Den Film habe ich soeben in der BR-Fassung von Kinowelt gesehen und schließe mich den eher positiven Stimmen an. Die Handlung als solche muss ich nicht abermals wiedergeben - das hat Georg schon ausführlich genug getan. Wie jeder erahnen kann, steht diese bei solchen Filmen auch nicht eben im Vordergrund. Dass die Auflösung nicht gerade zu den berauschenden Beispielen der Filmgeschichte zählt und am "Neues-vom-Hexer-Syndrom" leidet - will heißen, es wird jemand demaskiert, der im Film bis dahin nur als Name, jedoch nicht als Person vorkommt -, ist dem Sehvergnügen letztendlich nicht abträglich. Die Aufnahmen in und um Hongkong können als geglückt gelten, die zahlreichen Atelieraufnahmen (ich mutmaße, dass diese bei der Bavaria entstanden) halte ich für aufwendig und handwerklich weitestgehend in Ordnung.
Es war dies Manfred R. Köhlers erster abendfüllender Kinofilm als Regisseur. Dass er diesen versemmelt haben soll, mag ich nicht sehen. Im Gegenteil: Köhler inszenierte sein eigenes Drehbuch unterhaltsam, ohne allzu große Durchhänger oder Fehltritte. Sicher hätte man für die Aufnahmen des Londoner Apartments Ryans nicht gerade eine Gegend mit bundesdeutschem Jägerzaun wählen müssen, und dass dem erfahrenen Übersetzer und Dialogbuchautor Köhler ein Schild mit der Aufschrift "Bridge in Construction" passiert, zählt auch nicht gerade zu den Vorzügen. Dennoch gehört "Ein Sarg aus Hongkong" für mich zu den unterhaltsamen Abenteuerkrimis, die man sich in gemäßigten Abständen immer mal wieder ansehen kann.
Hinsichtlich der Besetzung indes wäre sicher mehr herauszuholen gewesen. Heinz Drache müht sich zwar redlich, den Typus des tiefgefrorenen Gockels abzulegen. Nur gelingt es ihm eben nicht immer. Er bleibt in vielen Szenen zu steif, zu unbeweglich und schlussendlich eben zu deutsch für die Rolle des draufgängerischen Playboys. Vor allem fällt dies in den Szenen unter weiblicher Beteiligung auf. Unwillkürlich macht sich der Zuschauer Gedanken, was wohl Mutti Drache zu Hause gesagt haben mag, als der brave Heinz da begann, ungelenk an den Mädchen herumzufingern. Ganz anders sieht dies schon bei Ralf Wolter aus. Wie weiter vorne schon beschrieben, fällt ihm das Glück einiger hervorragender Dialoge zu, sodass er sich weder klamaukig noch unfrewillig komisch zeigen muss, wie es in manch anderer Produktion jener Jahre der Fall war. Die interessante Besetzung des Willy Birgel bleibt darüber hinaus ein ebenso kurzes Gastspiel wie das der aparten Sabina Sesselmann.
Ein kleiner Abenteuerkrimi hingegen scheint auch hinter den Kulissen dieser Produktion abgelaufen zu sein. Erwin C. Dietrich behauptete hinterher, er sei von der Constantin mit der Produktion dieses Streifens beauftragt worden. Die "Constantin-Crew", so Dietrich, sei nach Abschluss der Dreharbeiten zu Helmuth Ashleys "Weiße Fracht für Hongkong" gleich vor Ort gelieben und habe ihn sabotiert, wo es nur ging. "Was immer ich organisierte, wurde passiv unterlaufen und für alles brauchten diese Profis plötzlich zehn Aufforderungen und zwei- bis dreimal länger als normalerweise. Die brachten ihre Ärsche nicht mehr aus den Korbsesseln hoch, und ich war bald einmal der Verzweiflung nahe", so Dietrich in Benedict Eppenbergers und Daniel Stapfers ungeheuer amüsanter Dietrich-Biografie "Mädchen, Machos und Moneten". Auch scheint zwischen Regisseur Köhler und dem (vermeintlichen) Produzenten Dietrich stimmungsmäßig eher Eiszeit vorgeherrscht zu haben. Köhler sei stur und renitent gewesen. Wobei er damit noch einigermaßen glimpflich davon kommt, wohingegen es Ralf Wolter durch die Brille Dietrichs immerhin schon zu einem "selten rücksichtslosen" Menschen brachte.
Betrachtet man sich die Sache jedoch einmal etwas objektiver und vielleicht auch etwas sachlicher, so sind Zweifel an Erwin C. Dietrichs Version durchaus angebracht. Ganz davon abgesehen, dass Ashleys "Weiße Fracht für Hongkong" m.W. nicht von der Constantin, sondern vom Gloria-Filmverleih in die Lichtspielhäuser kam, war auch die Crew zumindest in wesentlichen Positionen sowohl vor als auch hinter der Kamera (abgesehen von Rapid-Stammkameramann Klaus von Rautenfeld) eine völlig andere, und es erscheint daher durchaus fraglich, wer da wohl in Hongkong auf den schweizer Filmproduzenten gewartet haben soll. Mehr noch handelt es sich bei den Stabmitgliedern von "Ein Sarg aus Hongkong" weitestgehend um altgediente Rapid-Mitarbeiter. Dietrichs Version folgend, sei ihm jedoch der Stab durch die Constantin vorgeschrieben worden.
Insofern erscheint es eher wahrscheinlich, dass nicht Erwin C. Dietrichs Urania hier federführend agierte, sondern die Constantin so schlau war, die in diesem Sub-Genre erfahrene Rapid-Film von Wolf C. Hartwig zu beauftragen. Im Wege von Garantien oder Finanzbeteiligungen hatte sich Hartwig bereits in allen zuvorgehenden Hongkong-Produktionen Mitstreiter gesucht, und so wird es auch in diesem Fall gewesen sein. Wie es der gewiefte Erwin C. Dietrich indes fertigbrachte, dass seine Urania in den Company-Credits an erster Stelle noch vor der Rapid genannt wird, dürfte sein Geheimnis bleiben.
In der Vita Dietrichs ist dies allerdings nicht der einzige Vorfall dieser Art. Jedoch halte ich es für durchaus bemerkenswert, dass sein Ärger über die Begebenheiten in gerade diesem Fall die Zeiten offenbar mühelos überdauert hat. Bekanntermaßen tauchte die erste DVD-Veröffentlichung des Films "Ein Sarg aus Hongkong" bereits vor der Kinowelt-Version auf. Herausgegeben wurde diese durch Ascot-Elite; einem Unternehmen, an dem Erwin C. Dietrich zumindest Gesellschafteranteile hält und das dann auch prompt dafür sorgte, dass ein neuer Vorspann mit neuen Credits nach dem Gusto Erwin C. Dietrichs produziert wurde!
Darsteller: Heinz Drache, Ralf Wolter, Helga Andersen, Willy Birgel, Sabina Sesselmann, Pierre Richard, Monika John u.a.
Eine junge Frau namens Jo Ann Jefferson wird in den Räumlichkeiten des Privatdetektivs Nelson Ryan von einem Unbekannten ermordet. Jefferson war kurz zuvor mit einem Sarg aus Hongkong angereist, in dem sich ihr verstorbener Ehemann George Jefferson befindet, der bei einem Autounfall ums Leben gekommen sein soll. Ryan wird nun von George Jeffersons Vater beauftragt, die Umstände um den Tod seines Sohnes aufzuklären...
Sobald das bekannte und geschätzte Constantin-Logo erscheint und ein Film in Ultrascope folgt, macht sich zunächst mal ein Gefühl der Vorfreude bei Anhängern des deutschen Kriminalfilmes breit. Die erste Szene wirkt dann auch wie aus einem Wallace-Film. Ein Unbekannter erschießt an einem Schreibtisch in einem Büro stehend eine junge Frau, nachdem er vorher nur wenige Worte mit ihr gewechselt hat. Das Ganze wird aus der Täterperspektive eingefangen. In der Folge wird Heinz Drache, in dessen Räumlichkeiten das Ganze vor sich geht, als Detektiv und Zentralgestalt des Films vorgestellt. Ganz dem Drache-Rollentypus offenbart er sich als selbstbewusster, alleinstehender Mann mittleren Alters. Eine Rauferei und ein Gespräch mit Jeffersons Vater später ist der Entschluss, nach Hongkong zu reisen, bereits gefasst. Während er seine Koffer packt, empfiehlt ihm sein Assistent, auf diese Reise Bob Tooly mitzunehmen, die beiden hätten doch zusammen schon so manches Abenteuer erfolgreich gemeistert. Drache ist von der Idee angetan und wirft ein Kleidungsstück süffisant lächelnd Richtung Kamera.
Diese wirklich sehr gute Exposition schafft eine Erwartungshaltung, der der restliche Film dann nicht gerecht wird. Vor allem die Wallace-Verwandtschaft geht auch inhaltlich rasch verloren. Denn vor Ort vesandet die vom Ausgangspunkt her effektive Story rasch zwischen mal amüsanten, mal weniger amüsanten Episoden zwischen Drache, Wolter und schlecht synchronisierten Chinesen. Die von @Jan angesprochene Unbeholfenheit von Drache gegenüber der Damenwelt gehört dabei noch zu den charmanteren Aspekten. Auch der ein oder andere Spruch Ralf Wolters darf - Überraschung! - durchaus als gelungen verbucht werden, was man wohl getrost dem auch als Drehbuchautoren agierenden Köhler zuschreiben darf. Da es vor Ort nicht wirklich viele Figuren gibt, ist der weitere Verlauf der Geschichte einigermaßen vorhersehbar, auch in Sachen Action gibt es keine wirklichen Höhepunkte. Trotzdem kann man sich das Ganze bei herabgesetzter Erwartungshaltung und Aufnahmefähigkeit - gerade unter der Woche - gut ansehen, denn wirklich langweilig wird es nie und der Drache in Hongkong hat wie gesagt einen gewissen Charme. In einer kleinen und eigentlich überflüssigen Rolle sieht man übrigens Sabina Sesselmann, die ihren sehr selbsbewusst angelegten Part jedoch besser meistert als ihre beiden Wallace-Auftritte zusammen und so in der Erinnerung den Film betreffend fest verankert bleibt. Im Booklet zur DVD sieht man sie noch in einer anderen Szene, mutmaßlich der Schlussszene (dort sind neben ihr Drache, Wolter und ein paar Männer, die den titelgebenden Sarg aus Hongkong tragen, zu sehen), die jedoch der Schere zum Opfer fiel.
Erwin C. Dietrich, eigentlich als Produzent vorgesehn, verkrachte sich vor Ort mit der Produktion, wurde kurzerhand abberufen und durch den mit reichlich Hongkong-Erfahrung versehenen Wolf C. Hartwig ersetzt. Dies ist auch letztlich der Grund für die abenteuerliche "Veröffentlichungs-Orgie", denn sowohl Dietrich als auch Hartwig haben scheinbar die Rechte am Film. So brachten vor fast drei Jahren erst Ascot-Elite und wenige Monate danach Filmjuwelen "Ein Sarg aus Hongkong" jeweils auf DVD und Blu-Ray heraus. Bei der Ascot-Variante fehlt soll zum einen das Constantin-Logo fehlen, zum anderen wurde ein neuer Vorspann eingefügt, der anders als im Original auch Dietrich als Produzenten ausweist. Ich habe die DVD von Filmjuwelen. Das Format ist korrekt, die Qualität des Bildes ist aber nicht besonders gut. Wenig kraftvolle Farben und einige Bildfehler bekommt der Konsument zu sehen. Über die Blu-Ray liest man zumindest viel Positives. Interessierte sollten also lieber zu ihr greifen. Warum ich das damals nicht gemacht habe, weiß ich gar nicht mehr.
Das Zugpferd Drache sorgt dafür, dass "Ein Sarg aus Hongkong" auf überschaubarem Niveau ordentlich unterhält. Etwas für den Feierabend. 3,5 von 5 Punkten.
Wessen "Hongkong"-Abenteuer unserer beiden Wallace-Stars gefällt euch eigentlich besser? Draches "Ein Sarg aus Hongkong" oder "Das Mädchen von Hongkong mit Fuchsberger?
In meinen Augen bewegen sich die beiden Filme ziemlich auf einem Niveau (hab beiden 3,5 von 5 Punkten gegeben), würde gefühlsmäßig aber "Das Mädchen von Hongkong" knapp vorziehen. Einfach weil die Inszenierung besser ist, auch wenn "Sarg" alleine schon wegen seines Erscheinungsjahres mehr (Wallace-)Charme transportiert.
Ich bin der Meinung das „Ein Sarg aus Hongkong“ einfach eine bessere Atmosphäre hat. Nicht nur wegen den Erscheinungsjahr sondern auch wegen der Drehorte vor allem auch wegen der „Schlangenbar“ die mir durch ihr außergewöhnliches Design irgendwie im Kopf geblieben ist. Ein weiterer Faktor ist meiner Meinung nach das der Film „Das Mädchen von Hongkong“ eines der schlechteren filme mit Joachim Fuchsberger ist und „Ein Sarg aus Hongkong“ eines der besten Filme mit Heinz Drache ist. Meiner Meinung nach sind die filme „Ein Sarg aus Hongkong“ zusammen mit „Die Pagode zum fünften Schrecken“ die besten Hongkong filme allein schon wegen ihren Schauplätzen und weil sie meiner Meinung nach die einzigen sind die noch ein wenig Edgar Wallace Atmosphäre beinhalten.
Ich zöge letztlich auch den "Sarg" dem "Mädchen" vor. Indes hat das weniger mit Parallelen zu Wallace-Filmen zu tun, die ich hier weder erwarte noch in besonderem Maße sehe. Das Subgenre ist ein anderes, und es hat in meinen Augen einen ganz eigenen Charme, der (auch nicht anteilig) durch den des Wallace-Subgenres ergänzt oder ersetzt werden muss. Insofern ist mir an dieser Stelle eine gewisse Eigenständigkeit sogar recht lieb. Dass der "Sarg" ein durchaus gelungener Film ist, habe ich oben schon geschrieben, und ich gehöre auch nicht zu den Köhler-Kritikern. Ganz im Gegenteil: Was ich von ihm kenne, ist durchaus sehr unterhaltsame Ware. Köhler verstand es stets, mit Schwung und Charme zu inszenieren. Insofern frage ich mich nach wie vor, woher der Mann seinen schlechten Ruf hat. Sei's drum: "Ein Sarg aus Hongkong" hat z.T. höchst geglückte Dialoge, mit Ralf Wolter einen drolligen humoristischen Part, optisch wirksame Hongkong- und handwerklich aufwändige Atelier-Aufnahmen. Dem gegenüber ist das zeittypisch ohne Atelier gedrehte "Mädchen von Hongkong" sehr auf Fuchsberger zurecht geschnitten (er bestreitet gefühlt jede Szene) und letztlich auch aufgrund der Entstehungszeit viel härter und sexlastiger ausgefallen. Für einen Jürgen-Roland-Film der 1970er Jahre bleibt "Das Mädchen von Hongkong" dennoch recht verhalten-zivilisiert, Roland haut inszenatorisch weniger mit dem Vorschlaghammer zu als in seinen späten St.-Pauli-Filmen. Dennoch verliert der Film gegenüber den Produktionen der 1960er Jahre deutlich an diesem gewissen Märchen-Charme, der Hartwigs Exotik-Abenteuer stets ein wenig begleitete.
Für einen echten Vergleich des "Sarges" bieten sich insofern eher die Hartwig/Roland-Produktionen der 1960er Jahre an, und in diesem muss sich "Ein Sarg aus Hongkong" in keinem Fall verstecken. Ganz im Gegenteil.
Die Frage kam mir damals in den Sinn, weil ich die beiden Filme kurz hintereinander sah und bei Wallace ja immer wieder diskutiert wird, wer nun der bessere Inspektor ist. Daher die Frage, wer sich besser durch Hongkong geschlagen hat, wobei damit natürlich auch allgemein die Qualität der Filme im Vergleich gemeint war.
Im Übrigen kann man "Sarg" sicher besser mit den anderen Hongkong- und Exotikkrimis der 1960er vergleichen. Trotzdem schön, dass hier doch noch ein paar User eine Meinung dazu haben.