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Dieses Thema hat 97 Antworten
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DanielL Offline




Beiträge: 4.185

20.07.2020 20:35
#76 RE: Bewertet: BEW - "Das siebente Opfer" (7) Zitat · Antworten

Zitat von Fabi88 im Beitrag #75
Es besteht die Möglichkeit, dass 1:1,66 das intendierte Format war und im Kino abgekascht wurde.


Wenn man sich die Bildausschnitte von Richard Angst mal anschaut, kann man das wohl ausschließen.

Gruß,
Daniel

Der Mönch mit der Peitsche Offline



Beiträge: 476

19.02.2021 19:34
#77 RE: Bewertet: BEW - "Das siebente Opfer" (7) Zitat · Antworten

"Das siebente Opfer" - Deutscher Kriminalfilm von 1964, mit Hansjörg Felmy, Harry Riebauer, Hans Nielsen, Wolfgang Lukschy, Walter RIlla, Ann Smyrner, Edgar Wenzel, Trude Herr und vielen, vielen anderen

Musik: Raimund Rosenberger

Regie: Franz-Josef Gottlieb


Morde im Reitstall-Milieu...zugegeben eine sehr interessante und erfreuliche Abwechslung, es müssen ja nicht immer nur sehr schöne alte Schlösser ( wenn auch indirekt eines vorkommt...Schloss Mant ) sein!!!.

Ein Mörder mordet sich sehr einfallsreich durch die ganze Ahnengalerie einer Schloßfamilie, die im Reitsport-Milieu tätig ist, die Morde werden sehr effektvoll meist mit schaurig-schönen Klängen von Raimond Rosenberger in Szene gesetzt, der hier, zum zweiten Male, nach dem "Henker" die Musik dazu beisteuern durfte, dieser, sein zweiter Einsatz gefiel mir bedeutend besser als noch im "Henker"!!!.

Der Score vom "Opfer", ist einfach geil ( er wurde erst später wieder entdeckt, denn in einer 1993 Fassung... - da lernte ich den Film durch das "ZDF" kennen - fehlte er noch, der Vorspann lief musiklos...was mich damals schon sehr wunderte, denn ich war immer die sehr schön-schaurige Musik der tollen Filme gewohnt )!!!.

Die Geschichte ist sehr gut in Szene gesetzt, wie man es von einem BEW oder EW-Film gewöhnt ist und auch erwarten kann!!!.
Das Motiv ist nur wieder einmal sehr einfallslos...denn es geht, wie immer um die liebe "Knete" wodurch ein Mensch zum Verbrecher wird, aber das Thema "Knete" eignet sich anscheinend eben am BESTEN zum Mordthema!!!.

In der Besetzung finden sich hier auch mal Namen wieder, die man sonst eigentlich nicht aus BEW oder EW-Filmen her kennt, wie Helmuth Lohner, Peter Vogel, Trude Herr, Rolf Eden etc.!!!.

Zu ihnen gesellen sich die schon altbekannten und krimierprobten Größen wie, Hansjörg Felmy, Harry Riebauer ( wie toll ), Walter Rilla, Hans Nielsen, Wolfgang Lukschy, Friedrich Georg Beckhaus etc. !!!.

Harry Riebauer als undurchsichtiger Tierarzt...einfach klasse...undurchsichtige Rollen liegen meinem Lieblingsschauspieler einfach!!!.

Hansjörg Felmy ist auch nicht schlecht, aber gemessen von seinen Auftritten im "Ungeheuer" ( sein BESTER ) und dem "Henker" ( mit "Ungeheuer" vergleichbar ), sein schwächster in der BEW-Reihe!!!.

Besetzungsmäßig eingewöhnen mußte ich mich hier besonders an Trude Herr, denn mit ihr konnte ich in einem ernsten Krimi als Rolle der "Diätschwester" ( eine Diät hätte ihr auch gut getan ) zunächst sehr wenig anfangen, aber nach 3-4 maliger Sichtung fand ich sie ganz okay in der Rolle...eine andere Schauspielerin hätte vielleicht auch nicht gut gepasst in dieser Rolle...aber vielleicht wäre noch Ilse Page in der Rolle sehr gut gewesen, da ihr Humor ( sie war aber leichter wie Trude Herr, erst später erreichte Page auch fast dessen Gewicht ) so in etwa vergleichbar mit derer von Herr, wie ich finde, gewesen war!!!.

Peter Vogel als Butler fand ich ganz lustig, er spielte die Rolle sehr gut, er war eine perfekte Besetzung, wie ich fand!!!.

In kleinen ( sprachlosen, nur mit kurzen Einblendungen...) Nebenrollen agierten Werner Peters ( auf der Party ) und Dieter Borsche ( in der "silbernen Peitsche" )!!!.

Rolf Zacher ist als Kellner ( !!! ) in einer seiner ersten Rollen überhaupt, zu sehen!!!.

Als Inspektor ist hier Heinz Engelmann zu sehen, eine sehr abwechslungsreiche und sehr gute Wahl, denn Engelmann hatte ja auch schon Krimierfahrung mit dem "Gasthaus" und seinen "Stahlnetz"-Auftritten, er spielte dort auch immer den Kommissar!!!.

Ebenfalls in einer kleinen, aber feinen Rolle, der damals noch sehr unbekannte Schauspieler Matthias Grimm ( 1943 - 2020 ) als "Trompeter" der gleich am Anfang ermordet wird, weil er dem Lord einiges erzählen wollte, was aber verhindert wurde!!!.

Er war auch der Mann von Renate Pichler ( 1937 - 2019 ) gewesen...beide spielten viel in Krimiserien aus Hamburg zusammen mit, wie "Polizeifunk ruft" und "Hamburg Transit" etc.!!!.
Ebenso waren sie sehr viel bei meinem Lieblings-Hörspiel-Label "EUROPA" vertreten!!!.

Die Stimme des Mörders hat man ( im Gegensatz zum "Würger" ) aber sehr schlecht vertuscht, denn sie wird nicht durch einen anderen Sprecher ( wie auch beim "Frosch", "Kreis" etc. ) gesprochen, sondern nur etwas tiefer gestellt, man weiß aber sofort, wer der wirkliche Mörder und Drahtzieher der Geschichte ist!!!.

Der Gag ( oder war es keiner ) am Ende, als Peter Vogel vermeintlich Trude Herr erschoss ( oder nicht ) und dann sagte: "Oh, dass siebente Opfer"...war sehr toll in Szene gesetzt, man weiß aber, wie gesagt, nicht, ob er wirklich oder nicht, Trude Herr zum Engel gemacht hatte!!!.

Aber alles in allem überzeugte auch dieser tolle BEW-Krimi, dank der tollen Darsteller, der spannenden Geschichte und des grandiosen Soundtracks ( der BESTE von Rosenberger...später auch beim "silbernen Dreieck" noch verwendet ) von Raimond Rosenberger!!!.

auch hier...5/5 Sterne

Lord Low Offline




Beiträge: 747

07.10.2021 23:16
#78 RE: Bewertet: BEW - "Das siebente Opfer" (7) Zitat · Antworten

Wo wurden denn die Außenaufnahmen des Schlosses gedreht?

Blacky81 Offline



Beiträge: 59

10.07.2024 08:00
#79 RE: Bewertet: BEW - "Das siebente Opfer" (7) Zitat · Antworten

Ich glaube die Aussage Peter Vogels am Ende mit bezieht sich darauf, dass Trude Herr, wenn auch indirekt, das siebte Opfer des Reverends ist. Der Jockey, der beim Sturz vom Pferd verunglückt ist, geht ja auf Ed Ranovas Konto.

Count Villain Online




Beiträge: 4.689

28.07.2024 01:06
#80 RE: Bewertet: BEW - "Das siebente Opfer" (7) Zitat · Antworten

Zitat von Blacky81 im Beitrag #79
Ich glaube die Aussage Peter Vogels am Ende mit bezieht sich darauf, dass Trude Herr, wenn auch indirekt, das siebte Opfer des Reverends ist. Der Jockey, der beim Sturz vom Pferd verunglückt ist, geht ja auf Ed Ranovas Konto.


Die Idee wäre gut, aber Molly ist weder direkt noch indirekt ein Opfer von Falconetti, sondern wird direkt von Irving erschossen. Ich kann immer noch nicht verstehen, dass man so einen dämlichen Schlussgag eingebaut hat. Außerdem geht der Trompeter ebenfalls auf Ranovas Rechnung (in einer Szene zu seinem Bruder: "sonst geht es dir wie der Trompete").

Blacky81 Offline



Beiträge: 59

30.07.2024 11:12
#81 RE: Bewertet: BEW - "Das siebente Opfer" (7) Zitat · Antworten

Gut möglich. Aber die Aussage Ranovas an seinen Btuder muss nicht zwingend bedeuten, dass er den Trompeter getötet hat. Obwohl es natürlich plausibler wäre, das der Trompeter von der Manipulation Ranovas wusste als von den Plänen des Reverends.

Savini Offline



Beiträge: 905

30.07.2024 12:05
#82 RE: Bewertet: BEW - "Das siebente Opfer" (7) Zitat · Antworten

Zitat von Blacky81 im Beitrag #81
Gut möglich. Aber die Aussage Ranovas an seinen Btuder muss nicht zwingend bedeuten, dass er den Trompeter getötet hat. Obwohl es natürlich plausibler wäre, das der Trompeter von der Manipulation Ranovas wusste als von den Plänen des Reverends.

Eigentlich ist die Sache nur so schlüssig, da Guiseppe ja meint, es sei doch nicht seine Schuld gewesen, dass der Trompeter "pfeifen wollte", worauf Eduardo sagt: "Du hast gequatscht, und er wollte daraus ein Geschäft machen!"
Also kann man davon ausgehen, dass der Musiker entweder von Eduardo Ranova persönlich oder auf dessen Anweisung hin zum Schweigen gebracht wurde.

Count Villain Online




Beiträge: 4.689

30.07.2024 13:21
#83 RE: Bewertet: BEW - "Das siebente Opfer" (7) Zitat · Antworten

Ich sehe schon, das Rätsel der sieben Opfer wird wohl ebenso auf ewig ungelöst bleiben wie der Darsteller des Organisten im Fälscher.

Fabi88 Offline



Beiträge: 4.068

05.11.2024 14:35
#84 RE: Bewertet: BEW - "Das siebente Opfer" (7) Zitat · Antworten

Zitat von DanielL im Beitrag #76
Zitat von Fabi88 im Beitrag #75
Es besteht die Möglichkeit, dass 1:1,66 das intendierte Format war und im Kino abgekascht wurde.


Wenn man sich die Bildausschnitte von Richard Angst mal anschaut, kann man das wohl ausschließen.

Ich bringe das nochmal zur Wiedervorlage.
Gestern hatte ich nach dem Durchhören der neuen Thomas-Wallace-LP Lust auf einen Wallace-Film und hatte "Das siebente Opfer" ewig nicht mehr gesehen, so dass dieser im Player landete. Zu erst einmal ist die Restauration äußerst gelungen! Sauberes Bild mit schönem Filmkorn, das einige sehr gelungene Aufnahmen richtig zur Geltung bringt, aber auch die "hingeschluderten" Dinge um so deutlicher macht.
Schon die bunten Vorspann-Bilder und die schmissige Titelmusik bringen den Zuschauer in die richtige Stimmung.
Ich habe mich im Laufe des Films jedoch bei dem Gedanken ertappt, ob der Film so etwas wie Franz Josef Gottliebs "Hai-Alarm am Müggelsee" ist. Zur Einordnung: "Hai-Alarm am Müggelsee" wurde als halbes Privatprojekt von Leander Haußmann und Sven Regener vorwiegend mit langjährigen Weggefährten und Freunden realisiert (und bot viele Insider-Gags zu Film-Set-Abläufen oder gar Equipment).
Auch "Das siebente Opfer" schreit nach "nur wenige Drehtage, kaum Geld" und "Freunde am Set" (siehe Cameos von Zacher, Peters und Borsche) - So eine Art Experiment, mit wie wenig Aufwand man einen (halbwegs) Kino-tauglichen Film hinbekommt. Vom Drehbuch über Inszenierung bis hin zu Lichtsetzung und Kameraarbeit wirkt vieles seltsam "unfertig" oder gar improvisiert. Viele Dinge sind sogar inhaltlich, technisch bis handwerklich (bewusst?) "falsch" oder "anders" gelöst als es üblich ist.
Es ist auffällig, wie unterschiedlich schon Staging, Blocking und Auflösung der einzelnen Szenen ausfällt. Ein Großteil des Films ist ultra-ökonomisch wie ein frühes Fernsehspiel oder die Folge einer TV-Serie aufgelöst. Meist stehen und/oder sitzen mehrere Personen gestaffelt im Raum und werden dann nicht in einzelnen Einstellungen, sondern gemeinsam in einer Halbtotalen gezeigt und spielen die komplette Szene durch.
Vor allem außen passiert immer Alles in einer einzigen Einstellungsgröße und es wird höchstens mal ein Close-Up (meist von außenstehenden Beobachtern) unterschnitten. Von diesen Außenaufnahmen scheint es meist auch nur einen Take gegeben zu haben. Eine Szene fällt hier besonders aus dem Rahmen. Nielsen und Vogel (erinnere ich richtig?) unterhalten sich vor der Schlosstür, Felmy kommt aus der Tür wie Kai aus der Kiste, geht zielstrebig auf die beiden zu und spielt seinen Text runter. Das ist vom Spiel nicht optimal (Felmy scheint noch bevor die Tür sich öffnet genau zu wissen, wo die beiden Gesprächspartner stehen werden und worüber sie gerade sprechen und geht dann quasi genau auf seine "Markierung") und es wirkt eher wie eine zufällig mitgeschnittene erste Probe. Noch dazu verliert der Boom Operator irgendwann Nielsen komplett, weil dieser sich zwischendurch wegdreht. Am Ende hängt dann der komplette Mikrofongalgen mitten im Bild und wirft noch dazu einen Schatten am unteren linken Bildrand. Sowas darf niemals in einem fertigen Film landen und lässt sich nur damit erklären, dass es nur einen Take gab (und Fehler in der Postproduktion schlicht nicht weggeschnitten werden konnten) und wahrscheinlich vorher nicht einmal eine Probe stattfand - durch die der Boom-Operator alle Wege der Schauspieler gekannt und frühzeitig die Schattenproblematik gekannt hätte.
Außen fällt auch auf, dass die Kontraste viel zu steil sind. Gottlieb und Angst stellen einfach die Schauspieler hin, richten höchstens noch einen zusätzlichen Scheinwerfer drauf, aber sparen sich die eigentlich übliche (und zumeist nötige) Abmilderung des Sonnenlichts durch große Frostrahmen oder komplette Abschattung. Dadurch brennen teilweise die Gesichter weg, sind also überbelichtet, während andere Teile des Bildes korrekt oder sogar schon wieder leicht unterbelichtet sind. In einer anderen Szene ist durchgehend das Geräusch eines Flugzeugs zu hören (=klassischer Fall von "noch eine für den Ton" oder späterer Nachsynchronisation) und es ist einfach so im fertigen Film belassen worden.
Ich hätte zu gern einmal den Drehplan gesehen. Möglicherweise stand der Produktion beispielsweise das Schloss nur einen Tag lang zur Verfügung, so dass alle Außenszenen kompakt am Stück und mit minimalem Aufbau realisiert werden mussten.
Zu Recht wird oft auf die schönen Schattenspiele und ungewöhnlichen Kameraperspektiven verwiesen, aber mir fiel vor allem auf, dass anscheinend der ganze (?) Film mit einem Zoom-Objektiv anstatt Festbrennweiten gedreht wurde und dieses meist wohl im 28mm-Weitwinkel-Bereich eingestellt war. Das sorgt für einen (gerade bei Fahrten) ungewohnten Bildeindruck und verstärkt die seltsame Wirkung der Ensemble-Halbtotalen.
Weiterhin ist auffällig, wie häufig artifizielles Licht von unten (statt wie üblich von oben) eingesetzt wird. Besonders prominent wird dies bei den Close-Ups, wo sich ständig jemand hinter einem Baum, einem Zaun, einem Pfahl oder Ähnlichem versteckt und dabei immer von unten mit einem kleinen Scheinwerfer (kein Stück-weit durch real existierendes Licht motiviert) angeleuchtet wird, was wiederum einen Extremkontrast zum ansonsten eher dunklen Restbild schafft. Manchmal sieht es fast so aus, als ob jeder eine Taschenlampe in der Hand hält, mit der er sich von unten selbst ins Gesicht leuchtet.
Den höchst ökonomischen Plansequenzen (samt der Tatsache, dass ständig jemand Schatten auf die Gesichter anderer Personen wirft) stehen ein paar schön inszenierte Montagesequenzen gegenüber. Der Mord an Jenny Stratford ist höchst wirkungsvoll aufgelöst. Wir sehen diverse Details des Mörders, ihr angsterfülltes Gesicht als Close-Up und der Sturz wird dann in mindestens drei Einstellungen geschnitten.
Rein von der Produktion wirkt das Ganze so, als habe Gottlieb an jeder Location nur maximal 1-2 Drehtage gehabt und sich entsprechend an jedem Ort Highlight-Szenen ausgesucht, die er kompetent durchinszenierte und die Richard Angst stimmungsvoll ausleuchten und fotografieren durfte, um den Rest dann nach dem Prinzip "Minimalaufwand und One-Take" wegzukurbeln. Denn es gibt abseits von Mordsequenzen und Ähnlichem auch vermeintlich handlungsarme Sequenzen, die derart durchgestaltet sind, ebenso wie einige eigentlich für eine stimmungsvolle Inszenierung prädestinierte Szenen (zu) simpel gestaltet sind.

Zum Inhaltlichen: Auch das Drehbuch wirkt unreif. Einerseits werden quasi alle typischen Wallace-Elemente reingeworfen: Schloss, Erbschaftsthematik, geheimnisvoller Hintermann, Schlange, Harpune, Schlinge, Stichwaffe, verdeckt operierender Ermittler, komischer Butler, wilde Schießerei nach der Entlarvung des Täters, usw., andererseits ist das meiste nicht sinnvoll eingebettet. Bei Wallace hat die schöne, junge Erbin meist ja die Funktion der "damsel in distress", allerdings wird die Bedrohung für Avril Mant ja erst sehr spät im Film klar erfahrbar und man opfert mit der vermeintlich mysteriösen Rolle, die man Felmy zugeschustert hat eine mögliche Identifikationsfigur. Ohne zu wissen, dass Avril Mant wirklich in Gefahr ist und ohne in Peter Brooks den strahlenden Helden präsentiert zu bekommen, der sie retten kann, kann man weder um die eine fürchten, noch mit dem anderen Hoffen. Bzw. beides wird erst am Ende des Films "aufs Gleis gesetzt" und somit zu spät.
Spoiler: Dass Gottlieb (schon im Buch) vergisst, weitere Verdächtige neben Reverend Turner aufzubauen (Peters und Borsche jeweils einmal bedeutungsschwangeren Blickes durchs Bild laufen zu lassen genügt da nicht), hilft dem Film ebenso wenig, wie die Tatsache, dass man Nielsens Stimme in den "Falconetti-Szenen" einfach nur mit Hall und Hochpassfilter versehen hat.
Der Umgang mit der Figur, die Trude Herr spielt ist (nicht nur aus heutiger Sicht) unangenehm. Nicht nur bleiben die misogynen und Gewichts-stigmatisierenden Äußerungen - des immerhin konsequent unsympathisch inszenierten - Inspektor Bradleys komplett unkommentiert und unwidersprochen, gerade das Finale ist absolut geschmacklos. Butler Irving freundet sich im Verlauf der Handlung sichtlich mit der "Ulknudel" Molly Dobson (allein der Name!!!) an, wenn auch jegliche amouröse Ebene allein durch Peter Vogels Verhalten in der recht seltsamen Nachtclub-Szene ausgeschlossen scheint. Dass er einen durch leichtfertiges Herumfuchteln verursachten Kopfschuss dann lapidar kommentiert ist ein geradezu entmenschlichender Schlussgag. Auch, dass Molly Dobson unglücklich in Peter Brooks verliebt ist, nutzt Gottlieb nur als schadenfrohen Gag, um direkt anschließend auf die hübsche Ann Smyrner umzuschneiden.

Wie bereits geschrieben, wirkt der ganze Filme wie eine Art Experiment oder Schnellschuss und vielleicht wie ein Gegenentwurft zu Gottliebs (und Angsts) vorigen Ultrascope-Breitwand-Filmen "Abt", "Witwe", "Phantom" und "Gruft".
Nach Filmen mit Studiobauten, viel Licht und massiven anamorphotischen Linsen vor der Kamera wollten Gottlieb und Angst sich vielleicht als eine Art Fingerübung am Gegenteil versuchen. Leichte Kamera mit Zoom und wenig (und noch dazu untypisches) Licht. Ich habe ihn lange nicht mehr gesehen, aber vielleicht stammten einige Studiobauten wie der Nachtclub "Silberne Peitsche" und andere einfach noch von "Das Phantom von Soho" und Gottlieb bot Brauner an ein eigenes "Wochenend-Drehbuch" mit altbekannten Gesichtern mit Minimalaufwand noch schnell auf dem cCc-Studiogelände abzudrehen, bevor die Sets abgebaut werden.
Ich habe die Drehzeiten gerade nicht im Kopf, aber aufgrund der möglichen Überschneidungen von Locations und Darstellern, wäre es tatsächlich möglich, dass Gottlieb "Das siebente Opfer" quasi als Nachklapp zum "Phantom" direkt im Anschluss drehte. Vielleicht beschränkte man sich (gegenüber dem sicherlich extern angemieteten Ultrascope-Kameraequipment beim "Phantom") auf Kamera- und Lichttechnik, die die cCc-Film als Dienstleister für TV-Produktionen selbst im Schrank ihrer Studios stehen hatte.
Gottlieb und Angst konnten jedenfalls für den wesentlich aufwändigeren Doppel-Film "Durchs wilde Kurdistan" und "Im Reiche des silbernen Löwen" hier schon einmal bestimmte Abläufe testen und mit sparsamer Auflösung experimentieren, was dem Karl May-Projekt wohl zu Gute kam.
"Das siebente Opfer" ist ein sehr seltsamer, kleiner Film. Er macht Spaß, gerade weil er bei jemandem mit praktischer Film-Erfahrung wie mir mit so mancher Entscheidung oder Umsetzung ein Stirnrunzeln verursacht. Wirklich "gut" ist er sicherlich nicht, dafür ist er dramaturgisch nicht ausreichend durchdacht und klassisch spannend wird er aufgrund der angesprochenen Figurenkonstellation, bei der niemand von Beginn an klar als Identifikationsfigur präsentiert wird, auch nicht, weil man mit niemandem bangt oder hofft. Das ist aber ja allgemein so ein Gottlieb-Thema, bei dem ich bis heute nicht weiß, ob es (auch im Abt und bei der Gruft) so intendiert war oder Gottlieb einfach selbst kein Krimi-Fan war und sich deswegen schlicht gar nicht um funktionierende Strukturen kümmerte.

Und - um ganz zum Schluss das oben angesprochene 4:3->1,66:1-Thema aufzugreifen:
Sobald man das 4:3-Bild auf 1,66:1 abkascht, wäre zumindest in der oben angesprochenen Szene das Mikrofon raus aus dem Bild. Es bliebe der technisch unsaubere Ton und der Angelschatten, letzteres findet man aber ja sogar im höher budgetierten (und wohl Drehzeit-technisch besser gestellten) Gottlieb-Wallace "Der schwarze Abt".
1,66:1 beschneidet das Bild auch nicht in dem krassen Maße, dass die Kadrierung massiv darunter "leidet". Da Angst hier viel mit Halbtotalen arbeitet, gäbe es keine abgeschnittenen Gesichter und Ähnliches.
4:3 war in den 60ern kein übliches Kinoformat (mehr) und gerade bei den meisten Rialto-Wallace-Filmen drehte man 1,66:1, ebenso wie bei "Das Rätsel des silbernen Dreieck" oder "Der Rächer".
Meine Vermutung: Man griff für den Film auf eine kompakte 35mm-Kamera zurück, die entweder älteren Semesters (40er/50er) und daher nicht auf 1,66:1 umgebaut oder eigentlich für TV-Produktionen im typischen 4:3-Standard gedacht war - Stichwort cCc-Film-eigene Technik.
Im Kino wurde dann wohl abgekascht auf das bekannte und gewohnte 1,66:1-Format. Warum dies bei der Restauration dann keine Rolle spielte, ist dann eine neue Frage.

Giacco Offline



Beiträge: 2.701

06.11.2024 19:17
#85 RE: Bewertet: BEW - "Das siebente Opfer" (7) Zitat · Antworten

Die von Dir in Erwägung gezogenen "Überschneidungen von Locations und Darstellern" kann man ausschließen.

"Das Phantom von Soho" - Drehbeginn 18.11.63 - Kinostart: 14.2.64
"Das siebente Opfer" - Drehbeginn August 1964 - Kinostart: 27.11.64

Dazwischen drehte Gottlieb für die Rialto "Die Gruft mit dem Rätselschloss"

Fabi88 Offline



Beiträge: 4.068

07.11.2024 11:50
#86 RE: Bewertet: BEW - "Das siebente Opfer" (7) Zitat · Antworten

Zitat von Giacco im Beitrag #85
Die von Dir in Erwägung gezogenen "Überschneidungen von Locations und Darstellern" kann man ausschließen.

"Das Phantom von Soho" - Drehbeginn 18.11.63 - Kinostart: 14.2.64
"Das siebente Opfer" - Drehbeginn August 1964 - Kinostart: 27.11.64

Dazwischen drehte Gottlieb für die Rialto "Die Gruft mit dem Rätselschloss"

Danke für diesen wichtigen Hinweis! Ich war da vielleicht ein wenig faul - Wikipedia hätte mir das wohl auch beantworten können...
Um so rätselhafter sind mir dann einige Aspekte des Films.
Zumindest die "Location-Überschneidung" ist damit aber nicht ausgeräumt. Zwischen Drehende vom Phantom und Drehbeginn des Opfers lag dann etwa ein halbes Jahr und solange die Produktionsflächen nicht zwingend anderweitig benötigt wurden, gab es wenig Grund Bauten abzureißen. Da im März 1965 wegen Auftragsmangel fünf der sieben CCC-Studios stillgelegt wurden, kann beispielsweise das Nachtlokal durchaus in einer dieser fünf (schon im August 1964) kaum noch extern genutzten Hallen gelegen haben.
Vielleicht schaue ich als Nächstes "Das Phantom von Soho" um die Sets zu vergleichen - sooo wichtig ist es dann aber auch wieder nicht, dass man eine wissenschaftliche Abhandlung darüber schreiben muss.
Aber vor dem Hintergrund dieser "Filmstudio"-Schrumpfung kann ich mir nach wie vor durchaus vorstellen, dass "Das siebente Opfer" der Versuch war, einen Krimi-Schnellschuss mit komplett eigenen Mitteln (ungenutzte Studioflächen, bestehende Sets, altes eigenes Equipment,...) zu realisieren, also die Kosten auf ein Minimum zu reduzieren. Die prominente Besetzung steht dem natürlich finanziell irgendwie ziemlich entgegen - wobei es wohl kein Zufall ist, dass sehr viele Berliner unter den Schauspielern sind und bei genauerem Hinschauen viele Schauspieler nur an wenigen Drehtagen abgedreht werden konnten. Dies hielt die Kosten für Unterbringung und Co niedrig.
Gottlieb war zu diesem Zeitpunkt zwar auch erst 34 (!), aber aus heutiger Sicht wäre es spannend gewesen, weiteren Nachwuchs-Autoren und -Regisseuren dieses Werkzeug (Bryan Edgar Wallace-Lizenz, kleine, ungenutzte Studios, Equipment aus Eigenbestand) in die Hand zu geben und vielleicht einfach auch mal neue Gesichter auf die Leinwand zu bringen. Aber eine solche Vorgehensweise war (und ist) leider in der Industrie kaum üblich, bzw. fand damals durchaus im Bereich Fernsehen statt. Nur Roger Corman fiele mir da innerhalb der traditionellen Filmindustrie ein, der so etwas halbwegs konsequent betrieb und so Talente wie Martin Scorsese, Francis Ford Coppola, Peter Bogdanovich, Jack Nicholson, Joe Dante, Jonathan Demme, Ron Howard oder James Cameron hervorbrachte.
1966 mussten dann 30 von 150 Angestellten bei der CCC entlassen werden und Brauner produzierte zwar teilweise weitere eigene Filme in den Studios, hatte häufig aber entweder internationale Co-Produzenten mit an Bord oder verlegte direkt Teile der Produktion nach Jugoslawien oder Rumänien. Zudem wuchs allgemein der Anteil an Außenaufnahmen, bzw. Drehs an echten Locations. Teilweise wurden außerdem sogar Szenen von in Deutschland spielenden Filme wie "Zeugin aus der Hölle" dann schon in Belgrad in den Ateliers der Avala-Film gedreht - sprich sogar für eigene Produktionen waren Brauner die Kosten seines eigenen Ateliers zu hoch.
Mit "Lange Beine – lange Finger" gab es ja zumindest 1966 noch einmal einen cCc-Film der offensichtlich große Studioflächen und durchaus aufwändige Bauten nutzte.

Savini Offline



Beiträge: 905

07.11.2024 15:47
#87 RE: Bewertet: BEW - "Das siebente Opfer" (7) Zitat · Antworten

Danke für den sehr ausführlichen Essay, der die inhaltlichen und stilistischen Besonderheiten dieses Films gut herausarbeitet! Ich wollte schon länger etwas darauf antworten, komme aber erst jetzt dazu:

Zitat von Fabi88 im Beitrag #84
Es ist auffällig, wie unterschiedlich schon Staging, Blocking und Auflösung der einzelnen Szenen ausfällt. Ein Großteil des Films ist ultra-ökonomisch wie ein frühes Fernsehspiel oder die Folge einer TV-Serie aufgelöst. Meist stehen und/oder sitzen mehrere Personen gestaffelt im Raum und werden dann nicht in einzelnen Einstellungen, sondern gemeinsam in einer Halbtotalen gezeigt und spielen die komplette Szene durch.

Wobei es selbst in dem im selben Jahr produzierten "Hexer" (immerhin ein Prestigeprojekt der Rialto!) bei einigen Szenen ähnlich abläuft; bei Letzterem fühlte sich ja auch der Rezensent von deutscher-tonfilm an ein Fernsehspiel erinnert.
Auch die zehn Jahre später entstandene Agatha-Christie-Verfilmung "Ein Unbekannter rechnet ab" wurde in diesem Stil inszeniert, wodurch man zu den Figuren auf Distanz bleibt und manche Schauspieler in Leere zu spielen scheinen.
Zitat von Fabi88 im Beitrag #84
Sowas darf niemals in einem fertigen Film landen und lässt sich nur damit erklären, dass es nur einen Take gab (und Fehler in der Postproduktion schlicht nicht weggeschnitten werden konnten) und wahrscheinlich vorher nicht einmal eine Probe stattfand - durch die der Boom-Operator alle Wege der Schauspieler gekannt und frühzeitig die Schattenproblematik gekannt hätte.
Außen fällt auch auf, dass die Kontraste viel zu steil sind. Gottlieb und Angst stellen einfach die Schauspieler hin, richten höchstens noch einen zusätzlichen Scheinwerfer drauf, aber sparen sich die eigentlich übliche (und zumeist nötige) Abmilderung des Sonnenlichts durch große Frostrahmen oder komplette Abschattung. Dadurch brennen teilweise die Gesichter weg, sind also überbelichtet, während andere Teile des Bildes korrekt oder sogar schon wieder leicht unterbelichtet sind. In einer anderen Szene ist durchgehend das Geräusch eines Flugzeugs zu hören (=klassischer Fall von "noch eine für den Ton" oder späterer Nachsynchronisation) und es ist einfach so im fertigen Film belassen worden.
Ich hätte zu gern einmal den Drehplan gesehen. Möglicherweise stand der Produktion beispielsweise das Schloss nur einen Tag lang zur Verfügung, so dass alle Außenszenen kompakt am Stück und mit minimalem Aufbau realisiert werden mussten.

Es ist ja bekannt, dass Artur Brauner sich in viele Details seiner Filmproduktion einmischte, u. a. um zu verhindern, dass es zu teuer wurde; außerdem standen die Dreharbeiten oft unter Zeitdruck. Insofern wäre dieser Film ein Musterbeispiel für die damaligen CCC-Werke (zusammen mit Gottlieb als Regisseur und manche Schauspielern, die damals oft für dieses Studio arbeiteten).
Zitat von Fabi88 im Beitrag #84
ebenso wie einige eigentlich für eine stimmungsvolle Inszenierung prädestinierte Szenen (zu) simpel gestaltet sind

Kannst du sagen, welche? Mir fiele nur ein, dass der Mord mit der Galgenschlinge auf der Rennbahn ziemlich plötzlich und wie rasch abgehandelt daherkommt.
Zitat von Fabi88 im Beitrag #84
Bei Wallace hat die schöne, junge Erbin meist ja die Funktion der "damsel in distress", allerdings wird die Bedrohung für Avril Mant ja erst sehr spät im Film klar erfahrbar und man opfert mit der vermeintlich mysteriösen Rolle, die man Felmy zugeschustert hat eine mögliche Identifikationsfigur. Ohne zu wissen, dass Avril Mant wirklich in Gefahr ist und ohne in Peter Brooks den strahlenden Helden präsentiert zu bekommen, der sie retten kann, kann man weder um die eine fürchten, noch mit dem anderen Hoffen. Bzw. beides wird erst am Ende des Films "aufs Gleis gesetzt" und somit zu spät.

Was die Familie angeht, so erfolgen die Morde nach dem Prinzip eines berühmten Romans von Agatha Christie, dessen ursprünglicher Titel nicht mehr genannt werden darf, da Reverend Turner alias Falconetti ja die Mants in Sippenhaft nimmt und der Reihe nach sterben lassen will. Beim "indischen Tuch" (der auch nach diesem Strickmuster abläuft) ist Isla Harris ja auch lange nur eine unter vielen Verwandten und bleibt eher blass.
Was Peter Brooks angeht, so fällt auf, dass er physisch und vom Auftreten her ein deutlich anderer Typ als die sonstigen Ermittler in diesem Genre ist. Dass es hier keine klare Hauptfigur gibt, fällt tatsächlich auf, kann aber auch reizvoll sein (siehe den Roman "Der rote Kreis").
Zitat von Fabi88 im Beitrag #84
die Tatsache, dass man Nielsens Stimme in den "Falconetti-Szenen" einfach nur mit Hall und Hochpassfilter versehen hat.

Mir war gar nicht aufgefallen, dass seine Stimme überhaupt bearbeitet wurde. Ich weiß nur noch, dass ich Nielsen schon beim ersten Sehen heraushören konnte. Ob man dachte, es reiche aus, dass er als Pfarrer betont "salbungsvoll" sprach und als Falconetti aggressiv knurrte? Bei anderen Krimis dieser Art wurde bewusst nachsynchronisiert, auch bei der CCC ("Henker", "Würger").
Zitat von Fabi88 im Beitrag #84
des immerhin konsequent unsympathisch inszenierten - Inspektor Bradleys

Eine interessante Überschneidung zum "Phantom", wo der Inspektor ebenfalls ein Mann in mittleren Jahren ist, aber ohne die Schrullen, die ein Lowitz oder Saebisch in dieser Art von Rollen hatte. Borsche war zwar sympathischer gezeichnet, dafür hatte er in diesem Genre kein "positives" Image.
Zitat von Fabi88 im Beitrag #84
klassisch spannend wird er aufgrund der angesprochenen Figurenkonstellation, bei der niemand von Beginn an klar als Identifikationsfigur präsentiert wird, auch nicht, weil man mit niemandem bangt oder hofft. Das ist aber ja allgemein so ein Gottlieb-Thema, bei dem ich bis heute nicht weiß, ob es (auch im Abt und bei der Gruft) so intendiert war oder Gottlieb einfach selbst kein Krimi-Fan war und sich deswegen schlicht gar nicht um funktionierende Strukturen kümmerte.

Ein interessanter Gedanke, der mir so zuvor noch gar nicht gekommen war, obwohl mir die geringere Spannung bei Gottliebs Krimi schon länger auffiel, die im Kontrast zu seinen unstrittigen Talenten in Sachen Atmosphäre oder Schauspielführung stehen.
Gerade bei der "Gruft" gibt es keine wirkliche Hauptfigur und der als Held eingeführte Jimmy entpuppt sich am Ende als Verbrecher, während Inspektor Angel zu blass bleibt. Beim "Abt" gibt es immerhin Dick Alford, aber dieser wird in Mitte "enttarnt", was das damalige Publikum vielleicht kurz schockiert hat (solange nicht klar war, dass es zwei Äbte gibt und der zweite den Mord am Anfang begangen hat). Beide Filme haben noch gemeinsam, dass es im Grunde keinen Haupttäter gibt (aber beim "Abt" wurde das ja schon öfter betont), was beim "Opfer" immerhin anders aussieht.

Count Villain Online




Beiträge: 4.689

08.11.2024 11:41
#88 RE: Bewertet: BEW - "Das siebente Opfer" (7) Zitat · Antworten

Zitat von Savini im Beitrag #87
Gerade bei der "Gruft" gibt es keine wirkliche Hauptfigur und der als Held eingeführte Jimmy entpuppt sich am Ende als Verbrecher, während Inspektor Angel zu blass bleibt.


Die Hauptfigur ist ganz eindeutig Ferry Westlake.
Er ist im Film sehr präsent, schafft es bis in die Gruft und entschärft die Bombe.

Aber wo wir gerade bei Gemeinsamkeiten in Gottlieb-Filmen sind, würde ich auch die sehr speziellen Schlussgags hinzufügen. Entweder sie sind einfach Schmarrn ("Um vom schwarzen Abt nicht gesehen zu werden, darf man selbst nicht sehen"; Hallams Lovestory im Flugzeug) oder sie ziehen das gesamte Geschehen - teilweise auf menschenverachtende Weise - ins Absurde (Irving erschießt Molly; Westlake holt Dynamit, was wahrscheinlich die gesamte Gruft zum Einsturz gebracht hätte, Todesopfer inklusive; Wellby lächelt breit, während Fish untergeht). Auch Carter macht im Finale der Schlange mehr kaputt als er in den ersten beiden Dritteln gerettet hat.

Savini Offline



Beiträge: 905

08.11.2024 15:16
#89 RE: Bewertet: BEW - "Das siebente Opfer" (7) Zitat · Antworten

Zitat von Count Villain im Beitrag #88
Die Hauptfigur ist ganz eindeutig Ferry Westlake.
Er ist im Film sehr präsent, schafft es bis in die Gruft und entschärft die Bombe.

Was ist dann erst mit dem "Verrätertor"? Da ist Arents Rolle ähnlich präsent und im Grunde der "eigentliche" Ermittler (auch wenn er beim Entschärfen der Bombe scheitert).
Bei der "Gruft" wurde ja schon von dir kritisiert, dass Angel relativ wenig zur Lösung des Falles beiträgt, da er nicht einmal von alleine auf die Lösung des Codes kommt und einen Denkanstoß von Sir John benötigt.

Zitat von Count Villain im Beitrag #88
Aber wo wir gerade bei Gemeinsamkeiten in Gottlieb-Filmen sind, würde ich auch die sehr speziellen Schlussgags hinzufügen. Entweder sie sind einfach Schmarrn ("Um vom schwarzen Abt nicht gesehen zu werden, darf man selbst nicht sehen"; Hallams Lovestory im Flugzeug) oder sie ziehen das gesamte Geschehen - teilweise auf menschenverachtende Weise - ins Absurde (Irving erschießt Molly; Westlake holt Dynamit, was wahrscheinlich die gesamte Gruft zum Einsturz gebracht hätte, Todesopfer inklusive; Wellby lächelt breit, während Fish untergeht). Auch Carter macht im Finale der Schlange mehr kaputt als er in den ersten beiden Dritteln gerettet hat.

Alberne oder peinliche Schlussgags gab es bei anderen Regisseuren allerdings auch ("Bogenschütze", "toten Augen", "Tür", "Tuch", "Neues", "Buckliger", "Peitschenmönch", "Banne", "Gorilla"), ebenso wie Gags gegen Ende, die im Kontext völlig deplatziert sind und einen so Herausreißen (Higgins´ Jammern über seine Puppe in "Zimmer 13", Sir Johns Missverstehen von Cunnings Satz im "unheimlichen Mönch").
Wenn du das versehentliche Erschießen bereits "menschenverachtend" findest: Was ist dann erst mit der Explosion am Ende "Verrätertors" (auf dem Schiff befinden sich sicher auch genügend Leute, die niemanden auf dem Gewissen haben)?
Und was Fremdscham angeht, so ist bei mir die letzte Einstellung des "Gorillas" ungeschlagen.

Fabi88 Offline



Beiträge: 4.068

08.11.2024 16:20
#90 RE: Bewertet: BEW - "Das siebente Opfer" (7) Zitat · Antworten

Zitat von Savini im Beitrag #87
Danke für den sehr ausführlichen Essay, der die inhaltlichen und stilistischen Besonderheiten dieses Films gut herausarbeitet! Ich wollte schon länger etwas darauf antworten, komme aber erst jetzt dazu:
Zitat von Fabi88 im Beitrag #84
Es ist auffällig, wie unterschiedlich schon Staging, Blocking und Auflösung der einzelnen Szenen ausfällt. Ein Großteil des Films ist ultra-ökonomisch wie ein frühes Fernsehspiel oder die Folge einer TV-Serie aufgelöst. Meist stehen und/oder sitzen mehrere Personen gestaffelt im Raum und werden dann nicht in einzelnen Einstellungen, sondern gemeinsam in einer Halbtotalen gezeigt und spielen die komplette Szene durch.

Wobei es selbst in dem im selben Jahr produzierten "Hexer" (immerhin ein Prestigeprojekt der Rialto!) bei einigen Szenen ähnlich abläuft; bei Letzterem fühlte sich ja auch der Rezensent von deutscher-tonfilm an ein Fernsehspiel erinnert.

Wird ein totaler Exkurs, aber:
Der "Hexer" ist ja vor allem aufgrund des Casts und des allgemein bekannten Titels ein Prestige-Projekt. Drei klassische Wallace-Hauptdarsteller gleichzeitig in einem Film!
Auch sonst wurde hier ja ganz gut aufgefahren, was die Schauspieler betrifft. Vielleicht waren die vielen Halbtotalen einfach der Tatsache geschuldet, dass man sich so dem möglichen Vorwurf entzog, bestimmte Schauspieler hervorzuheben. Außerdem ist Scope (außer bei Italo-Western und den dort beliebten Augen-Details) kein Bildformat, dass es erlaubt Menschen wirklich nahe zu kommen. Schon rein auf Kadrierungsebene muss man entweder Kompromisse machen (nur knapp unter dem Kinn bis zur Stirn im Bild) oder zwei Personen zeitgleich ins Bild setzen), dazu kommt noch die technische Problematik, dass die Naheinstellgrenze (also wie nah das Objektiv einem Objekt kommen und noch scharf gestellt werden kann) bei Scope-Objektiven/-Adaptern eher groß war. Falls es dann auch noch Zoom-Objektive waren, wird es noch einmal gravierender.
Bei Scope-Formaten geht es ja in jeder Hinsicht "in die Breite". Der Flughafen samt der vielen Komparsen (oder realer Reisender?) kommt so richtig zur Geltung, auch bei Ensemble-Szenen ermöglicht das Format Personen relativ natürlich im Raum zu verteilen. Beim "siebenten Opfer" müssen die Schauspieler sich in den Totalen dank des engen Bildrahmens fast schon auf 2 Quadratmeter drängen.
Die Bauten beim "Hexer" jedoch wirken nicht einmal aufwändiger als bei vorigen Wallace-Filmen, eher wirken die Büroräume bei Scotland Yard oder Higgins' Wohnung beispielsweise etwas klapprig und leer.
Also ob "Der Hexer" nun Alles in Allem teurer ausfiel als beispielsweise "Das indische Tuch" oder "Der schwarze Abt" wage ich zu bezweifeln. Das Einspielergebnisse von "Die Gruft mit dem Rätselschloß" dürfte ja auch nicht gerade zu Budget-Erhöhungen animiert haben.

Zitat von Savini im Beitrag #87
Zitat von Fabi88 im Beitrag #84
klassisch spannend wird er aufgrund der angesprochenen Figurenkonstellation, bei der niemand von Beginn an klar als Identifikationsfigur präsentiert wird, auch nicht, weil man mit niemandem bangt oder hofft. Das ist aber ja allgemein so ein Gottlieb-Thema, bei dem ich bis heute nicht weiß, ob es (auch im Abt und bei der Gruft) so intendiert war oder Gottlieb einfach selbst kein Krimi-Fan war und sich deswegen schlicht gar nicht um funktionierende Strukturen kümmerte.

Ein interessanter Gedanke, der mir so zuvor noch gar nicht gekommen war, obwohl mir die geringere Spannung bei Gottliebs Krimi schon länger auffiel, die im Kontrast zu seinen unstrittigen Talenten in Sachen Atmosphäre oder Schauspielführung stehen.
Gerade bei der "Gruft" gibt es keine wirkliche Hauptfigur und der als Held eingeführte Jimmy entpuppt sich am Ende als Verbrecher, während Inspektor Angel zu blass bleibt. Beim "Abt" gibt es immerhin Dick Alford, aber dieser wird in Mitte "enttarnt", was das damalige Publikum vielleicht kurz schockiert hat (solange nicht klar war, dass es zwei Äbte gibt und der zweite den Mord am Anfang begangen hat). Beide Filme haben noch gemeinsam, dass es im Grunde keinen Haupttäter gibt (aber beim "Abt" wurde das ja schon öfter betont), was beim "Opfer" immerhin anders aussieht.

Bei den Gottlieb-(Wallace-)Filmen fällt auf, dass sie sich meist an einem aufwändigeren Beziehungsgeflecht versuchen und nicht das bei Reinl und Vohrer häufiger vorhandene "Ermittlerfigur rettet Erbin"-Thema in den Mittelpunkt setzen und die Beziehungen von (klaren) Nebenfiguren zueinander eher zum Vorantreiben der Handlung kompakt abhandeln.
Natürlich hat das teils schon mit den Vorlagen zu tun, aber auch andersherum wird ein Schuh draus, dass Gottlieb sich diese Stoffe eben wohl bewusst gewählt oder wohl eher so umgeschrieben hat, bzw. sich auf solche in der Vorlage vorhandenen Ansätze fokussiert hat. So geht es bei "Der Fluch der gelben Schlange" sehr viel um die Vater-Sohn-Stiefsohn-Beziehung und die dysfunktionale Beziehung von Stephan Narth zu seiner Frau und seiner Pflegetochter. Bei "Der schwarze Abt" ist ja dann wirklich niemand, wer er zu sein scheint und es gibt zig Nebenhandlungen wie den Wenner-Gilder-Plot, die fast schon gleichgewichtet werden zur Beziehung von Alford und Chelford und anderen Dingen. In "Die Gruft mit dem Rätselschloss" wirkt Kathleen Kent (zumindest für mich) von Beginn an nicht absolut grundsympathisch und die Probleme, die viele Zuschauer mit Harry Meyen als Inspektor Angel haben, hast Du ja angesprochen - viele sprechen hier gar von einer "Fehlbesetzung". Dem halte ich entgegen, dass ich vermute, dass Gottlieb es genauso wollte. Sowohl der (dem Zuschauer eher aus positiven Rollen bekannte) Leipnitz-Charakter sollte den Zuschauer quasi enttäuschen, als auch der völlig unbeschriebene Harry Meyern, dem der Zuschauer gar keine oder eher negative Gefühle entgegenbringt als "Sieger" aus dem Ganzen hervorgehen. Mich befriedigt es nicht, aber Gottlieb inszeniert die "bad guys" ebenso wie die "good guys" in Grautönen und ermöglicht einerseits natürlich, dass wir kurzzeitig auch Anteil an dem Schicksal einer (eigentlich klassisch eher negativen) Figur wie Fabian Gilder oder Mary Wenner im "Abt" nehmen, andererseits nimmt er dem Zuschauer den klaren Sympathieträger, an dem wir uns durch den Film hangeln.
Bei Reinl und Vohrer weiß man immer schnell Bescheid, wem die Sympathien gelten - die "Seitenwechsel" oder "Demaskierungen" überraschen daher aber auch - man denke an "Der unheimliche Mönch", "Zimmer 13" oder andere. Bei Gottlieb ist selbst Eddi Arent nicht ganz durchschaubar und alle Figuren sind in solchen Grautönen gemalt, dass theoretisch selbst Fuchsberger im Abt auch am Ende als "großer Bösewicht" dastehen könnte und ich nicht großartig überrascht wäre.
Bei "Das Phantom von Soho" geht Gottlieb da ja sogar noch weiter, indem er mit Borsche den Schauspieler in die (eigentlich bei Krimis in der Regel positiv gezeichnete) Rolle des Inspektors befördert, der einem breiten Publikum noch immer als Mörder im "Halstuch" bekannt war und bei Edgar Wallace als wahnsinniger Lord Chelford Frauen durch Höhlentunnel zerrte, bei Mabuse als wegen mehrfachen Mordes verurteilter Arzt herumexperimentiert und im BEW-Film "Der Henker von London" als irrer Frauenmörder zu sehen war und torpedierte noch dazu mit dem Ende alle Erwartungen, die ein Krimi-Publikum damals hätte haben können - er liefert das Gegenteil eines glücklichen Paars (meist eben Ermittler und Erbin), das (unter den Augen des komischen Sidekicks) ihre Hochzeit andeutet.
Gottlieb wollte seine Krimis offensichtlich düsterer und (in seinen Augen) psychologisch interessanter gestalten als die typischen Rialto-Wallace-Filme, wo Wert auf die Grusel-Humor-Balance gelegt und Familienunterhaltung gewünscht war. Interessant ist natürlich, dass auch Edwin Zbonek seine Wallace-Filme ähnlich anlegte. So wurde die Bryan Edgar Wallace-Reihe im Prinzip anstatt einer Parodie eine fast schon übersteigert ernsthafte Variante der Rialto-Wallace-Filme. Das Publikum goutierte dies nicht, zumal die Rialto-Reihe später viele Elemente (Psychologie, Nachtclubs,...) für sich übernahm.

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