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Dieses Thema hat 15 Antworten
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 Film- und Fernsehklassiker international
Seiten 1 | 2
Gubanov ( gelöscht )
Beiträge:

25.11.2017 20:50
#16 RE: Sherlock Holmes' größter Fall (1965) Zitat · Antworten

Koch Media hat den Film zwölf Jahre nach der MC-One-Edition neu in einer verbesserten Ausgabe im Original-Breitbildformat in guter Bildqualität herausgebracht. Deutscher und englischer Ton plus englische Untertitel. Des Weiteren gibt es Trailer und Bildergalerie dazu. Man kann bedenkenlos zugreifen, zumal die alte DVD zuletzt bereits zu höheren Preisen gehandelt wurde.



Sherlock Holmes’ größter Fall (A Study in Terror)

Gruselkrimi, GB 1965. Regie: James Hill. Drehbuch: Donald Ford, Derek Ford (Story: Jim OʼConnolly) (frei nach Sir Arthur Conan Doyle). Mit: John Neville (Sherlock Holmes), Donald Houston (Dr. John Watson), John Fraser (Lord Carfax), Anthony Quayle (Dr. Murray), Frank Finlay (Inspector Lestrade), Robert Morley (Mycroft Holmes), Adrienne Corri (Angela), Peter Carsten (Max Steiner), Charles Regnier (Joseph Beck), Judi Dench (Sally) u.a. Uraufführung (GB): 4. November 1965. Uraufführung (BRD): 14. Januar 1966. Eine Produktion von Compton-Tekli Film Productions und Sir Nigel Films.

Zitat von Sherlock Holmes’ größter Fall
Ein brutaler Prostituiertenmörder schleicht durchs nächtliche Whitechapel. Sherlock Holmes wird in den Fall verwickelt, als ein anonymer Absender ihm ein Chirurgenbesteck schickt, in dem ein Skalpell fehlt. Es verweist auf eine hochwohlgeborene Familie, deren Sohn – ein schwarzes Schaf – sich seit einem begonnenen Medizinstudium in Luft aufgelöst hat. Doch auch der Polizeimediziner in Whitechapel verhält sich verdächtig und ist immer in der Nähe, als im Viertel weitere Frauen an der Hand des Rippers sterben. Als die Mordserie schließlich sogar politische Wellen zu schlagen droht, drängt Sherlocks Bruder Mycroft auf eine schnelle Lösung ...


Auch wenn die Kombination von Jack the Ripper mit Sherlock Holmes vom heutigen Standpunkt etwas abgedroschen wirkt, so war „Sherlock Holmes’ größter Fall“ 1965 doch die erste Produktion, die sich jemals an einer solchen Brücke versuchte. Man merkt dem Film an, dass er durchaus bemüht ist, beiden Vorbildern – sowohl der realen Mordserie als auch dem Universum des Baker-Street-Detektivs – gerecht zu werden, dabei aber doch mehrere Punkte durcheinanderwirft bzw. zugunsten offensichtlicher Effekte seine seriöse Grundhaltung verspielt. Einerseits gelingt es, das viktorianische London glaubhaft wiederauferstehen zu lassen und einige gemütliche Szenen in der Baker Street zu zeigen; andererseits tendieren mehrere Szenen entweder zu plumpem Humor oder zu Schockmomenten, wie man sie eher aus Hammer-Thrillern als aus Sherlock-Holmes-Verfilmungen gewöhnt ist. Der Film war gleichsam der erste Versuch, einen handfesteren Holmes-Film im Stil der damals modernen Horror-Welle zu produzieren:

Zitat von David Stuart Davies: Starring Sherlock Holmes, Titan Publishing, London 2007, S. 88
Herman Cohen, the executive producer, was keen to capture the youth market, presenting Holmes as a kind of Victorian James Bond, and even employing such phrases in the film’s advertising campaign as ‚Sherlock Holmes – the Original Caped Crusader‘, to cash in on the success of the contemporary Batman television series. One publicity statement announced: ‚No longer is Holmes the old fuddy-duddy which the public tended to classify him as in the past, he is now way out and with it‘. Cohen wanted to call the film Fog, because he thought any picture with the word ‚study‘ in the title would put off the teen punters. However, the film did achieve an X certificate, awarded for sexual elements implicit in the movie rather than its horror content.


Auf die teilweise dubiosen Karrieren der Macher des Streifens hebt auch Holmes-Kenner Alan Barnes ab, bewertet den Film aber differenziert:

Zitat von Alan Barnes: Sherlock Holmes on Screen, Reynolds & Hearn, London 2006, S. 251
A Study in Terror – the unlikely product of an unholy alliance comprising Conan Doyle’s second son, Soho’s foremost distributors of cinematic smut and the man who made I Was a Teenage Werewolf – only occasionally reveals its roots in the shabby, sleazy world of exploitation film.


Tatsächlich schimmert Kolportage-Kitsch nur in einigen Szenen durch. Hierbei sind natürlich zuvorderst die Mordszenen an den Prostituierten zu nennen, die vorher ausgiebig die Gelegenheit erhalten, mit quäkenden Stimmen Revierkämpfe untereinander auszutragen oder sich kameratauglich auszuziehen. Auch die frivolen Gesangsszenen in einem für die Handlung nicht unrelevanten Pub erhalten (zu) viel Aufmerksamkeit. Dem steht jedoch ein Großteil sehr wohl eleganter und gut gelungener Szenen gegenüber, die Holmes und Watson auf beeindruckende Landsitze oder in unheimliche Winkel des Armenviertels Whitechapel schicken. Auch das Baker-Street-Set überzeugt durch die diesem Ort innewohnende Gemütlichkeit, wenngleich es ungewöhnlich anmutet, dass Holmes seinen Tabak im Violinenkasten und nicht im persischen Pantoffel aufbewahrt (kein Wunder, dass er ihn nicht findet!).

John Neville verleiht dem Meisterdetektiv ein recht vernünftiges Gesicht; seine große, hagere Gestalt passt zur Figur, er wirkt insgesamt aber eine Spur zu unverbindlich, um zu den besten Darstellungen der Holmes-Rolle gezählt zu werden. Donald Houston hat als Watson einige sehr schöne Freundschaftsmomente und passt optisch vorzüglich in die Rolle, wurde aber mit einigen Einlagen auf einen slapstickhaften Nigel-Bruce-Verschnitt festgelegt, der von der zeitgenössischen Kritik nicht ohne Grundlage auch mit Oliver Hardy verglichen wurde. Neben diesen beiden Hauptdarstellern bleiben vor allem der streitbare Dr. Murray in Gestalt von Anthony Quayle und Adrienne Corri in einem nachdrücklichen Ein-Szenen-Auftritt in Erinnerung, während Frank Findlay als Inspektor Lestrade zu wenig Spielraum erhält und Robert Morley als Mycroft Holmes stärker noch als Houston ins Komödienhorn stößt. Von deutscher Seite überzeugt vor allem Peter Carsten; Charles Regnier spielt seine Rolle solide, aber sie gibt außer ein paar verdächtigen Blicken wenig her. Interessanterweise hatte Regnier 1962 in Rolf Thieles „Lulu“ bereits Jack the Ripper persönlich gespielt.

Die Farbfotografie steht „A Study in Terror“ hervorragend; der Film macht einen ungleich moderneren Eindruck als Cushings „Hund von Baskerville“ (1959) oder Lees „Halsband des Todes“ (1962). Stellenweise kommen die Ripper-Überfälle als plötzliche Überraschungsmomente daher oder es werden solche nur angetäuscht, um dann als harmlose Situationen aufgelöst zu werden. Einige Male nutzte man auch Einstellungen aus dem point of view der Charaktere, z.B. Jacks, und sorgte damit für zusätzlichen Grusel. Löblich zudem das actionreiche Finale, das zwar keine besonders überraschende Lösung, dafür aber eine hochdramatische Kampfszene präsentiert, aus der es für Holmes nur ein knappes Entkommen gibt.

Als Unterhaltungsfilm sehr gut zu gebrauchen, als Holmes- oder Ripper-Studie hingegen nicht immer authentisch genug. „A Study in Terror“ bietet spannende Kost am hammer-ähnlichen Schnittpunkt zwischen Krimi und Horror, vermiest sich einen gebührend düsteren Gesamteindruck aber mit einigen unnötigen Albernheiten. Das betrifft auch den manchmal etwas trotteligen Watson, während John Neville ein nicht weiter zu beanstandender, aber auch nicht über-charismatischer Holmes ist. Kurzweilige 3,5 von 5 Punkten.

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