Sie sind vermutlich noch nicht im Forum angemeldet - Klicken Sie hier um sich kostenlos anzumelden Impressum 
Forum Edgar Wallace ,...



Sie können sich hier anmelden
Dieses Thema hat 7 Antworten
und wurde 1.121 mal aufgerufen
 Film- und Fernsehklassiker national
Percy Lister Offline



Beiträge: 3.589

22.10.2006 19:13
Ich kann nicht länger schweigen (1961) Zitat · Antworten

Nachdem ich in München unter anderem auch diesen Film auf DVD erstanden habe (von e-m-s, Reihe "Filmpalast-Kinohits von gestern") muss ich sagen, dass ich sehr angenehm überrascht bin. Ich habe von dem Film vorher noch nichts gewusst und ihn mir nur gekauft, da Charles Regnier hier eine tragende Rolle spielt. Aber dieses Gerichtsdrama ist ein echter Geheimtipp! Die Rollen sind mit bekannten Mimen wie Paul Klinger, Michael Verhoeven, Hans Nielsen und Eva-Ingeborg Scholz besetzt. Charles Regnier als prinzipientreuer Staatsanwalt, der nicht davor zurückschreckt, den eigenen Sohn anzuklagen, ist wieder einmal sehenswert. Gelungen finde ich auch die Ausstattung dieser DVD-Reihe (mit Booklet und Reprint des Originalfilmprogramms).

rainbow Offline




Beiträge: 1.597

22.10.2006 19:15
#2 RE: Ich kann nicht länger schweigen (1961) Zitat · Antworten

Das hört sich ja wirklich gut an, was kostet denn das gute Stück in ungefähr?

Percy Lister Offline



Beiträge: 3.589

22.10.2006 19:25
#3 RE: Ich kann nicht länger schweigen (1961) Zitat · Antworten

Also, ich habe bei "Saturn" in München 11,99 € bezahlt, sie dann aber in einer anderen DVD-Abteilung (Müller, Kaufhof oder Karstadt - weiß es nicht mehr genau) für 9,99 € gesehen.

rainbow Offline




Beiträge: 1.597

22.10.2006 19:44
#4 RE: Ich kann nicht länger schweigen (1961) Zitat · Antworten

Das ist ja ein echt humaner Preis - im Dezember ist bei mir ein wenig DVD-Shopping angesagt

Gubanov ( gelöscht )
Beiträge:

13.10.2013 20:32
#5 RE: Ich kann nicht länger schweigen (1961) Zitat · Antworten



Ich kann nicht länger schweigen

Arztdrama, BRD 1961. Regie: Jochen Wiedermann. Drehbuch: Felix Lützkendorf. Mit: Michael Verhoeven (Klaus Kampmann), Paul Klinger (Dr. Günther Behrens), Charles Regnier (Staatsanwalt Dr. Kampmann), Gisela Peltzer (Rechtsanwältin Dr. Maria Brunner), Hans Nielsen (Gerichtspräsident), Barbara Frey (Sabine Prohaska), Käthe Haack (Mutter Prohaska), Berta Drews (Frau Woitke), Brigitte Mira (Frau Ohl), Eva-Ingeborg Scholz (Eva Behrens) u.a. Eine Produktion der Hans Oppenheimer Film GmbH, Berlin. Uraufführung: 12. Januar 1962, Massenstart.

Zitat von Ich kann nicht länger schweigen
Nach dem Schmusen im Wald folgt das böse Erwachen: Die minderjährige Sabine Prohaska ist schwanger vom Jurastudenten Klaus Kampmann. Die beiden wissen nicht ein und aus und sehen keine Alternative, als das Kind abzutreiben. Wohlwissend, dass es sich um ein strafbares Vergehen handelt, wendet sich Sabine an einen Frauenarzt. Noch in der gleichen Nacht wird sie tot aufgefunden, verstorben an inneren Blutungen. Der Arzt, Dr. Behrens, findet sich auf der Anklagebank wieder.


Die Tatsache, dass es sich bei Jochen Wiedermann, der auch unter dem Namen Hans-Joachim Wiedermann arbeitete, um einen weniger bekannten Regisseur handelt, sollte nicht davon abschrecken, sich mit diesem kleinen Juwel des deutschen Problem- und Aufklärungsfilms zu beschäftigen. „Ich kann nicht länger schweigen“ unterscheidet sich insofern von seinen Genrekollegen, als der Film eine ungleich neutralere, ja beinahe progressive Stellung einnimmt und nicht davor Halt macht, bestehende Zustände und archaische Rechtfertigungsversuche für die scharfen Abtreibungsgesetze – serviert in Schmuckverpackung unter dem wenig anstößigen Namen Paragraf 218 – in aller Deutlichkeit anzugreifen oder zumindest in ein kritisches Licht zu rücken. Verdeutlicht wird nicht die Prinzipientreue und scheinheilige Argumentationswelt des Staatsanwaltes, sondern in erster Linie die sehr viel realeren Probleme und Ängste eines jungen Paares, dem es für ein Kind noch an Erfahrung und gesellschaftlicher Festigung fehlt.

Michael Verhoeven und Barbara Frey beeindrucken in naturalistischen Darstellungen, die vor großen Gefühlen nicht zurückschrecken, um auf diese Weise die Problematik der Rechtslage deutlichst vor Augen zu führen. Es scheint überhaupt nicht zu stören, dass ihre Beziehung die üblichen Effekte des Kolportagekinos genüsslich ausschöpft und von vornherein dazu angetan ist, das Publikum in eine bestimmte Richtung zu beeinflussen und eine gewisse Schmonzettenhaftigkeit auszustrahlen. Die beiden jungen Leute tragen den Film auch aus der zweiten Reihe des Vorspanns heraus – eine Art der Nennung, die gerade im Fall Verhoevens eine Frechheit darstellt. Paul Klinger, mit dem der Film beworben wird, bleibt in seinem Handlungsspielraum schließlich vergleichsweise eingeschränkt und Charles Regnier erwischte eine Rolle, in der er auch nicht im geringsten die Miene verziehen durfte. Die emotionale Kälte seiner Darstellung, in der er selbst gegen seinen eigenen Sohn Anklage erhebt, erstaunt und erschreckt den Zuschauer und liefert eine weitere Begründung für die Notwendigkeit des Schwangerschaftsabbruchs im Fall Prohaska / Kampmann.

Dass der Film in Berlin gedreht wurde, verrät nur die verantwortliche Produktionsfirma, die zum Teil auch für „Die weiße Spinne“ verantwortlich zeichnete. Die Aufnahmen aller Außenszenen vermitteln eine derartige Frische und Unbekanntheit, dass ich lange gerätselt habe, ob tatsächlich in der Hauptstadt gedreht wurde oder die Handlung doch woanders anzusiedeln ist. Dies ist umso bemerkenswerter, als der Kameramann Ekkehard Kyrath nach Wikipedia-Angaben während seiner Arbeit schwer erkrankte und durch einen Ersatz, den wohlbekannten Karl Löb, dessen Handschrift man kaum herauslesen kann, ausgelöst wurde.

Als gleichsam besonders vorhersehbar, besonders interessant und besonders enttarnend kann man freilich im Falle des Themenfelds, mit dem sich „Ich kann nicht länger schweigen“ befasst, die Kritik des Katholischen Filmdienstes auslegen, der charakterisierte:

Zitat von Zweitausendeins: Das Lexikon des Deutschen Films. „Ich kann nicht länger schweigen“.
Der Film breitet die Geschichten der Patientinnen als rein emotionales Plädoyer gegen das Abtreibungsverbot aus. Regie und Buch arbeiten mit der Holzhammermethode, lassen kaum ein Klischee aus und verschenken alle Möglichkeiten zu einer sachgerechten Auseinandersetzung. Resultat: eine peinlich oberflächliche Kolportagestory.


Engagiertes Drama um das Zerbrechen einer jungen Liebe an der Sturheit der Gesetze, verbunden mit einem verhaltenen Aufschrei nach Humanität, der sich vor allem in den intensiven Jungschauspielerleistungen ausdrückt. Wie in der Denke des Streifens spielt das Neue das Etablierte an die Wand und schafft damit neue Blicke auf eingespielte Situationen. 5 von 5 Punkten.

PS: Eine überaus lohnenswerte Zusammenfassung zum Film und zur geschilderten Problematik findet sich unter diesem Link. Ich empfehle Neugierigen eine Lektüre vorab, denn der Text vermittelt einen akkuraten Eindruck von der Produktion, die nicht mit dem Strom schwimmt und dennoch nicht völlig auf ein Umstürzen des damaligen Status Quo gebürstet ist.

Percy Lister Offline



Beiträge: 3.589

20.10.2013 14:24
#6 RE: Ich kann nicht länger schweigen (1961) Zitat · Antworten



BEWERTET: "Ich kann nicht länger schweigen" (Deutschland 1962)
mit: Paul Klinger (Dr. med. Günther Behrens), Michael Verhoeven (Klaus Kampmann), Barbara Frey (Sabine Prohaska), Charles Regnier (Dr. jur. Kampmann, Staatsanwalt), Hans Nielsen (Gerichtspräsident), Gisela Peltzer (Dr. jur. Brunner, Rechtsanwältin) Käthe Haack (Mutter von Sabine), Eva Ingeborg Scholz (Frau Behrens), Berta Drews (Frau Woitke), Brigitte Mira (Patientin), Albert Bessler (Sachverständiger) u.a. | Drehbuch: Felix Lützkendorf | Regie: Jochen Wiedermann

Zitat von Inhaltsangabe vom Booklet zu 'Ich kann nicht länger schweigen'
Die junge Sabine Prohaska ist ungewollt schwanger und entscheidet sich schweren Herzens zur Abtreibung. Doch der Arzt Dr. Behrens verweigert den Eingriff. Völlig verzweifelt wendet sie sich an Frau Woitke, die mit fragwürdigen Methoden eine illegale Abtreibung durchführt. Sabine stirbt und die Polizei findet bei Sabines Leiche eine Serviette mit Dr. Behrens' Adresse. Der schuldlose Arzt landet schließlich vor Gericht...




Im Mittelpunkt der Geschichte steht weniger der etablierte Paul Klinger, als die nächste Generation: Michael Verhoeven und Barbara Frey. Ihre Freuden, Sorgen und Ängste dominieren die Handlung; ihre Entscheidung, vermutlich die wichtigste, die ein Paar im Leben treffen muss, wirft Fragen und Diskussionen auf und zieht juristische Folgen nach sich. Untypisch für einen Film seiner Zeit, der sich zu großen Teilen im Gerichtssaal abspielt, ist der Aspekt, dass nicht der Angeklagte, sondern die Verursacher des Prozesses im Zentrum stehen. Durch die Kameraführung stehen immer andere im Blickpunkt: die engagierte Verteidigerin, der emotionslose Gerichtspräsident, der vor allem auf Einhaltung der Disziplin beharrt und der Staatsanwalt, den weniger die Verfehlungen der Bürger stören, als die Verstöße gegen das Gesetzbuch, das in seinen Augen das Nonplusultra einer Zivilgesellschaft ist. So wertet er zum Beispiel den Strafbestand der Vergewaltigung geringer als einen illegalen Eingriff. Die drei Rollen sind den Erwartungen des Publikums entsprechend treffend besetzt worden, wobei nur Gisela Peltzer für frischen Wind sorgt. Ihre kluge Rechtsanwältin spielt nicht auf der Klaviatur der Gefühle, wie vielleicht im Umfeld der Sechziger Jahre vermutet werden könnte, sondern setzt geschickt Schachzug um Schachzug, um ihren Mandanten zu entlasten. Hans Nielsen wirkt routiniert und hat von den dreien die undankbarste Rolle. Nur einmal kann er aus seiner Beobachterposition ausbrechen. Charles Regnier als Vollstrecker der Legislative erlaubt sich keine Abweichung von der Norm. Sein Beruf ist ihm Berufung, er hat den Staatsanwalt auf alle Ebenen seines Lebens übertragen, was seinen Sohn an den Rand drängt und in seinen Augen bedeutungslos erscheinen lässt. Tatsächlich haben wir es mit Michael Verhoeven mit einem Mann zu tun, der Verantwortung kennt. Er richtet sie jedoch nicht an den Maßstäben von Leistung und Gehorsam aus wie sein Vater, sondern baut auf Hilfsbereitschaft und Verständnis. Das brisante Thema und seine kontroversen Positionen sorgt damals wie heute für Aufmerksamkeit.

Zitat von Rüdiger Dingemann und Renate Lüdde: Unsere besten Jahre 50er und 60er, Bucher Verlag München 2011, S. 64/65
Eine frühe Schwangerschaft bedeutete für manche Schülerin die Verweisung von der Schule und gesellschaftliche Ächtung. Doch die teure Anti-Baby-Pille war für Unverheiratete gar nicht so leicht zu bekommen. (...) Es war eigentlich keine Überraschung, dass sich das damalige Oberhaupt der römisch-katholischen Kirche, Papst Paul VI., gegen die "Pille" aussprach, wie es hier der "SPIEGEL"-Titel (8/1964) dokumentiert. Bis heute gilt das Verbot, auch für die Verwendung von Kondomen.


Der Film zeigt ein einfaches Paar, das sich mag - bürgerliche junge Leute, die studieren und arbeiten und weder zu den sogenannten "Halbstarken" zählen, noch anderweitig auffällig sind. Das Bild einer verführerisch den Kopf zur Seite neigenden Barbara Frey, die einen sprachlos wirkenden Michael Verhoeven anlächelt, vermittelt auf dem Cover der DVD zwar den Eindruck, als habe die angebliche femme fatale leichtfertig gehandelt, doch dem ist nicht so. Vielmehr fürchtet Sabine die immer präsente Gefahr einer ungewollten Schwangerschaft, die ihr und ihren Geschlechtsgenossinnen stets im Hinterkopf bleibt - während der Mann seine Neigungen in diesem Punkt weitaus sorgloser ausleben kann. Verhütung, Abtreibung und die Entscheidung für oder gegen Nachwuchs ist immer noch primär die Aufgabe der Frau; nicht selten muss sie sich dabei aber vor ihrem Umfeld rechtfertigen. "Ich kann nicht länger schweigen" beleuchtet in menschlicher Weise den Alltag eines Paares, das genau mit diesen Fragen konfrontiert wird und dessen persönliche Entscheidung öffentlich gemacht und beurteilt wird. Der Regisseur war klug, das Ende offen zu lassen. Weder eine Versöhnung, noch ein Freispruch oder eine Verurteilung verhindern die Botschaft an den Zuseher, die Handlung zu reflektieren. Ein wichtiger Film, der leider ein wenig in Vergessenheit geraten ist.

5 von 5 Punkten.

Prisma Offline




Beiträge: 7.591

20.10.2013 19:56
#7 RE: Ich kann nicht länger schweigen (1961) Zitat · Antworten



ICH KANN NICHT LÄNGER SCHWEIGEN (1961)

mit Michael Verhoeven, Barbara Frey und Paul Klinger
Charles Regnier, Gisela Peltzer, Ursula Heyer, Käthe Haack, Eva Ingeborg Scholz, Berta Drews und Hans Nielsen
eine Produktion der Hans Oppenheimer Film im Verleih der Nora
ein Film von Jochen Wiedermann





»Meine Tochter war ein anständiges Mädchen!«


Das junge Liebesglück der siebzehnjährigen Sabine Prohaska (Barbara Frey) und ihrem Freund, dem Jurastudenten Klaus Kampmann (Michael Verhoeven) wird durch eine ungewollte Schwangerschaft getrübt, denn die schönste Sache der Welt stellt beide plötzlich vor schwerwiegende, gesellschaftliche Probleme, so dass das junge Paar letztlich keine Möglichkeit sieht, das Kind zu bekommen. Sabine wendet sie sich an den Gynäkologen Dr. Günther Behrens (Paul Klinger), der einen Schwangerschaftsabbruch durchführen soll, diesen illegalen Eingriff allerdings verweigert. In ihrer Verzweiflung sucht Sabine nach einer Lösung und landet schließlich bei einer Kurpfuscherin namens Woitke (Berta Drews), die die Abtreibung vornimmt. Sabine erleidet tödliche innere Verletzungen und ihre Leiche wird in einem Park aufgefunden. Die Spur führt zu Dr. Behrens, dessen Adresse man in der Tasche der Toten sicherstellen konnte. Der Frauenarzt muss sich nun vor Gericht verantworten...

Nach den sehr aussagekräftigen Besprechungen hier bekam ich das Gefühl, dass ich zu diesem bemerkenswerten Film auch nicht mehr länger schweigen kann. Dieses Gesellschafts-/Justiz-Drama des mir vollkommen unbekannten Regisseurs Jochen Wiedermann befasst sich mit einem damals hochbrisanten Thema, und er inszenierte diese Geschichte sehr glaubhaft und authentisch. Auf ein paar wenige, unbeschwerte Episoden des Zusammenseins des jungen Paares folgt im Handumdrehen ein durchgehend trostloser Grundtenor, der die Geschichte prägen, wenn nicht sogar rücksichtslos dominieren wird. Eigentliches Glück wird ausgebremst durch gesellschaftliche Konventionen und massive Ängste, und bei der Darstellung der schwierigen Thematik beweist die Regie ein äußerst gutes Fingerspitzengefühl und appelliert an die Empfindlichkeit des Zuschauers. Im Fokus steht neben all der Dramatik einmal mehr Justitia und deren unnachgiebige Vollstrecker im Sinne von selbstgefälligen Floskeln wie Recht und Ordnung. Persönliche Schicksale können daher keine Berücksichtigung finden und das Suchen nach Einsicht und Umdenken wird kompromisslos und unerbittlich abgeschmettert. So findet sich ein Arzt am Pranger wieder, der offensichtlich nur nach bestem Wissen und Gewissen gehandelt hat. Die Zwickmühle besteht allerdings darin, dass es hier angesichts des eigenen Gewissens und dem Achten von Gesetzen kein richtiges Handeln geben kann. Bei der Verhandlung erheben Richter und die Staatsanwaltschaft schwerwiegende Anklagen und Zeigefinger, aber der Ursprung der Empörung ist primär nicht das Missachten eines namenhaften Paragrafen, sondern man stößt sich einfach nur an der Tatsache, dass 1) Minderjährige, 2) unehelichen, 3) Geschlechtsverkehr hatten, die eben nicht vor hatten, ein Kind zeugen zu wollen. Die Verwicklung des Arztes in diese Angelegenheit ist in diesem Zusammenhang wie ein gefundenen Fressen und man möchte ein Exempel statuieren.

Die jungen Protagonisten Barbara Frey und Michael Verhoeven geben ihren dargestellten Personen sehr viel Tiefe und Glaubwürdigkeit mit in die Arena. Dabei ist es beachtlich, wie authentisch die Palette der Emotionen den Verlauf prägt und den Zuschauer anspricht. Eigentlich müsste man doch glücklich sein, doch groteskerweise ist das genaue Gegenteil der Fall. In den versteinerten Mienen sieht man Verzweiflung und Ratlosigkeit, in den bedrückenden Worten hört man Resignation heraus. Die beiden Jung-Darsteller bilden eine perfekte Negativ-Einheit und lassen eigentlich nie einen Zweifel aufkommen, dass man in diesem Verlauf kein Licht mehr am Ende des Tunnels sehen wird. Die Repräsentanten der Justiz bilden mit Charles Regnier, Gisela Peltzer und Hans Nielsen ein interessantes Dreiergespann, welches im Tauziehen zwischen Unerbittlichkeit und Verständnis sehr gute Akzente setzen wird. Auch die geladenen Zeugen mit Käthe Haack oder Eva Ingeborg Scholz wirken hervorragend als Kontraste, die quasi um Verständnis flehen, obwohl hier nie ausgeräumt werden kann, dass es sich vor dem Gesetz um Straftaten handelt. Dann wäre da noch der Angeklagte Dr. Behrens, den Paul Klinger großartig darzustellen wusste. Seine Rechtfertigungen wirken wie Plädoyers und Aufrufe, endlich aufzuwachen und sich nicht weiterhin hinter leeren Worthülsen zu verstecken. Insgesamt ist es der Todesfall der das Szenario nachhaltig erschüttert, da er nicht hätte sein dürfen. Die verständnislosen Reaktionen und Schuldzuweisungen des Gerichts lassen daher beinahe den Eindruck entstehen, dass hier indirekt potentielle Todesurteile gesprochen werden. Die Stilmittel der Produktion funktionieren hervorragend, es tauchen immer wieder Szenen des Glücks als kleine Hoffnungsschimmer auf, doch gezeigt wird nur das Glück der anderen, wenn man beispielsweise eine Mutter mit Kinderwagen, oder ein Pärchen eng umschlungen auf ihrem Roller vorbeifahren sieht. Auch die Wahl der Rückblenden gibt einen entscheidenden Schliff und fügt den Stoff aussagekräftig zusammen. Was soll man sagen? Sicherlich gibt es noch viel mehr zu sagen! Der Film ist durchgehend eine dichte Studie geworden, die schließlich nachdenklich stimmt und den Zuschauer nicht unbeeindruckt zurücklassen kann. Absolut empfehlenswert.

Prisma Offline




Beiträge: 7.591

21.10.2013 10:34
#8 RE: Ich kann nicht länger schweigen (1961) Zitat · Antworten



Da der eigenartige Vorspann und andere Quellen ja nichts hergeben noch eine Frage an alle die den Film gesehen haben oder etwas auf dem Screenshot erkennen können. Handelt es sich bei der Rolle der Frau Reiner (die Frau die man nur durch Dr. Behrens' Schilderungen in Rückblenden sieht und die im Operationssaal verstirbt) um Hilde Sessak? Eigentlich bin ich mir ja ziemlich sicher, aber ich habe sie doch irgendwie anders in Erinnerung.

 Sprung  
Xobor Einfach ein eigenes Forum erstellen
Datenschutz