Meinen Sommerurlaub in Hamburg nahm ich zum Anlass, gemeinsam mit @Marmstorfer ein paar Drehorte abzulichten, die in der Bildergalerie noch nicht verzeichnet waren. Diesmal wollten wir uns auf die frühen Hamburg-Produktionen „Die Bande des Schreckens“ und „Die toten Augen von London“ konzentrieren, die bislang noch ein wenig unterrepräsentiert waren, obwohl sie über einige besonders schöne Außen- bzw. On-Location-Drehs verfügen.
Die Bande des Schreckens
Die eigenwillige Mrs. Revelstoke bewohnt eine Villa, deren Vorgarten Harald Reinl und Albert Benitz in gleich mehreren Szenen und Einstellungen zeigten. Den zugehörigen Drehort fanden sie im Stadtteil Uhlenhorst, in dem die Fährhausstraße auf das im Zweiten Weltkrieg zerstörte gleichnamige Ausflugsziel zuläuft. Fährhausstraße 23 ist die Adresse des Revelstoke-Hauses (somit stimmt die im Film zu sehende Hausnummer), das einen weiteren Filmauftritt in der Thomas-Mann-Verfilmung „Die Bekenntnisse des Hochstaplers Felix Krull“ (1957) hatte. Ein Bild im Bericht zu diesen Dreharbeiten in Münchs und Utlers „Drehort Hamburg“ (S. 59) brachte uns auf die richtige Spur ...
Für zwei andere Szenen begab sich Reinl (wie auch später bei der Säulenvilla in „Der Fälscher von London“*) in Flussnähe an die Elbchaussee, wo der heutige Internationale Seegerichtshof auf dem Grundstück der Schröderschen Villa von 1905 seinen Sitz hat. Eine Zusammenfassung zur Geschichte des Seegerichtshofs kann hier nachgelesen werden. Für die „Bande“ stellte die Villa Schröder die Villa Crayley dar, obwohl sie in Wahrheit recht weit oberhalb des Elbufers steht und die Gegenschüsse zum Steg, über den Chefinspektor Long und Miss Sanders auf dem Grundstück ankommen, in Wahrheit nicht zu diesem Drehort gehören.
Noch ein paar Kilometer weiter in Richtung Blankenese (aber noch zum Stadtteil Nienstedten gehörend) bietet der Hirschpark gestressten Großstädtern ruhige Grünflächen, Wildgehege und – für uns Wallace-Fans noch wichtiger – eine große Rhododendronanlage und Lindenallee. Hier entstand die Schlussszene für die „Bande“, in der Fotograf Edwards sein populärstes, 1000-fach vervielfältigtes Foto schießt.
Die toten Augen von London
Mit dem Sandberg haben die „toten Augen“ bereits ein atmosphärisches Schwergewicht im Köcher. Eingefangen haben wir letzte Woche aber noch einen weiteren beeindruckenden Schauplatz in der besten Tradition der architektonisch ansprechenden Hamburger Kontorhäuser. Das Asia-Haus befindet sich an der großen Ost-West-Magistrale der Innenstadt, der Willy-Brandt-Straße, und wurde in zwei Abschnitten 1900 und 1909 eröffnet. Heute ist der Hauptmieter die Reederei MSC; das Gebäude befindet sich in einem vorbildlich restaurierten Zustand und der Fahrstuhl, in dessen Schacht einst Flimmer-Fred seinen ikonischen Tod fand, kann immer noch benutzt werden. Wir wagten eine Fahrt und überstanden sie unbeschadet; die Kabine war glücklicherweise dort, wo sie hingehört. Das scheint allerdings nicht immer so zu sein ...
*) Anmerkung zur Villa Clifton aus dem „Fälscher“: Das Gebäude befindet sich in einem schlechten Zustand und wird nun als stadtbildprägendes Bauwerk von der Denkmalbehörde zwangssaniert. Wir schauten vorbei und fanden einen Teil des Gebäudes eingerüstet und eine Leiter ans Säulenrondell gelehnt. Hier ein zugehöriger Zeitungsartikel.
Zitat von Lord Low im Beitrag #213Wurde die Szene, in der man Flimmer-Fred überfahren will, im Studio gedreht?
Die Szene sieht mir schon nach einem Außendreh aus (habe den Drehplan gerade nicht griffbereit). Durch die Kürze und dadurch, dass nicht besonders viel von der Umgebung zu sehen ist, ist es aber natürlich möglich, dass sie entweder auf dem Studiogelände oder in einem Abwasch mit einem anderen Drehort gedreht wurde.
Auch diese Szenen entstanden in Hamburg. Wo genau, ist meines Wissens nach bisher noch nicht geklärt. @Elford weiß es eventuell. Es ist aber sehr wahrscheinlich, dass die "Blossom Lane" heute nicht mehr so aussieht wie 1961 oder womöglich gar nicht mehr existiert - sei es aufgrund der Sturmflut 1962 oder aufgrund diverser Umbaumaßnahmen in den letzten Jahrzehnten. Die etwas "vornehmeren" Drehorte überdauern die Zeit meist besser.
Zitat von Lord Low im Beitrag #218Hat sich der Sandberg auch wegen der Sturmflut verändert?
Nein. Von der Sturmflut war in erster Linie die Elbinsel Wilhelmsburg betroffen, da es dort zu diversen Deichbrüchen kam. Die Schäden am nördlichen Hafenrand hielten sich arg in Grenzen. Zudem liegt der Sandberg so hoch (man denke an die Treppe, die der Blinde Jack mit seinem Opfer auf den Schultern hinuntersteigt; anschließend steigt die Straße im weiteren Verlauf sogar noch steil an), dass ernsthafte Sturmflutschäden auszuschließen sind. Das Treppengeländer aus dem Film steht schließlich auch heute noch.
Zitat von Gubanov im Beitrag #215Danke für euer Lob.
Zitat von Lord Low im Beitrag #213Wurde die Szene, in der man Flimmer-Fred überfahren will, im Studio gedreht?
Die Szene sieht mir schon nach einem Außendreh aus (habe den Drehplan gerade nicht griffbereit). Durch die Kürze und dadurch, dass nicht besonders viel von der Umgebung zu sehen ist, ist es aber natürlich möglich, dass sie entweder auf dem Studiogelände oder in einem Abwasch mit einem anderen Drehort gedreht wurde.
Im Drehplan ist die Fahrstuhlszene als Atelieraufnahme gekennzeichnet. Ob das letztendlich dann auch so erfolgt ist, kann ich (noch) nicht sagen. Ich hoffe dann auf mehr Informationen, wenn wir (hoffentlich noch) in diesem Jahr eine Führung an diesem Drehort mit einem Zeitzeugen haben werden.
Zitat von Lord Low im Beitrag #220Danke für die Info! Was hat dann zu den Veränderungen am Sandberg geführt?
Letztendlich eine marode Bausubstanz und eine zu verdichtete Bebauung. Neben dem "Sandberg" betraf dies auch einige angrenzende Straßen, die inzwischen komplett aus dem Stadtplan verschwunden sind. Bereits 1964 waren die Häuser aus den "Toten Augen" abgerissen. Für uns Drehortsucher ein Glücksfall, das die alte Treppe und ein Teil der Straße noch existieren.