Da ich mich in diesen Tagen wieder eingehend mit Sherlock Holmes beschäftige, fiel mir auf, dass ich eine Folge mit dem Gespann Schellow/Roth noch nicht gesehen habe und holte dies nun nach:

"Sechsmal Napoleon"

"Können Sie sich vorstellen, dass es heute noch einen Menschen gibt, der von einem solchen Hass gegen Napoleon den I. erfüllt ist, dass er alle Büsten von ihm, die er finden kann, in Stücke zerschlägt?"

Inspektor Lestrade begibt sich in die Baker Street, um Sherlock Holmes' Rat einzuholen. Dieser ist gerade ohne Beschäftigung und dankbar für jede Abwechslung. Glücklicherweise erscheint ihm der geschilderte Fall so bizarr und ungewöhnlich, dass er und sein Partner Dr. Watson sofort alle Beteiligten aufsuchen und befragen.
Man begegnet hier einigen Männern, die ebenso seltsam erscheinen wie die nächtlichen Einbrüche. Um den schrulligen Personen mehr Gewicht zu verleihen, nehmen sich Sherlock Holmes und Dr. Watson diesmal ein wenig zurück und verzichten auf den Gebrauch des Regenschirms ebenso, wie auf übermäßige humorvolle Abweichungen von der Vorlage. Schellow gelingt es in dieser Episode besonders gut, seinem besonnen auftretenden Detektiv Profil zu verleihen. "Es blieb eine Art geistiges Gefecht; klug, witzig, zum Teil pointiert....und auch so aufbereitet." (Erich Schellow in seinen Erinnerungen, "Sherlock Holmes in Film und Fernsehen", Baskerville Bücher, S. 49)
Seine elegante Erscheinung kann während der nächtlichen Szenen im Haus des Ehepaars Brown am vom Mondlicht erleuchteten Fenster bewundert werden. Hier komme ich auch gleich zu dem großen Pluspunkt dieser Folge zu sprechen: dem erlesenen Szenenbild, das abseits der Baker Street einige Handlungsorte (Antiquitätenhandlung, Wohnhaus Harker und Brown, Werkstatt von Gelder) aufbietet, die von natürlich erscheinenden Außenszenen umrahmt werden. Besonders erwähnenswert erscheint in diesem Zusammenhang der verwitterte Torbogen, an dem eine Büste zerschmettert wurde. Die Hecken, die Laterne und die Mauern sind mehr als nur Kulisse. Es scheint fast, als wolle Schellow durch das Durchschreiten des Tores zeigen, wie wunderbar diese Filmdekoration gelungen ist.
Einziger Schwachpunkt ist der fahrige Reporter Horace Harker, der von Heinz Bennent recht ungeschickt dargestellt wird. Wohltuend stimmig hingegen erscheint hier die Interpretation des Händlers Morse Hudson durch Rudolf Kleinfeld-Keller. Abgerundet werden die Ermittlungen durch den Besuch der Bildhauerei von Gelder & Co., wo man einen ausgiebigen Blick auf die verschiedenen Büsten werfen kann. Wahrlich, an guten Kulissen hat man in dieser Episode nicht gespart!

"Meine Herren!", rief er triumphierend, "darf ich Ihnen die berühmte schwarze Perle der Borgia zeigen?"

So lautet auch mein Fazit: Eine gelungene Umsetzung der Vorlage, die auf verwirrende Seitenpfade (Ermittlungen im Italienerviertel) verzichtet und dafür den Fokus auf Sherlock Holmes und die Büsten richtet. Kompliment an Lothar Kirchem für das Szenenbild.
Schade, dass es die sechsteilige Reihe immer noch nicht als offizielle Veröffentlichung im Handel gibt. Bild-und tontechnisch restauriert und mit einem schmalen Booklet ausgestattet (Auszüge aus "Schellow Holmes" von Uwe Sommerlad, Fotos der SH-Serie, Credits, zeitgenössische Presseberichte), läge hier ein weiteres Juwel vor, das für Sherlockianer zum Sammlerstück werden würde.

Kann Dir nur zustimmen. "Sechsmal Napoleon" ist meine Lieblingsepisode der Schellow/Roth-Serie. Wobei auch die anderen Folgen sehr unterhaltsam sind. Schellow war die Idealbesetzung für Rolle. Tolle Szenenbilder übrigens auch bei den anderen Folgen (in die BRUCE-PARTINGTON-PLÄNE wurde sogar die U-Bahn nachgebaut...)

Anlässlich Schellows 80. Geburtstag veröffentlichte Michael Ross in seinem Baskerville-Verlag eine Festschrift zu Ehren des Berliner Staatsschauspielers mit dem Titel "Schellow Holmes" (Hrsg. Uwe Sommerlad). Ein gewisser Peter Fischer skizzierte den Charakter des Darstellers -nicht ohne ironischen Unterton-: "Wachheit, Ordnung, Ruhe ohne Zufriedenheit, Bescheidenheit ..., Integrität, Fleiß, Positives im preußischen [Sinne] ... Seiner sprichwörtlichen Schönheit haben die Zeiten nichts anhaben können ... Sein Lächeln birgt Geheimnisse, sein Humor ist zart, köstlich und ohne Bosheit. Er weiß wesentlich mehr, als er preisgibt, ist nicht geschlagen mit Eloquenz. Einem Gerücht zufolge soll er gar nicht als Aristokrat geboren sein. Er ist sensibel, aber auch empfindlich - recht hat er! ... Dass er ein Schauspieler ersten Ranges ist, wissen wir alle seit eh und je."



Erich Schellow wurde auf dem Städtischen Friedhof Wilmersdorf, Berliner Straße 81-103, begraben. Er ist relativ überschaubar und die Einteilung ist besucherfreundlich, sodass wir das Grab des Berliner Schauspielers sehr schnell fanden. Schellow teilt sich seine letzte Ruhestätte mit seinen Eltern Gustav Erich und Martha.
Der schlichte Stein wirkt naturbelassen und wurde nicht in eine eckige Form gebracht, sondern als Fels über dem Grab plaziert. Neben einem grünen Strauch waren vereinzelt Stiefmütterchen gepflanzt; leider hatten wir an der U-Bahn-Station nur zwei orange-farbene Gerbera erworben und keine Topfpflanze. Diese hätte sich auf dem relativ leeren Feld gut gemacht. Wir dachten an Schellows Rolle als Sherlock Holmes in der gleichnamigen sechsteiligen WDR-Serie aus den Jahren 1967-1968.
Vor meinem inneren Auge sah ich Schellow in seiner einzigen "Kommissar"-Rolle, in der er trotz der Verdächtigungen der Polizei Ruhe und Weitsicht bewahrte.
Gelassen und besonnen, so soll er seinem Publikum im Gedächtnis bleiben.

Ich habe gestern die erste Episode "Das gefleckte Band" gesehen und um es kurz zu machen: Danach landeten alle weiteren Folgen sofort im digitalen Papierkorb.
Das Ganze ist dermaßen betulich inszeniert, dass ich mir wirklich gewünscht hätte, man hätte das Ganze auf 25 Minuten zusammengestutzt, auch wenn ich an sich gegen diese Lauflänge bei Krimis bin. Dazu kommt, dass mir hier zu viele Elemente vorkommen, die nicht zu dem Holmes passen, den ich mir nach Lektüre der Conan Doyle-Werke vorgestellt habe und den Jeremy Brett später genau, wie ich ihn mir vorgestellt habe auf die Mattscheibe gebracht hat.
In dieser Umsetzung der Geschichte gibt es Watson als Stichwortergeber, einen Holmes, der Whisky aus Watsons Regenschirm trinkt, ein Fallbeil über der Tür und und und. Noch dazu wird die Aktion von Holmes im Mordzimmer so inszeniert, dass man ihm den Schlag nach der Schlange als mutwilligen Mord am Hintermann auslegen kann, vielleicht muss. Dann noch diese halbgare viktorianische Optik, die dann mit der Erwähnung von "Autos" und "Telefon" endgültig torpediert wird. Schade, denn die Besetzung ist einigermaßen angenehm.
Damals vielleicht ein Gegenentwurf zum "Action-Krimi", aber nachdem man bei deren Vertretern aus den 60s heute schon das "Action-" streichen muss, bleibt nur ein langweiliges Kammerspiel, dem ich die kongeniale Umsetzung mit Jeremy Brett aus den 80ern bei Weitem vorziehe!