Sie sind vermutlich noch nicht im Forum angemeldet - Klicken Sie hier um sich kostenlos anzumelden Impressum 
Forum Edgar Wallace ,...



Sie können sich hier anmelden
Dieses Thema hat 121 Antworten
und wurde 11.609 mal aufgerufen
 Filmbewertungen
Seiten 1 | 2 | 3 | 4 | 5 | 6 | 7 | 8 | 9
Blinde Jack Offline




Beiträge: 2.000

15.10.2015 09:10
#91 RE: Bewertet: "Das Rätsel des silbernen Halbmonds" (1971, 32) Zitat · Antworten

Das Rätsel des silbernen Halbmonds unterliegt in seiner Bewertung natürlich dem selben Problem, wie die Stecknadeln, aber schneidet in meinen Augen sogar besser ab.

Obwohl man im Ensemble nahezu vergeblich nach deutschen Namen sucht (man findet nur Uschi Glas, Marissa Mell und Petra Schürmann) stimmt der Cast von vorne bis hinten. Zwar fehlen die herausragenden Leistungen von Fuchsberger, Testi, Baal und Stoll aus dem Vorgängerfilm, aber das Gesamtergebnis ist dennoch sehr stimmig.
Uschi Glas hat hier ihren zweitbesten Auftritt (nach der Toten aus der Themse) und weiß zu gefallen. Antonio Sabato spielt den privaten Ermittler. Sicherlich fehlt ihm der Stil eines Testi und er kommt teilweise sehr ruppig daher, aber er treibt die Ermittlungen dynamisch voran. Auch hier der Einwand: ich sehe eigentlich lieber die Polizei ermitteln, aber das muss man in diesem Genre einfach verkraften.
Pier Paolo Capponi gefällt mir als Inspektor ziemlich gut und es war schade, dass er zum Schluss keinen weiteren Auftritt mehr hatte.
Die Nebenrollen sind ansonsten ziemlich einprägsam gespielt und sorgen für Stimmung und Atmosphäre.

Was ich bei den Stecknadeln kritisiert habe, gefällt mir hier einfach besser: die ersten 20 Minuten erzeugen konstant Furcht vor dem Mörder. Die Mordszenen wurden ausgiebiger und weitaus spannender inszeniert, das Wissen darum, dass gleich etwas geschieht wurde klüger ausgenutzt.
Ich gebe zu, dass aufgrund des "Feuerwerks" zu Beginn die Entwicklung der Verdächtigen auf der Strecke bleibt, was man letztlich auch bei der Auflösung bemängeln kann, aber da die Spannung dadurch sehr hoch gehalten ist, verzeihe ich dies gerne.

Die Drehorte in Italien sind einerseits bildschön, erzeugen andererseits bei Dunkelheit ein ungemütliches, bedrückendes Flair, dass der Spannung zuträglich ist. Überhaupt fand ich die Kameraarbeit sehr gut, die mit Schatten und Farben gleichermaßen spielt und in ihrer Beweglichkeit den Zuschauer hautnah an den Morden beteiligt. Zusätzlich trägt auch die sehr gute Musik zum Gelingen des spannungsaufbaus bei, die aufgrund ihrer ruhigen und trägen Spielart die Panik der Opfer wunderbar kontrastiert, oder sogar pervertiert. Ich finde sie auf jeden Fall genial!

Was Handlung und Darsteller betrifft, kann dieser letzte Wallace seinem Vorgänger nicht das Wasser reichen. Auch das Ende wirkt ein wenig unausgegoren und überhastet, dass mit mehr Sorgfalt nochmals zu einem echten Highlight hätte werden können.
Dennoch...gefällt mir dieser Film besser als die Stecknadeln, da er mehr Spannung erzeugt und in den langen und ausgiebigen Mordszenen wirklich aus dem Vollen schöpfen kann.
Ich bin zwar nach wie vor kein Verehrer von Gialli, aber nach diesem Streifen habe ich doch Lust auf mehr bekommen und werde mal im Giallo-Forum ein bisschen herumstöbern.

Für diesen Wallace vergebe ich gute

4 von 5 Punkten.

tilomagnet Offline



Beiträge: 585

15.10.2015 19:04
#92 RE: Bewertet: "Das Rätsel des silbernen Halbmonds" (1971, 32) Zitat · Antworten

Was findest du am Finale überhastet? Für mich eine der besten und spannendsten Sequenzen der Reihe!

Ein echter Schocker, als Giulia die Tür aufreist und der Mörder mit stierem Blick dahinter steht.

Nedwed Offline




Beiträge: 158

15.10.2015 23:32
#93 RE: Bewertet: "Das Rätsel des silbernen Halbmonds" (1971, 32) Zitat · Antworten

Auch für mich der beste Giallo der Wallace-Serie. Das liegt an zwei Dingen: Erstens sind die Mordszenen hier nicht so brutal wie in der Stecknadel (oder kein Pornogeschwülst wie im Gesichtl). und zweitens ist der Film unglaublich düster und unheimlich. Gewisse Szenen erinnern mich an die Frühwallace wie Bande oder Rächer. Die Musik zieht durch den ganzen Film und ist ein echter Ohrwurm. Schade wurde der Film nicht in London gedreht. Uschi Glas hat den mit riesen Abstand besten Auftritt in der Wallace-Reihe. Umberto Lenzi's Regie gefällt mir super, spannend inszeniert und eben nicht zu viel brutale Szenen (ok in der deutschen Fassung). Ich bin sehr froh hat Wendlandt die Mordszenen sehr kürzen lassen, ich kann (sehr) brutale Szenen nicht ausstehen.
3,5 von 5 Punkten

Blinde Jack Offline




Beiträge: 2.000

16.10.2015 15:06
#94 RE: Bewertet: "Das Rätsel des silbernen Halbmonds" (1971, 32) Zitat · Antworten

Zitat von tilomagnet im Beitrag #92
Was findest du am Finale überhastet? Für mich eine der besten und spannendsten Sequenzen der Reihe!

Ein echter Schocker, als Giulia die Tür aufreist und der Mörder mit stierem Blick dahinter steht.



Ich gebe dir Recht - die Szene im Haus ist absolut spannend, nur bezog ich mich hauptsächlich auf den etwas lahm geratenen Zweikampf am Ende, der mit dem sang- und klanglosen Untergang im Pool endet. Das wirkte für mich eher schwach in Szene gesetzt. Ebenso, wie bereits angesprochen, hätte die Polizei meiner Meinung nach noch einmal auf den Plan treten können.

tilomagnet Offline



Beiträge: 585

16.10.2015 17:51
#95 RE: Bewertet: "Das Rätsel des silbernen Halbmonds" (1971, 32) Zitat · Antworten

Sehe ich auch anders, gerade der Zweikampf und das Ertränken im Pool ist unheimlich intensiv und packend inszeniert!

Die Polizei spielt doch in fast allen Gialli nur eine belanglose Nebenrolle. In der Regel ermittelt der Held auf eigene Faust. Da reflektiert sich halt das generelle Bild der Behörden in Italien, die vom größten Teil der Bevölkerung als unfähig und korrupt wahrgenommen wird.

Blinde Jack Offline




Beiträge: 2.000

16.10.2015 22:26
#96 RE: Bewertet: "Das Rätsel des silbernen Halbmonds" (1971, 32) Zitat · Antworten

So verschieden sind die Geschmäcker. Für mich war der Zweikampf alles andere als packend und intensiv. Verglichen mit anderen finalen Kämpfen landet jener nur auf den hinteren Plätzen.

Was die Polizei anbelangt hast du wahrscheinlich Recht, aber das ändert nichts daran, dass es den Film hier ein wenig abgerundet hätte und das ohnehin ziemlich kurze Ende (Kampf und Schwimmen im Pool) ein wenig umfangreicher gestaltet. Denn gerade die psychopatische Ausstrahlung (in der von dir beschriebenen Szene in Guilias Haus) des bis dahin "souveränen" Rächers, wird durch den schlichten Finalkampf in meinen Augen ein bisschen untergraben und verschenkt.

Ray Offline



Beiträge: 1.930

13.11.2016 22:38
#97 RE: Bewertet: "Das Rätsel des silbernen Halbmonds" (1971, 32) Zitat · Antworten

Das Rätsel des silbernen Halbmonds (I/BRD 1972)

Regie: Umberto Lenzi

Darsteller: Uschi Glas, Antonio Sabato, Pier Paolo Capponi, Marisa Mell, Ella Falk, Petra Schürmann u.a.



Anders als beim Vorgänger kappte man mit "Das Rätsel des silbernen Halbmonds" auch die letzten Wurzeln der Reihe weitgehend ab und führte mit der letzten Produktion den Emanzipationsprozess (wohl unfreiwillig) zu Ende, indem man sich nicht nur inhaltlich vom Gros der anderen Filme distanzierte, sondern erstmals den Schauplatz ganz nach Italien verlegte. Warum dies - anders als bei "Stecknadel" - geschah, ist aus heutiger Sicht Spekulation. Naheliegend ist es jedoch, dass der italienische Partner hier nicht so kooperativ war bzw. das Budget es nicht hergab. Aus italienischer bzw. internationaler Sicht war der Schauplatz Italien ohnehin vorzugswürdig und daher auch konsequent. Im Übrigen hatten die Bilder aus Wallace´Heimat bei "Gesicht" und "Stecknadel" die veränderte Atmosphäre nicht übertünchen können.

Umberto Lenzi gelang mit "Halbmond" das, was parallel Dallamano mit "Stecknadel" misslang: einen in sich stimmigen Thriller abzuliefern. Wer sich von der Wallace-Erwartungshaltung lösen kann, kann an diesem Film viel Freude haben. Davon abgesehen dürften 1972 bei "Halbmond" deutlich weniger Leute auf den "Etikettenschwindel" hereingefallen sein, schließlich waren die "typischen" Wallace-Filme ja zuletzt eindeutig in der Unterzahl, die jungen Kinogänger werden z.T. die klassischen Wallace-Filme zur Premiere womöglich gar nicht oder kaum gekannt haben.

Der Film bietet atmosphärische, bisweilen hochspannende Unterhaltung. Die Morde sind abwechslungsreich inszeniert, hart, aber eben nicht übertrieben explizit. Er bleibt stets "leicht konsumierbar", will keine besondere "Message" verbreiten und scheitert in Konsequenz auch nicht an diesbezüglich gesteigerten Anforderungen bei deren Umsetzung. Lenzi & Co gelingt es, einen insgesamt sehr angenehmen 1970er-Flair zu verbreiten, sieht man einmal von der eher unnötigen Hippie-Party ab. Man merkt, dass sich tendenziell an Argentos "Handschuhe" orientiert wurde. Möglicherweise war dies auch der Grund, warum man von deutscher Seite auf den Schauplatz England verzichtete. Immerhin hatte Argento unter dem Banner BEW einen erstklassigen und dazu erfolgreichen Thriller abgeliefert, der ebenfalls in Italien spielte. Wie in Argentos Erstling sieht man ein sympathisches junges Paar, das in eine Mordserie hineingezogen wird, den Behörden misstraut und daher auf eigene Faust Ermittlungen anstellt. Obschon Glas und Sabato nicht an Tony Musante und Suzy Kendall heranreichen, schaut man den beiden gerne bei den Ermittlungen zu. Bei allem verständlichen "Glas-Bashing" muss man Uschi Glas doch bescheinigen, dass sie im Laufe ihrer Wallace-Karriere schauspielerisch und optisch gewachsen ist und in der Folge mit ihrem letzten auch ihren besten Auftritt abliefert. Sabato ist smart und engagiert und füllt die Rolle somit gut aus. Pier Paolo Capponi gelingt es ähnlich wie Fuchsberger, aus dem wenig dankbaren Part des Ermittlers das beste zu machen. Die restlichen Rollen fallen zu klein aus, um große Worte zu ihnen zu verlieren. Erfreulich ist dennoch das späte Comeback Marisa Mells, das natürlich aus Sicht beider Länder Sinn machte, da sie einerseits schon Wallace-Erfahrung aufwies, andererseits ihre Karriere inzwischen nach Italien verlegt hatte und deshalb auch dort ein Begriff war.

Nach gleich mehreren Morden zu Anfang nimmt sich der Film im Anschluss Zeit, um Figuren und Geschichte zu entwickeln. Letztere ist zwar nicht besonders logisch, aber geradlinig und fesselnd. Man läuft zwar nicht atemlos, aber doch zielsicher auf das unausweichliche Finale zu, wobei der Zuschauer schon kurz zuvor einen Vorgeschmack bekommt. Beide Sequenzen, in denen Glas allein im Haus ist, gehören wohl zu dem spannendsten, was die Reihe zu bieten hat. Hier kann man buchstäblich eine "Stecknadel" fallen hören. Dass man dabei an prominenter Stelle auf Musik völlig verzichtete, machte die Angelegenheit nur noch packender. Der Schlusskampf im Pool ist ebenfalls gelungen und genügt selbst heutigen Anforderungen. Alle Spannungssequenzen sind top fotografiert, so auch der Kampf zwischen Glas und dem Täter im Zug. Der Score von Riz Ortolani ist so wunderbar atmosphärisch wie der Film selbst und bleibt im Ohr. Der "Halbmond" dient als stimmiges Leitmotiv, besonders wirkungsvoll in der Szene im Haus in Szene gesetzt, wenn das Symbol sich mit der Schallplatte dreht.

Insgesamt ist der Film so überzeugend, dass man sich gewünscht hätte, man hätte zumindest auf dieser Basis weitergemacht, wenn schon der rein deutsche Weg zu Ende war. Der Film wirkt auf angenehme Weise modern und bleibt erfreulicherwiese weitgehend humorlos. Man hätte Wallace als Marke für spannende Krimi-Unterhaltung weiter ausbauen und wachsen lassen können.

Leider kam es anders und so fand die Reihe anno 1972 endgültig seinen Schlusspunkt. Alles in allem ist die Wallace-Ära (1959-1972) aus deutscher Sicht die spannendste Zeit in cineastischer Hinsicht, begleitet mich persönlich schon eine geraume Zeit und wird dies wohl voraussichtlich noch lange tun. Es gibt bei den Filmen selbst nach zahlreichen Sichtungen immer neue Aspekte, die es sich zu entdecken lohnt!


Die Wallace-Reihe endet mit einem Film, der zwar längst nicht alle Fans zufriedenstellen wird, isoliert betrachtet aber leicht konsumierbare, hochatmosphärische und ungemein spannende Thriller-Unterhaltung bietet. Daher sehr gute 4,5 von 5 Punkten.

Gubanov ( gelöscht )
Beiträge:

13.07.2019 10:00
#98 Wallace der Woche (36): Das Rätsel des silbernen Halbmonds (1971/72) Zitat · Antworten



Edgar Wallace: Das Rätsel des silbernen Halbmonds (Sette orchidee macchiate di rosso)

Sozusagen mit einigen lachenden und weinenden Mitforisten nehmen wir mit „Das Rätsel des silbernen Halbmonds“ Abschied von der langjährigen Wallace-Reihe der Rialto-Film. Obwohl noch mindestens ein weiterer Koproduktionstitel geplant war, ließ man die erfolgreiche Marke nach Juni 1972 dann doch (endlich?) fallen. Große Veränderungen hat sie ohne jede Frage durchlaufen.

Was sind eure Eindrücke zum Film? Reißt euch die Jagd der privaten Schnüffler nach dem Halbmondmörder mit oder langweilt euch die doch sehr ausgeprägt italienische Machart? Ist der Film eine würdige Verabschiedung vom „Wallace der Woche“ oder hättet ihr euch ein anderes Ende gewünscht?

Links:

Platzierung im Edgar-Wallace-Filmgrandprix 2014: Platz 32 von 36 (61,18 %)

PS: Drehortvergleiche in der Bildergalerie fehlen noch.

Gubanov ( gelöscht )
Beiträge:

13.07.2019 10:00
#99 RE: Wallace der Woche (36): Das Rätsel des silbernen Halbmonds (1971/72) Zitat · Antworten



Edgar Wallace: Das Rätsel des silbernen Halbmonds (Sette orchidee macchiate di rosso)

Kriminalfilm, IT / BRD 1971/72. Regie: Umberto Lenzi. Drehbuch: Roberto Gianviti, Umberto Lenzi, Paul Hengge (frei nach Edgar Wallace). Mit: Antonio Sabato (Mario Gerosa), Uschi Glas (Giulia Torresi), Pier Paolo Capponi (Inspektor Vismara), Marisa Mell (Anna Sartori / Maria Sartori), Rossella Falk (Elena Marchi), Marina Malfatti (Kathy Adams), Aldo Barberito (Kriminalassistent Palumbo), Franco Fantasia (Kriminalassistent Renzi), Renato Romano (Pfarrer), Petra Schürmann (Concetta de Rosa), Gabriella Giorgelli (Ines Tamburini, die „Toskanerin“), Bruno Corazzari (Barrett), Claudio Gora (Raffaele Ferri), Ivano Davoli (Palmieri), Nello Pazzafini (Giovanni Rau) u.a. Uraufführung (IT): 24. Februar 1972. Uraufführung (BRD): 30. Juni 1972. Eine Produktion der Flora Film Rom, der National Cinematografica Rom und der Rialto-Film Preben Philipsen Berlin im Constantin-Filmverleih München.

Zitat von Das Rätsel des silbernen Halbmonds
Als Giulia an Bord des Rom-Paris-Expresszugs überfallen wird, ist sie schon das dritte Opfer des sogenannten Halbmondmörders. Dieser hat es nur auf Frauen abgesehen, die er in besonders arglosen Situationen tötet und bei denen er ein Amulett in Form eines silbernen Halbmonds zurücklässt. Giulia stirbt nicht an den ihr beigebrachten Stichverletzungen, aber die Polizei inszeniert ihre Beerdigung. Mit Giulias Hilfe gelingt es, ein Muster hinter den scheinbar willkürlichen Taten zu erkennen: Alle Betroffenen hielten sich vor zwei Jahren zur gleichen Zeit in einem Hotel auf. Um zu verhindern, dass der Halbmondmörder erneut zuschlägt, liefern sich Giulia und ihr Freund Mario mit der Polizei einen Wettlauf nach dem Unbekannten und dessen potenziellen Opfern und setzen damit ihre Sicherheit aufs Spiel ...


„Ein mörderischer Wahnsinniger geht um und schenkt seinen Freundinnen billigen Schmuck.“

Waren es bei der „Stecknadel“ die englischen Drehorte, die deutschen Schauspieler und die Thematik der Morde an einer Mädchenschule, die an die früheren Tage der Reihe erinnerten, so verbindet den „Halbmond“ das Rache- bzw. Selbstjustiz-Motiv mit einigen seiner Edgar-Wallace-Geschwister. Anders als der zumindest halbwegs rechtschaffene Henry Arthur Milton, aber ähnlich wie Clay Shelton spricht der Halbmondmörder das Todesurteil über sieben Frauen allein wegen deren Anwesenheit „zur falschen Zeit am falschen Ort“. Das Motiv dieses Generalverdachts (das der „Halbmond“ im Übrigen mit Cornell Woolrichs Roman „Rendesvouz in Schwarz“ teilt, weshalb dieser manchmal als Inspiration für den Film angegeben wird) hat seit 1960 nichts an Wirkkraft verloren und sorgt – weil man im Vornherein weiß, wer die nächsten Opfer sein werden – für banges Warten auf die nächsten Attentate des Killers. Wie wird es ihm gelingen, der Polizei sowie dem engagierten Pärchen Mario und Giulia ein Schnippchen zu schlagen? Welche Haken schlägt er, um die Schnüffler von seiner Fährte abzubringen? Und welche kreativen Waffen wird er bei seinem nächsten Auftauchen wählen?

Es ist viel los in „Das Rätsel des silbernen Halbmonds“. Gerade für Giallo-Verhältnisse überrascht die Komplexität der Handlung, was sich gerade im ersten Drittel des Films abzeichnet. Die ersten „erfolgreichen“ Morde, der missglückte Anschlag auf Giulia, deren fingierte Beerdigung, die zwei Jahre zurückliegende Spur ins Hotel und der Wettlauf ums Leben von Elena Marchi setzen gleich zu Beginn ein enorm hohes Tempo an. Im Vergleich zu Dallamanos Regie bei der „Stecknadel“ stützt sich Umberto Lenzi hier weniger auf Stimmungen, Gefühle und Effekte, sondern wieder stärker auf die von der Wallace-Serie gewohnte story-zentrierte Herangehensweise. Dementsprechend fällt der „Halbmond“ im unmittelbaren Vergleich optisch und inszenatorisch etwas weniger spektakulär aus, obwohl man Lenzi ein großes Lob für die intensiven Morde (oft mit nervenzerreißendem Vorspiel) aussprechen muss. Gerade die Todesszenen von Kathy Adams (Marina Malfatti) und Elena Marchi (Rossella Falk) sind mustergültiges Spannungskino mit der richtigen Dosierung aus Suspense und Bloodshed und spielen selbst im illustren Hackebeil-Ranking der Wallace-Welt ganz oben mit.

Im weiteren Verlauf des Films lässt das Karacho, mit dem Lenzi startete, ein wenig nach. Man spürt, wie Hobbyermittler Mario bei seinen Nachforschungen zunehmend auf Granit beißt und Rückschläge einstecken muss, während weitere Frauen sterben. Antonio Sabato stattet seine Figur zwar nicht mit so liebenswerten Imperfektionen aus wie Fabio Testi und wirkt stellenweise arrogant, aber gerade aufgrund seiner Herkulesaufgabe und des sympathischen Auftritts von Uschi Glas, die hier ihren schwierigen Wallace-Kinderschuhen endgültig entwachsen ist, geht die Rechnung letztlich auf, ihn zum treibenden Faktor der Mörderjagd zu machen. Geschickt schaffen es Drehbuch und Regie, aus den wichtigen Fragen bis zum Schluss ein Rätsel und einige Randfiguren hinreichend verdächtig zu machen, um sich diverse Möglichkeiten der Täterauflösung offen zu lassen. Dabei gelingt sowohl die Besetzung der bedrohten Frauen als auch der zwielichtigen Herren im Rahmen der Rollenmöglichkeiten exzellent – man denke an Falks glaubhafte Darstellung einer Klinikinsassin mit Verfolgungswahn, Mells schmollendes Schuldbewusstsein, Romanos geradezu aufdringliche Freundlichkeit oder Goras sinistre Omnipräsenz.

Die letzten Szenen der Wallace-Reihe könnten kein klassischeres Thriller-Kino sein als das Finale des „Halbmonds“: die Heldin, die vom endlich enttarnten Hauptschurken überrumpelt und verfolgt wird; die nächtliche Einsamkeit als zusätzliches Element der Bedrohung; der Retter, der im letzten Moment eingreift und sich einen gefährlichen Zweikampf mit dem Mörder leistet – Lenzi brachte hier nach allen Regeln der Kunst einen Serienabschluss zustande, für den sich die Marke Wallace nicht zu schämen braucht. Ob sie am Ende wie der Täter ertrunken im Swimming Pool liegt oder noch eine weitere Reanimation möglich gewesen wäre, dürfte (wie hinlänglich bekannt) im Auge des Betrachters liegen.

Auch der zweite Teil des „italienischen Wallace-Abschlussakts“ überzeugt durch eine moderne Interpretation von (Un-)Schuld und Rache sowie eine hochwertige Machart, die ungeschönte Morde und einen realistischen Blick auf die trostlose Polizeiarbeit einschließt. Mit Sabato und Glas steht dieser ein solides Privatdetektivduo gegenüber, das von einer starken persönlichen Motivation angetrieben wird und damit den Zuschauer auf seiner Seite weiß. Lenzi machte sich dies zunutze, um aus dem „Halbmond“ einen großen Wettkampf zwischen Gut und Böse zu formen, der leider im Mittelteil einen leichten Tempoverlust zu verzeichnen hat.

patrick Offline




Beiträge: 3.245

13.07.2019 10:48
#100 RE: Wallace der Woche (36): Das Rätsel des silbernen Halbmonds (1971/72) Zitat · Antworten

Das Rätsel des silbernen Halbmonds (1971)



Regie: Umberto Lenzi

Drehzeit: 06.09.1971 - 23.10.1971

Mit
: Uschi Glas, Antonio Sabàto, Petra Schürmann, Rossella Falk, Marisa Mell, Pier Paolo Capponi, Marina Malfatti, Renato Romano, Gabriella Giorgelli, Franco Fantasia, Claudio Gora, Aldo Barberito, Bruno Corazzari, Linda Sini, Carla Mancini, Andrea Bosic, Enzo Andronico, Luca Sportelli, Filippo del Bello, Fulvio Mingozzi, Sandra Wolf:



Handlung:

In Rom werden zwei Frauen von einer schwarz gekleideten Gestalt ermordet und auch auf Giulia wird im Zug mehrmals eingestochen. Durch das Hinzukommen des Schaffners kann allerdings das Schlimmste verhindert werden und der Unbekannte muss fliehen. Um sie in Sicherheit zu wiegen, wird sie für tot erklärt. Die Morde gehen allerdings weiter. Giulias Mann Mario nimmt nun auf eigene Faust Ermittlungen auf und findet heraus, dass alle Opfer zwei Jahre zuvor zur gleichen Zeit in Giulias damaligem Hotel untergebracht oder tätig waren. Auch findet man bei allen Leichen einen silbernen Halbmond. Giulia erinnert sich, einen solchen damals bei einem jungen Amerikaner gesehen zu haben, welcher öfters in´s Hotel zum Essen kam. Mario verfolgt diese Spur und findet heraus, dass der Amerikaner Frank Saunders hieß und bei einem Autounfall um`s Leben kam, nachdem seine unbekannte Begleiterin die Hilfeleistung unterlassen hatte...

Anmerkungen:

Der vorliegende Film markiert nun endlich das schon lange überfällige offizielle Ende der Wallace-Reihe, die inoffiziell schon längst im Grabe schlummerte. Auch bei diesem letzten, oder eigentlich vorletzten (Die "Stecknadel" wurde ja später abgedreht), Beitrag missbrauchte Horst Wendlandt den Namen Wallace weiterhin ungeniert aus Marketing-Gründen und nahm diesen offensichtlichen Fremdkörper völlig willkürlich und ohne Rücksicht auf etablierte Stilelemente in ein Oeuvre auf, das er in keinster Weise mehr bediente. Traditionelle Fans wurden ein weitere Mal in die Irre geführt und um ihre Erwartungshaltung betrogen, sofern sie eine solche überhaupt noch hatten. Diesmal handelt die Geschichte nicht einmal mehr in London, sondern Rom, was bei einem Film, der unter dem Banner Wallace beworben wurde, ein ziemlich starkes Stück ist. Man tat in dieser Phase einfach was man wollte und pfiff offensichtlich auf so etwas wie Wiedererkennungswert und Stiltreue. Wenn man die Tradition eines etablierten Genres nicht mehr pflegen will, wäre die logische Konsequenz, dieses einfach zu beenden, anstatt zu verstümmel, wie es hier leider geschah.

Um einigermassen fair zu bleiben, darf erwähnt werden, dass der Streifen, wenn wir Wallace einmal ausser Acht lassen, zumindest aus damaliger Sicht innovativ und nicht ohne Spannung war. Im Rückblick aber gilt für mich hier dasselbe wie für die "Stecknadel" und ich komme nicht umhin, mich diesbezüglich zu wiederholen. Es fehlen sowohl der Retro-Charme als auch die Atmosphäre moderner Thriller, die sich längst weiterentwickel haben, was dieses Produkt aus heutiger Sicht für mich einfach nur belanglos wirken lässt. Hie und da hat das Drehbuch Antonio Sabato einige coole Sprüche in den Mund gelegt, die Fans von Bud Spencer und Terence Hill sicherlich gefallen dürften und die dort auch sehr viel besser hinpassen würden. Als Hauptdarsteller agiert Sabato frisch und pfiffig und ganz auf modern gebürstet - für einen Giallo Ok, für einen Wallace schwer verdaulich.

Fazit:

Glanzloser Abgesang der Wallace-Reihe, die in diesem Beitrag ohnehin nicht mehr erkennbar ist, und einen würdevolleren und traditionsverbundeneren Abgang verdient hätte. Geschäftsinteressen und Marketingstrategien hatten dies leider verhindert und ein neues Genre wurde nach Lust und Laune als Wallace verkauft um den Namen noch ein bisschen auszuschlachten. Für Traditionalisten ein No-Go in einer Schwindelpackung und damit ein weiterer Schuss in die Hose. 2 von 5 Gnadenpunkten.

Wallacefreund Offline




Beiträge: 241

13.07.2019 11:52
#101 RE: Wallace der Woche (36): Das Rätsel des silbernen Halbmonds (1971/72) Zitat · Antworten

Nun sind wir am Ende angekommen, obwohl ja die Stecknadel später abgedreht wurde. Mit Wallace hat auch dieser Streifen nichts mehr zu tun, der diesmal nicht einmal mehr in England, bzw. im fiktiven England spielt. Auch hier möchte ich anmerken, daß der Film nicht uninteressant ist und durchaus eine gewisse Spannung hat.Da er aber offiziell ein Wallace Film ist, muss ich leider sagen, daß er für mich als solcher ebenso ein Rohrkrepierer ist wie die Stecknadel, Gesicht und Akassava. Ich finde es schade, daß die Reihe mit solch einem Film endet, der rein gar nichts mehr mit dem was die Reihe ausmachte und auszeichnete aufwarten kann/will. Ich wiederhole mich auch hier, wenn ich nicht wüsste, daß es ein Wallace ist, würde ich nie drauf kommen.Schade,denn aus meiner Sicht hatte diese tolle Serie einen besseren und würdigeren Abschied verdient.
So komme ich leider nicht umhin auch für diesen Wallace, der für mich keiner mehr ist eine Nullrunde zu spendieren.

Fazit:0 von 5 Punkten

schwarzseher Offline



Beiträge: 626

13.07.2019 12:04
#102 RE: Wallace der Woche (36): Das Rätsel des silbernen Halbmonds (1971/72) Zitat · Antworten

Ein Wallace der keiner mehr ist .....meinerseits ist den beiden Vorschreibern nichts hinzuzufügen .

Fazit : o von 5 Punkten

Andreas Offline




Beiträge: 435

13.07.2019 14:05
#103 RE: Wallace der Woche (36): Das Rätsel des silbernen Halbmonds (1971/72) Zitat · Antworten

Das RÄTSEL DES SILBERNEN HALBMONDS ist nun leider der letzte der 32 RIALTO-Kinofilme. Passend zur gleichnamigen Brücke in Italien spielt die Handlung dieses letzten Films in genau jenem Land.

Der Film ist nicht nur ein starker, weil spannender und temporeicher Abschluss der EW-Kino-Reihe, sondern er ist der einzige echte Horror-Thriller der Serie.

Hervorzuheben ist die markante die Optik des Films, die irgendwo zwischen blassen Farben, Dunkelheit und Psychodelik einzuordnen ist. Gerade die psychodelische Anklänge heben diesen Film innerhalb der Serie heraus.

Wie schon im Vorgängerfilm besticht die Atmosphäre, die zwischen Freiheit und Hippie-Kultur (mit den passenden sinnlichen Frauen) einerseits und Bedrohlichkeit, Brutalität und Mord hin und her wechselt.

Allerdings besetzt dieser Film ein höheres Tempo und natürlich viel mehr Morde.

Leider wurde das Finale in den Sand gesetzt, weshalb das Gesamtbild nicht ganz perfekt ist. Trotzdem macht der Film nicht nur Lust auf Urlaub, sondern auch Lust auf Gialli. Meiner Meinung nach ist dieser Film der perfekte Sommer-Wallace.

Ich persönlich finde es schade, dass die Reihe in diesem Stil nicht fortgesetzt wurde. Natürlich haben die letzten beiden Filme nichts mehr mit den s/w-Wallace Filmen der ersten Stunde zu tun. Aber auch damals war das Markenzeichen eine Kombination aus Spannung, Grusel und Whodoneit-Ratespiel. Genau diese Erwartung wird in diesen Filmen (zeitgemäßer) umgesetzt.

Ich gebe dem gruseligsten und brutalseten aller EW-Filme am Ende 4,5 / 5 Punkte.

tilomagnet Offline



Beiträge: 585

13.07.2019 15:42
#104 RE: Wallace der Woche (36): Das Rätsel des silbernen Halbmonds (1971/72) Zitat · Antworten

Zum Abschluss der Reihe wird auch noch der Handlungsort nach Italien verlegt. Damit sollte auch dem letzten klar geworden sein, dass Edgar Wallace hier nur noch ein Marketinglabel ist und der Einfluss der Deutschen auf den fertigen Film marginal war. Ich persönlich sehe im GORILLA die Todesstunde der Reihe, alles danach waren noch ein paar wilde Experimente und schließlich der Versuch, mit der Marke Wallace noch eine schnelle Mark zu verdienen. Wie dem auch sei, so bekamen die deutschen Zuschauer immerhin noch zu diesem hochspannenden Thriller zu Gesicht. Umberto Lenzi startet hier heftige Attacken auf die Nerven der Zuschauer. Die Morde an Katy Adams und der Signora Marchi oder das packende Finale machen diesen Streifen zu einem der besten Thriller der 70er Jahre. Im Vergleich zu Argento ist die Inszenierung weniger exaltiert, dafür die Story und Dialoge wichtiger und besser gemacht. Die vielgescholtene Uschi Glas hat hier einen sehr angenehmen Auftritt und beweist eine massive Entwicklung seit ihren ersten Wallace Filmen.

Fazit: Sicherlich einer der besten Giallos überhaupt: handwerklich sauber, stringente ultraspannende Story, schöne Frauen, klasse Musik und brutale Morde machen den HALBMOND zu einem Bilderbuch - Thriller. Hätte ich lieber stattdessen einen richtigen 1972er Wallace inszeniert von Harald Reinl als Abschluss der Reihe gesehen? Ja, natürlich!

4,5/5 Punkten für den HALBMOND.

Dr.Mangrove Offline




Beiträge: 107

13.07.2019 15:47
#105 RE: Wallace der Woche (36): Das Rätsel des silbernen Halbmonds (1971/72) Zitat · Antworten

Wie kann man einem Film wie diesen 0 Punkte geben und ihn in einem Atemzug mit Gesicht oder sogar Akasava nennen?
Und dass er nicht in London spielt? Mit der Logik müsste ich den Columbo-Folgen, die nicht in L.A. spielen ebenfalls 0 Punkte geben...

Wer legt fest, was typisch Wallace ist?
Eine Klamotte wie die Orchidee, ein Gangsterfilm wie die Narzissen oder eine Schlaftablette wie das Verrätertor sind es für mich nicht!

Der Film ist ein guter Film - Punkt. Wallace hin oder her.
Allerdings finde ich Sabato als Mario dermaßen unsympathisch - damit steht er ganz oben auf meiner Liste der unsympathischsten "Helden".
Auch der Täter ist etwas langweilig geraten - aber das ist verschmerzbar.

Seiten 1 | 2 | 3 | 4 | 5 | 6 | 7 | 8 | 9
 Sprung  
Xobor Einfach ein eigenes Forum erstellen
Datenschutz