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Dieses Thema hat 38 Antworten
und wurde 4.521 mal aufgerufen
 Film- und Fernsehklassiker international
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kaeuflin Offline




Beiträge: 1.259

09.02.2009 12:48
#16 RE: Bewertet: Die Dünner-Mann-Filme von 1934 bis 1947 Zitat · Antworten

Und weil ich mit der Reihenfolge immer durcheinander komme, gab's gestern Abend den fünften Film der Serie:

Der Dünne Mann kehrt heim (The Thin Man Goes Home)

Herstellungsland: USA
Erscheinungsjahr: 1945
Drehbuch: Robert Riskin, Dwight Taylor
Kamera: Karl Freund
Schnitt: Ralph E. Winters
Musik: David Snell
Länge: ca. 96 Minuten
Regie: Richard Thorpe
Cast: William Powell, Myrna Loy, Lucile Watson, Gloria DeHaven,
Anne Revere, Helen Vinson, Harry Davenport,
Leon Ames, Donald Meek, Edward Brophy u.a.


Nick und Nora Charles machen sich auf den Weg in Nicks Heimatstädtchen Sycamore Springs, um zusammen mit seinen Eltern Nicks Geburtstag zu feiern. Um seinen Vater, einen angesehenen Arzt, zu beeindrucken, beschließt Nick, diesmal auf Alkohol zu verzichten, was bei Nora für Unverständniss sorgt. In Sycamore Springs will keiner glauben, dass Nick wiklich nur hier ist, um die Familie zu besuchen. Manche Bürger geraten gar in Panik, da sie befürchten, Nicks Anwesenheit hätte etwas mit ihnen zu tun. Als es abends klingelt, steht ein junger Mann vor der Türe und will Nick etwas erzählen, doch noch bevor er Gelegenheit dazu hat, bricht er tot zusammen. Der Tote war Peter Burton, ein Künstler, dessen letztes Gemälde "Hund mit Windrad" von Nora als Geburtstagsgeschenk für Nick gekauft wurde ...

Mit der Bewertung ist es diesmal etwas komplizierter ... Der Film hat immer noch einige wirklich witzige Szenen, Powell und Loy spielen klasse wie immer - auch wenn Nick hier etwas dicker ist als normal. Auch der Kriminalfall - passend zum Entstehungsjahr geht es um Spionage - ist ganz brauchbar und hat einige interresante Wendungen.

Das Problem ist, dass nur etwa die Hälte der witzig gemeinten Szenen auch heute noch witzig sind - was bei den früheren Filmen der Reihe nie der Fall war. Die Anreise, Noras Verfolgungsjagd, Nick und der Tisch und die Dialoge mit dem Kusthändler sind genial - wie man sie von einem "Dünnen Mann" erwartet; nur leider ist Nicks Freund Brogan mit seinen Glückwunschkarten-Sprüchen einfach unerträglich. Ähnliches gilt für die Haushälterin, die auf mich deutlich gestörter wirkt als die "verrückte Mary", und - nicht zu vergessen - die Auftritte von Lorrabelle Ronson. Für die meisten der heutigen Komödien wäre eine Trefferquote von 50% bei der Gagdichte noch ein unerreichbares Ziel; hier muss mann aber doch den Maßstab anders anlegen. Und dann bleibt einfach nur ein durchschnittlicher Film, also ein eher schwacher Teil der Reihe, der die Genialität der ersten drei Filme nie erreicht!

Weil das Ganze trotzdem unterhaltsam ist, gibt es von mir 3 von 5 Punkten.

Peter

Happiness IS the road! (Marillion)

kaeuflin Offline




Beiträge: 1.259

09.02.2009 21:12
#17 RE: Bewertet: Die Dünner-Mann-Filme von 1934 bis 1947 Zitat · Antworten

Zwei Jahre später ging es weiter mit dem letzten "Dünnen Mann":

Das Lied vom Dünnen Mann (Song of the Thin Man)

Herstellungsland: USA
Erscheinungsjahr: 1947
Drehbuch: Steve Fisher, Nat Perrin
Kamera: Charles Rosher
Schnitt: Gene Ruggiero
Musik: David Snell
Länge: ca. 83 Minuten
Regie: Edward Buzzell
Cast: William Powell, Myrna Loy, Keenan Wynn, Dean Stockwell,
Phillip Reed, Patricia Morison, Leon Ames,
Gloria Grahame, Jayne Meadows, Ralph Morgan u.a.


Eines muss man der Reihe zugute halten: Sie lernt - zumindest kurzfristig - aus ihren Fehlern. War "Der dünne Mann kehrt heim" (1945) noch voll von nur teilweise lustigem Humor, so besinnt man sich hier (ähnlich wie beim dritten Film) wieder mehr auf die Handlung.

Mord unter Musikern: Der unbeliebte Bandleader Tommy Drake wird ermordet. Der mutmaßliche Mörder sucht Hilfe bei Nick Charles, der wie üblich kein größeres Interesse an dem Fall hat. Als auf den Verdächtigen geschossen wird, lässt Nick ihn verhaften, um ihn zu schützen, und beginnt, zu ermitteln. Mit Hilfe des Musikers "Clinker" stößt er auf die Spur des verschwundenen Klarinettisten Buddy Hollis, welcher ebenfalls Streit mit Drake hatte. Auch die junge Frau des Verhafteten benimmt sich sonderbar und scheint Nick nicht zu vertrauen ...

Anders als sonst müssen Nick und Nora den Fall diesmal praktisch im Alleingang lösen - die Polizei verliert ihr Interesse, nachdem der erste Verdächtige festgenommen ist. Wie üblich sind die Dialoge zwischen Nick und Nora wieder genial - auch Asta ist für einige Lacher gut. Der Fall ist gut konstruiert und Ermittlungen in der Musikszene sind mal etwas anderes. Manche der Gags auf die "Szenesprache" der Jazz-Musiker wirken leider etwas aufgesetzt, wobei die Reaktionen - gerade von Nora - wiederum genial sind.

Die Auflösung an sich ist okay, allerdings habe ich hier ein ähnliches Problem wie in der "Poirot"-Folge "Eine Tür fällt ins Schloss": Auch hier gesteht der Mörder unter Druck etwas, ohne dass es einen Grund dafür gibt. Bei einem kaltblütigeren Mörder hätte diese Taktik keinen Erfolg. Insgesamt kann ich allerdings damit leben, denn dieses Verhalten passt zum Motiv des Täters.

Der Film erfindet die Krimikomödie sicher nicht neu und greift auch immer wieder auf die früheren Filme zurück, allerdings ist er für sich betrachtet immer noch überdurchschnittlich und nach all diesen Jahren sehr unterhaltsam. Als Einzelfilm würde ich ihm wohl 4,5 von 5 Punkten geben. Da es innerhalb der Serie allerdings stärkere Filme gibt, bleibt es bei 4 Punkten.

"Nick Charles zieht sich zurück!" - ein würdiger Abschied für das Ermittlerpaar.

Peter

Happiness IS the road! (Marillion)

kaeuflin Offline




Beiträge: 1.259

12.02.2009 07:38
#18 RE: Bewertet: Die Dünner-Mann-Filme von 1934 bis 1947 Zitat · Antworten

"Der Schatten des Dünnen Mannes" war der vierte Film der Reihe - ein letztes Mal führte W.S. van Dyke Regie ...

Der Schatten des Dünnen Mannes (Shadow of the Thin Man)

Herstellungsland: USA
Erscheinungsjahr: 1941
Drehbuch: Irving Brecher, Harry Kurnitz
Kamera: William H. Daniels
Schnitt: Robert Kern
Musik: David Snell
Länge: ca. 93 Minuten
Regie: W.S. van Dyke
Cast: William Powell, Myrna Loy, Barry Nelson,
Donna Reed, Sam Levene, Alan Baxter, Henry O'Neill,
Richard Hall, Stella Adler, Loring Smith u.a.


Auf der Rennbahn wird ein Jockey ermordet, der absichtlich ein Rennen verloren hatte (Äußerung Nora: "Die sind aber sehr streng hier!"). Der leicht konfuse Lieutenant Abrams führt die Ermittlungen. Nick Charles wird von einem befreundeten Reporter, Paul Clarke, und Major Sculley gebeten, bei den Ermittlungen zu helfen - der Ermordete wollte über den Wettbetrug aussagen. Nick lehnt das Angebot ab. Als kurz darauf während eines Ringkampfes ein weiterer Mord geschieht und Paul Clarke unter Mordverdacht gerät, beginnt Nick widerwillig, doch zu ermitteln.

Dieser Film ist für mich der schwächste der Reihe. Der Kriminalfall ist nicht wirklich spannend und deutlich unspektakulärer als in den anderen Filmen. Außer Nick und Nora (die man ja aus den drei Vorgängern bereits gut kennt) gibt es kaum interessante Charaktere, dafür bekommt man einen extrem unwitzigen Ermittler - das ist fast schon so schlimm wie in "Der dünne Mann kehrt heim"), der eher nervt als lustig ist. Auch die Dialoge sind lange nicht so spitz und treffend, wie man es gewohnt ist - irgendwie wirkt der Film furchtbar lustlos.

Somit wäre dieser Fall - selbst wenn man ihn unabhängig von den restlichen Filmen betrachten würde - eine mäßige Krimikomödie mit zwei guten, aber gelangweilt wirkenden Hauptdarstellern. Maximal 2 von 5 Punkten für den "Schatten des Dünnen Mannes". Der Titel sagte schon genug: Es war wirklich nur noch ein Schatten der Vorgänger!

Peter

Happiness IS the road! (Marillion)

Danny Fergusson Offline




Beiträge: 24

12.02.2009 09:21
#19 RE: Bewertet: Die Dünner-Mann-Filme von 1934 bis 1947 Zitat · Antworten

Ich mag die Dünner-Mann-Filme eigentlich alle, aber es stimmt schon: Man merkt, dass bei "Der Schatten des dünnen Mannes" kein Orginalroman zugrunde liegt. Zudem dürfte der Humor gern etwas bissiger sein, und nicht so viel Kasperletheater.

Danny

kaeuflin Offline




Beiträge: 1.259

16.02.2009 10:24
#20 RE: Bewertet: Die Dünner-Mann-Filme von 1934 bis 1947 Zitat · Antworten

Von einem Film der Reihe fehlt bisher noch eine Besprechung - vom zweiten Fall Nick Charles':

Nach dem Dünnen Mann (After the Thin Man)

Herstellungsland: USA
Erscheinungsjahr: 1936
Drehbuch: Frances Goodrich, Albert Hackett
Kamera: Oliver T. Marsh
Schnitt: Robert Kern
Musik: Herbert Stothart, Edward Ward
Länge: ca. 108 Minuten
Regie: W.S. van Dyke
Cast: William Powell, Myrna Loy, James Stewart, Elissa Landi,
Joseph Calleia, Jessie Ralph, Alan Marshal,
Teddy Hart, Sam Levene, Penny Singleton u.a.


Der zweite Teil beginnt genau dort, wo der erste Endete im Zug von New York nach San Francisco aufhörte. Kaum zu Hause angekommen (es ist Silvester), stolpern Nick und Nora in eine Überraschungsparty, die ihrer Rückkehr zu Ehren in ihrem Haus gegeben wird. Zeit zum Feiern haben sie allerdings nicht: Noras Tante hatte schon mehrfach während ihrer Abwesenheit angerufen und als das Telefon erneut klingelt, ist die völlig aufgelöste Selma Landis, Noras Cousine, am Apparat. Sie vermisst seit mehrern Tagen ihren Ehemann Robert. Weil die Famile Angst vor einem Skandal hat, möchten sie gern, dass "Nicolas" die Ermittlungen übernimmt ...

Zu diesem Zweck werden sie in das Haus von Noras Tante eingeladen. Um den Verwandten zu entkommen, beginnen Nick und Nora ihre Ermittlungen in einem chinesischen Nachtclub. Dort treffen sie auf Robert, der offen zugibt, eine Andere zu lieben, und der nicht zu Selma zurückkehren will. Robert verlässt das Lokal mit seiner Geliebten, geht nach Hause und wird kurz darauf auf offener Straße erschossen ...

Der Film braucht recht lang, bis die Handlung wirklich ins Rollen kommt. In den ersten 20 Minuten wird man mit witzigen Dialogen und Einfällen unterhalten (klasse Szenen im Haus von Noras Tante!), die zum Teil für die Handlung absolut nebensächlich sind (gerade die Party im Hause Charles). Nach Roberts Tod tritt dafür der Humor ziemlich in den Hintergrund. Somit zerfällt der Film etwas in zwei Hälften. Diese sind für sich allerdings beide so gut, dass man das gern verzeiht. Powell und Loy spielen wie immer genial, der junge James Stewart ist in einer wichtigen Nebenrolle zu sehen und Verdächtige gibt es wie immer genug ...

Nicht so ausgeglichen wie der unschlagbare erste Film, aber trotzdem genial. 4,5 von 5 Punkten.

Peter

Happiness IS the road! (Marillion)

Gubanov ( gelöscht )
Beiträge:

09.08.2009 14:05
#21 Bewertet: Die Dünner-Mann-Filme von 1934 bis 1947 Zitat · Antworten



Mordsache Dünner Mann (The Thin Man)

Kriminalkomödie, Teil 1 der Spielfilmreihe, USA 1934. Regie: W.S. van Dyke. Drehbuch: Albert Hackett, Frances Goodrich. Mit: William Powell (Nick Charles), Myrna Loy (Nora Charles), Maureen O’Sullivan (Dorothy Wynant), Nat Pendleton (Guild), Minna Gombell (Mimi Wynant Jorgenson), Porter Hall (MacCaulay), Henry Wadsworth (Tommy), William Henry (Gilbert Wynant), Harold Huber (Nunheim), Cesar Romero (Chris Jorgenson) u.a. Uraufführung: 25. Mai 1934. Eine Produktion von Metro-Goldwyn-Mayer.

Zitat von Mordsache Dünner Mann (1)
Nick und Nora Charles sind eigentlich nach New York gekommen, um ein feucht-fröhliches Weihnachten mit Nicks Freunden zu feiern. Dass sie dabei in einen verzwickten Mordfall hineingezogen werden, liegt an der jungen Dorothy Wynant, deren Vater verschwunden ist. Er steht im dringenden Verdacht, mehrere Menschen getötet zu haben.


Sieht man „Mordsache Dünner Mann“ zum ersten Mal, so glaubt man fälschlicherweise, eine zu geschwätzige und zu stark auf das Spiel des Ehepaar Charles fokussierte, das eigentliche Verbrechen aus den Augen lassende Komödie zu betrachten. Weitere Sichtungen des Films korrigieren allerdings diese Einschätzung und enthüllen die wahre Natur des Streifens: Keine Komödie, sondern ein waschechter Kriminalfilm ist er – zugegeben mit einigen grotesken Figuren und flotten Sprüchen, die zum Schmunzeln anregen. Dennoch bietet der geschilderte Kriminalfall so viele Facetten, Hintergründe und Erklärungen, Überraschungen, Morde und Verdächtige, dass es ungerecht wäre, ihn als einfachen Schwank abzutun. Im Gegenteil: Er erfordert die ganze Aufmerksamkeit des Zuschauers und stellt dessen Konzentration gerade durch den ablenkenden Humor auf eine ernste Probe.

Eben jene zwei Hälften des Films werden erstklassig vereint von Regisseur W.S. Van Dyke, der – glaubt man den Schilderungen auf der DVD-Hülle – den Film innerhalb von zwölf Tagen abdrehte. Das rasche Produktionstempo wirkt sich indes, wenn überhaupt, nur positiv auf den Film aus, mag es doch, gemeinsam mit dem leichtmütigen und scharfsinnigen Drehbuch, die Dynamik jeder einzelnen Szene und die größten Bemühungen aller Darsteller gefördert haben. Unter der Schauspielertruppe verdienen natürlich Nick und Nora, also William Powell und Myrna Loy, die erste Nennung. Sie geben das sympathisch tugendlose, d.h. trinkende, sich und andere narrende, im Grunde nichtstuende, „Paar der Gesellschaft“ mit einem Geist von Warmherzigkeit, Gerechtigkeits- und Spürsinn, wenngleich letzterer nicht unbedingt von „Detektiv“ Nick selbst auszugehen scheint. Wenn er nämlich auch besonders gut informiert über die Hintergründe des Falles auftritt, so ist dies wohl eher seiner Eitelkeit als seinem Fleiß zu verdanken, erwartet doch ein jeder von einem ehemaligen Ermittler guten Rufes stets außerordentlichen Erfolg und Durchblick. Daraus ergibt sich für ihn die zwingende Notwendigkeit, auf die eine oder andere Weise Hintergrundinformationen einzuholen – und ich finde es bezeichnend, dass dies großteils außerhalb des Filmfokus und damit offenbar „nebenbei“ geschieht.

Aus den übrigen Darstellern, welche eine stimmige Mischung, nur beim ersten Mal teilweise sehr leicht zu verwechseln sind, ragt vor allem William Henry als Gilbert Wynant heraus. Es gibt so viele wirklich lustige Szenen mit ihm, dass man gar nicht weiß, wo man anfangen soll, sie aufzuzählen. Exemplarisch herausgreifen möchte ich ein Gespräch, das auch für den Produktionshintergrund des Films von Bedeutung ist. Gilbert führt es mit einem Reporter auf der Party bei Nick Charles:

Zitat von Mordsache Dünner Mann
Gilbert: There is a physiological as well as a psychological angle in my father’s relationship with Julia Wolf that the police have overlooked. And I think it settles the whole question. You see, my father was a sexagenarian.
Reporter: He was?
Gilbert: Yes, he admitted it.
Reporter: A sexagenarian, ey. Yes, yeah, but we can’t put that in the paper.
Gilbert: Why not?
Reporter: Oh, you know how they are: sex.
Gilbert: Well, then just say that he was sixty years old.
Reporter: Is that what it means?
Gilbert: Of course!


Die so offene und schamlose Erwähnung eines damals eher weniger filmreifen Wortes mag im ersten Moment verdutzen, doch die Erklärung ist einleuchtend: Auch wenn der Hays-Code zur Reglementierung von kriminellen und sexuellen Filminhalten bereits seit 1930 in Kraft war, so wurde er doch erst ab dem 01. Juli 1934 in seiner vollen Strenge ausgeführt. „Mordsache Dünner Mann“ feierte seine Filmpremiere indes am 25. Mai 1934 und umging eine als sicher anzunehmende Beanstandung dieses Dialogs um nur wenige Wochen.

Mit einer stichhaltigen Kriminalerzählung, die nicht nur als Alibi für Späße aller Art dient, sondern ihre eigene Berechtung und dagegen nur wenige logische Ungereimtheiten aufbieten kann, einer gut aufgelegten Regie und Besetzung und schnippischen Dialogen ist „Mordsache Dünner Mann“ ein Garant für gute Unterhaltung. Schade ist lediglich, dass man nicht noch mehr aus dem Weihnachtssetting der Folge herausholte (mehrere Schneesequenzen an der richtigen Stelle wären grandios gewesen). Ich empfehle überdies, den Film im Originalton zu sehen, da dort die Liebenswürdigkeit des Ehepaar Charles sowie einige der Witze noch wesentlich besser zur Geltung kommen. 4,5 von 5 Punkten.

Percy Lister Offline



Beiträge: 3.589

09.08.2009 14:33
#22 RE: Bewertet: Die Dünner-Mann-Filme von 1934 bis 1947 Zitat · Antworten

Zum Zeitfaktor gibt es in der Tat einiges zu sagen. Da sich das Drehbuch sehr eng an der Romanvorlage orientiert, empfiehlt es sich, dort nachzuschlagen.

Dieser Beitrag enthält Spoiler.

Der Roman von Dashiell Hammett beginnt so:

Zitat von Dashiell Hammett: Der Dünne Mann
Ich lehnte am Tresen eines Speakeasy in der Fifty-second Street und wartete darauf, dass Nora ihre Weihnachtseinkäufe beendete, als ein junges Mädchen, das mit drei anderen Leuten an einem Tisch gesessen hatte, aufstand und zu mir herüberkam.


Dorothy Wynant berichtet, dass sie ihren Vater schon lange nicht mehr gesehen hat. Nick Charles trifft sich mit Herbert Macauley, dem Anwalt von Clyde Wynant. Der erzählt folgendes:

Zitat von Dashiell Hammett: Der Dünne Mann
Ich habe ihn seit Oktober nicht mehr gesehen.


Auf den letzten Seiten des Buches erklärt Nick:

Zitat von Dashiell Hammett: Der Dünne Mann
Wahrscheinlich hatte Wynant am 3. Oktober eine Reise antreten wollen, denn er hob tatsächlich dreitausend Dollar in bar vom Konto ab. [...] Wahrscheinlich hat er (Herbert MacCauley) die Leiche zerlegt, danach hat er Wynant unter dem Zementfußboden begraben, begraben mitsamt den Kleidungsstücken eines dicken Mannes und dem Stock des lahmen Mannes und einem Gürtel mit den Initialen D.W.Q. auf der Schnalle, und alles so eingerichtet, dass sie nicht zuviel von dem Kalk abbekamen - oder was immer er zum Wegätzen des Fleisches und der Gesichtszüge des Toten verwendete - und dann den Boden über der Gruft neu zementiert.

Gubanov ( gelöscht )
Beiträge:

09.08.2009 15:10
#23 RE: Bewertet: Die Dünner-Mann-Filme von 1934 bis 1947 Zitat · Antworten

Zitat von Percy Lister im Beitrag #22
Zum Zeitfaktor gibt es in der Tat einiges zu sagen. Da sich das Drehbuch sehr eng an der Romanvorlage orientiert, empfiehlt es sich, dort nachzuschlagen.

Ja, die Zeitfrage ... Es ist interessant, die verschiedenen Zeitebenen der Geschichte genauer zu beleuchten. Das erste Treffen zwischen Nick, Nora, Dorothy und ihrem Verlobten in der Bar, in dem zum ersten Mal von Wynants Verschwinden berichtet wird und das offenbar den Beginn des Hammett-Buches bildet, findet kurz vor Weihnachten statt, da Nora die Weihnachtsgeschenke besorgt. Kalkuliert man ein, dass auch vom Versenden der Geschenke an andere gesprochen wird, muss der Geschenkeeinkauf fast eine Woche vor Weihnachten liegen, um ein rechtzeitiges Eintreffen der New Yorker Einkäufe bei den Freunden und Bekannten in San Francisco zum 25. Dezember zu gewährleisten.

Die eigentlichen Ermittlungen durch Nick finden am Ersten Weihnachtstag und kurz nach Weihnachten statt und müssen zeitlich so schnell beendet sein, dass Dorothy ihren Verlobten ehelichen und die beiden gemeinsam mit Nick und Nora die dreitägige Zugreise von New York nach San Francisco pünktlich zum Silvestertag beendet haben können. Bei diesen Ermittlungen ist die Rede davon, dass Clyde Wynant seit drei Monaten verschwunden ist. Dies würde seine Abreise im Gegensatz zu den Schilderungen des Buches, die ja den 3. Oktober angeben, definitiv auf Ende September vorverlegen. Finden die Anfangsszenen also Ende September statt, so ist es schwerlich zu glauben, dass zu dieser Zeit plötzlich, wie im Film zu sehen, ein schwerer Schneesturm in New York beginnt. Diese Ungereimtheit kam auch im IMDB-Forum zur Sprache:

Zitat von IMDB-Forum zu „Mordsache Dünner Mann“
The first part of the film shows it snowing heavily before Wynant disappears. Yet at Christmas time, we learn that Wynant has been missing for three months. That means a snow storm in New York City in late September. That would be very unlikely.


Genau das meinte ich mit meiner kleinen Anspielung, man hätte die Schneeszenen besser „an der richtigen Stelle“, also nicht im September, sondern zu Weihnachten, einbauen sollen. Zwar war ein Wetterumschwung in der Szene nötig, um Wynants Wetterempfindlichkeit durch seine Beinverletzung als Hinweis kenntlich zu machen, doch dies hätte genauso gut ein Regen oder Hagel sein können.

Gubanov ( gelöscht )
Beiträge:

12.08.2009 21:36
#24 RE: Bewertet: Die Dünner-Mann-Filme von 1934 bis 1947 Zitat · Antworten



Nach dem Dünnen Mann (After the Thin Man)

Kriminalkomödie, Teil 2 der Spielfilmreihe, USA 1936. Regie: W.S. van Dyke. Drehbuch: Albert Hackett, Frances Goodrich. Mit: William Powell (Nick Charles), Myrna Loy (Nora Charles), James Stewart (David Graham), Elissa Landi (Selma Landis), Joseph Calleia („Dancer“), Jessie Ralph (Katherine Forrest), Alan Marshall (Robert Landis), Teddy Hart (Casper), Sam Levene (Lieutenant Abrams), Dorothy McNulty (Polly Byrnes) u.a. Uraufführung: 25. Dezember 1936. Eine Produktion von Metro-Goldwyn-Mayer.

Zitat von Nach dem Dünnen Mann (2)
Wieder zu Hause in San Francisco angekommen, geraten Nick und Nora gleich in die nächsten Ermittlungen. Noras Cousine Selma bittet sie, ihren Ehemann ausfindig zu machen. Wenig später wird dieser auf offener Straße erschossen. Selma taucht auf – und hält eine Pistole in der Hand. Inspektor Abrams nimmt sie wegen Mordverdachts fest, doch Nick und Nora sind überzeugt: So offensichtlich ist die Lösung nicht.


Auch wenn „Nach dem Dünnen Mann“ inhaltlich wortwörtlich nach dem „Dünnen Mann“ ansetzt, also dort, wo der Vorgängerfilm zu Ende war, so kann er die inhaltliche Kompression des Serienerstlings zunächst nicht fortsetzen. In sehr störendem Maße muss sich der Zuschauer durch weitestgehend unnötige Szenen quälen, die nichts tun als die uns bekannten Nick und Nora umständlich einigermaßen weiterzucharakterisieren. Die Rückkehr in San Francisco einschließlich der Gespräche Nicks mit seinen Freunden, die Überraschungsfeier im Hause Charles, das Familienfest bei Noras Verwandten und auch noch die erste Szene in der chinesischen Bar: Überall hat man das Gefühl, Regisseur und Schnittmeister hätten die Ausbeutung der Duokonstellation Powell-Loy über den Handlungsfluss des Films gestellt und die unnötigen Längen als Publikumsmagnete auslegen wollen. Ebenso wenig zugute kommt der ersten halben Stunde von „Nach dem Dünnen Mann“ die lächerliche Überzeichnung der meisten Charaktere aus Noras Familie, die nicht nur die Glaubwürdigkeit der ganzen Geschichte ruinieren, welche Nick und Nora selbst dagegen – wenn auch gerade noch auf dem Grat zur ironischen Überspitzung – normalerweise durchaus zu bewahren in der Lage sind. Nein, auch sind die alte Tyrannin, die Greisin mit dem Hörgerät, der schwankende Diener und die schlafsüchtigen Männer des Hauses alles andere als lustig; genauer gesagt sind sie überaus dämlich.

Hat man das Exposé dann aber endlich überstanden, so wird man belohnt mit einer – ebenso wie im ersten Teil – sehr geschickt verwickelten Kriminalgeschichte. Es ist offensichtlich, dass Schriftsteller Dashiell Hammett, der weiterhin auch Storyelemente für den zweiten Teil der „Dünner Mann“-Serie lieferte, sein Handwerk als Autor von Kriminalgeschichten jenseits des abgehalfterten Aufreißerdetektivs versteht, wie man ihn etwa in dem eher mittelmäßigen „Die Spur des Falken“ sah, der fünf Jahre nach „After the Thin Man“ entstand. Vor allem die Auflösung ist hier hervorzuheben. Ebenso wie im Vorgänger werden im besten Agatha-Christie-Stil alle Beteiligten versammelt (was leider zwangsläufig zu einem weiteren Auftritt der nervigen Jessie Ralph führt – man merkt ihr an, dass sie bereits zu Stummfilmzeiten ihre übertriebenen Gesten und Ausdrucksweisen einstudierte). Ebenso wie im Vorgänger wird große Spannung erzeugt, bis man den – dieses Mal absolut überraschenden – Täter enthüllt! Und obwohl die Enthüllung des Mörders beim ersten Sehen ganz und gar unerwartet ist, so vermag man dennoch, wenn man die Auflösung kennt, bereits über den Verlauf des Films verstreut diverse Anzeichen zu erkennen, die für die Schuld des Betreffenden sprechen. Das nenne ich ein gelungenes Spiel der Geschichte mit den Erwartungshaltungen der Zuschauer.

Getragen werden alle Ereignisse von einem – bis auf bereits genannte Ausfälle – brillanten Cast. Man begegnet nicht nur James Stewart in einer sehr jungen Rolle, dem wunderbar undurchsichtigen Joseph Calleia und Sängerin und Schauspielerin Dorothy McNulty (welche später unter dem Namen Penny Singleton firmierte), sondern auch verschiedenen Bekannten aus der Sherlock-Holmes-Serie mit Basil Rathbone. Ja, man glaubt fast, die Besetzung von „Die Abenteuer des Sherlock Holmes“ schon einmal proben zu sehen, wenn einem die freundliche alte Mary Gordon, der Lebemann-Liebhaber Alan Marshal und der sinistre Doktor in Gestalt von George Zucco über den Weg laufen. Natürlich sind auch William „Nick“ Powell und Myrna „Nora“ Loy nicht zu vergessen. Denn auch wenn Asta (mitsamt Mrs. Asta) in diesem Film eine zu große und zu kindische Rolle erhält, um wirklich ernsthaft als Pluspunkt gelten zu können, bleiben sein Herrchen und sein Frauchen nach wie vor mit Spaß, Charme und (teilweisem) Feuereifer bei der Sache.

Weiterhin unter die Arme greift dem Geschehen die gelungene Musik von Herbert Stothart und Edward Ward. In allen Lagen bietet sie gute Unterhaltung und Dramatik: vom einprägsamen Song „Blow That Horn“, den Polly in der Bar singt, über die davon variierte Titelmusik bis hin zur atmosphärischen und oftmals nicht primär reißerischen Spannungsuntermalung wie etwa in der Mordszene. Die offenkundige Abwendung von eben jenen reißerischen Klängen geht sogar so weit, dass eine der spannendsten Szenen, in der Nick die nächtlichen Wohnungen und den Keller untersucht, absolut stumm und damit besonders intensiv ist.

„Nach dem Dünnen Mann“ stellt zwar einen leichten Abfall gegenüber „Mordsache Dünner Mann“ dar, vor allem weil er in Fragen des Humors übertreibt und für ihn die Hauptsache einer Kriminalkomödie, nämlich die Kriminalistik, zeitweise vernachlässigt, doch nachdem sich die Handlung gefangen hat, stellt sie den Zuschauer abermals vor wohlig verwirrende Rätsel. Die Darsteller und die lockerleichte Athmosphäre von Bedrohung und dem Kampf des Guten gegen das Böse machen vergessen, dass man wohl mehr hätte herausholen können, wenn man sich statt Albernheiten mehr auf das Schicksal der armen Selma konzentriert hätte. 4 von 5 Punkten.

Gubanov ( gelöscht )
Beiträge:

28.08.2009 15:04
#25 RE: Bewertet: Die Dünner-Mann-Filme von 1934 bis 1947 Zitat · Antworten



Noch ein Dünner Mann (Another Thin Man)

Kriminalkomödie, Teil 3 der Spielfilmreihe, USA 1939. Regie: W.S. van Dyke. Drehbuch: Frances Goodrich, Albert Hackett. Mit: William Powell (Nick Charles), Myrna Loy (Nora Charles), Virginia Grey (Lois MacFay), Otto Kruger (van Slack), C. Aubrey Smith (Colonel MacFay), Ruth Hussey (Dorothy Waters), Nat Pendleton (Lieutenant Guild), Patric Knowles (Dudley Horn), Tom Neal (Freddie) Phyllis Gordon (Mrs. Bellam) u.a. Uraufführung: 17. November 1939. Eine Produktion von Metro-Goldwyn-Mayer.

Zitat von Noch ein Dünner Mann (3)
Von Noras Onkel, Colonel MacFay, wird das Ehepaar Charles auf dessen Landsitz eingeladen, wo seltsame Dinge vor sich gehen. Eine Leiche am Wegrand, das Feuer im Badehaus, ein Hund mit durchschnittener Kehle und ein mysteriöser Kubaner mit seinen Komplizen geben den Ängsten des Colonels ein bedrohliches Gesicht. Doch auch Nick und Nora können nicht verhindern, dass es zum Schlimmsten kommt: In einer Nacht wird der Colonel ermordet.


Wieder kommt der Zuschauer mit einem von Noras engen Verwandten in Kontakt. Und wieder handelt es sich nicht nur um einen unleidlichen Zeitgenossen, sondern um einen maßlos verschrobenen Greis, dessen Porträtierung ähnlich ärgerlich exaltiert ausfällt wie die der Tante Katherine durch Jessie Ralph im Vorgängerfilm „After the Thin Man“. Glücklicherweise hat man allerdings den übrigen Familienmitgliedern (bzw. Familienmitgliederanwärtern) einen dezenteren Anstrich verliehen, sodass C. Aubrey Smiths zappeliger und aufgereizter Schreihals eine Ausnahme im Film bleibt und erfreulicherweise auch zum ersten Opfer des Streifens wird.

Dessen ungeachtet hat der Film weiterhin ein Sympathieproblem. Denn einerseits setzt er auf affektierte Gangsterfiguren, die er in übermäßig langen Sequenzen in ihren Absteigen und der natürlichen Umgebung von Nachtclubs vor die Linse der Kameras zerrt. Aus der düsteren Andeutung des Mannes, der von Mordopfern dreimal träumt, bevor ihr letztes Stündchen geschlagen hat, hätte man atmosphärisch und gruselig viel mehr herausholen können, während man sich eine geringere Beachtung von Liebeleien, Streit- und Eifersucht unter den Gangstern gewünscht hätte. Einige Szenen stellen sich so kurios dar, dass sie den Zuschauer beim ersten Sehen eher verärgern als verwundern. Man denkt sich: Sehe ich wirklich, was ich da sehe?

Hat man dieses Problem erst einmal überwunden, so kann man unter Hinnahme dieser Merkwürdigkeiten bei darauffolgenden Sichtungen des Films auch den positiven Seiten desselben Beachtung zollen, die sich – wie auch in ausnahmslos allen Vorgängern – in der englischen Originaltonfassung einfacher finden lassen als in der deutschen Synchronisation. Zwar kann man kaum behaupten, sie würde Albernheiten wie die Babyparty der Gangster oder den Schlusskniff mit dem falschen Kind (der plumpe Humor des Films scheint von Asta in Teil 2 auf Nickie Junior in Teil 3 abgewälzt worden zu sein) ausreichend kaschieren, doch immerhin hebt sie einige der Vorzüge stärker in den Augenschein des Betrachters. Sie verbessert nicht nur die Interaktion zwischen Nick und Nora (Rosemarie Fendel in der deutschen Version macht ihre Sache zwar auch hervorragend, aber mit Friedrich Schönfelders teilweise argen Übertreibungen kann ich mich nicht wirklich anfreunden), sondern hat auch jedes Mal wieder den Effekt, eben durch die Fortlassung einiger so ohrenscheinlicher Überspitzungen den Kriminalfall selbst stärker ins Zentrum zu rücken. Das hat dieser Film auch dringend nötig. Denn einige der Längen – wie eben die Szene im West Indies Club oder in der Wohnung von „Linda Mills“ – und einige zu stark komprimierte Passagen, die verfehlen, das wahre Interesse des Zuschauers zu erwecken, – so die parallel geschnittenen Verhöre direkt nach dem ersten Mord – lassen in Verbindung mit dem oft deplatzierten Humor Zweifel an der Behauptung aufkommen, dieser Film orientiere sich nach Teil 2 wieder stärker auf das Verbrechen. Ich behaupte das Gegenteil: Sicher, der Fall ist wie immer achtbar aufgebaut, doch mehr als der Trick mit dem Auslösen der Waffe ist dieses Mal doch nicht wirklich dabei. Insgesamt ist das Krimi-Element hier deshalb für mich merklich schwächer auf der Brust als in dem teilweise sehr spannenden und besonders erstaunlichen aufgelösten zweiten Teil.

Guter Durchschnitt sind auch die Darsteller des Films, was Powell und Loy hier indirekt zum absoluten Highlight macht, auf das lange kein dritter Platz folgt. Gewiss: Man freut sich über einen (leider viel zu kleinen) Auftritt von Nat Pendleton, der bereits in „Mordsache Dünner Mann“ den Inspektor gab und hier auch gut und gern die Arbeit des recht blassen Otto Kruger (Van Slack) hätte übernehmen können, und auch über die anständigen Auftritte von Patric Knowles und Tom Neal, doch Unstimmigkeiten wie C. Aubrey Smith und der blasse Darsteller des Täters sowie die allgemein abnehmende Popularität des Cast zeichnen eher das fragwürdige Profil einer Fortsetzung der „Dünner Mann“-Reihe nur um der Fortsetzung willen.

Bisher war bei den „Dünner Mann“-Filmen eine ständige Qualitätsabnahme zu verzeichnen. „Mordsache Dünner Mann“ ist ein kleines Kabinettstückchen, bei dem fast alles stimmt und die wichtigen Elemente des Kriminalfilms, Drehbuch, Regie und Cast, beinahe makellos zusammenarbeiten. „Nach dem Dünnen Mann“ zerfällt in zwei Seiten, von denen die humoristische leider misslungen, die kriminalistische aber mehr als ansehnlich ist. „Noch ein Dünner Mann“ schließlich vermag in allen der voran genannten Punkte nur mit Durchschnittlichkeit zu Buche zu schlagen. Ein durchschnittlicher Fall, durchschnittliche Darsteller und eine durchschnittliche Regie, über deren Inszenierung einiger Szenen der Zuschauer eher stolpert als überrascht ist. Daran können auch einige hübsche und heimelige Baby-Szenen, so etwa die sehr gemütliche Sequenz kurz vor dem Mord, nicht viel ändern. 3 von 5 Punkten – mit der Hoffnung auf Besserung in den kommenden Teilen.

Gubanov ( gelöscht )
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27.10.2009 12:54
#26 RE: Bewertet: Die Dünner-Mann-Filme von 1934 bis 1947 Zitat · Antworten



Der Schatten des Dünnen Mannes (The Shadow of the Thin Man)

Kriminalkomödie, Teil 4 der Spielfilmreihe, USA 1941. Regie: W.S. van Dyke. Drehbuch: Irving Brecher, Harry Kurnitz. Mit: William Powell (Nick Charles), Myrna Loy (Nora Charles), Barry Nelson (Paul Clarke), Donna Reed (Molly Ford), Sam Levene (Lieutenant Abrams), Alan Baxter („Whitey“ Barrow), Henry O’Neill (Major Jason I. Sculley), Dickie Hall (Nick Charles jr.), Stella Adler (Claire Porter), Loring Smith („Link“ Stephens) u.a. Uraufführung: 21. November 1941. Eine Produktion von Metro-Goldwyn-Mayer.

Zitat von Der Schatten des Dünnen Mannes (4)
Mord auf dem Rennplatz! Was für den ermittelnden Kriminalbeamten Lt. Abrams wie ein hochkomplizierter Fall aussieht, wird von Nick Charles und seinem Hund Asta im Handumdrehen gelöst. Eigentlich kein Problem, wäre da nicht noch eine zweite Leiche. Der Mordverdächtige ist zu allem Überfluss ein Bekannter von Nick und Nora. Um diesen freizubekommen und den wahren Täter zu entlarven, behauptet Nick: „Wer den ersten Mord begangen hat, ist auch schuld am zweiten!“


Meine Hoffnung wurde erhört: Nachdem die ersten drei Teile der „Dünner Mann“-Serie in der Qualität stetig abnahmen, steigt meine Zufriedenheit mit Teil 4 wieder merklich. Nach einer längeren Pause kam ich wieder einmal dazu, einen zweiten, überprüfenden Blick auf „Der Schatten des Dünnen Mannes“ zu werfen, der meine positiven Eindrücke des ersten Sehens bestätigen sollte. Er konnte es: Ein verzwicktes Mordrätsel, das zwar keineswegs so aufsehenerregend daher kommt wie noch im ersten Teil der Reihe, sondern eher auf einzelne Zentralfiguren abzielt (z.B. den jungen Zeitungsreporter oder die ehemalige Kriminelle Claire Porter), hält den Zuschauer im wahrsten Sinne des Wortes „auf Trab“. Durch die Vermischung dreier Milieus – Pferderennen, Journalismus, Ringkampf – wird dem Film eine ganz eigene Stimmung zueigen, die sich wohltuend von der allein auf Nick und Nora konzentrierten Atmosphäre des dritten Teils abhebt.

Was den Humor angeht, so kann man ihn in zwei Hälften aufteilen. Zuerst einmal muss gesagt werden, dass der langsam aber sicher heranwachsene Nickie Junior in diesem Film glücklicherweise nicht so viele Albernheiten auf sich lädt wie sein jüngeres Pendant in „Noch ein Dünner Mann“. Zwar verdreht man in manchen Szenen ein wenig die Augen und fragt sich, ob das nun hätte sein müssen (erwähnt sei hier das Geplänkel auf dem Kinderkarussell), doch im Großen und Ganzen fügt sein Charakter dem Film mehr Charme hinzu als er ihm durch störende Unterbrechungen entzieht. Es ist schon ein Spaß, wenn Nick seinem Sohn bestätigt, er werde immer mehr wie seine Mutter ...

Gleichsam ziehen so ziemlich alle Gags zwischen Nick und Nora, die dieses Mal in zweierlei Hinsicht erfreulich ausfallen: Einerseits sind sie so scharfzüngig, bissig und teilweise trotz des Hays-Codes so doppelbödig wie in „Mordsache Dünner Mann“, andererseits wurden sie so ausgewogen eingesetzt, dass sie nie die Handlung über lange Strecken hinweg aufhalten. Im Gegensatz zu den beiden Vorgängerteilen sieht man das beispielsweise am Anfang des Films: Wo etwa „Nach dem Dünnen Mann“ über eine halbe Stunde für komische Einleitungen brauchte, setzt „Der Schatten des Dünnen Mannes“ nur ein kurzes amüsantes Exposé und lässt das Verbrechen dann während der besonders witzigen Eskortierung durch den Verkehrspolizisten wie aus heiterem Himmel über das Paar und über den Zuschauer hineinbrechen.

Auf dem Grat zwischen Heiterkeit und Übertreibung wandelt wieder einmal Asta: Während er in den Szenen mit Nick im Duschraum und im Apartment von Whitey Barrow durchaus an seine Qualitäten des ersten Teils als „Schnüffler“ anbinden kann, so wirken andere wie die im Fischrestaurant einfach nur lächerlich. Damit wären wir auch schon bei der zweiten Hälfte des Humors, denn – so leid es mir tut – einiges ging wirklich ziemlich daneben. Dazu gehört Lt. Abrams, der schon in „Nach dem Dünnen Mann“ einen eher diffusen Eindruck machte. Hier wird dies auf die Spitze getrieben und die damals noch vorherrschende Unsicherheit, ob man ihn nun tatsächlich in die Kategorie „dämlicher Cop“ einordnen soll, bedauerlicherweise zu eindeutig vom Tisch geräumt.

Sieben Jahre nach seiner Premiere ist das Ehepaar Charles noch frisch wie eh und je und bezieht seine hervorragenden Momente dadurch, dass es nicht auf Teufel-komm-raus ins Zentrum des Interesses gezogen wird, sondern nur für die Feinwürzung ins undurchsichtige Spiel eingebracht wird. Story und Humor funktionieren zu großen Teilen und lassen mich insgesamt befriedigt von dieser dritten Fortsetzung zurück: 4 von 5 Punkten.

Gubanov ( gelöscht )
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28.10.2009 18:34
#27 RE: Bewertet: Die Dünner-Mann-Filme von 1934 bis 1947 Zitat · Antworten



Der Dünne Mann kehrt heim (The Thin Man Goes Home)

Kriminalkomödie, Teil 5 der Spielfilmreihe, USA 1945. Regie: Richard Thorpe. Drehbuch: Robert Riskin, Dwight Taylor. Mit: William Powell (Nick Charles), Myrna Loy (Nora Charles), Lucile Watson (Mrs. Charles), Gloria de Haven (Laura Ronson), Anne Revere (die verrückte Mary), Helen Vinson (Helena Draque), Harry Davenport (Dr. Bertram Charles), Leon Ames (Edgar Draque), Donald Meek (Willie Crump), Edward Brophy (Brogan) u.a. Uraufführung: 25. Januar 1945. Eine Produktion von Metro-Goldwyn-Mayer.

Zitat von Der Dünne Mann kehrt heim (5)
Nach vielen Jahren hat sich Nick entschlossen, mit seiner Frau in seine kleine Heimatstadt Sycamore Springs zu fahren. Kaum dort angekommen, ereignet sich in der friedlichen Umgebung tatsächlich ein Mord. Die Provinzpresse ist sich sicher: Nick ist nur deshalb da. Und so muss er wohl oder übel auch diesen Fall übernehmen, wenn er nicht seine Reputation als Meisterdetektiv verlieren und seinen Vater endlich einmal beeindrucken will.


Nachdem die ersten beiden Teile der Reihe, „Mordsache Dünner Mann“ und „Nach dem Dünnen Mann“, noch auf Originalgeschichten von Dashiell Hammett basierten, entfernte sich das Produktionsteam von seinen Vorlagen mit der Herstellung des dritten Films „Noch ein Dünner Mann“, in dem es Nick und Nora zu – einmal mehr, einmal weniger – stolzen Eltern machte und in völlig neue Fälle stürzte. In „Der Dünne Mann kehrt heim“ sponn man die Familiengeschichte noch einen bedeutenden Schritt weiter. Denn obwohl man in vorangegangenen Streifen bereits mehrere Verwandte der Charles kennengelernt hatte, war man doch noch nie so nah dran an dem wirklichen Kern der Familie: nämlich an Nicks Mutter und Vater. Es war ein rührender Einfall, diese beiden Personen in einen Film so direkt und zentral einzubauen, wie es hier der Fall ist. Und natürlich auch, dass man sich nicht auf die absolute Klamaukhaftigkeit der Figuren konzentrierte, wie sie anderen Clan-Mitgliedern vor allem in „Nach dem Dünnen Mann“ innewohnte. Doch – und hier schließt sich der Kreis bezüglich der immer größeren Entfernung von Hammetts Original – traf man bei „Mom“ und „Dad“ immerhin eine (diese zwei Personen für ein breites amerikanisches Trivialfilmpublikum der damaligen Zeit akzeptabler gestaltendere) Umarbeitungsentscheidung:

Zitat von IMDB-Forum zu „Der Dünne Mann kehrt heim“
In the original novel, Nick Charles was of Greek extraction – his father was an immigrant named Charalambides. For most of the movies, it didn’t really make much difference that they finessed that whole issue, the notion that it was a first-generation ethnic detective marrying money probably being considered „unsafe“ relative to the more socially acceptable (especially during the Depression) notion of a plain ordinary WASP detective marrying money.


Zu meiner Schande muss ich gestehen, dass auch mir die freie Auslegung des Originals in diesem Falle wünschenswerter erscheint, ermöglicht sie doch die Präsentation einer typisch amerikanischen provinziellen Kleinstadt, in der jeder jeden kennt (oder zumindest zu kennen glaubt) und jeder jedem gleichzeitig ver- und misstraut. Ungleich dezenter und leichtmütiger wird in „Der Dünne Mann kehrt heim“ damit eine ähnliche Aussageabsicht wie in dem Hitchcock-Film „Im Schatten des Zweifels“ vorgebracht, die hier weder durch Zynismus noch durch das Motiv pessimistischer Aussichtslosigkeit in eine hässliche Fratze verkehrt wird, sondern als Spiegelbild einer zwar von dramatisierten Charakteren bevölkerten, aber in ihrer Essenz doch reellen Welt zu sehen ist.

Apropos „dramatisierte Charaktere“: Abgesehen von der schrecklich nervigen Haushälterin Hilda, die wirklich meilenweit übers Ziel hinausschießt, kann ich Peters in seiner Besprechung geäußerte Kritik an verschiedenen Personen des Films zwar gut nachvollziehen, sie aber persönlich nicht teilen, weil in den Fällen von Charakteren wie Laurabelle Ronson oder Brogan meinem Dafürhalten nach der Effekt der Überreizung den der Unterhaltsamkeit und vor allem der Umreißung einer klar kriminalkomödiantisch ausgelegten Figur nicht übersteigt. Einfach: Sie erfüllen nur den Auftrag ihrer Rollen und diese bringen den Film als Ganzes eher voran als sie ihn durch Klamauk aufhalten. Aber das ist natürlich ein persönlicher Eindruck, den jeder völlig anders empfinden mag. Auch trägt die deutsche Synchronisation eher dazu bei, Peters Aussage zuzustimmen als der Originalton.

Dementsprechend habe ich – wiederum abgesehen von der schrecklich nervigen Haushälterin Hilda – an keiner der Darstellerleistungen etwas auszusetzen. Die Riege der Protagonisten ist in diesem Film wieder einmal extrem groß und dennoch schaffen es Schauspieler und Regisseur (auch eben durch die Überspitzung einiger Charaktere), jeden einzelnen Handlungsträger dreidimensional und mit großem Wiedererkennungswert herauszuarbeiten.

Was übrigens an der Interaktion zwischen Nick und Nora auffällt, ist, dass es nicht mehr die beiden allein sind, die selbst für den Humor verantwortlich zeichnen – durch flotte Sprüche zum Beispiel. Nein: Hier wurde das Muster insofern umgekehrt, als sie nur noch amüsante äußere Umstände auf sich einwirken lassen (perfekte Beispiele dafür sind der überfüllte Zug, der defekte Klapptisch, die Sonnenliege oder das Bild, das Nick nicht sieht bzw. nicht gefällt).

Die Geschichte an sich gehört vielleicht nicht an allen Stellen zu den logischsten der Reihe, doch sie unterhielt mich mehrfach kurz hintereinander ganz großartig. Dadurch, dass der Film durch eine verblüffende, aber für den Zuschauer lösbare Erklärung abgeschlossen wird, bekommt er einen sehr sympathischen Anklang. Es ist überdies gut gelöst, den Streifen einerseits ganz dem Zeitfühl entsprechend in einen Spionagefall münden zu lassen, dies aber erst ganz am Ende und ohne große Umschweife oder ermüdende politstrategische Hintergründe zu tun. Dieses Vorgehen erinnert ein wenig an den biederen Durbridge-Kleinstadt-Krimi „Der Andere“, der ebenfalls erst am Ende diskret politisch wurde und ist vielleicht in gewissem Maße auch dem frischen Wind durch den weniger demonstrativ operierenden Regisseur Richard Thorpe zu verdanken.

Als einziges wirklich störendes Plothole muss die Frage auftauchen, wie es am Ende nun wirklich um Mr. Brogan stand, der ja offensichtlich ein Freund von Nick und mit Sicherheit kein Glückwunschkartenverkäufer war. Ein Verbündeter aus der Halbwelt oder ein beruflicher Kompagnon? Oder gar eine Anspielung auf Brophys Gangsterrolle im Pilotfilm der „Dünner Mann“-Serie?

„Der Dünne Mann kehrt heim“ hat es mir schlicht und einfach angetan. Ein hübscher, kleiner Film mit darstellerisch und inszenatorisch voll ausgeschöpftem Potenzial. Pluspunkte erwirbt er sich auch durch Selbstironie wie die Erzählung des Stinky-Davis-Falls und des Vaters lakonische Bemerkung über dessen Auflösung. Ach ja – und für den Vater selbst natürlich auch: Seit „Die Braut kam per Nachnahme“ finde ich Harry Davenport einfach phänomenal. Abzug gibt es nur für Hilda und die Unklarheit über Brogan: 4,5 von 5 Punkten.

Gubanov ( gelöscht )
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30.10.2009 12:07
#28 RE: Bewertet: Die Dünner-Mann-Filme von 1934 bis 1947 Zitat · Antworten



Das Lied vom Dünnen Mann (Song of the Thin Man)

Kriminalkomödie, Teil 6 der Spielfilmreihe, USA 1947. Regie: Edward Buzzell. Drehbuch: Steve Fisher, Nat Perrin. Mit: William Powell (Nick Charles), Myrna Loy (Nora Charles), Keenan Wynn (Clarence „Clinker“ Krause), Dean Stockwell (Nick Charles jr.), Philip Reed (Tommy Edlon Drake), Patricia Morison (Phyllis Talbin), Leon Ames (Mitchell Talbin), Gloria Grahame (Fran Ledue Page), Jayne Meadows (Janet Thayar), Ralph Morgan (David I. Thayar) u.a. Uraufführung: 28. August 1947. Eine Produktion von Metro-Goldwyn-Mayer.

Zitat von Das Lied vom Dünnen Mann (6)
Nachdem der Dirigent einer Jazzkapelle ermordet wird, stürzt sich das Ehepaar Charles ermittelnderweise ebenfalls in die Musikszene. Zwischen Klarinetten, Piccoloflöten und Tuben fühlen sich Nick und Nora zwar noch nicht wirklich wohl, aber ihr Verbündeter „Clinker“ bringt sie schon zu den richtigen Leuten. Trotzdem dauert es bis zum Ende, bis Nick den vollen Durchblick hat und nicht nur die alte Jazzformation wiedervereinigt, sondern auch dem Mörder den Marsch bläst.


Über 14 Jahre hinweg brachten William Powell und Myrna Loy, deren Zusammenarbeit übrigens nicht nur auf die „Dünner Mann“-Filme beschränkt war, den amerikanischen Kinozuschauern als Nick und Nora Charles kriminell-humoristische Unterhaltung vom Feinsten. Auch wenn es innerhalb der Reihe zwischen verschiedenen Filmen sicher qualitative Schwankungen gab, so stellten die beiden Hauptdarsteller selbst doch stets eine gefällige und hochwertige Konstante dar, die den Streifen nicht nur Witz und Biss, sondern auch etwas viel Näherliegendes, nämlich Leben und Charme, einhauchte. Mit einer beinahe revolutionären Zeichnung der Hauptfiguren – ein verheiratetes, gleichberechtigtes Paar mit Spaß an allen Seiten des Lebens – gelang es den Machern und den Schauspielern, Helden zu entwerfen, die wesentlich realistischer, dem Zuschauer vertrauter und liebenswürdiger erscheinen als es bei vielen anderen (auch noch heutigen!) Produktionen der Fall ist. Zusätzlich zu dieser gelungenen Charakterisierung waren es natürlich auch die perfekte Chemie und Interaktion zwischen den beiden Schauspielern, welche für den Erfolg verantwortlich zeichneten. Myrna Loy sagte dazu:

Zitat von Interview mit Myrna Loy
Wir haben das völlig unbewusst gemacht. Wer uns privat zuhörte, bekam ganz ähnliche Sprüche zu hören. Er hat mich ständig aufgezogen, und wie wir aufeinander reagierten, machte den Zuschauern offensichtlich Spaß.


Und genau aus diesem Grund, der bis zum Ende der Serie unverbrauchten Sympathie von Powell und Loy, wird die „Dünner Mann“-Reihe bis zum gegenwärtigen Tag als unumgänglicher Klassiker der Kriminalkomödie geführt. Vor diesem Hintergrund ist es verständlich, wenn in der allgemeinen Rezeption „Das Lied vom Dünnen Mann“ als schlechtester „Dünner Mann“-Film gilt. Denn wie Filmrezensent Oliver in seinem Blog ganz richtig analysiert, ist „Das Lied vom Dünnen Mann“ als einziger Film der Reihe keine waschechte Kriminalkomödie mehr, sondern konzentriert sich hauptsächlich auf das Krimi-Element:

Zitat von „Das Lied vom Dünnen Mann“ im „Remember it for later“-Blog, Quelle
Da ist er, der erste THIN MAN-Film, dem es gelingt, nur Krimi zu sein. Lediglich in der ersten Hälfte gibt es neue Erkenntnisse über das sympathisch versnobbte Ehepaar, die dann aber abrupt fallengelassen werden, wenn sich die Aufklärung des Falles nähert.


Viele Zuschauer und Kritiker, die das Hauptaugenmerk bei Betrachtung der Serie allein auf die komödiantischen Einlagen von Powell und Loy legen, können sich deshalb mit diesem sechsten Film nicht wirklich anfreunden. Mir geht es glücklicherweise anders, denn obwohl ich die Frische des Ehepaars Charles genieße, reicht mir deren Präsenz als wortgewandte, aber schnörkellose Aufklärer eines Verbrechens aus. Im Gegenteil zu anderen befürworte ich es sogar, wenn die kriminalistische Handlung nicht allzu lang durch humoristische Aspekte verzögert wird. So ist von allen „Thin Man“-Streifen „Das Lied vom Dünnen Mann“ derjenige, der am schnellsten zur Sache kommt und in dem bereits in der allerersten Szene alle notwendigen Früchte von möglichen Mordmotiven bis zu mitgebrachten Schusswaffen gereift sind.

An einigen Stellen – und das ist ganz neu für die Serie – treibt einen die intensive Inszenierung sogar an den Rande des Gruselns, so in der Nachtszene im Hause der Thayars, als Nick die fehlende Waffe im Waffenschrank bemerkt, oder als Buddy Hollis Nora Charles angreift. Es treten bei mir sogar Assoziationen zu verschiedenen Edgar-Wallace-Filmen auf: Nicks Durchsuchung des Schiffs bei Nacht und Nebel erinnert mich an die Schiffsszenen an Bord der „Siegel von Troja“ in „Das Gasthaus an der Themse“, die Suche im festgelegten Umkreis von 10 Gehminuten an die ähnlich geartete in „Die Tür mit den 7 Schlössern“ und das düster anmutende Pflegeheim an „Die seltsame Gräfin“ und „Die blaue Hand“. Ein Zeichen für Klischeehaftigkeit? Nur bedingt. Viel eher eines für die stringente Vermischung wirkungsvoller Schauplätze. Überhaupt kann ich hier in Bezug auf die Handlung zum ersten Mal guten Gewissens das Wort „stringent“ benutzen, denn es gibt tatsächlich keine unschlüssigen oder überflüssigen Szenen (außer vielleicht den Kinderszenen mit der Tracht Prügel oder der Nacht ohne Schlaf, die aber immerhin die Funktion haben, Nickie Junior in der Handlung zu manifestieren und damit seine „Entführung“ gen Ende des Films wirkungsvoll zu gestalten).

Diese Unbeirrbarkeit der Story führt einmal mehr zu einem großartigen Finale. Jeder einzelne „Dünner Mann“-Film verfügt über ein dénouement, auf dessen Hälfte ein jeder Krimiautor schon stolz sein könnte. Auch hier wird diese Tradition nicht verlassen, sodass sich die Nerven vor der Entlarvung des Täters bis zum Zerreißen anspannen. Dass der Täter dann so mir nichts, dir nichts gesteht, ist das einzige geringfügige Ärgernis des Films; doch es währt nicht lang, denn damit ist der effektvolle Schlussstrich unter diesen Film noch nicht gezogen ...

„Das Lied vom Dünnen Mann“ ist eine wunderbare kleine Perle, die es im sechsten Anlauf zu ihrem eigenen Reputationsschaden wagte, gewisse Genreregeln der Serie ein wenig abzuändern. Der Charme bleibt dennoch und der Zugewinn ist der eines ungewöhnlich spannenden und zielstrebigen Kriminalfalls. Meiner Einschätzung nach hätte es keinen würdigeren Abschluss für die Serie geben können, auch was die Musik und die darstellerische Qualität der Gastschauspieler angeht (vor allem Jayne Meadows als wohl beste „zweite weibliche Hauptrolle“ der Serie möchte ich lobend hervorheben). Ich muss mir noch überlegen, ob ich – aus Respekt vor dem ersten Teil – hier ebenfalls 4,5 von 5 Punkten verteile. Eigentlich hätte „Song of the Thin Man“ die vollen fünf verdient ...

Gubanov ( gelöscht )
Beiträge:

30.10.2009 14:54
#29 RE: Bewertet: Die Dünner-Mann-Filme von 1934 bis 1947 Zitat · Antworten



Abschließend möchte ich noch einige Worte über die DVD-Aufarbeitung der „Dünner Mann“-Filme verlieren, die sehr hochwertig ausgefallen ist. „Die komplette Dünner-Mann-Collection“ aus dem Hause Warner Home Video beeindruckt durch erstklassige Filmtransfers, die ihren qualitativen Höhepunkt bei Film Nr. 4 erreichen, aber auch bei allen anderen Filmen (nur Teil 1 fällt ein klein wenig ab, kann aber immer noch getrost als gut bis sehr gut bezeichnet werden) absolut überzeugen. Bildschärfe und Kontrast bewegen sich auf exzellentem Niveau und Bildverschmutzungen gibt es so gut wie keine. Die Filmkörnung hält sich ebenfalls recht angenehm im Hintergrund. Mehr zu den einzelnen Filmtransfers, die mit denen der amerikanischen Ausgabe identisch sein dürften, kann man wieder einmal bei DVD-Beaver nachlesen.

Doch im Gegensatz zu vielen anderen Majorlabel-VÖs stimmt hier nicht „nur“ das Bild, sondern das gesamte gebotene Paket. Mit Deutsch, Englisch und Spanisch sind drei Sprachfassungen enthalten, die von Unmengen Untertiteln begleitet werden. Wer sie alle ausprobieren möchte, wird eine Weile daran zu tun haben...

Jede DVD steckt in einem Keepcase mit dem Original-Kinoplakatmotiv auf der Frontseite. Diese Artworks geben der Box den angemessenen Retro-Faktor und machen das Ein- und Auspacken der DVDs schon zu einem Vergnügen für sich. Auch der Schuber, der alle DVDs umfasst, ist sehr ansprechend gestaltet mit einer hübschen Kolorierung des Ehepaars Charles.

Was das Bonusmaterial angeht, hat sich Warner nicht lumpen lassen: Zu jedem Film ist der zugehörige amerikanische Original-Kinotrailer aufgespielt. Auf den DVDs zu Teilen 2 bis 6 finden sich darüber hinaus je ein Cartoon und ein Schwarzweiß-Kurzfilm, die als „Appetitanreger“ zur damaligen Zeit in den USA vor den Hauptfilmen gezeigt und von Warner freundlicherweise wieder entstaubt wurden. Die Kurzfilme fallen freilich unterschiedlich interessant bis absolut belanglos aus, aber es sind auch einige kleine Schätzchen dabei. Das wertvollste von ihnen ist sicher eine 19-minütige Verfilmung der Gothic-Fiction-Kurzgeschichte „The Tell-Tale Heart“ von Edgar Allan Poe – prägnant in Szene gesetzt als Regiedebüt von Jules Dassin. Man findet sie auf der DVD zu „Der Schatten des Dünnen Mannes“.

Doch das ist immer noch nicht alles. Warner bietet eine ganze Bonus-DVD, die sich „Alias Nick und Nora“ nennt und jeweils eine Dokumentation über die beiden Hauptdarsteller enthält („William Powell: Ein wahrer Gentleman“ und „Myrna Loy: Es ist schön, heimzukehren“). Außerdem aufgespielt ist eine Episode aus der in den späten 1950er Jahren entstandenen „Dünner Mann“-TV-Serie. Hier spielen Peter Lawford und Phyllis Kirk in der 25-minütigen Folge „Darling, I Loathe You“ die Rollen von Powell und Loy. Natürlich kommen diese Vorbilder an diese nicht heran, aber die Episode selbst ist sicher nicht uninteressant.

Wer also Appetit hat auf die „Dünner Mann“-Filme, sie aber noch nicht in seinem DVD-Regal findet, dem kann ich nur raten, zuzugreifen. Besonders günstig ist die Collection mit 7 DVDs momentan bei JPC für gerade einmal 19,99 Euro zu erhalten!

Percy Lister Offline



Beiträge: 3.589

17.04.2011 13:31
#30 RE: Bewertet: Die Dünner-Mann-Filme von 1934 bis 1947 Zitat · Antworten



BEWERTET: "Das Lied vom dünnen Mann" (Song of the Thin Man) (USA 1947)

Zitat von John Howard Reid: Mystery, Suspense, Film Noir and Detective Movies on DVD
Finally, the movie everyone (except me) hates: Song of the Thin Man (1947). For this one, Nat Perrin was assigned as both producer and screenwriter (in collaboration with Steve Fisher), whilst the directorial reins were handed to veteran Eddie Buzzell. The writers have taken care to restore Nick's liking (though not compulsion) for alcohol, but they made little change to the bland domesticity of Goes Home Nora. Admittedly, she isn't quite the dumb housewife here, more the not-so-bright socialite. Her antics aren't funny though. In one particular boneheaded play, she almost gets herself killed!


Der Autor dieser sehr empfehlenswerten Abhandlung der Materie widmet der "Dünnen Mann"-Serie in seinem Buch ein eigenes Kapitel. Was dem Zuseher sofort ins Auge fällt - und die Deduktionsarbeit erheblich erschwert - ist die frappierende Ähnlichkeit der eleganten Herren auf dem Glücksspieldampfer "S.S. Fortune". Mögen sie nun Drake, Amboy oder Brent heißen, erst nach mehrmaliger Sichtung lichtet sich der Nebel ein wenig. Der ist bei Nicks Schnüffeleien auf dem Schiff reichlich vorhanden und zaubert zusammen mit den unterschwellig stets vorhandenen Jazz-Tönen eine stilvolle Noir-Atmosphäre.

Terrier Asta kann wieder einmal beweisen, dass er immer noch "Angreifer in Stücke reißen kann" , während Nicks lässiger Jargon den alten Wortwitz versprüht. Seine Einfälle und sein Mut lassen ihn immer noch über den Dingen stehen, während Nora ein wenig von ihrer Ausdauer eingebüßt hat. Dies zeigt sich besonders in der Szene, als sie mit Nick um 4 Uhr morgens die Thayers aufsucht. Wie jeder normale Mensch zeigt sie, dass man nach einem langen Tag müde ist und eine Nachtruhe braucht. Oder, um es mit John Howard Reid zu sagen:

Zitat von John Howard Reid: Mystery, Suspense, Film Noir and Detective Movies on DVD
Loy's performance is adequate, but by no means sparkling. Maybe she was miffed that she was handed with no witty lines to speak of. Maybe she was just tired. She'd already co-starred with Powell in thirteen films.


Die Frauenrollen sind in diesem Film dennoch hervorragend besetzt, wobei das Trio Morison-Grahame-Meadows nicht unterschiedlicher sein könnte. Die Femme Fatale Morison, jedem Filmfreund als gefährliche Gegnerin von Sherlock Holmes in "Dressed to kill" (1946 mit Basil Rathbone) geläufig, zeigt erneut eine gewandte Frau, unter deren Oberfläche es brodelt. Meadows, hochgewachsen und eher herb, überzeugt als willensstarke Millionärstochter, die sich ihren Weg freikämpft. Grahame, unterkühlt und somnambul, büßt für ihre Fehlentscheidung nicht nur mit Einsamkeit, sondern auch mit ihrem Leben.

Arbeitet Nick Charles in den ersten Fällen noch mehr oder weniger mit der Polizei zusammen, so ist diese in "Lied" durchwegs abwesend. Die Ermittlungen werden deshalb zur Chefsache der Familie Charles. Mit Clinker als Drittem im Bunde streifen sie durch die Jazz-Szene und suchen den verschwundenen Buddy Hollis, der im Schlussakt wieder für Suspense sorgen darf. So schließt sich der Kreis und Mr. und Mrs. Charles verkünden, sich zurückzuziehen.

Zitat von John Howard Reid: Mystery, Suspense, Film Noir and Detective Movies on DVD
As for Powell, the script not only serves him astringently well, but he still seems right at home tossing off one-liners in the same polished, throwaway, suavely witty form. No doubt he could have continued persuasively playing Nick Charles for the rest of his career.

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