Ich nutze die Gelegenheit mal, um heraus zu finden, wie Durbridge unter den Wallace-Fans ankommt ;-) und werde dazu mal ein paar Zeilen los… Ich selbst bin über Wallace vor vielen Jahren zu Durbridge gekommen und bin wahrscheinlich hier im Forum der Einzige, der Durbridge Wallace vorzieht. Meiner Meinung nach ist das Wallace-Fieber im deutschen Sprachraum wohl auch sehr stark durch Durbridge beeinflusst worden. Seine Paul-Temple-Hörspiele lockten seit den 1940ern Millionen Woche für Woche vor den Radio und weckten das Interesse für den „britischen Krimi“. Namhafte Stars wirkten darin mit – neben René Deltgen auch viele weitere Wallace-Stars wie Pinkas Braun, Siegfried Wischnewski, Friedrich Schoenfelder z.B. Im selben Jahr, als Wallace mit dem „Frosch“ die Kinoleinwand eroberte, startete das Fernsehen mit seinen Durbridge-Verfilmungen und auch hier wurden nur die besten Stars für die Hauptrollen herangezogen. Günther Stoll oder Harald Leipnitz verdanken ihre Popularität und ihren Einsatz bei Wallace ihren Auftritten im Durbridge-Krimi und auch Heinz Drache, der zuvor zwar schon im Rächer mitgespielt hatte, wurde zum Paradeinspektor, nachdem er den „Halstuch“-Mörder zur Strecke gebracht hatte. Insofern lieferten die Durbridge-Filme den Wallace-Filmen auch die Stars (auch viele Nebenrollen wie Siegfried Wischnewski). Im Gegensatz zu Wallace (bei dem das natürlich durch seinen Tod nicht möglich war) hatte Durbridge vom Anfang des Drehbuchs bis zur Verfilmung immer die Fäden in der Hand und schrieb jede Zeile des Drehbuches selbst (im Gegensatz zu dem was man immer liest: die Filme sind nicht Verfilmungen seiner Bücher sondern die Bücher sind Verschriftungen seiner Drehbücher). Zugeben, Durbridges Auflösungen sind meist recht kompliziert (weil bis ins kleinste Detail geklärt wird, wer was warum genau getan hat), aber im Gegensatz zu Wallace, der ja ein Vielschreiber war, nicht so „schlampig“ (auch zugeben: der Zuschauer will nicht immer alles sooo genau wissen). Durbridge war schließlich ein hervorragender Resteverwerter, indem er seine Drehbücher (bzw. Textbücher für die Hörspiele) nach Ausstrahlung in Romane umwandelte (weshalb ich diese auch weniger mag, weil sie oft nur 1:1 Abschriften des Drehbuchs sind, die Titelhelden erhielten oft andere Namen), schließlich erschienen seine Werke in allen möglichen Medialformen (Theater, Hörspiel, Film, TV-Film, Mehrteiler, Roman, Fortsetzungsroman und nicht zuletzt als Comic bei Paul Temple). Schließlich ist es ihm gelungen seinen Helden Paul Temple über rund 50 Jahre im Dienst zu halten, das mache ihm einmal einer nach ... Was mich bei Wallace stört, ist, dass seine Bücher zunehmend „vergewaltigt“ wurden und die meisten Filme, die zur Wallace-Begeisterung führten, mit Wallace überhaupt nichts mehr zu tun haben. In den meisten Filmen rückten die Morde und die Ausführung der Tat durch irgendwelche „Monster“ (Gorilla, Hund, Unheimlicher, Puppe ….) in den Vordergrund, etwas, das – soweit ich mich an die Romane erinnern kann – bei Wallace im Roman so gut wie nie vorgekommen ist (Joachim wird mich sicherlich korrigieren ;-)). In den Filmen rücken die Mordszenen in den Vordergrund und beziehen ihre Spannung daraus (was ja auch nichts Schlechtes ist), während bei Durbridge in keinem einzigen Film der Mord gezeigt wird, sondern die Spannung von anderen Elementen herrührt.
Jetzt meine Frage: wie steht ihr als Wallace-Fans zu Durbridge? Was mögt ihr bei Wallace/ Durbridge lieber/ weniger?
Ich bin ein großer Fan der Paul Temple-Hörspiele, was vorallem an Deltgen liegt. Andere Durbridge-Hörspiele wie "Tief in der Nacht", "Nur über meine Leiche", "La Boutique" oder "Der Fall Greenfield" kann man sich anhören, sind aber längst nicht so unterhaltsam, beziehungsweise spannend wie die Europa- oder Titania-Edgar Wallace-Hörspiele. Romane von Durbridge habe ich noch nicht sehr viele gelesen, aber die, die ich gelesen habe, sind besser als das meiste von Wallace. Bisher habe ich nur "Das Halstuch" gesehen und kann den Klassikerstatus dieses Fernsehspiels nicht so recht verstehen. Da gefallen mir die Wallace-Kinofilme einfach viel besser! Ich würde für mich persönlich sagen: Hörspiele: Dank "Paul Temple" knapper Vorsprung für Durbridge Romane: Unentschieden Filme: Ganz klar Wallace
Zitat von GeorgSchließlich ist es ihm gelungen seinen Helden Paul Temple über rund 50 Jahre im Dienst zu halten, das mache ihm einmal einer nach ... Was mich bei Wallace stört, ist, dass seine Bücher zunehmend „vergewaltigt“ wurden und die meisten Filme, die zur Wallace-Begeisterung führten, mit Wallace überhaupt nichts mehr zu tun haben. Jetzt meine Frage: Wie steht ihr als Wallace-Fans zu Durbridge? Was mögt ihr bei Wallace/ Durbridge lieber/ weniger?
Was Paul Temple anbetrifft, so bin ich damals über diese Serie auch zu Durdridge gestoßen. Allerdings gefallen mir die alten deutschen Durdridge Mehrteiler wesentlich besser. Mit Beginn der 80er Jahre jedoch, ließ die Qualität dieser Produktionen m.E. sehr nach.
Was "die Vergewaltigung" der Wallace Filme und der m.E. völlig überzogene Kult zu diesen Produktionen betrifft, muß ich Dir völlig Recht geben. Hier werden Gialos und Mabuse Filme den Originalverfilmungen von Wallace Romanen vorgezogen, unglaublich Das hat mit einer sachlichen Bewertung nichts mehr zu tun. Bleiben wir bei den klassischen Edgar Wallace Romanverfilmungen, so gefallen mir diese genauso gut wie die oben erwähnten Durbridge Klassiker. Jedoch gibt es bei mir einen großen Unterschied, was die Häufigkeit des Anschauens betrifft. Gerade weil bei den Durbridges m.E. der Film/Serie sehr stark von der Ermittlung des Täters abhängt, kann ich diese Filme leider nur in großen Abständen genießen, es sei denn ich könnte hierfür Alzheimer einschalten. Bei den klassischen Edgar Wallace Filmen ist, wenn ich es mal so bezeichnen darf, der Unterhaltungswert um ein vielfaches höher. Das gilt auch für "das Verrätertor", wo das "Who done it" noch nict einmal vorliegt. Doch das liegt eben auch an der Umsetzung der Romane im Film. Hierin unterscheiden sich m.E. die klassischen Durbridge klassischen Edgar Wallace Verfilmungen. Paul Temple wiederum liegt hier näher an den Wallace Adaptionen.
Deshalb ein klares Unentschieden für die jeweiligen Klassiker und alles zu seiner Zeit.
Auch bei mir war zuerst Edgar Wallace im Bücherschrank und Videoregal präsent. Allerdings habe ich schon Anfang der 90er Jahre die Durbridge-Mehrteiler auf Video aufgenommen und war von fast allen begeistert. Nachdem ich meinen ersten Wallace-Roman 1984 gelesen habe (Der unheimnliche Mönch) und seit Ende der 70er bereits die Filme im TV sehen durfte, kam ich edben Anfang der 90er Jahre zu den Durbridge-Filmen und dann Ende des letzten Jahrtausend zu den Romanen.
Bei den Verfilmungen sollte man besser keinen Vergleich anstellen. Die Wallace-Filme wurden fürs große Lichtspieltheater produziert und die Durbridge-MEhrteiler fürs TV - außer den beiden Kinofilmen. Diese sind m.E. aber bei weiten nicht so gut gemacht und können nicht einmal mit den schwächsten Wallace-Produktionen mithalten.
Bei den Büchern könnte bzw. will ich mich nicht für einen der beiden entscheiden. Ih finde viele Wallace-Roman gut bis sehr gut und fast alle Durbridge-Bücher (es gibt ja nur knapp über 30 in deutsch) habe mir ebenfalls sehr gut gefallen.
Ich möchte hiermit anmerken, daß ich immer noch auf eine DVD-Box aller Francis-Durbridge-Mehrteiler hoffe. Ich habe bisher "Das Halstuch", "Melissa", "Ein Mann namens Harry Brent" und "Das Messer" in meiner Sammlung.
Durbridge steht für gepflegte Fernsehunterhaltung und fesselt den Zuschauer durch ständige Überraschungen . Gute Schauspieler und eine altmodische Studioatmosphäre versüßen so manchen düsteren Winterabend.
Mir gefallen die Durbridge Filme auch ein wenig besser als die Wallace-Verfilmungen, allerdings sind die späteren Durbidge`s meiner Meinung nach "schlechter" als spätere Wallace.
Was die Anschau-Frequenz anbelangt, liegen die Durbridge-Mehrteiler bei mir ebenfalls vor den Wallace-Filmen. Gerade am letzten Wochenende hatte ich mir mal wieder "Tim Frazer" angesehen und "Melissa" liegt bereits im Rekorder (musste gestern aber dem UEFA-Pokal-Spiel Belgrad-Bayern weichen).
Ich denke Edgar007 hat Recht und man kann/sollte Wallace und Durbridge nicht miteinander vergleichen. Ich mag diese "gemütliche" Atmosphäre der deutschen s/w Durbridges sehr gerne, aber die Wallace haben eben einen deutlich höheren, kurzfristigen Spannungsfaktor.
Paul Temple-Hörspiele mag ich ebenfalls sehr gerne, die TV-Reihe finde ich allerdings recht schwach.
So ein Zufall! Vor ein paar Wochen hatte ich ebenfalls nach längerer Zeit wieder mal Lust auf einen Durbridge: TIM FRAZER. Ich mag die Atmosphäre in den Filmen, die die Handlung der Romanvorlagen fast 1:1 widerspiegeln. Der Spannungsaufbau und die Cliffhanger (am Schluß einer Folge) faszinieren mich immer wieder. Im Vergleich zu den Wallace-Kinofilmen wirken die meisten Durbridge-Mehrteiler aber ein wenig langatmig, altmodisch und "verstaubt". Dies fällt vor allem auch bei TIM FRAZER immer wieder auf. Trotzdem schaue ich die Mehrteiler immer wieder gerne an. Meine Favoriten sind MELISSA, DAS HALSTUCH und DIE SCHLÜSSEL.
Bei den Büchern, die ich um die Jahrtausendwende alle gelesen habe, waren auch ein paar hervorragende Werke dabei - ebenso wie bei Edgar Wallace.
Natürlich kann man die Durbridge-TV-Filme von der Machart mit den Wallace-Filmen nicht vergleichen. Anhand der beiden dt. Durbridge-Kinofilme sieht man aber sehr gut, dass alles in die Hose gehen kann, sobald der Autor nur mehr seinen Namen her gibt und irgendwer irgendwas pseudomäßiges schreibt.
Bei MELISSA war die Machart schon nicht mehr so altbacken, schöner Peter-Thomas-Sound auch, wer den Film noch nicht kennen sollte: am 24.11. und 25.11. strahlt BR 3 alle 3 Teile im Nachtprogramm aus.... (anlässlich des 95. Geburtstages von F. Durbridge)
TIM FRAZER finde ich auch sehr schön, da wird die Spannung gaaaanz langsam aufgebaut (in Teil 1+2 von den 6 Folgen fehlt sie fast), dann geht es aber ganz schön rund. Ich mag den Film sehr, auch den Fortsetzer mit dem Metronom, den ich noch um ein Eck spannender finde.
DAS HALSTUCH wird meiner Meinung nach auch immer überbewertet, ES IST SOWEIT von 1960 war da viel viel spannender und temporeicher inszeniert (supertoller Peter Thomas-Sound!!!), insofern kann ich dich verstehen, Fabi88 ;-)))
Man könnte sagen : Durbridge greift Situationen auf, die jedem passieren könnten. Wallace hat hingegen immer eine Prise Phantastik dabei ( Masken, exotische Tiere, ungewöhnliche Mordwaffen u.a. ).
Diese Aussage ist eigentlich fast eine Lüge. Denke einmal an die Gasmaske des Frosches, den grünen Bogenschützen, die Erdrosselung mit indischen Tüchern, das Bedecken einer Leiche mit gelben Narzissen, den "grünen Brand", die "vierte Plage" und natürlich die All-Time-Favourites, den schwarzen Abt und den unheimlichen Mönch. Alle natürlich aus den Original-Büchern.
Ich meine, daß diese Romane im Gesamtwerk (rd. 200 Stories) fast untergehen. Natürlich ist es die Welt des Edgar Wallace - teils eben auch in den Büchern aber hier nicht so komprimiert wie in den Filmen. Hier gabs ja fast ausschließlich solche Sachen.
Zitat von Edgar007Ich meine, daß diese Romane im Gesamtwerk (rd. 200 Stories) fast untergehen.
Das halte ich immer noch für nicht uneingeschränkt wahr, aber das ist wohl hier nicht weiter zu diskutieren. Zum Thema: Wallace lieber im Film, Durbridge lieber im Hörspiel!