´ Übrigens hatte der schottische Folksänger Nigel Denver dem 2013 im Alter von 81 Jahren verstorbenen Boss der Bande - Bruce Reynolds, im Film von Horst Tappert verkörpert - 1967 ein Lied gewidmet, welches damals von den britischen Radiosendern häufig gespielt wurde. Reynolds stand zu der Zeit - ein Jahr vor seiner Festnahme - auf allen Fahndungslisten weltweit ganz oben
Zu finden ist der Song auf dem Decca-Album Rebellion!. Unten im Bild die originale englische Monopressung, 51 Jahre alt.|addpics|7mg-q-18a1.jpg,7mg-r-ba38.jpg,7mg-s-f401.jpg|/addpics|
Darsteller: Horst Tappert, Günther Neutze, Siegfried Lowitz, Hans Cossy, Grit Böttcher, Karl-Heinz Hess, Hans Reiser, Rolf Nagel, Wolfgang Weiser, Harry Engel, Wolfram Schaerf, Paul Edwin Roth, Kai Fischer, Dirk Dautzenberg u.a.
"Die Gentlemen bitten zur Kasse", ein TV-Dreiteiler, der auf dem legendären Postraub aus dem Jahre 1963 beruht, gehört mit Sicherheit zu den vielen Perlen des bundesdeutschen Fernsehkriminalfilms der 1960er-Jahre. Bereits in den ersten Minuten entsteht eine behagliche Atmosphäre, wenn Sprecher Hans-Günther Martens die "Gentlemen" mit süffisantem Unterton einführt. Echte "Gentlemen" sind im Grunde nur Horst Tappert und Hans Cossy und es kommt gewiss nicht von ungefähr, dass diese beiden sich letzten Endes aus der Affäre zu ziehen wissen. Geschickt wird der Kontrast zwischen den beiden Anführern Donegan, gespielt von Horst Tappert, und Arrow, verkörpert von Günther Neutze, dramaturgisch genutzt. Donegan ist kultiviert, intelligent und diszipliniert. Er ist für die generalstabsmäßige Planung des Coups zuständig und man kann als Zuschauer seine Verärgerung nachfühlen, wenn die ungehobelten Vertreter unter den "Gentlemen", allen voran die "Fulham-Boys", ein ums andere Mal das Unternehmen mit ihrer Leichtsinnigkeit gefährden. Weniger zimperlich und primär am schnellstmöglichen Gewinn interessiert zeigt sich Arrow, was naturgemäß zu regelmäßigen Reibungen zwischen den beiden Köpfen sorgt. Tappert und Neutze sind auch diejenigen, die dem Film schauspielerisch ihren Stempel aufdrücken. Mancher Akteur unter den Gentlemen erscheint austauschbar, weshalb mir die Besetzung bis in die Nebenrollen einige Jahre seit der letzten Sichtung auch nicht mehr bekannt war. Eine naheliegende Wahl für die Rolle des die Gentlemen jagenden Ermittlers war aufgrund seiner Wallace- und Durbridge-Reputation natürlich Siegfried Lowitz, der gewohnt souverän agiert. Ein herrlicher Moment ist die Verhaftung Arrows, bei der er diesen beim Liebesspiel mit einer Frau belauscht und auf den Vergleich Arrows mit einem Wolf durch die "Dame" Lowitz zu seinem Kollegen augenzwinkernd meint, jetzt müssten sie eingreifen, ansonsten sei Arrow später noch zusätzlich wegen Kanibalismus zu verhaften.
Stolze 235 Minuten dauert der Dreiteiler und aus heutiger Sicht hat der Film spätestens bei wiederholter Sichtung sicher einige Längen, vor allem im dritten Teil. Das immer wieder herausgezögerte Ende verlangt vom Betrachter Geduld. Der erste Teil sowie der zweite verlaufen dagegen recht flüssig. Der Raub selbst ist für einen TV-Film seiner Zeit durchaus professionell inszeniert und braucht sich vor der Umsetzung in "Zimmer 13" nicht verstecken. Den Regiewechsel von Olden auf Witt merkt man dem Endprodukt nicht an, zumal wie sich aus den obigen Postings ergibt nicht chronologisch gedreht wurde, die Längen im dritten Teil somit nicht Witt allein angelastet werden können. Aufgewertet werden die "Gentlemen" schließlich durch die teilweise in England gedrehten Szenen.
Die zur Kasse bittenden "Gentlemen" genießen zu Recht einen exzellenten Ruf. Vor allem Horst Tappert überzeugt als Kopf der Bande durch Präsenz und Charisma, Günther Neutze bietet ein passendes Gegenstück. Die Inszenierung bewegt sich trotz Regiewechsels auf gutem Niveau, wenngleich der dritte Teil nicht ohne Längen ist. 4,5 von 5 Punkten.
Kleiner Nachtrag zu meiner Besprechung: Was hat es eigentlich mit der "Kino-Fassung" auf sich, die der Straßenfeger-DVD als Bonus beiliegt?
Über diesen Satz bin ich soeben noch gestolpert. Ob er immer noch seine Gültigkeit hat?
Zitat von Gubanov im Beitrag #9Ich würde behaupten, dass dies die Rolle ist, in der mir Tappert am besten gefällt, denn ansonsten mag ich ihn eher weniger.
Die Besprechung ist von 2008 und mit den "Derrick"-Sichtungen habe ich erst 2011 begonnen ("Erst" 2011? Um Himmels willen, ist das schon wieder eine Ewigkeit her!). Tatsächlich war ich bei meinen Sichtungen von "Derrick" und "Der Alte" von Anfang an perplex über ihre beiden Hauptdarsteller, denn während ich Tappert früher unnahbar und flapsig fand, mochte ich Lowitz von seinen Wallace-Rollen her sehr. Mit ihren Fernsehermittler-Rollen drehte sich das dann genau auf den Kopf. Auf einmal mutierte Tappert zum ausgewogenen Sympathieträger und Lowitz zum störrischen Ekelpaket (auch wenn diese Einschätzungen zu Derrick und v.a. Köster, wie ich immer wieder lese, nicht zu verallgemeinern sind, aber ich empfinde es so).
Ich nehme mir seit mindestens zwei Jahren in regelmäßigen Abständen vor, "Die Gentlemen bitten zur Kasse" neu zu sichten und diesbezüglich die neuen Eindrücke zu den Schauspielern mit einfließen zu lassen. Gerade das Duell zwischen Lowitz als Inspektor und Tappert als cleverstem aller Postzugräuber wird sicher ein Schmankerl für mich werden - aber auch das prominente Mitwirken von Günther Neutze, mit dem mich dank diverser TV-Krimis mittlerweile eine solide Hassliebe verbindet. In den "Gentlemen" ist er immerhin noch nicht so abgewrackt wie in späteren Rollen ...
Zur Kinofassung kann ich nichts sagen, aber im Februar 2018 erschien auch eine Hörspielfassung der "Gentlemen" auf CD, in der abermals Horst Tappert die Hauptrolle übernahm. Ich dachte daher zunächst, dass es sich um eine Neuauflage des O-Ton-Hörspiels aus der Fernsehproduktion handelt, doch es ist eine eigenständige Inszenierung von 1968, die kurioserweise nur 50 Minuten läuft. "Gentlemen condensed", sozusagen.
Zitat von Ray im Beitrag #35Was hat es eigentlich mit der "Kino-Fassung" auf sich, die der Straßenfeger-DVD als Bonus beiliegt?
Ein 110-minütiger Zusammenschnitt der TV-Serie wurde damals als Kino-Fassung für das Ausland erstellt. Diese Leinwandversion lief 1967 in Frankreich, Italien, Spanien und weiteren Ländern. 1969 kam diese Fassung unter dem Titel "Der große Postraub" (Verleih: Nora) auch in die deutschen Kinos.
Hat sich jemand schonmal die Kino-Fassung angesehen? Es fehlt ja immerhin fast die Hälfte. Wäre ja interessant, ob die "Gentlemen" auch mit halber Laufzeit noch funktionieren. Habe eben die Kino-Fassung mal kurz reingelegt. Sie ist mit englischen Credits versehen. Was man definitv sagen kann, ist, dass die Bildqualität wesentlich besser ist. Links ist kein grüner Strifen und das Bild ist deutlich schärfer.
Hallo, erstmal bin ich hellauf begeistert, dass es zu meinem absolutem Lieblingskrimi einen so anregenden Austausch gibt und ich habe wieder etwas Hoffnung geschöpft an die Doku zu diesem Film zu gelangen: Die Gentlemen baten zu Kasse. Nach der letzten Ausstrahlung bei Arte im August 2017 habe ich erst davon erfahren, seit dem lief sie leider nirgends mehr und ich finde sie auch nicht im Netz. Hat sie evtl mal jemand aufgenommen oder einen Tipp, wie ich an sie heran kommen kann? Ich habe eine Freundin im Studio Hamburg gefragt und mich an Arte gewandt, ohne Erfolg. Liebe Grüße Anna
wenn dich die "Gentlemen" so begeistern, findest du hier im Forum sicher auch noch diverse andere Diskussionen zu TV-Filmen, die du magst. Ich habe die von dir angesprochene Doku leider auch nicht mitbekommen. Hört sich aber spannend an. Vielleicht hat sie damals tatsächlich jemand aufgezeichnet?