Gleich zu Beginn des Hamburg-Urlaubs am Anfang dieses Monats packte mich das Drehort-Fieber und ich machte mich, ausgerüstet mit einem Fahrrad, zu einem Ausflug aufs platte Land auf: In Tremsbüttel (Kreis Stormarn, Schleswig-Holstein), knappe 30 Kilometer von Hamburgs Innenstadt entfernt, schlug bekanntermaßen 1960 das Drehteam von „Die Bande des Schreckens“ auf, um am dortigen Schloss Außenaufnahmen für Cravels Golfhotel in Little Heartsease anzufertigen. Tatsächlich dient das Schloss heute als Hotel und es könnte sich dort auch wirklich eine so erlesene Gesellschaft wie im Film versammeln, auch wenn statt eines Golfplatzes eher Ruhe und Erholung im hübsch gestalteten und sehr gut gepflegten Schlosspark angeboten werden. Dieser steht auch aushäusigen Besuchern offen – ich kann ihn als Ausflugsziel nur empfehlen.
Während ich die Fotos von Auffahrt und Frontfassade des Schlosses schoss, wurde parallel dazu Rasen gemäht. Irgendwie stimmten wir uns aber wortlos so gut ab, dass der Gärtner und ich uns nie gegenseitig behinderten.
Ähnlich wie das Ahrensburger Schloss (vgl. Bericht von 2013) ist auch das Pendant in Tremsbüttel gut erhalten, wobei hier noch weniger Veränderungen gegenüber dem im Film abgebildeten Zustand auffallen, wie es sie in Ahrensburg z.B. mit der Freilegung des Wassergrabens zu verzeichnen gibt. Die Bepflanzung der Beete an der Auffahrt und die Lampen haben sich geändert und es wehen die deutsche und die europäische Fahne vor dem Haus; sonst ist kaum ein Unterschied zu erkennen.
Und weil es sich um so ein markantes Gebäude handelt, hat man es nicht bei einem Dreh belassen. Bisher noch nicht zur Sprache gekommen ist der Umstand, dass das Schloss Tremsbüttel auch in der Wallace-Epigone „Wartezimmer zum Jenseits“ nach James-Hadley-Chase-Vorlage zu sehen war – dort als Wohnsitz und Sterbeort von Sir Cyrus Bradley (Hans Paetsch).
Danke für eure netten Rückmeldungen. Da lege ich doch gleich eine Zugabe ein:
„Wallace made in Hamburg“ (Teil 4)
Ein paar Tage später unternahmen Percy Lister, Marmstorfer und ich einen kleinen Abstecher zu einem Drehort, den wir eigentlich schon 2012 ablichten wollten, der aber etwas abseits der damals gewählten Route durch Altona und Speicherstadt liegt. Die Rede ist von der Billwerder Bucht im Osten Hamburgs, die an der Mündung der namensgebenden Bille in die Elbe liegt und u.a. das Gebiet zwischen dem Kraftwerk Tiefstack und dem ehemaligen Holzhafen umfasst. Die direkte Verbindung zwischen beiden stellt der mittlerweile verkehrsberuhigte Moorfleeter Deich dar, der zwar ein harmloses Dorfflair unweit der Hamburger Mitte versprüht, es allerdings film- und fernsehhistorisch faustdick hinter den Ohren hat. Hier begegnet der interessierte ZDF-Zuschauer zum Beispiel dem Wohnhaus von Kommissar Stubbe, aber auch Freunde der Klassiker werden fündig.
Widmen wir uns dieses Mal zuerst dem „Wartezimmer zum Jenseits“: Hildegard Knef entsteigt nach der Szene, in der Klaus Kinski tot aufgefunden wird, einem Hausboot und setzt sich zu Carl Lange in ein auf dem Deich wartendes Taxi, das sie zum Flughafen bringt. Keine schlechte Strecke von der Billwerder Bucht bis zum Flughafen in Fuhlsbüttel – rund 20 Kilometer durch den Stadtverkehr würden das Taxameter heute in ordentliche Höhen treiben.
Auch ein „echter“ Wallace-Drehstab besuchte einst die Billwerder Bucht: Wie Hamburg-Kenner anhand der vier markanten Schornsteine des alten (unterdessen neugebauten) Tiefstack-Kraftwerks im Hintergrund erkennen, wurden auf Steganlagen auf dem Wasser jene Szenen in „Das Gasthaus an der Themse“ gedreht, in denen Herbert Oliver Douglas Barnaby junior seine Ruder-Trockenübungen durchführt (Stichwort „Und eins, und eins, nicht schlappmachen!“). Mittlerweile existieren die Stege natürlich nicht mehr im Zustand von 1962. Auch ist es nicht möglich, die Anleger, die sich heute in der Nähe befinden, zu betreten. Auf eine 1:1-Gegenüberstellung mussten wir verzichten. Deshalb war ein wenig Kreativität beim Finden einer vernünftigen Vergleichssituation gefragt. Nachdem wir Aufnahmen von der Moorfleeter und von der Kaltehofer Seite der Bucht aus probiert hatten, kamen wir zu dem Schluss, dass ein Blick von ihrem Südende nahe der A1-Elbquerung die Filmeinstellung am besten nachempfindet.
Auch ein Besuch der Hittfelder Mühle stand noch auf dem Tagesprogramm, aber die ist ja hier schon bestens dokumentiert.
Die Billwerder Bucht ist uns Nordlichtern als Drehort schon seit über 6 Jahren bekannt. Damals sah es auch noch etwas anders aus. Da wir vor einigen Jahren mit einem Zeitzeugen, der die Dreharbeiten mit erlebt hat und uns vor Ort detailliert erklärt hat, wo was gestanden hat, eine Führung hatten, kann ich sagen, dass dass die Perspektive oben komplett falsch ist.
Die Richtige einzufangen ist allerdings tatsächlich sehr schwierig.
Wie schon oben geschrieben: Da die Szene auf dem Wasser aufgenommen wurde, war eine exakte Nachstellung der Perspektive nicht möglich. Die grundlegende Richtung unserer Aufnahme stimmt natürlich trotzdem (Kraftwerk links hinten, Stromleitungen Mitte hinten, Häuser des Moorfleeter Deich rechterseits), allerdings befanden wir uns beim Fotografieren südlich des damals authentischen Drehorts, also etwas weiter entfernt von den oben genannten Orientierungspunkten. Zeitzeugenberichte sind nach 50 Jahren wenig vertrauenswürdig, wie sich auch auf anderen Gebieten immer wieder herausstellt.
Zitat von Gubanov im Beitrag #202Wie schon oben geschrieben: Zeitzeugenberichte sind nach 50 Jahren wenig vertrauenswürdig, wie sich auch auf anderen Gebieten immer wieder herausstellt.
Stimme ich grundsätzlich zu, allerdings nur in den Fällen, wo es sich um Beteiligte am Film handelt, die bei der Masse der Dreharbeiten, die sie durchgeführt haben, viele Erinnerungen durcheinander bringen.
Bei den Zeitzeugen handelt sich um kein Mitglied der Filmcrew, sondern um einen damals ca. 19-jährigen Jugendlichen, der an der Billwerder Bucht jahrzehntelang gewohnt hat. Wenn man als Jugendlicher so etwas mitbekommt, ist das ein einmaliges Erlebnis, das man nicht vergisst und da sind auch die Erinnerungen ziemlich präzise, speziell die, wie es vor Ort ausgesehen hat.
Es gibt außerdem diverse Veränderungen, die berücksichtigt werden müssen und die nachweislich Auswirkungen hatten, z.b. die veränderte Lage des neuen Kraftwerks usw. Ganz so einfach ist es nicht.
Über den Kraftwerksneubau haben wir uns vorab auch informiert. Das Kraftwerk steht heute unwesentlich westlicher. Ein ganz aufschlussreicher Blick auf beide Bauzustände ist hier zu sehen. Die Freifläche des alten Standorts auf dem Vattenfall-Gelände ist auch aus der Luft noch ganz gut zu erkennen. Und dadurch dass auf unserem Vergleichsbild das neue Kraftwerk etwas weiter links zu sehen ist als die Schornsteine aus dem Film, passt es ziemlich gut.
Zitat von Gubanov im Beitrag #204Über den Kraftwerksneubau haben wir uns vorab auch informiert. Das Kraftwerk steht heute unwesentlich westlicher. Ein ganz aufschlussreicher Blick auf beide Bauzustände ist hier zu sehen. Die Freifläche des alten Standorts auf dem Vattenfall-Gelände ist auch aus der Luft noch ganz gut zu erkennen. Und dadurch dass auf unserem Vergleichsbild das neue Kraftwerk etwas weiter links zu sehen ist als die Schornsteine aus dem Film, passt es ziemlich gut.
Leider nicht, aber ich will das hier jetzt nicht weiter ausdiskutieren, uns liegen genügend Aufnahmen aus der Zeit vor, u.a. zwei von den Dreharbeiten, die eine andere Sprache sprechen. (Sollen hier aber vorläufig nicht veröffentlicht werden, vielleicht zu einem späteren Zeitpunkt) Wie schon angemerkt es ist nicht ganz so einfach.
Zitat von Gubanov im Beitrag #204Über den Kraftwerksneubau haben wir uns vorab auch informiert. Das Kraftwerk steht heute unwesentlich westlicher. Ein ganz aufschlussreicher Blick auf beide Bauzustände ist hier zu sehen. Die Freifläche des alten Standorts auf dem Vattenfall-Gelände ist auch aus der Luft noch ganz gut zu erkennen. Und dadurch dass auf unserem Vergleichsbild das neue Kraftwerk etwas weiter links zu sehen ist als die Schornsteine aus dem Film, passt es ziemlich gut.
Leider nicht, aber ich will das hier jetzt nicht weiter ausdiskutieren, uns liegen genügend Aufnahmen aus der Zeit vor, u.a. zwei von den Dreharbeiten, die eine andere Sprache sprechen. (Sollen hier aber vorläufig nicht veröffentlicht werden, vielleicht zu einem späteren Zeitpunkt) Wie schon angemerkt es ist nicht ganz so einfach.
Naja, mehr als Behauptungen hast du hier ja noch nicht geboten. Was es an der Lageveränderung des Kraftwerks herumzudeuteln gibt, erschließt sich mir nicht. Das ist keine Diskussionsgrundlage, wenn du nicht konkret werden kannst oder willst. Case closed.
Ich möchte hier noch zwei weitere Bilder beisteuern. Am Sandberg wurde nämlich auch eine Szene für "Geständnis unter vier Augen" (Treffpunkt Kanalstraße) gedreht - das war 1954.
Zitat von Peter im Beitrag #183Bin zufällig nochmal auf interessante historische Sandberg-Bilder gestoßen.
Ich möchte hier noch zwei weitere Bilder beisteuern. Am Sandberg .........
Besten Dank zurück, an diesem Atmosphären-Klassiker kann man ja wirklich jede Perspektive genießen. Übrigens: Als ich im zarten Schüleralter zum Wallace-Fan mutierte, lag das hier zu sehende Gäßchen auf meinem Schulweg, kein Witz..... eher ein nebelumhüllter Schicksalswink. Wenn das mal nicht der zweite, fast der bessere, zumindest würdige Ersatz-Sandberg ist...! Und sieht heute noch so aus. Sollte also ein blinder Jack irgendwann mal wieder ein Betätigungsfeld benötigen, müsste man ihm seinen geliebten Haushügel wenigstens nicht in Babelsberg, Geiselgasteig oder Altona nachbauen...