Seit einigen Tagen gibt es eine Biographie über Jan Hendriks. Vor nunmehr 29 Jahren verstarb der damals 63-jährige Schauspieler. Wer sich für Film und Fernsehen der fünfziger bis achtziger Jahre interessiert, erfährt ausführlich und detailliert sehr viel über Hendriks Arbeitsleben und dessen Werdegang.
Ui, wieder so eine Nachricht, mit der ich nicht wirklich gerechnet hätte! Danke für den Hinweis auf die Biografie. Da habe ich natürlich auch sofort zugegriffen!
Finde es immer schön, wenn auch mal Akteure in so einer Form gewürdigt werden, die nicht ganz so im Rampenlicht standen. Ein bisschen vergleichbar womöglich mit dem Buch über Siegfried Schürenberg. Und überraschende Veröffentlichungen zum Thema Wallace (im weiteren Sinne) sind immer willkommen - wie auch vor ein paar Jahren im Falle vom "unheimlichen Mönch auf Schloss Hastenbeck".
Habs mir auch bestellt alles was mit Wallace Filmen und Schauspielern gemein hat ist für mich interessat es gibt immer wieder was neues dann zu entdecken .grus chris2011
Zitat von Ray im Beitrag #27Hat schon jemand in das Buch reingeschaut und kann ggf. was dazu sagen?
Ja, ich habe es gelesen. Ich überlege noch, wie ich es freundlich schreibe... Falls Du verstehst, was ich meine.
Zusammenfassend würde ich sagen, dass jede Biografie über Jan Hendriks besser ist als keine Biografie über Jan Hendriks. Insofern ist es natürlich sehr löblich, dass sich Autor Thomas Barthol diesem tatsächlich weitgehend vergessenen Darsteller widmet. Auch muss dem Werk ganz bestimmt zugute gehalten werden, dass es sich der Aufmachung zufolge um ein mit eher geringen Mitteln entstandenes Buch handeln wird, an das man nicht die Ansprüche eines professionell lektorierten Buches legen sollte.
Meine Einleitung verrät bereits, dass wir es hier nicht mit einem sonderlich überraschenden oder gar tiefgreifenden Einblick in Jan Hendriks' Leben zu tun bekommen. Thomas Barthol skizziert Hendriks' Leben anhand seiner Theater-, Film- und Fernseh-Engagements. Im Mittelpunkt steht dabei vor allem zeitgenössische Primär- und Sekundärliteratur, die von Barthol eifrig zusammengetragen wurde. So gibt es zu den meisten Aufführungen und Filmen Auszüge aus Kritiken, Pressemitteilungen und Inhaltsangaben der Stücke und Filme. Der Fokus liegt dabei zumeist auf den Passagen der Quellen, die sich mit Jan Hendriks befassen. Einen großen Vorteil bietet das Buch insofern in seinem zeitlich sortierten Werkverzeichnis ab Seite 227, in dem nicht nur die Filme, sondern auch die Theateraufführungen mit Hendriks' Beteiligung zu finden sind.
In der Einleitung schreibt Autor Barthol folgendes: "Warum der Autor das Buch 'Jan Hendriks • Doppelspiel' genannt hat, wird dem Leser am Ende deutlich, denn der Schauspieler spielte während seines gesamten Lebens zwei Rollen: die in Film und Theater und die im realen Leben." Das somit selbstgesteckte Ziel des Buches, den öffentlichen wie den realen Jan Hendriks vorzustellen, gelingt Barthol nicht. Die akribische künstlerische Zusammenstellung erfolgt über 216 Seiten hinweg. Den Versuch, auch den realen, privaten Jan Hendriks' zu erfassen, startet Thomas Barthol dann auf den verbleibenden neun (!) weiteren Seiten, und es muss festgestellt werden, dass er abgesehen von einigen Allgemeinplätzen zur Homosexualität in der Weimarer Republik, der NS-Diktatur und der Adenauer-Ära kaum Detailliertes zu Jan Hendriks ermitteln konnte. Es schimmert die schablonenhafte Skizze eines Einzelgängers durch, wobei Barthol auch diesbezüglich immer ungewiss bleibt, selbst nicht einordnet bzw. nicht einordnen kann und sich letztlich auf das zurückzieht, was "man" von Jan Hendriks gesagt haben mag. Den Anspruch insofern, Hendriks' Leben als "Doppelspiel" zu erfassen, kann Barthol nicht einlösen.
Ärgerlich wiegen in der Rückschau auch die zahlreichen Grammatik-, Tipp- und Rechtschreibfehler. Der Deppenapostroph, Barthols ständiger Begleiter, verrichtet auf nahezu jeder Seite seinen Dienst, bei eingeschobenen Relativsätzen fehlt das zweite Komma ebenso häufig wie vor dem erweiterten Infinitiv. Einige Passagen des Buches, die sich mit zeitgeschichtlichen Themen ohne Bezug zu Jan Hendriks befassen, scheinen offenkundig von einem anderen Autoren geschrieben zu sein, denn exakt dort finden sich keinerlei Rechtschreib- oder Grammatikfehler. Das geradewegs inflationäre Verwenden von Fußnoten erscheint zudem bisweilen willkürlich. Zum Teil stehen im Haupttext - wie beispielsweise innerhalb einer kleinen Episode zum "Blauen Bock" - nur Allgemeinplätze und das wirklich Interessante - nämlich in diesem Fall der Auszug aus einem Interview mit Hendriks - findet sich fast verstohlen in der Fußnote.
Alles in allem fehlt es der Biografie zweifelsohne an Schliff; grammatikalisch sicher am dringensten. Aber auch vom Aufbau her betrachtet könnten die zahlreichen Informationen zum Künstler Jan Hendriks harmonischer gestaltet sein. Der Text wirkt über weite Strecken wie eine Stichpunktaufzählung, birgt harsche Brüche, kaum Überleitungen und schon gar keine Einordnungen durch den Autor selbst. Der Lesefluss leidet kräftig unter den Sprüngen und das beliebte Mittel, Zeitgeschichte einzuflechten, erleichtert die sprunghafte Erzählweise auch nicht gerade.
So oder so komme ich aber wieder auf meine Einleitung und sage, dass jede Biografie über Jan Hendriks besser ist als keine. Gerade in Bezug auf die Theater-Engagements dürfte sich in Barthols Biografie sicher die weitreichenste Zusammenstellung finden. Was Film und Fernsehen anbelangt, hätte sich der Leser die in dieser Biografie enthaltenen Informationen mühelos auch von Wikipedia, dem filmportal oder der imdb holen können. Zum Privatmann gibt es, wie schon gesagt, ohnehin kaum etwas zu lesen.
Vielen Dank für die ausführliche Rückmeldung. Dann ist es ja nicht so schlimm, wenn das Buch es nicht mehr ganz auf meinen Wunschzettel geschafft hat...