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Dieses Thema hat 10 Antworten
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 Film- und Fernsehklassiker international
Gubanov ( gelöscht )
Beiträge:

20.04.2007 20:01
Sherlock Holmes: Der Hund der Baskervilles (2002, TV) Zitat · Antworten

Seit Kurzem gibt es in Deutschland die DVD zur 2002er-Verfilmung des Conan-Doyle-Romans "The Hound Of The Baskervilles" unter dem (endlich richtigen Titel) "Der Hund der Baskervilles". Es handelt sich hierbei um eine eher umstrittene Version, die jedoch meiner Meinung nach den Rathbone-Filmen und der Jeremy-Brett-Serie die beste Holmes-Adaption darstellt. Richard Roxburgh, der Darsteller des Sherlock Holmes, gefällt mir sehr gut, denn es ist mal ein ganz anderer Typ - aber wirklich unterhaltsam und begabt - für die Rolle vollkommen geeignet.

Ob man sich die deutsche DVD jedoch zulegt, bleibt jedem selbst überlassen, denn es scheint (habe sie noch nicht) die gekürzte deutsche Version ohne eingefügte O-Tonstellen zu sein - das macht eine Kürzung von 99 auf 90 Minuten und lässt einen wunderbaren Einstieg in den Film mit einer beängstigend guten Schnittfolge auf Sir Charles Baskervilles Leichnam verschwinden. Schade!

Da wäre die englische DVD als Alternative. Sie ist wirklich gut (uncut-Fassung + Interviews, Dokumentation und Audiokommentar). Leider kostet sie aber bei Amazon als UK-Import 30 Euro. Da sollte man sich vielleicht bei eBay nach einer preisgünstigen Variante umsehen (habe sie dort für 5 Euro bekommen - Schnäppchen!). Die englische DVD beinhaltet nur englischen Ton und diverse Untertitel, aber keine deutschen.

Frage an euch: Was haltet ihr von dem Film? Ich finde ihn wunderbar gelungen und weitaus besser als die grottige 2000er-Fassung mit Matt Frewer! Diskussion erwünscht!

Reinhard Offline



Beiträge: 1.373

21.04.2007 03:40
#2 RE: Sherlock Holmes: Der Hund der Baskervilles (2002, TV) Zitat · Antworten

Nach der Sichtung war ich mir sicher, die bis dato atmosphärischste und für Leser des Romans befriedigendste Verfilmung gesehen zu haben. Daran hat sich bislang auch nichts geändert! Allerdings ist und bleibt Richard Roxburgh als Sherlock Holmes trotz großen Charismas eine Fehlbesetzung ...

Gubanov ( gelöscht )
Beiträge:

21.04.2007 10:52
#3 RE: Sherlock Holmes: Der Hund der Baskervilles (2002, TV) Zitat · Antworten

Gerade eben weil Richard Roxburgh völlig anders spielt, aussieht und wirkt als der "gewohnte" Holmes oder, besser gesagt, alle anderen Schauspieler, die bisher Sherlock Holmes verkörpert haben, finde ich die Besetzung sehr gelungen. Holmes wird einmal als ein völlig anderer Typ Mann gezeigt, der trotzdem ausreichend viele Parallelen zum Original aufweist. Besonders bemerkenswert bei dieser wunderbaren Adaption ist auch das Verhältnis zwischen Holmes und Watson und die damit verbundene schauspielerische Leistung von Ian Hart (Watson). Er ist der erste Watson, der nicht nur eigenständig handelt, sondern auch einmal das Wort gegen Holmes richtet und sich erlaubt, anderer Ansicht zu sein. Er zeigt in einer einzigartigen Art und Weise, wie verärgert er darüber ist, dass Holmes ihm nicht die Wahrheit erzählt hat und hinter seinem Rücken ins Moor gefahren ist ... Allein wegen der Schilderung des Verhältnisses zwischen Holmes und Watson sollte man den Film unbedingt gesehen haben.

Darüber hinaus hat man wirklich eine wunderbar bedrückende Atmosphäre geschaffen, die besonders durch die tollen Schauplätze, Darsteller, Kamerafahrten und die Ausleuchtung geschaffen wird. An einigen Stellen wirkt der Film wirklich erschreckend bedrückend - besonders die Überführungsszene ist atemberaubend - ich sage nur "Ich habe keine Frau".

Außerdem hat man die tolle Idee mit der Séance aus der Basil-Rathbone-Verfilmung endlich wieder einmal aufgegriffen und lässt den (wirklich schauerlich aussehenden) Hund während dieser Szene ans Fenster springen. Für mich wirklich eine der besten Holmes-Verfilmungen überhaupt, die besonders in der Uncut-Fassung einen richtig schaurigen Eindruck macht!

Percy Lister Offline



Beiträge: 3.589

21.04.2007 21:09
#4 RE: Sherlock Holmes: Der Hund der Baskervilles (2002, TV) Zitat · Antworten

Zitat von Gubanov im Beitrag #3
An einigen Stellen wirkt der Film wirklich erschreckend bedrückend - besonders die Überführungsszene ist atemberaubend - ich sage nur "Ich habe keine Frau".

Ich finde es faszinierend, dass gerade in Hinblick auf Mrs. Stapleton teils gravierende Unterschiede zwischen den Verfilmungen und der Roman-Vorlage bestehen. Wie wir von Conan Doyle wissen, war Beryl die Ehefrau von Mr. Stapleton, die sich am Ende gegen ihn wendet und, als die ganze Geschichte aufkommt, großen Gram bei Sir Henry Baskerville auslöst. Sie ist von spanischem Geblüt und verzeiht ihrem Mann nicht, dass sie eine Nebenbuhlerin hat und von ihm belogen wurde.

In der Basil-Rathbone-Verfilmung ist die blonde, nordische Beryl wirklich seine Schwester und einer Eheschließung der Verliebten steht am Ende nichts im Wege.

Hier in dieser neuen Version scheint es einen ganz neuen Twist zu geben. Das klingt alles sehr interessant.

Gubanov ( gelöscht )
Beiträge:

25.04.2007 14:53
#5 RE: Sherlock Holmes: Der Hund der Baskervilles (2002, TV) Zitat · Antworten
Wenn Sie hier auf Links zu eBay klicken und einen Kauf tätigen, kann dies dazu führen, dass diese Website eine Provision erhält.

Für alle Interessierten: Die UK-DVD gibt's gerade mal wieder bei eBay (für 7,99 Euro):
Werbung: http://cgi.ebay.de/BBC-HOUND-OF-THE-BASK...1QQcmdZViewItem


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Sherlock Holmes Fan1987 ( Gast )
Beiträge:

28.10.2007 18:17
#6 RE: Sherlock Holmes: Der Hund der Baskervilles (2002, TV) Zitat · Antworten

Als ich den Film erst vor ein paar Wochen auf Kabel Eins sah, hat er mir super gefallen, richtig temporeich. Holmes ist mal ein anderer Charakter. Manchmal ist der Film enorm unheimlich gemacht.

Gubanov ( gelöscht )
Beiträge:

28.10.2007 19:27
#7 RE: Sherlock Holmes: Der Hund der Baskervilles (2002, TV) Zitat · Antworten

Ja, der Roxburgh-Hound ist wirklich sehr spannend. Er bietet für mich auch das unheimlichste und ungemütlichste Dartmoor.

Gubanov ( gelöscht )
Beiträge:

16.09.2008 19:05
#8 RE: Sherlock Holmes: Der Hund der Baskervilles (2002, TV) Zitat · Antworten

Heute habe ich wieder einmal die Roxburgh-Verfilmung "The Hound of the Baskervilles" gesehen. Nach wie vor bin ich der Meinung, dass es sich hierbei um die beste Adaption des Conan-Doyle-Klassikers handelt. Die Stimmung des Buches wird auf den Punkt gebracht und filmhandwerklich einwandfrei umgesetzt. Roxburgh und Hart bieten ein wunderbares Doppel als Holmes und Watson, denn sie strapazieren nicht weiter altgewohnte Kino- und TV-Mythen. Watson wird als eigenständiger Mann gezeigt, während Holmes sich vollständig in den Fall hineinkniet und mit jeder Entwicklung mitfühlt (was ihn nicht daran hindert, einen rationalen, völlig logischen Denker abzugeben). Eine interessante Beziehung, die sich vor allem auf das gemeinsam Erlebte und nicht auf persönliche Sympathie stützt. Viele Details werden wesentlich besser herausgearbeitet als in anderen Verfilmungen und sogar im Buch. Auch wenn weniger Computereffekte an mancher Stelle mehr gewesen wären, so hat man für das Jahr 2002 einen optimalen Film abgeliefert, den man immer wieder gespannt verfolgen kann. Respekt!

Percy Lister Offline



Beiträge: 3.589

18.10.2009 15:51
#9 RE: Sherlock Holmes: Der Hund der Baskervilles (2002, TV) Zitat · Antworten

Wieder einmal gesehen und folgende Meinung gebildet:

"The Hound of the Baskervilles" (GB 2002)
mit Richard Roxburgh, Ian Hart, Matt Day, Richard E. Grant, Neve McIntosh, Geraldine James, John Nettles u.a.

Der Film aus dem Jahr 2002 ist wie eine frische Brise. Der BBC gelingt es nach antiquierten Versionen wie der Tom-Baker-Umsetzung erstmals seit Jahren, unvoreingenommen an den klassischen Stoff heranzugehen und neue Nuancen herauszuarbeiten. Puristen sträuben sich hierbei vielleicht ab und zu die Haare, doch in meiner Gunst liegt diese Verfilmung gleichauf mit der Basil-Rathbone-Adaption aus dem Jahr 1939. Verweilen wir gleich bei diesem Film, der übrigens die einzige Version ist, die der Hauptdarsteller Richard Roxburgh vor seinem Einsatz als Detektiv gesehen hat. Der größte Unterschied zwischen den beiden Filmen liegt wohl im Unterton, den sie vermitteln. Es beginnt bereits beim Verhältnis zwischen Sherlock Holmes und Dr. John Watson. Ian Hart legt seine Rolle sehr ernst an und zeigt uns einen Mann, der seinem Partner misstraut und dessen Handlungen nicht billigt. Diese spürbare Abneigung ist während des gesamten Films präsent. Die Originalgeschichte wurde vom Autor acht bis neun Jahre nach der ersten Begegnung der beiden Männer ("A Study In Scarlet") angesiedelt und rechtfertigt dieses Verhalten somit nicht. In manchen Szenen hat der Zuseher das Gefühl, Hart habe sich die "Studie in Scharlachrot" zum Vorbild für seine Interpretation genommen. In jener Geschichte finden wir auch die berühmte Charakterisierung der Kenntnisse des Detektivs ("Politics. -- Feeble.") Eine hübsche Stelle, wenn man sie liest; ein grausames Sich-Lustig-Machen jedoch, wenn es sich am Dinnertisch der Stapletons abspielt und somit dem Täter Gelegenheit gibt, sich noch überlegener zu fühlen ("You are no match for me!").

Die Rolle des Sherlock Holmes scheint modernisiert, greift aber dennoch einige Punkte auf, die durchaus den Gepflogenheiten des Detektivs entsprechen. Statt seiner Pfeife raucht Holmes Zigaretten, was durch die Vorlage belegt wird: "[Holmes] gähnte und warf sein Zigarettenende ins Feuer." Statt sich nach Dr. Mortimers Besuch jedoch zu einem Drei-Pfeifen-Problem zurückzuziehen, schließt Roxburghs Holmes die Tür und begibt sich mit Kokain geistig an den Schauplatz Dartmoor. Hier setzt die Kritik an, indem sie argumentiert, Holmes habe die Droge nur verwendet, wenn er sich langweilte und keinen Fall zu bearbeiten hatte. Man kann deshalb durchaus anführen, dass die beiden Szenen in den Film eingefügt wurden, um die düstere Seite von Sherlock Holmes zu zeigen und einem modernen Publikum Rechnung zu tragen.

Der erste Auftritt von Holmes und Watson erfolgt deshalb auch nicht in den Räumen der Baker Street, sondern im Türkischen Bad, das wiederum dem Wellness-Angebot heutiger Tage ähnelt und somit deutlich von der Deduktionsszene mit Dr. Mortimers Spazierstock abweicht. Der Besuch eines solchen Bades wird durch den Canon belegt ("Das Verschwinden der Lady Frances Carfax" und "Ein illustrer Klient"). Ein weiterer Vorwurf, der dieser Produktion gemacht wird, ist das Aussehen des Hauptdarstellers. Er ist blond und trägt weder Deerstalker noch Cape, was Puristen stutzig macht, gelten doch der junge Jeremy Brett und vor ihm noch Basil Rathbone als DIE Inkarnation des berühmten Detektivs. Was die Kopfbedeckung angeht, ist zu sagen, dass man in Viktorianischer Zeit niemals ohne Hut aus dem Haus ging, ob dies nun ein Zylinder, Bowler, Strohhut oder eine Mütze war, hing von der Situation ab.

Richard E. Grant, der den Schurken Jack Stapleton spielt, wird von einigen Kritikern als bessere Wahl für die Rolle des Holmes gesehen. Meiner Ansicht nach ist es ein Glücksgriff, dass wir mit Grant einen so brillanten Bösewicht bekommen, der ein würdiger Gegner für Holmes ist und zugleich Selbstüberschätzung, Fanatismus und List verkörpert. Es verwundert daher nicht, dass das Ende wesentlich abgeändert wurde und Stapleton seine Frau Beryl nicht einfach nur gefesselt zurückgelassen und aufs Moor geflüchtet ist, wo er vermutlich ertrunken ist, sondern, dass er in seiner Brutalität die einzige Mitwisserin tötet und auch Watson und Holmes zum Schweigen bringen will. Die Art und Weise der Inszenierung weist ein hohes Tempo auf, das beim ersten Sehen atemloses Staunen hervorruft. Der angeschossene Watson schafft es, sich aufzurappeln, Holmes aufs Moor zu folgen und aus einiger Entfernung Stapleton mit einem gezielten Kopfschuss zu erledigen. Da Sherlock Holmes derweil im Schlammloch gegen seinen Untergang kämpft, schluckt der Zuseher dies und hofft, dass die Schneider der Savile Row gute Arbeit geleistet haben. Auf die Qualität der britischen Textilbranche ist Verlass und so gelingt es Watson, seinen Partner zu retten. In der anschließenden Szene in Baskerville Hall sieht man die lädierten Herren mit Verbänden und in stummer Erschöpfung, während Holmes in James-Bond-Manier zu einem Drink greift und lakonisch von einem "ereignisreichen Weihnachtsfest" spricht. Man beachte, dass Watson bei der Rückfahrt nach London bereits keinen Verband mehr trägt, was entweder ein Regiefehler ist oder bedeuten soll, dass die Besucher aus der Baker Street noch einige Tage bei Sir Henry geblieben sind.

Die Computertechnik hat nicht nur den Höllenhund - der vor allem eine ausgehungerte Kreatur ist - hervorgebracht, sondern auch das Wetter. Wenn der Regen über die Rinnen des Herrenhauses tropft, wird dies schmerzlich bewusst. Die Atmosphäre der Gefahr wird nur durch die Weihnachtsfeier gegen Ende kurz unterbrochen, die jedoch vor allem dazu dient, den nachfolgenden Schrecken umso grausamer erscheinen zu lassen. Während die Gäste noch beim Tanzen sind, laufen im Hintergrund bereits die Vorbereitungen für den Schluss-Akt ab. Der schnelle Wechsel zwischen den Handlungsorten sorgt für Spannung und selbst auf eine ausführliche Erläuterung der Tatmotive muss nicht verzichtet werden. Im Gegensatz zur Basil-Rathbone-Umsetzung gibt es in dieser Verfilmung kein glückliches Ende: Holmes und Watson scheinen sich trotz der gemeinsam erlebten Gefahren nicht näher gekommen zu sein; Sir Henry bleibt traumatisiert zurück; Beryl und Jack Stapleton sind tot und Merripit House wird wohl so bald keine neuen Mieter finden. Die grandiose Filmmusik verabschiedet den Zuseher mit dem Gefühl, dass er eine zwar ein wenig unkonventionelle, jedoch sehr überzeugende Version des klassischen Stoffes gesehen hat, die von Spinnweben und Klischees befreit wurde, um der Geschichte neues Leben einzuhauchen.

Gubanov ( gelöscht )
Beiträge:

25.10.2009 21:20
#10 RE: Sherlock Holmes: Der Hund der Baskervilles (2002, TV) Zitat · Antworten

Dieser Einschätzung kann ich in keinem Punkt widersprechen. Interessant ist übrigens, dass die Fachliteratur von der 2002er-BBC-Adaption keineswegs so begeistert ist. Umso überraschter war ich, im kürzlich erworbenen Buch "The Mysterious World of Sherlock Holmes" folgendes Zitat über die Roxburgh-Version zu finden:

Zitat von Bruce Wexler: The Mysterious World of Sherlock Holmes
The BBC made a [...] serious adaptation of the book in 2002, starring Richard Roxburgh as Sherlock, and Ian Hart as an unusually sharp-witted and complex Watson. The BBC version was surprisingly successful, with a genuinely suspenseful and authentic atmosphere.


Zwar keine dem Film angemessene ausführliche Analyse, aber es ist schön, zu sehen, dass auch sherlockianische Buchautoren den frischen Geist der BBC zu schätzen wissen.

Gubanov ( gelöscht )
Beiträge:

01.12.2019 14:00
#11 RE: Sherlock Holmes: Der Hund der Baskervilles (2002, TV) Zitat · Antworten

Zwar ist die 2002er-Verfilmung des „Hunds“ noch relativ jung und modern, aber in meinem Player hat sie bereits einen angemessenen Klassiker-Status erreicht, um die vorweihnachtlichen Sherlock-Holmes-Festspiele einzuleiten:



Der Hund der Baskervilles (The Hound of the Baskervilles)

TV-Kriminalfilm, GB 2002. Regie: David Attwood. Drehbuch: Allan Cubitt (Romanvorlage, 1902: Sir Arthur Conan Doyle). Mit: Richard Roxburgh (Sherlock Holmes), Ian Hart (Dr. John Watson), Matt Day (Sir Henry Baskerville), John Nettles (Dr. James Mortimer), Neve McIntosh (Beryl Stapleton), Richard E. Grant (Jack Stapleton), Ron Cook (Barrymore), Liza Tarbuck (Mrs. Barrymore), Geraldine James (Mrs. Mortimer), Paul Kynman (Selden) u.a. Erstsendung (GB): 26. Dezember 2002. Erstsendung (BRD): 16. April 2006. Eine Produktion von Tiger Aspect Productions für BBC British Broadcasting Corporation und WGBH.

Zitat von Der Hund der Baskervilles
Sherlock Holmes und Dr. Watson erhalten in der Baker Street Besuch von Dr. James Mortimer, der ihnen von der alten Familienlegende der Baskervilles und ihrem Fluch, einem todbringenden schwarzen Hund, erzählt. Er wendet sich an die Detektive, damit diese nach dem mysteriösen Ableben von Sir Charles Baskerville nun dessen Erben Sir Henry beschützen, der womöglich ebenfalls ein unnatürliches Ende finden könnte. Dr. Watson begleitet den sorglosen Erben auf den Landsitz nach Dartmoor, wo das unheimliche Moor nicht die einzige Gefahr zu sein scheint ...


Sir Arthur Conan Doyles Roman ist keineswegs typisch für den gesamten Sherlock-Holmes-Kanon, verlässt er sich doch wesentlich weniger auf Deduktionen und mehr auf Schauereffekte als die meisten anderen Geschichten. Die Legende des Hundes, die ihre langen Schatten in eine scheinbar aufgeklärte Zeit wirft, in der die Menschen auf dem Land aber noch immer der Rauhheit der Umgebung ausgesetzt sind, ist ein faszinierendes Konglomerat aus Gespenstersage, realer Bedrohung und dem Reiz dessen, was sich womöglich noch ungesehen in den Weiten des nächtlichen Grimpen Mire verbergen möge. Und keine andere Adaption des Werkes schafft es so authentisch wie diese Umsetzung der BBC, dem windig-nasskalten Moor und dem historischen Baskerville-Anwesen ein Eigenleben zu verleihen. Die Aufnahmen fertigte man dabei nicht in Dartmoor an, wo Buch und TV-Film angesiedelt sind, sondern machte sich die schroffe Schönheit der Isle of Man zunutze, die jedoch aufgrund starker Winde auch die Drehs und vor allem die Tonaufnahmen merklich erschwerte.

Den Einstieg ins Geschehen bildet nicht die alkohol- und lustgeschwängerte Erzählung von Sir Hugo und auch nicht die betuliche Deduktion um Dr. Mortimers Spazierstock. Drehbuchautor Allan Cubitt wählte einen dritten Weg, den auch bereits Ernest Pascal als Adapteur der 1939er-Fassung mit Basil Rathbone gegangen war: eine Exposition im Gerichtssaal, die den Tod von Sir Charles Baskerville als Ausgangspunkt der Handlung aufwickelt, erste Eindrücke von Baskerville Hall sowie den Dorfbewohnern vermittelt und außerdem hilft, anschließend überlange Dialoge in der Baker-Street-Wohnung zu vermeiden. So bleibt David Attwoods Film dynamisch und rasant, bis sich die Handlung aufs Land verlegt, wo dann mehr Verschnaufpausen für eine höhere Stimmungsdichte sorgen. Aber auch spätestens ab dem Zeitpunkt, an dem die Nebenhandlung um den entlaufenen Sträfling an Fahrt aufnimmt und man weiß, von welcher Seite die Gefahr droht, knüpft der Film wieder an sein ursprüngliches Tempo an. Im Mittelteil sorgt zudem eine ebenfalls aus dem Rathbone-Film übernommene Séance-Szene für ein Mehr an Übernatürlichkeit sowie einen willkommenen zusätzlichen Schockeffekt.

Obwohl „Der Hund der Baskervilles“ bemüht ist, einer vielfach adaptierten Romanvorlage neue Aspekte abzugewinnen, kann man die Adaption dennoch als vorbildlich im Sinne der Vorlage bezeichnen. Insbesondere die düsteren Charakterschattierungen am Ende sowie die „Schwierigkeiten“ in der Beziehung zwischen Holmes und Watson passen gut zur Schwermut, die das Buch ebenfalls auslöst. Richard Roxburgh ist als Holmes eine unkonventionelle Wahl, tritt aber so selbstsicher und in jeder seiner Szenen auch punktgenau auf, dass sein blonder Haarschopf nun wirklich das geringste Problem an einer souveränen Detektiv-Performance darstellt. Vorlagenbedingt noch präsenter ist Ian Hart als Dr. Watson, der im Laufe der Handlung eine anrührende Freundschaft zu Sir Henry entwickelt, während er Holmes und dessen von Überlegenheit zeugenden Verheimlichungen äußerst kritisch gegenübersteht. Matt Day und Neve McIntosh kosten als romantisches Paar einige bittersüße Momente aus, während der aus „Midsomer Murders“ bekannte John Nettles und Ron Cook veritable Verdächtige markieren. Der letztlich als Täter entlarvte Hauptverbrecher zeichnet sich durch eine besonders diabolische Verhaltensweise aus und bildet damit ein kollossales Gegengewicht zu Holmes und Watson, wovon vor allem die Schlussszenen profitieren.

Ebenfalls stark ist nicht nur der künstliche Nebel im Finale, sondern auch die CGI-basierte Darstellung des Hundes, der in früheren Filmen oft jene Erwartungen, die die angsteinflößende Romanvorlage geweckt hatte, enttäuschte. Erstmals konnte die BBC die Möglichkeiten der Computeranimation für die Präsentation des „Höllenhundes“ nutzen, entschied sich aber wohlweislich gegen den vermutlich nur in Schwarzweiß-Produktionen ansprechenden Phosphor-Schleier, in den der mörderische Vierbeiner laut Conan Doyle gehüllt sein soll. Oftmals sieht man den Hund nur teilweise oder schemenhaft im Halbdunkel, erst am Ende zeigt er recht eindrucksvoll seine grässliche Fratze. Er reicht vielleicht nicht an die puritanische Einfachheit des Rathbone-Hunds heran, übertrifft die meisten anderen seiner Konkurrenten allerdings spielend.

Neben dem Hund, dem Moor und dem Wetter erweist sich noch ein weiterer Faktor als absolut stilprägend für die Atmosphäre der Produktion: die kraftvolle Musik von Rob Lane verleiht vielen Szenen zusätzliche Facetten – von Anspannung und drohendem Ungemach bis hin zu herb-malerischer Erhabenheit. In der Musik- sowie der Toneffektspur zeigt sich wie auch in der Ausstattung und Kostümierung eine besondere Aufmerksamkeit zum Detail, die diese Adaption von schlichter gestrickten Anläufen unterscheidet. Sie sorgt dafür, dass man auch bei wiederholten Sichtungen jeder Szene noch neue Details entlocken kann, zumal die Platzierung als Weihnachts-Special diesem „Hund“ einen garantierten Wiederseh-Faktor verleiht.

As you value good entertainment, keep your eyes on the moor. Was nur ein erneuter Anlauf in einer langen Reihe von Klassikeradaptionen hätte werden können, wurde von der BBC in der gewohnten Bilderbuch-Qualität ihrer Produktionen aus den frühen 2000er Jahren umgesetzt. Freunde des Klassikers werden durch zahlreiche Details ebenso angesprochen wie die etwas wagemutigere Fraktion, die sich an neuen Aspekten erfreuen kann. Einer davon ist die reizvolle Darstellung des Holmes-Watson-Duos. 5 von 5 Punkten für eine der ansprechendsten Adaptionen des Stoffes.

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