In einem anderen Thread fand ich den Satz (von Fabi88): "Wenn man ehrlich ist, kann man auch heute Wallace nur als Parodie oder nostalgischen Krimi machen, da Verkleidungen, Geheimgänge und Ähnliches in der heutigen Zeit fehl am Platz und schrecklich albern wirken. Heute ist CSI gefragt und Edgar Wallace und DNA-Analysen sind Wiedersprüche!" Ich nehme das mal zum Anlass, hier ein neues Thema aufzumachen und Euch zu fragen, wie denn ein Wallace-Kinofilm auch heute noch "funktionieren" könnte. Wie es nicht geht, haben ja die Fernsehneuverfilmungen gezeigt. Aber bedeutet das, dass es heute grundsätzlich unmöglich ist, einen guten Wallace-Film zu drehen und der nachhaltende Erfolg der alten Filme nur noch durch den Nostalgie-Faktor zu begründen ist? Oder hat man einfach was falsch gemacht bei den Neuverfilmungen? Wie also könnte man heute Wallace-typische Stories (und dazu gehört nun mal auch der Griff in die Gruselkiste der Gothic Novel) heute auf die Leinwand bringen?
Womit Fabi88 sicher Recht hat: Ich kann mir Wallace schlecht in die heutige Zeit übertragen vorstellen. Die Ermittlungsmethoden sind ganz andere geworden und mancher Täter aus den alten Wallace-Filmen wäre sicher mit Methoden wie der DNA-Analyse schon nach fünf Minuten geschnappt worden. Also das geht schon mal nicht. Zurück in die 60er Jahre erschiene mir hingegen willkürlich, denn die alten Wallace-Filme spielen ja nur deshalb in den 60er Jahren, weil dies die Gegenwart zur Drehzeit war und die Stories damals noch so funktionierten. Deshalb wäre meine Vorstellung von der Zeit, in der solche Filme spielen müssten, etwa die 20er Jahre, den Romanvorlagen entsprechend. Man müsste auf entsprechend sorgfältige Ausstattung achten (wie in den Poirot-Verfilmungen mit David Suchet), allerdings müssten Tempo und Stimmung der Filme natürlich bei Wallace ganz anders als bei Agatha Christie sein.
Was fällt Euch dazu noch ein?
Viele Grüße
Lasher
Gubanov
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04.10.2007 14:50
#2 RE: Wenn man heute Wallace-Filme drehen würde ...
Dazu gab es zwar auch schon zig Threads, aber interessant ist es immer wieder. Ich stimme dir 100-prozentig zu, wenn du schreibst, dass die Serie in den 1920er Jahren spielen muss und du Vergleiche ziehst zur Poirot-Serie von Granada. Nur so kann heute noch eine gute Wallace-Serie oder gute Wallace-Filme realisiert werden: Mit großem Nostalgiefaktor, einer liebevollen zeithistorischen Ausstattung und vielen sehr, sehr guten Schauspielern. Doch diese drei Bedingungen zusammen lassen die Möglichkeit einer Neuverfilmung gleich null erscheinen, da sie erstens diverse Fans und Interessierte bei Fernsehsendern erfordern (Kino funktioniert nicht mehr, da bin ich mir ziemlich sicher), zweitens viel, viel Geld (was beim heutigen Fernsehen wohl nicht mehr in eine historisch und literarisch wertvolle Literaturadaption, sondern in noch eine Telenovela gesteckt wird) und drittens eben die besagten vielen guten Schauspieler, die ich in Deutschland auch vermisse.
Nichtsdestotrotz hoffe ich natürlich auch darauf, so eine definitive Serie noch einmal in meinem Leben sehen zu können, wie es Holmes-, Poirot- und Marple-Fans auch konnten.
PS: Die Links zu den passenden Threads suche ich dann auch gleich einmal heraus!
Ich kann nur meine persönliche Meinung dazu abgeben: Die 90er-Wallaces waren schrecklich albern (Teletubby-Fernbedienung in den "Gerechten", Verkleidung in "Whiteface", Geheimgänge und Augenlöcher in Gemälden im "Schloss"), "Der Wixxer" und "Neues vom Wixxer" funktionierten gut, weil sie nostalgisch die 60er wieder reaktivierten. Mir wäre es am Liebsten, man würde die Romanverfilmungen in der Zeit spielen lassen, in der sie geschrieben wurden, aber das ist zu teuer.
Ob das "zu teuer" wäre, die Filme Anfang des 20. Jahrhunderts spielen zu lassen glaub ich nicht unbedingt. Daß die Filme nicht (mehr) für's Kino geeignet wären glaub ich so auch nicht. Überlegenswert wäre evtl. sogar eine schwarz-weiss-Verfilmung für's Kino - im Scope-Format! Die 90er Verfilmungen funktionierten m.E. aus verschiedenen Gründen nicht. Einer davon waren sicher die z.T. stümperhaften Drehbücher bzw. Ideen. Auch der/die Hauptdarsteller haben mir überhaupt nicht gefallen. Vor allem die beiden Ermittler (Kemmer / Berger) fand ich total fehlbesetzt.
Mit der richtigen Ausstattung, sorgsam ausgewählten Darstellern und einer guten Story (es gibt ja noch viele unverfilmte, gute Romane) könnte man m.E. durchaus éinen (Achtungs)Erfolg im Kino erzielen.
Gubanov
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04.10.2007 15:52
#6 RE: Wenn man heute Wallace-Filme drehen würde ...
Ich glaube einfach, dass der größte Fehler war, das Ganze in den 1990er Jahren spielen zu lassen. Nur durch diese Entscheidung konnten die bemängelten Dinge überhaupt so Einzug in die Serie halten, wie sie es dann letzten Endes taten. Trotzdem glaube ich nicht, dass ein Wallace im Kino noch gut laufen würde - außerdem wäre es der "Hexer" und dann wäre wieder Schluss für 10 Jahre... Nein, eine kleine Fernsehserie im 45-Minuten-Format halte ich für wesentlich besser geeignet.
Wie meine Vorredner ja bereits erwähnten, wurde das Thema schon mehrfach behandelt. Kein Grund allerdings, nicht wieder neu anzufangen, denn das Thema macht mir Spaß. Ich bin aber auch immer wieder (freudig) überrascht, was für ein Senf dazu abgegeben wird. Hier stimme ich allerdings auch in einigen Punkten überein.
Zunächst aber folgendes:
In Antwort auf:"Die alten Wallace-Filme spielen ja nur deshalb in den 60er Jahren, weil dies die Gegenwart zur Drehzeit war und die Stories damals noch so funktionierten."
Hier kann ich dir nur bedingt recht geben. Zwar hat man damals die Geschichten von Edgar Wallace, wenn sie denn überhaupt als Originalvorlage gedient haben, gestrafft und aktualisiert und man könnte auch nicht gerade behaupten, dass die Filme in der Vergangenheit spielen. Dennoch hat man sich in Punkto Dekoration und Requisiten schon damals Mühe gegeben, eine urige, alte Stimmung zu entfachen. Ausnahmen bestätigen die Regel. So wurden ja auch immer wieder Fahrzeuge viel älteren Baujahres eingesetzt. So wie die Wallace-Märchen ja sogesehen garnicht in England, sondern in einer Fantasiewelt spielen, in denen es nur Gut und abgrundtief Böse gibt, so könnte man auch sagen, das die Zeitebene auf einer eigenständigen Ebene stattfindet. Hier fahren alte Fahrzeuge durch moderne Straßenviertel und plötzlich befindet man sich wieder in völlig antiquierten Schlössern... Ich übertreibe jetzt etwas aber ich will deutlich machen: Es ist nicht richtig, das die Wallace-Filme 100% die Gegenwart der Sechziger wiedergeben!
Ansonsten vertrete ich die Meinung, das ein Wallace-Film immer nur als Abklatsch angesehen werden wird, solange man die alte Suppe mit ein paar Darstellern auf Soap-Niveau aufkocht.
Gruß, Daniel
Gubanov
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Beiträge:
04.10.2007 16:05
#8 RE: Wenn man heute Wallace-Filme drehen würde ...
Angenommen, man würde sich entschließen, eine Edgar-Wallace-TV-Serie von 10 Folgen á 45 oder 50 Minuten auf Basis der Originalromane in der Originalzeit, den 1920er Jahren, zu produzieren: Welche zehn Romane würdet ihr für geeignet und würdig halten, in diesem Format adaptiert zu werden?
Zitat von Daniel Lantelme Hier kann ich dir nur bedingt recht geben.
Stimmt, anscheinend hat man zweierlei versucht: Einerseits spielen die Filme recht offensichtlich in der damaligen Gegenwart (was z. B. die Porträts von Queen Elizabeth II. in zahlreichen Amtsstuben belegen), andererseits war man aber auch kräftig bemüht, Klischees eines älteren, geradezu altmodischen Großbritanniens zu bedienen, das noch Sitten pflegt, die in Deutschland (aber zu der Zeit wohl auch längst in Großbritannien) out of date waren.
Da gäbe es Einiges. Nur bitte nicht wieder DIE TOTEN AUGEN VON LONDON. DER HEXER oder DER FROSCH und DAS GASTHAUS muss es auch nicht sein. Da könnte man auch schonwieder TITANIC oder KING KONG drehen.
Wenn man die Romane einigermaßen originalgetreu verfilmen wollte, käme man um eine Straffung der Dramaturgie garnicht herum. Sonst entsteht ne' Schlaftablette. Nicht das die Romane Schlaftabletten wären, aber Filme mussten schon immer straffer sein als ihre literarischen Vorlagen. Umso mehr wenn der Roman 80 Jahre auf dem Buckel hat.
Genauso muss man sagen, dass es auch Wallace-Romane gibt, die heute einfach garnicht mehr funktionieren. Paradebeispiel DER UNHEIMLICHE MÖNCH. Wenn ich mich richtig erinnere, spukt der Mönch lediglich durch die Gemäuer, weil er letztendlich einer Frau krankhaft verfallen ist und sie "mit sich" nehmen will. Das kommt relativ oft bei Wallace. Das kann man heute schlecht verkaufen.
Zitat von Daniel LantelmeWie meine Vorredner ja bereits erwähnten, wurde das Thema schon mehrfach behandelt. Kein Grund allerdings, nicht wieder neu anzufangen, denn das Thema macht mir Spaß.
Mir war das - begründet durch längere Forumsabwesenheit und auch die Schwierigkeit, aus manchen Threadüberschriften den tatsächlichen Inhalt zu entnehmen ;-) - nicht bewusst. Aber schön, dass auch andere sich da schon ihre Gedanken gemacht haben bzw. noch machen ...
Angenommen, man würde sich entschließen, eine Edgar-Wallace-TV-Serie von 10 Folgen á 45 oder 50 Minuten auf Basis der Originalromane in der Originalzeit, den 1920er Jahren, zu produzieren: Welche zehn Romane würdet ihr für geeignet und würdig halten, in diesem Format adaptiert zu werden?
Einer meiner Favoriten: Der grüne Brand
Gubanov
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Beiträge:
04.10.2007 16:22
#13 RE: Wenn man heute Wallace-Filme drehen würde ...
Da muss ich dir zustimmen. Dieser Roman ist spannend, geht sogar über das Krimigenre hinaus und hat eine Inhaltsstruktur, die sich bestimmt auf 45 Minuten kürzen lassen würde. Weiterhin würde ich folgende Romane vorschlagen, die ebenfalls zu den besten Wallace-Arbeiten gehören, eine originalgetreue Verfilmung wert wären und auch in das vorgegebene Format hineinpassen würden:
- Bei den drei Eichen - Die blaue Hand - Töchter der Nacht
Was die Darsteller angeht: Die 60er Jahre Wallace-Filme waren sicherlich nicht zuletzt deshalb so beliebt, weil in diesen wirklich die großen Stars des deutschen Films mitspielten. Das machte einen großen Teil der Attraktivität aus und das Können vieler Altstars ist sicherlich auch heute noch ein Grund, sich so manchen alten Wallace-Film anzusehen, der ansonsten in der Bedeutungslosigkeit versinken würde. Wenn man an neue Wallace-Produktionen denkt, sollte man dies berücksichtigen und mit Darstellern von Format arbeiten. Damit meine ich nicht, dass man alte Wallace-Stars aus den 60ern reaktivieren sollte, sondern versuchen müsste, die besten Darsteller zu bekommen, die heutzutage für Erfolge sorgen.
Die filmästetischen Markenzeichen der Wallace-Ära müssten enthalten bleiben, ob nun s/w oder Farbe. Nebel, London, und typische Wallace-Klischees: Gerne! Nur nicht zu flach bitte. Es muss ja nicht immer ein Geheimgang oder ein Bild mit Guckloch sein.
Dazu eine wirkliche Fortentwicklung des dramaturgischen Gerüstes. Dazu vielversprechende Talente gepaart mit ein paar alten Hasen mit großen Namen.
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