche Handlung voneinander abweichen. Ob Drama, ob Krimi: York drehte reichlich nach Schema F. Da verwundert es umso mehr, dass bei all den austauschbaren Szenen auf einmal die Episode des Überfalls auf das Mädchen Ursula von bestechender Brillianz hervorsticht. Hervorragend inszeniert und filmisch fantastisch umgesetzt. Das Gesicht des Mörders ist unter seinem Hut nur am Weiß seiner Augen zu erkennen. Wahrhaft gruselig!

Schauspielerisch seien ansonten noch Werner Peters und Horst Frank hervorgehoben, die beide bestechend und überzeugend auftreten. Die wunderbare Agnes Windeck gibt wie gewohnt die rührseelige ältere Dame.

Gruß
Jan

Gubanov ( gelöscht )
Beiträge:

07.12.2008 14:52
#32 RE: Der Greifer (1957/58) Zitat · Antworten

Gestern habe ich wieder einmal den "Greifer" gesehen. Neben den unglaublich vielen bekannten Namen ist mir vor allem aufgefallen, dass dieser Film es erfolgreich schafft, mit den Klischeevorstellungen damaliger Kinozeit und -besucher zu brechen. Zum einen ist die Bedrohung der Kinder durch den geistesgestörten Joseph Schmitz mit Handgranaten sehr gewagt und hätte leicht zu einer ablehnenden Position vieler Zuschauer gegenüber dem Finale in der von seichten Heimatfilmen geprägten deutschen Kinolandschaft der 1950er Jahre führen können. Heute sind wir natürlich entsprechend abgestumpfter. Außerdem ist der Grund für seine Verbrechen für die Zeit bemerkenswert. Die Enttäuschung des Mörders durch die "Liebe seines Lebens" wird in einer Form erwähnt, die ich nicht in einem 1950er-Jahre-Film erwartet hätte.

Insgesamt finde ich schon, dass diese mutigen Momente dem "Greifer" ein höheres Niveau verleihen als das bloße Albers-Lustspiel, das man erwartet, von Zeit zu Zeit auch geboten bekommt und auf das Jan den Film beschränkt.

Blinde Jack Offline




Beiträge: 2.000

24.01.2014 20:43
#33 RE: Der Greifer (1957/58) Zitat · Antworten

Hatte den Film vor ein paar Wochen auch gesehen und fand ihn eher mittelmäßig. Zu viel Hans Albers. Die Konflikte sind zwar gut herausgearbeitet, aber letztlich wirkt es oft wie eine einzige Selbstdarstellung. Horst Frank ist wunderbar in Szene gesetzt - vor allem in der schon oft beschriebenen Szene, wo er hinter seiner Kippe aufleuchtet. Genial.

Leider wurde zu wenig mit solchen Elementen gearbeitet und so bleibt ein sehr gutes Ensemble (Peters, Rahl, Felby, etc.) in einem mittelmäßigen Drehbuch stecken. Schade eigentlich.

Gubanov ( gelöscht )
Beiträge:

27.08.2017 14:35
#34 RE: Der Greifer (1957/58) Zitat · Antworten

Nach langer Zeit gab es ein Wiedersehen mit diesem schönen Film:



Der Greifer

Kriminalfilm, BRD 1957/58. Regie: Eugen York. Drehbuch: Curt J. Braun. Mit: Hans Albers (Oberkommissar Otto Friedrich Dennert), Hansjörg Felmy (Harry Dennert), Susanne Cramer (Ursula Brandt), Ernst Stankovski (Willi Goede), Werner Peters (Mücke), Mady Rahl (Toni), Bärbel Wycisk (Evchen), Horst Frank (Schmitz), Agnes Windeck (Frau Schmitz), Siegfried Lowitz (Dr. Schreiber) u.a. Uraufführung: 20. März 1958. Eine Produktion der Kurt-Ulrich-Film Berlin für die Deutsche Film-Hansa Hamburg.

Zitat von Der Greifer
Zur gleichen Zeit, zu der Oberkommissar Dennert, der von der Unterwelt nur „der Greifer“ genannt wird, eine Mordserie an blonden Frauen und einen Postraub mit Todesfolge bearbeitet, erreicht sein Konkurrent die Pensionierung des verdienstvollen Schnüfflers. Das hält den Greifer nicht davon ab, privat weiterzuermitteln, obwohl er sich in diesem Zuge mit seinem Sohn – ebenfalls ein Polizist, der sich in eine Verdächtige verliebt hat – überwirft. Tatsächlich gelingt es Dennert, eine Verbindung zwischen den Fällen nachzuweisen. Und schließlich erweist sich auch sein Täterverdacht als Volltreffer!


Dass Hans Albers es gern mochte, ganz in den Mittelpunkt gestellt und mit Rührseligkeit und großer Geste inszeniert zu werden, mag man ihm im Nachhinein als schlechte Eigenschaft auslegen – gerade dann, wenn sich diese Eigenheit auf einen Filmgesamteindruck negativ auswirkt. Während „Der Greifer“ natürlich ganz auf seinen Hauptdarsteller zugeschnitten ist, muss man allerdings konstatieren, dass dieser Umstand dem Film keinesfalls im Weg steht. Im Gegenteil: Ein Krimi profitiert häufig von einer starken Leitfigur in Gestalt eines beruflich und menschlich engagierten Kommissars. So verhält es sich auch hier, weil das Ego des Hauptdarstellers und die Anforderungen, die an seine Rolle gestellt werden, eine gesunde Symbiose eingehen und das Publikum unwillkürlich auf Albers Seite gezogen wird. Sein Kriminalkommissar Dennert (reimt sich wohl nicht zufällig auf Gennat) bringt die Lebenserfahrung mit, die seinen Kollegen, die entweder jung oder Schreibtischtäter sind, abgeht. Er hat sich in seinen Dienstjahren eine Art „siebten Sinn“ angeeignet, den er wie selbstverständlich in den Dienst der guten Sache stellt, wobei er diese nicht immer als ganz mit den Dienstvorschriften identisch betrachtet. Zugleich – auch das wird nicht verheimlicht – steht er in dem Ruf, Anhänger mittlerweile überholter Methoden zu sein.

Das kleine Komplott, das gegen Dennert gefahren wird, sowie die generationsbedingten Auseinandersetzungen im Privaten mit dem auf streitbare Söhne mehr oder minder ehrbarer Väter festgelegten Hansjörg Felmy (vgl. „Herz ohne Gnade“, ebenfalls von 1958) sorgen für die nötige Ablenkung von zwei geschickt miteinander kombinierten Kriminalfällen, die für sich genommen für einen Film der damaligen Zeit wohl zu hart gewesen wären. Ein rücksichtsloser Raubüberfall, dessen Verantwortliche zwar schnell gefunden sind, sich aber als abgebrühte Schurken erweisen, die eisern leugnen oder versuchen, Unschuldige mit sich ins Verderben zu ziehen, stellt noch die harmlosere der beiden Straftaten dar. Im „Hauptfall“ geht es um einen Serienmörder, der nachts blonden Frauen auflauert. Eugen York nutzte diesen Handlungsstrang zur Inszenierung einiger düster-schauriger Szenen, in denen der Mörder allein durch die Nacht laufenden Frauen auflauert und von denen es gern noch mehr hätte geben dürfen. Sie sind sehr atmosphärisch eingefangen und können sich durchaus mit den besseren Spannungsszenen späterer Wallace-Krimis messen.



In Sachen Nervenkitzel setzt allerdings das Finale noch einen drauf. Es mutet dem Zuschauer ein sehr bedrückendes Gefühl der Hilflosigkeit zu, bietet andererseits aber auch sowohl dem großen Polizeiapparat als auch den nostalgischen Methoden des „Greifers“ nochmal eine perfekte Demonstrationsfläche für ihre jeweils sehr unterschiedlichen Methoden, Verbrecher zur Strecke zu bringen. Was letztlich in Erinnerung bleibt, ist eine liebenswerte Mischung aus Hans-Albers-Drama auf der einen und fast „Stahlnetz“-artigem Krimi auf der anderen Seite, wobei sich der Vergleich nicht zuletzt aufgrund des Schauplatzes Ruhrgebiet aufdrängt, der sonst im damaligen deutschen Krimi ja doch eher eine Außenseiterrolle spielte.

Neben Albers und Felmy brilliert vor allem Horst Frank in seiner Rolle des merkwürdig abgeklärten Verdächtigen. Am Ende schwingt er sich gemeinsam mit Filmmutter Agnes Windeck dann noch einmal zu einer besonders einprägsamen Leistung auf. Auch Werner Peters und Mady Rahl wird man lange im Gedächtnis behalten, da ihren Elternrollen eine besondere Tragik innewohnt. Ernst Stankovski und Siegfried Lowitz sind in Nebenrollen treffsicher besetzt; der einzige Abstrich an der sonst gelungenen Besetzung muss bei Susanne Cramer gemacht werden, die zwar optisch hervorragend ins Schema des Frauenmörders und als Braut zu Hansjörg Felmy passt, ihre Zeilen aber doch etwas zu merklich auswendig gelernt abspult. Da sie nur wenige wirklich zentrale Szenen hat, darf man aber wohl von einem Kollateralschaden sprechen, von dem die sonst allseits guten Leistungen ausreichend ablenken. Das gilt auch für die handwerklichen Aspekte, von denen vor allem die knackige Schwarzweißkamera von Ekkehard Kyrath überzeugt. Sie fängt Angst ebenso geschickt ein wie Romanzenseligkeit, schaurige Krimielemente ebenso wie wohliges Lokalkolorit.

Ein wirklich starkes Exemplar des Fünfzigerjahrekrimis, das sich auf Hans Albers konzentriert, darüber aber nicht vergisst, ein griffiges Mordrätsel zu erzählen. Für Freunde von Vor-Wallace-Krimis sehr zu empfehlen, auch dank starker Auftritte einiger späterer Rialto- und Epigonen-Schauspieler. Gute 4,5 von 5 Punkten.

Count Villain Offline




Beiträge: 4.616

27.08.2017 15:00
#35 RE: Der Greifer (1957/58) Zitat · Antworten

Sehr schönes Review. Den Greifer habe ich vor Ewigkeiten auch mal gesehen und in positiver Erinnerung. Müsste ich mir eigentlich auch mal wieder anschauen.

Ray Offline



Beiträge: 1.930

28.03.2020 19:04
#36 RE: Der Greifer (1957/58) Zitat · Antworten

Es lohnt sich zwischendurch immer mal wieder, einem Film eine zweite Chance zu geben. So hat mir "Der Greifer" bei der zweiten Sichtung wesentlich besser gefallen als bei der ersten vor Jahren...



Der Greifer (BRD 1958)

Regie: Eugen York

Darsteller: Hans Albers, Hansjörg Felmy, Susanne Cramer, Horst Frank, Siegfried Lowitz, Mady Rahl, Werner Peters, Maria Sebaldt, Agnes Windeck, Ernst Stankowski, Reinhard Koldehoff u.a.




Kommissar Dennert aus Essen, auch "Der Greifer" genannt, sieht sich kurz vor seiner Pensionierung mit einer Mordserie an blonden Frauen konfrontiert. Dabei zeigt sich, dass sich seine Anschauungen über die richtigen Ermittlungsmethoden nicht mit denen von Sohn Harry und Nachfolger in spe Dr. Schreiber decken...

Kurz vor dem Anlaufen der deutschen Krimi-Welle präsentiert sich "Der Greifer" einerseits in gewisser Weise als Vorläufer, lässt sich andererseits aber auch klar als "Kind der 1950er" identifizieren. Das dramatische Moment, das die Kriminalfilme des Jahrzehnts prägte, ist im vorliegenden Film ebenfalls deutlich vorhanden. "Der Greifer" gehört zu den "alten Eisen", denen die Jungen nichts mehr zutrauen und die im Übrigen "immer Schuld" sind. Reichlich verbittert zeigt sich die von Hans Albers verkörperte Figur in der Folge gegenüber dem Vorgesetzten, dem Nachfolger Dr. Schreiber (Siegfried Lowitz) und dem eigenen Sohnemann (Hansjörg Felmy). Vor allem bei Letzterem wird der Generationenkonflikt besonders offenbar. Letztlich erweist sich "Der Greifer" erwartungsgemäß als allemal in der Lage, den gesuchten Frauenmörder zur Strecke zu bringen und leistet entscheidende Hilfe, nachdem er auf Drängen von Dr. Schreiber in den unfreiwilligen Ruhestand weggelobt wird. Abgesehen von manch rührseliger Szene und einer unnötigen, aber wohl unvermeidlichen Gesangseinlage von Albers, nimmt auch der Kriminalfall ausreichenden Raum ein. Zwar wird keine vollendete Tat "on screen" gezeigt, dafür gelingt Regisseur Eugen York eine ausgesprochen schaurige Szene, die den Täter beim Versuch zeigt. Das Profil wird dabei vom Schatten weithin getarnt ganz groß ins Bild gehalten, nur die Zigarette scheint hervor. Kenner der damligen Filmszene werden den Täter in dieser Einstellung wahrscheinlich identifizieren, allerdings ist der Whodunit mangels anderer Verdächtiger ohnehin kein wirklicher Faktor. Die endgültige Identifizierung folgt zudem wenig später, von da an entwickelt sich die Spannung daraus, ob der Täter gefasst werden kann, ob ihm in der Zeit bis zur Ergreifung noch weitere Menschen zum Opfer fallen und wer ihn letztlich ergreift: Dennert senior, Dennert junior oder aber Dr. Schreiber?

Eine große Stärke des Films ist seine Besetzung, die bis in kleinste Nebenrollen mit bekannten Gesichtern aufwarten kann. Neben Albers, dessen Darbietung ähnlich streitbar ist wie jene von O.W. Fischer in "Das Geheimnis der schwarzen Witwe", überzeugen Hansjörg Felmy als sein aufbegehrender Filmsohn und Horst Frank als abgebrühter Verdächtiger. Werner Peters brilliert als liebenswerter Ex-Gauner Mücke, der Dennert senior bei seinen privaten Ermittlungen nach erfolgter Pensionierung tatkräftig unterstützt. Als eindeutiger Schwachpunkt auf der Besetzungsliste erweist sich nur Susanne Cramer, die allzu brav und farblos agiert. Ansonsten ist für die Entstehungszeit noch bemerkenswert, in welcher Form der Täter sich und seine Taten erklären darf. Insgesamt trotz Schwächen ein wirklich gelungener Kriminalfilm am Vorabend der Wallace Wave.

Mir liegt noch die alte DVD von StudioCanal vor, die ein ordentliches Bild aufweist. Inzwischen ist "Der Greifer" bei Filmjuwelen erschienen. Die DVD dürfte technisch identisch sein.


Trotz mancher Rührseligkeit ist "Der Greifer" dank insgesamt starker Besetzung und ansprechender Inszenierung ein bemerkenswerter Kriminalfilm der 1950er-Jahre. 4,5 von 5 Punkten.

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