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Dieses Thema hat 115 Antworten
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Baal1985 Offline



Beiträge: 76

28.02.2019 20:16
#106 RE: Bewertet: BEW - "Der Henker von London" (4) Zitat · Antworten

Einigen wir uns, dass wir uns nicht einig sind. Für mich fehlt es sowohl dem Henker als auch dem Abt an Atmosphäre. Beim Henker, habe ich ja erklärt woran das liegt.

Und beim Abt stehe mit meiner Meinung, dass weiß ich, ziemlich allein da.

Jan Offline




Beiträge: 1.753

28.02.2019 20:50
#107 RE: Bewertet: BEW - "Der Henker von London" (4) Zitat · Antworten

Gerade der Vorwurf der optischen Unzulänglichkeit überrascht mich beim Henker allerdings auch. Richard Angst zählt für mich zu den besten Kameramänner des deutschen Films. Zugegebenerweise sind ie Atelierszenen in den beiden Polizeibüros recht steril eingeleuchtet und wirken blässlich. Indes hielt ich das stets für gewollt, um gerade Inspektor Hilliers tagtägliche Einöde im Polizistenberuf zu ver(sinn)bildlichen. Bei den diversen Außendrehs hat Angst m.E. alles gegeben und wunderbar schaurige Bilder eingefangen, die Karl Löb vermutlich auch nicht viel besser gemacht hätte.

Gruß
Jan

Fabi88 Offline



Beiträge: 3.905

01.03.2019 10:07
#108 RE: Bewertet: BEW - "Der Henker von London" (4) Zitat · Antworten

Richard Angst war in der Lage jede Menge toller Bilder zu produzieren, allerdings sind in jedem Film dann auch wieder extrem schwache Momente dabei - sehr seltsam kadrierte Heranfahrten, unfassbar flach komponierte Bilder,... diese extreme Unebenheit kann man durchaus auch als "Unzulänglichkeit" bezeichnen.
Die konstrastreichen, expressionistisch anmutenden Außenbilder hat er gut im Griff und ich bin ein großer Freund seiner verspielten Ideen - wie im "Henker" dem untersichtigen Schuss/Gegenschuss auf Felmy/Preiss, jeweils mit dem aufgehäuften Seil im Vordergrund oder im "siebenten Opfer" der untersichtige Schuss auf eine sitzende Person, wo zuerst nur beide Schuhsohlen den Vordergrund ausfüllen und erst anschließend den Blick auf das Gesicht freigeben.
Solche Bilder haben sich mir eingebrannt und beeinflussen mich wahrscheinlich noch heute, während ich mich ansonsten an wenig aus den Filmen so genau erinnere.
Aber um so stärker fallen dann wieder die einfallslosen, bis hin zu handwerklich tatsächlich unsauberen Bilder auf.

Es gab damals jede Menge (lichtsetzende) Kameramänner, die einwandfreie Bilder gestalteten - Nichts, was auffiel zwar, aber eben auch weder positiv noch negativ. Franz X. Lederle würde ich da beispielsweise nennen, der die Cotton- und St. Pauli-Filme ohne all zu große Spirenzien auf Zelluloid bannte und sich keine missratenen Bilder erlaubte.
Wenn nicht die Momente wären, wie das "Karottenkauen aus Kiefersicht" und Ähnliches, würde ich Karl Löb in die selbe Kategorie stecken - wobei diese Ideen wahrscheinlich eher auf Vohrers Kappe gehen.
Ansonsten hat Löb wohl weit weniger "Wow-Momente" produziert als Angst, aber bei ihm fehlen eben Bilder, die ein Stirnrunzeln verursachen völlig.

Havi17 Offline




Beiträge: 3.763

01.03.2019 13:55
#109 RE: Bewertet: BEW - "Der Henker von London" (4) Zitat · Antworten

@Fabi: Danke für die aufschlußreiche Zusammenfassung!

Gruss
Havi17

Jan Offline




Beiträge: 1.753

01.03.2019 19:22
#110 RE: Bewertet: BEW - "Der Henker von London" (4) Zitat · Antworten

Zitat von Fabi88 im Beitrag #108

Richard Angst war in der Lage jede Menge toller Bilder zu produzieren, allerdings sind in jedem Film dann auch wieder extrem schwache Momente dabei - sehr seltsam kadrierte Heranfahrten, unfassbar flach komponierte Bilder,... diese extreme Unebenheit kann man durchaus auch als "Unzulänglichkeit" bezeichnen.


Ich bin nicht vom Fach wie Du - und deswegen sehr dankbar, mal etwas zur Kameraarbeit von einem echten Profi zu erfahren. Diese Sache, die Du als Unebenheit bezeichnest, ist mir tatsächlich im Henker auch aufgefallen. Gerade die nüchternen Aufnahmen im Polizeibüro stehen im Kontrast zu den extrem atmosphärischen Bildern bei Nacht außen. Allerdings war ich tatsächlich davon ausgegangen, dass es nicht als Unzulänglichkeit aufzufassen ist, sondern tatsächlich absichtlich so gestaltet ist. Felmy als reichlich konsternierter Beamter in ebensolchen Bildern quasi. Auch die Kiebach-Bauten passen dazu: nüchtern, fast spröde, seelenlos, letztlich ohne jedes Leben. Die Einstellungen sind grell ausgeleuchtet, die Bilder matt und - ja, tatsächlich! - irgendwie flach. Für mich passt das alles in allem aber zu dem, was hier die Handlung

Seinen Platz in meiner ganz persönlichen Bestenliste der Kameramänner hat sich Richard Angst indes nicht durch den Henker erworben, sondern durch die John-Knittel-Verfilmung "Via Mala" von Paul May (1961). Ich bin bei jeder neuen Betrachten immer wieder begeistert über die durch und durch edel daherkommende Optik. Die Außenaufnahmen sind herlich tief und die Innenaufnahmen im Hause Lauretz oder im Sägewerk alle mit einem meisterlichen Kniff versehen: Um die Enge und Gedrungenheit noch optisch zu verstärken, hat Angst oft die Kamera auf Brusthöhe der Akteure montiert und leicht nach oben gefilmt. Eine Einstellung, die Innen wohl normalerweise recht selten vorkommt, weil es im Atelier normalerweise keine Decke gibt. Hier aber gibt es sie, bewusst tief eingezogen, und Angst hat da mit seinen Einstellungen eine echte Bedrückung geschaffen. Was die Außenaufnahmen anbelangt, fiele mir ansonsten nur noch Otto Heller ein, der in diesem Genre im Film "An heiligen Wassern" etwas der Angst'schen Aufnahmetechnik Vergleichbares zu Wege gebracht hätte.

Zitat von Fabi88 im Beitrag #108

Wenn nicht die Momente wären, wie das "Karottenkauen aus Kiefersicht" und Ähnliches, würde ich Karl Löb in die selbe Kategorie stecken - wobei diese Ideen wahrscheinlich eher auf Vohrers Kappe gehen.
Ansonsten hat Löb wohl weit weniger "Wow-Momente" produziert als Angst, aber bei ihm fehlen eben Bilder, die ein Stirnrunzeln verursachen völlig.

Löb schätze ich ähnlich wie Angst, wobei Löb eben auch einiges gemacht hat, was weniger nachhaltig war. Vielleicht auch deswegen, weil er einfach eine Unzahl an Filmen gemacht hat. Diese Impossible-Shots gehen sicher auf Vohrers Konto, ähnliches hat er ja beispielsweise auch mit Kurt Hasse als Kameramann gemacht. Allerdings bot auch Löb Wiedererkennungswert, selbst dann, wenn nicht Freddy Vohrer im Regiestuhl saß. Bei den "Herren mit der weißen Weste" (Staudte) gibt es einige Einstellungen (Türklinke in Großaufnahme mit blinkender Beleuchtung à la Kneipe am Fenster gegenüber), die sich bei Löb immer mal wieder finden. Ihm gebührt m.E. halt das Kompliment, den Wallace-Filmen trotz Farbe nicht den Garaus gemacht zu haben. Die Sache mit Licht und Schatten hat er selbst ab '66 noch recht gut im Griff gehabt.

Beide - Angst und Löb - eint in meinen Augen aber noch was anderes: Beide wurden dem als bildgewaltigen Regisseur bekannten Fritz Lang zur Seite gestellt und beide haben in ihrer jeweiligen Zusammenarbeit mit dem großen "Optiker" nicht gerade ihre besten Arbeiten abgeliefert. Ich erinnere mich gut daran, dass ich nach dem ersten Sehen der "Tausend Augen" ein wenig ernüchtert war, hatte ich doch optisch etwas Vergleichbares zu Langs Vorkriegskrimis erwartet. Das war vielleicht etwas naiv in der Herangehensweise, jedoch würde ich selbst bei heutiger Betrachtung sagen, dass Karl Löb im Zusammenspiel mit Vohrer besser war als mit Lang.

Gruß
Jan

Jan Offline




Beiträge: 1.753

27.07.2020 23:15
#111 RE: Bewertet: BEW - "Der Henker von London" (4) Zitat · Antworten

Der Henker von London
Kriminalfilm BRD 1963 • mit Hansjörg Felmy, Maria Perschy, Dieter Borsche, Rudolf Forster, Rudolf Fernau, Wolfgang Preiss, Harry Riebauer, Alexander Engel, Stanislav Ledinek, Albert Bessler und als Cabby Pennypacker: Chris Howland • Musik: Raimund Rosenberger • Drehbuch: Robert A. Stemmle nach dem Roman "George und Jojo" von Bryan Edgar Wallace • Kamera: Richard Angst • Schnitt: Walter Wischniewsky • Herstellungsleitung: Heinz Willeg • Gesamtleitung: Artur Brauner
Regie: Edwin Zbonek


Betrachtet man seine niedergeschriebenen Gedanken, so wollte der erstmals für einen BEW engagierte Österreicher Edwin Zbonek bei seinem Henker möglichst unumwunden und direkt zum Punkt kommen, und so beginnt der Film auch mit einem Paukenschlag - zunächst aus der charakteristischen und aus dem Off eingespielten Raimund-Rosenberger-Musik, dann im Bild mit dem ersten Standgericht des Henkers. Zbonek beginnt seinen Film mit dem "Gothic-Part", wie man ihn aus heutiger Sicht vermutlich nennen würde. Parallel dazu wird im weiteren Verlauf neben diesem klassischen Gothic-Horror mit Einführung des Frauenmörders ein quasi neoklassischer Ast eingeflochten, der zum Ende hin mit dem ursprünglichen Grusel verwoben wird. Das Konstrukt, zwei parallele Handlungsstränge verlaufen zu lassen, ist de facto keine besonders neue Erfindung, führt zudem in vielen Fällen eher zu Konfusion als zu der wohl beabsichtigten Abwechslung. Im Falle des Henkers darf Autor Stemmle und Regisseur Zbonek indes attestiert werden, dass die beiden Handlungsstränge geschickt miteinander verbunden werden - einerseits durch die persönliche Betroffenheit des Inspektors, andererseits durch die beinahe herbeigesehnte Rache am Frauenmörder durch den Henker.

Insofern es etwas an dem von R.A. Stemmle verfassten, durch und durch spannenden Buches zu kritisieren gibt, dann allenfalls der Umstand, dass sich der Autor ein bisschen allzu sehr auf die Seite des Henkers zu schlagen scheint. Nicht nur wird diesem durch den ehemaligen Richter Sir Francis (im Übrigen herrlich verschroben verkörpert durch Rudolf Forster samt des beinahe noch schrägeren Buttlers Rudolf Fernau) eine hoch professionelle Vorgehensweise attestiert. Auch narrt der Heker den altehrwürdigen Yard mit dem wiederholten Diebstahl des Henkerstrickes durchgehend. Es ist Regisseur Edwin Zbonek, der indes zusammenfassend dafür Sorge trägt, aus dem Henker kein Plädoyer für Selbstjustiz werden zu lassen. Mit der ersten Einstellung beginnend zeigt Zbonek die Standgerichte durch und durch abstoßend, verborgen in einer feuchten Höhle, verstohlen und von Unrecht geplagt. So kommt in keinem Moment des Films der Gedanke auf, der Henker von London sei ein Vollstrecker des Rechtes. Vielmehr wird er als das gezeigt, was er ist: als Mörder.

Zum ersten Mal in einem BEW ist Hansjörg Felmy dabei. Schon früh ist absehbar, dass sein Part anders angelegt ist als bei BEW bis dahin gewohnt. Waren Joachim Hansen und Harry Riebauer noch gewissermaßen Doubletten der Rialto-Vorbilder, so schwingt bei Felmy ein gewisser Schwermut mit, der dem Zuschauer letztlich durch die Ermordung seiner Schwester erklärt wird. Ohnehin bietet der Henker kaum echte Frohnaturen - einmal von dem an der Aufklärung immer wieder interessierten Chris Howland, der inmitten des Films kurz seinen Gassenhauer "In der Kneipe am Moor" zum Besten geben darf. Die Equipe schwankt mehr als bei klassischen Wallace-Filmen zwischen ernsthaft-rechtschaffenden Beamten - im Falle des von Wolfgang Preiss aggressiv verkörperten Chef-Inspektors ohne sonderliches Sympathiepotential - und verschrobenen Charakteren, die man seinerzeit vermutlich für typisch britisch befand. Hervorzuheben ist neben Hansjörg Felmy und den beiden "schrägen Rudolfs" sicherlich noch Dieter Borsche, dessen Schlag bei Frauen möglicherweise etwas unglaubwürdig zurück bleibt, der ansonsten jedoch einen schaurigen Doktor abgibt, dem es an großen Vorbildern in der Filmgeschichte kaum mangeln dürfte.

Erwähnenswert erscheint mir, dass auch Jan Hendriks beim Henker von London dabei war und mindestens drei Drehtage absolvierte. Dass er im fertigen Film nicht mehr vorkommt, dürfte daran liegen, dass er während der Dreharbeiten von einem anderen Schauspieler ersetzt wurde. Mutmaßlicherweise handelt es sich bei diesem anderen Schauspieler um Narziss Soktscheff, der den doppelseitig geschliffenen Messerjoe spielt. Zumindest gibt der Tagesbericht von Produktionsleiter Heinz Götze vom Montag, den 09.09.1963 an, dass Jan Hendriks seinen 3. Drehtag im Lagerhaus Brückner in Haselhorst ("...bei den Docks, India-Werft...") spielte. Da alle übrigen Darsteller dieses Tagesberichtes im fertigen Film zu sehen sind, der Tagesbericht den Namen Sokatscheff indes niht nennt obschon er im fertigen Film in diesen Szenen vorkommt, bleibt als einzige Rolle eigentlich die des besagten Messerjoe, welche durchaus auch auf Hendriks gepasst hätte. Dass Hendriks bis dahin drei Drehtage hatte, legt überdies die Vermutung nahe, dass der Part des Messerjoe ursprünglich größer angelegt war als er schlussendlich im Film dann vorkommt. Tatsächlich wirkt der Bomben schickende Ex-Häftling im Endprodukt etwas stiefmütterlich behandelt. Großen Sprechtext hat der nachträglich synchronisierte Sokatscheff nämlich nicht und so bleibt es fraglich, warum man Jan Hendriks ersetzte. Eine mögliche Erklärung wäre der Motorradunfall Hendriks', der tatsächlich im Jahr 1963 gewesen sein soll. Wann genau ist (mir) nicht bekannt. Ein solcher Unfall indes könnte die Umbesetzung inkl. nachträglicher Kürzung der Rolle erforderlich gemacht haben.

Zurück zum vortrefflichen Film, wobei das meiste tatsächlich bereits gesagt ist. Erwähnenswert erscheint mir natürlich abermals bei BEW Kameramann Richard Angst. Wenngleich die von ihm gewohnten Einstellungen aus den Zusammenarbeiten mit F.J. Gottlieb hier etwas verhaltender erscheinen mögen, trägt Angst doch wesentlich zur Stimmung vor allem bei den nächtlichen Standgerichten und Exekutionen bei. Nebel, Beleuchtung mit Streulicht, nasses Kopfsteinpflaster: Uriger und schauriger war es auch bei der Rialto nicht. Des weiteren der ebenfalls von mir bereits bei anderer Gelegeneheitt über den grünen Klee gelobte Raimund Rosenberger, dessen Sound im Henker im wahrsten Sinne des Wortes mit Pauken und Trompeten auftrumpft. Zurückhaltung ist Rosenbergers Sache nicht. Die Musik schrillt und kreischt, ist aber doch melodisch und die musikalische Hinterlegung des von Edwin Zbonek ohne Sentiment angenehm unprätentiös inszenierten Endes ist in ihrer gefühlvollen Ausprägung fast ein wenig verwunderlich, passt aber vortrefflich.

"Der Henker von London" darf sich rühmen, einer der besten Kriminalfilme der 1960er Jahre zu sein. Zwar reitet auch er auf der Wallace-Welle, erlaubt sich indes, überdies auch eigene Wege zu gehen. Die Auflösung ist ein echter Paukenschlag und verglichen mit vorangegangenen Produktionen ein ziemliches Novum. Eine auf volle Spannung bedachte Regie, tolle Kamera und treffsicher ausgesuchte Darsteller runden das fehlerfreie Bild ab. 5 von 5 Punkte sind eine Selbstverständlichkeit für diesen Überflieger!

Gruß
Jan

Giacco Offline



Beiträge: 2.517

28.07.2020 14:15
#112 RE: Bewertet: BEW - "Der Henker von London" (4) Zitat · Antworten

Dass ursprünglich auch Jan Hendriks als Darsteller vorgesehen war, geht offensichtlich nur aus dem entsprechenden Tagesbericht der CCC-Film hervor. In der ersten Film-Echo-Ankündigung wird nur Narziss Sokatscheff genannt. Allerdings erfolgte diese nach dem 9.September.

Da hier noch die damalige Film-Echo-Kritik fehlt, möchte ich sie hiermit nachtragen:

"In London arbeitet ein Privatgericht, das die in England noch immer gebräuchliche Todesstrafe gegen Verbrecher verhängt, die der staatlichen Justiz durch die Maschen schlüpfen konnten. Nachdem wir schließlich erfahren haben, wer der Initiator dieser mit profunden Rechtskenntnissen ausgestatteten Feme ist, kommt man sich wieder einmal leicht düpiert vor. Nicht etwa, dass der Ideenlieferant Bryan Edgar Wallace und der Drehbuchautor R.A.Stemmle plumper gearbeitet haben als die meisten ihrer Kollegen von der deutschen Krimi-Filmfront. Sie haben lediglich das bequeme Verfahren, sich einer einigermaßen plausiblen Erklärung mysteriöser Geschehnisse durch die Flucht in die Abblendung zu entziehen, noch einmal angewendet. Da bleibt dem gutmeinend-besorgten Kritiker nur die Frage übrig, ob es nicht allmählich an der Zeit wäre, der so erfreulichen Kriminalfilm-Konjunktur eine größere Dosis Logik und Sorgfalt zuzuführen.
Der Regisseur Edwin Zbonek hat es an der wirksamen Herausarbeitung äußerlicher Gruseleffekte nicht fehlen lassen. Ein Leichenwagen wird zum Symbol nächtlicher Exekution, ein Skelett schreckt uns und den Mörder, ein Seziermesser blinkt in Großaufnahme an der Kehle der betäubten Maria Perschy. Wenig geschah jedoch, um die Unbeholfenheit vieler Dialoge zu überspielen. Wolfgang Preiss macht aus einem hohen Scotland-Yard-Beamten einen ungeduldig polternden Bürochef. Rudolf Forster muß recht bedeutungslosen Sätzen bedeutsame Betonung geben. Hansjörg Felmy erscheint rückschauend gesehen für sein Verhalten zu weichlich und energielos. Überhaupt nicht zuende gedacht ist die Rolle von Chris Howland. Die finanzielle Kalkulation scheint jedoch aufzugehen."

schwarzseher Offline



Beiträge: 626

28.07.2020 19:23
#113 RE: Bewertet: BEW - "Der Henker von London" (4) Zitat · Antworten

Die Film Echo Kritik zeigt eigentlich nur eines.......sie haben Wallace bzw. die damalige Filmumsetzungen nicht kapiert."größere Logik und Sorgfalt " Scotland Yard Chef nicht seriös.....blablabla.........da möchte man rufen....das sind Märchenkrimis ihr ....... da muss Grusel und Äbte und Gruften und alles mögliche,sonst kann man ja gleich einen "korrekten " Langweiler für dir Herren Kritiker drehen.

Jan Offline




Beiträge: 1.753

28.07.2020 19:43
#114 RE: Bewertet: BEW - "Der Henker von London" (4) Zitat · Antworten

Zitat von Giacco im Beitrag #112
Dass ursprünglich auch Jan Hendriks als Darsteller vorgesehen war, geht offensichtlich nur aus dem entsprechenden Tagesbericht der CCC-Film hervor. In der ersten Film-Echo-Ankündigung wird nur Narziss Sokatscheff genannt. Allerdings erfolgte diese nach dem 9.September.

Es ist natürlich auch nur eine Vermutung, dass Hendriks die Sokatscheff-Rolle inne hatte. Genaueres würde man vermutlich herausfinden, wenn man in Frankfurt z.B. einmal alle Tagesberichte einsehen würde. So müsste es angesichts der drei absolvierten Drehtage Hendriks' ja auch einen geben, bei dem in der Dekoration der Bar (Wiedersehensfeier des Messerjoe) neben Statisten nur Chris Howland gelistet sein müsste. Mir fällt in den am 09.09.1963 gedrehten Szenen im Lagerhaus nur besagter Messerjoe ein, der neben Felmy, Perschy, Ledinek und Howland dort präsent ist.

Leider ist es mir bisher nicht gelungen, den genauen Zeitpunkt Henriks' Unfall zu ermitteln. Ich kenne nur den Hinweis hier im Forum, auf dem m.W. auch der Wikipedia-Eintrag basiert. Sicher gibt es zu besagtem Unfall auch zeitgenössische Pressemitteilungen; nur leider nicht digitalisiert verfügbar.

Gruß
Jan

Marmstorfer Offline




Beiträge: 7.519

29.07.2020 12:18
#115 RE: Bewertet: BEW - "Der Henker von London" (4) Zitat · Antworten

Sehr interessante Infos bzgl. Hendriks. Die Rolle im "Henker" wäre ja sein einziger Auftritt in einer Wallace-Epigone gewesen, wenn man einmal von der Rialto-Produktion "Wartezimmer" absieht. Harry Wüstenhagen war bei Wallace ebenso häufig beschäftigt, aber auch nie in einer Epigone zu sehen. Wohingegen andere "typische" Nebendarsteller der Krimiwelle munter zwischen "echtem" Wallace und Epigonen hin und her sprangen, etwa Werner Peters, Dieter Eppler, Alexander Engel und Albert Bessler. Rudolf Fernau und Hans Nielsen waren bei der Rialto eher unterrepräsentiert, aber gefühlt in jeder zweiten Epigone mit dabei.

Dr. Oberzohn Offline



Beiträge: 644

29.07.2020 21:23
#116 RE: Bewertet: BEW - "Der Henker von London" (4) Zitat · Antworten

Der Henker von London ist von allen Filmen, die im Namen des Wallace-Sprosses Bryan verzapft wurden, mein absoluter Favorit. Alleine schon die Eröffnungssequenz, der Vermummte mit der Leichenkutsche auf dem nebligen Friedhof – einfach genial. Überhaupt ist die Kameraarbeit doch sehr gelungen, auch die Filmmusik, obwohl sehr reißerisch, passt gut.
Vieles ist in diesem Thread ja schon angesprochen wurden. Tatsächlich ist das Motiv des Täters ungewöhnlich ernst und realistisch, keine Jagd nach Millionenerbe oder verstecktem Familienschatz, sondern Rache oder, je nach Auslegung, gerechte Bestrafung an schweren Gesetzesbrechern, die der offenbar auch schon damals, in einer eher betulichen Zeit, recht kurzarmigen Justiz entgangen waren. Meiner Ansicht nach erfährt der Feme-Henker bei seinem gesetzeswidrigen Tun von Seiten der Filmemacher schon ein bisschen Sympathie, und mal ehrlich, warum auch nicht ? Filme, in denen Diebe, Räuber und Schlimmeres als Hauptdarsteller und Helden agieren und man sich offen auf deren Seite stellt, gab und gibt es ja auch zur Genüge, warum nicht mal ein wenig Zustimmung für jemanden, der seine Verbrechen nicht aus Eigennutz, sondern aus edleren Motiven begeht ? Letztlich will das geheime Gericht ja die Gesellschaft besser machen, die oft aus Gleichgültigkeit oder Ungerechtigkeit auf die Bestrafung von Kriminellen verzichtet. Zumal der Chef der Bande ja sozusagen vom Fach ist und sich im Metier auskennt. Das ändert nun nichts daran, dass diese selbsternannten Richter Mörder sind, deren schlimmstes Vergehen trotz allem wohl darin besteht, das Gewaltmonopol des Staates in Frage zu stellen. Wie schon in den vorherigen Erörterungen geschrieben wurde, ist es hier mit der lebensfernen Kuscheligkeit vieler anderer Krimis der damaligen Zeit vorbei.

Dabei ist der Henker von London wohl einer der ersten Filme in dieser Richtung, wo frustrierte Beamte aus dem Polizei- oder Justizsystem das Recht in die eigenen Hände nehmen. Das hat viele Nachfolger gefunden. Dirty Harry Calahan Clint Eastwood, selber sehr eng an der Grenze zur Selbstjustiz, musste im Teil 2 gegen Killer-Cops antreten, Michael Douglas hat sich in Ein Richter sieht rot einem geheimen Tribunal angeschlossen, und Alain Delon kämpfte in beiden Panther-Filmen gegen Polizisten und deren Helfer, die außerhalb der Legalität bestraften. Gibt sicher noch viele andere Beispiele. Zeigt doch auch die Brisanz des Themas, sogar Agathas Christies legendäre und vielverfilmte Story über die Geschehnisse auf der Insel mit dem bösen Namen schlägt ja aufgrund des Täters in diese Richtung.
Im Vergleich zu den Massakern, die in einigen der Nachfolgefilme angerichtet werden, erscheint das Treiben der Londoner Verschwörerbande ja wirklich noch fast gesetzeskonform, mit Beweisführung und perfekt ausgearbeiteter Anklageschrift. Allerdings ist ja der Hauptantrieb trotzdem hier letztendlich persönliche Rache, die die Verschwörer eint und stellvertretend an anderen Ganoven ausgelebt wird, natürlich fragwürdig und zu Recht als verbrecherisch bezeichnet.

Viel Heimeligkeit bleibt auch sonst nicht:
Die Hauptfigur nutzt die Liebe seiner Verlobten für sich aus, wobei er sie noch gefährdet. Der Chef von Scotland Yard ist mal nicht gutmütig-vertrottelt wie Sir John, sondern ein selber unter Druck stehender Karrierist, alles andere als sympathisch. Auch der zweite Faden um den Lustmörder, der blonden Frauen die Köpfe abschneidet, ist sehr spannend, wenngleich etwas zu hektisch umgesetzt und für die beginnenden Sechziger auch eher ungewöhnlich. Dass sich der «Kopfjäger» als mad scientist entpuppt, ist regelrecht original-wallace-like. Die Zusammenführung der beiden Handlungsstränge am Ende ist sicher etwas holperig, doch durchaus zu verkraften. Auch die sprichwörtliche Demaskierung des Henkers sollte eine ungewohnte Überraschung für das harmoniebedürftige Publikum gewesen sein. Vielleicht ein ähnlicher Schock wie die des Rasiermessermörders im nächsten Jahr bei Zimmer 13.

Natürlich hat der Film auch etliche Schwächen. Der immer wieder verwendete Henkerstrick aus dem Kriminalmuseum ist genauso unnötiger Ballast wie der «falsche» Henker. Hier klafft auch wieder mal ein arges Logikloch, wieso sollte der nun genauso auftreten wie der «richtige» Henker, wo doch niemand außer den beteiligten Helfern und den verurteilten Hingerichteten davon wissen konnte ? Am schlimmsten immer noch die Episode mit dem Ermordeten, den man als Mumie ans Museum verkauft hat – was soll dieser Unsinn ?
Chris Howlands vielkritisierte Darstellung als Pennypecker ist vielleicht doch nicht ganz gerechtfertigt, brauchte er doch sein tölpelhaftes Gebaren als Tarnung für seinen Sonderauftrag, wobei er irgendwie auch nicht ganz so penetrant wie bei anderen Filmen rüberkommt.

Die Filmecho-Kritik beweist eigentlich neben anderen wieder mal eins: bei den Herren Zeitungsjournalisten statt sorgfältiger Recherche lieber Nachplappern von fehlerhaften Darstellungen, auch schon damals. Bryan Edgar Wallace als "Ideenlieferant" zu bezeichnen käme wohl niemanden in den Sinn, der mal «White Carpet» gelesen hat, das Buch hat eine völlig andere Handlung, es sei denn, man will die zwei, drei Namen, die aus dem Roman quasi als Alibi übernommen wurden, als «Ideenlieferung» bezeichnen.

Ich würde dem Henker als einzigem Bryan-Edgar-Wallace-Film die volle Punktzahl geben.

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