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Dieses Thema hat 343 Antworten
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Gubanov ( gelöscht )
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17.03.2019 16:30
#271 RE: Wallace der Woche (19): Der Hexer (1964) Zitat · Antworten



Edgar Wallace: Der Hexer

Kriminalfilm, BRD 1964. Regie: Alfred Vohrer. Drehbuch: Herbert Reinecker (Romanvorlage „The Ringer“, 1926: Edgar Wallace). Mit: Joachim Fuchsberger (Inspektor Edgar Bryan Higgins), Heinz Drache (James W. Wesby), Sophie Hardy (Elise Penton), Jochen Brockmann (Maurice Messer), Siegfried Lowitz (Inspektor Warren), Margot Trooger (Cora Ann Milton), René Deltgen (Henry Arthur Milton), Eddi Arent (Archibald Finch), Siegfried Schürenberg (Sir John), Carl Lange (Reverend Hopkins), Kurt Waitzmann (Reddingwood), Karl John (Shelby), Ann Savo (Sekretärin Jean), Hilde Sessak (Aufseherin im Mädchenheim), Petra von der Linde (Gwenda Milton) u.a. Uraufführung: 21. August 1964. Eine Produktion der Rialto-Film Preben Philipsen Berlin im Constantin-Filmverleih München.

Zitat von Der Hexer
Seit jeher zittert die Unterwelt vor Henry Arthur Milton. Unter seinem Decknamen „der Hexer“ bringt er Verbrecher zur Strecke, die das Gesetz nie gefasst hat. Kein Wunder also, dass er sich auf einen Rachefeldzug nach London begibt, als seine Schwester Gwenda Milton den Umtrieben des Anwalts und Mädchenhändlers Maurice Messer zum Opfer fällt. Da Milton als Meister der Maske gilt, hält sich Scotland Yard an seine Frau Cora Ann, die ebenfalls in London weilt. Verdächtig oft treibt sich der australische Schriftsteller James W. Wesby in ihrer Nähe herum, den die Inspektoren Higgins und Warren verdächtigen, der „Hexer“ zu sein. Maurice Messers Bande geht derweil eigene Wege, um ihren Todfeind zur Strecke zu bringen ...


„Schreiben Sie Ihre Fortsetzungen neuerdings mit dem Revolver?“

Es gibt keinen namhafteren Wallace-Schurken als den „Hexer“, sodass die Verfilmung durch die Rialto zu einem Zeitpunkt, als die Einspielergebnisse langsam zurückgingen, zwangsläufig zu einem besonderen Spektakel geraten musste. Um den hohen Erwartungen gerecht zu werden, verfiel Produzent Horst Wendlandt auf zwei geniale Einfälle: Erstens stürzte er sich bei der Besetzung in Unkosten, indem er die drei prominentesten und beliebtesten Wallace-Ermittler Joachim Fuchsberger, Heinz Drache und Siegfried Lowitz auf einmal verpflichtete. Zweitens gab er das Drehbuch erstmalig in die Hände Herbert Reineckers, der sich in den zurückliegenden Jahren als regelrechte Ikone unter den deutschen Filmautoren erwiesen hatte. Zwar ließ Reinecker seinem ersten Wallace-Script keinen sozialkritischen Tiefgang angedeihen, für den er sonst oft bekannt war; dennoch bereichert es die Filmreihe im Alleingang um diverse stilprägende Elemente, die sich als so erfolgreich erwiesen, dass sie im Kommenden wieder und immer wieder aufgewärmt werden sollten. Wer chronologisch beim „Hexer“ ankommt und dennoch schon weiß, wie sich die Wallace-Welle weiter entwickeln wird, findet in der Konstruktion konkurrierender Verbrecherinstitutionen, im Fokus auf Mädchenhandel, in der Dialogführung und nicht zuletzt in der Darstellung der Ermittler als regelrecht familiär agierendes Team eine Blaupause nach der anderen.

Substanziell unterscheidet sich der „Hexer“ gerade durch seine Unsichtbarkeit von anderen Wallace-Mördern, die mit ausgefallenen Kostümen oder unverkennbaren Mordmethoden die Aufmerksamkeit regelrecht auf sich ziehen. Dass er in verschiedene Masken schlüpfen kann, wird in einigen Szenen bereits effektiv ausgekostet, ohne es dem Zuschauer dezidiert unter die Nase zu reiben – so traut sich Henry Arthur Milton zum Beispiel gleich am Flughafen ganz in die Nähe seiner Frau und der Polizei, flüchtet aber rechtzeitig und behält damit die Oberhand gegenüber dem Gesetz. Auch wenn die Verwendung von Gummimasken und das Produktionsjahr 1964 es nahelegen, so müssen wir Herbert Reineckers Ideen doch nicht als Plagiat des „Fantomas“-Erfolges werten: Während der Wallace-Film bereits im August 1964 Premiere feierte, kam „Fantomas“ in Frankreich erst im November desselben Jahres, in Deutschland gar erst im Mai 1966 in die Kinos. Eine weitere Parallele zwischen dem „Hexer“ und „Fantomas“ stellt die scheinbare Unbesiegbarkeit des Gauners dar, der die Ermittler trotz Superaufgebots an der Nase herumführt wie kein anderer Wallace-Schurke. Ob sie nun logisch völlig wasserdicht ist oder nicht – die Schlussszene im Hause von Maurice Messer spielt nicht nur spannungstechnisch auf allerhöchstem Niveau, sondern ist mit ihrem Wendungsreichtum gleichfalls eine perfekte Variation aufs Wallace’sche Original.

Der besondere Clou, den Darsteller des „Hexers“ geheimzuhalten und dann doch einen altgedienten Leinwand-Star aus dem Hut zu zaubern, spricht für das professionelle Marketing der Rialto-Film. René Deltgen ist selbst in seinem Ultra-Kurzauftritt in den letzten Minuten des Films eine spektakuläre Bereicherung für den Krimi und versprüht gemeinsam mit Margot Trooger als Cora Ann Milton gediegene Hochwertigkeit. Trooger, die den ganzen Film über als Geheimnisträgerin und gleichzeitig als Verbindungselement zwischen ihrem verbrecherischen Filmgatten und der Polizei fungiert, liefert eine der stärksten weiblichen Darstellungen der gesamten Reihe und entschuldigt damit die stellenweise ärgerlich klischeehaft aufspielenden Sophie Hardy und Ann Savo durch zeitlose Eleganz. Sie scheint jedoch auch gewissermaßen außerhalb der eigentlichen Handlung zu stehen, die sich stark auf Fuchsberger, Drache und Lowitz sowie die Gangsterbande um Jochen Brockmann konzentriert. Brockmann spielt den gewissenlosen Anwalt ohne Übertreibungen; diabolische Qualitäten scheinen im Gegensatz zu anderen Interpretationen dieser Rolle nur in vereinzelten Szenen durch. In der zweiten Hälfte der Wallace-Serie, die oft und gern dazu tendierte, Verbrecherrollen hoffnungslos zu überzeichnen, erweisen sich Brockmanns und Langes Performances demnach als ausgesprochen wohltuend.

Als unverkennbare Stars des Films bleibt dennoch die „heilige Dreifaltigkeit“ Fuchsberger – Drache – Lowitz in Erinnerung. Alle drei Darsteller sind mit Enthusiasmus und einer gewissen Schnodderigkeit bei der Sache, die sie alle sehr sympathisch macht. Ihr geballtes Auftreten lässt selbst den ahnungslosen Zuschauer vermuten, dass sich ein „schwarzes Schaf“ in die Gruppe eingeschlichen haben möge. Vor allem Drache spielt folglich verdächtig doppelbödig und weist damit – ebenso wie Eddi Arent, der erstmals jenseits des Gesetzes steht – darauf hin, dass er nicht zwangsläufig zu den „Guten“ zählen muss. Wem das nicht innovativ genug ist, der sollte – um frei nach Sir John zu sprechen – auch die Musik von Peter Thomas berücksichtigen. Dieser meldete sich nach zwei erstaunlich wenig kreativen Arbeiten endlich wieder mit einer gelungenen Mischung aus düsteren Tönen und ironischen Effekten zurück, die den Film perfekt untermalen. Leider glückte ihm im weiteren Verlauf der Serie diese richtige Balance nur noch selten; zu oft glitt er dann in allzu alberne Sphären ab („Das Verrätertor“, „Der Bucklige von Soho“). Wenn man dem „Hexer“ etwas anlasten möchte, dann den Umstand, dass man vereinzelt in Umsetzung und Ausstattung höherwertig hätte zu Werk gehen sollen. Manche Kulissen und Rückprojektionen spielen nicht auf dem hohen Niveau, das man von den Wallace-Filmen bisher erwarten durfte, sodass der Eindruck dieses Vorzeigefilms rein formal manchmal kurzzeitig getrübt wird.

„Der Hexer“ ist ein einmaliges Aufeinandertreffen unzähliger serientypischer Elemente in noch nicht abgegriffener Zusammenstellung, verbunden mit kreativen Höchstleistungen im Drehbuch-, Musik- und Darstellerbereich und einem hohen Wohlfühl-Faktor. Dass sich Vohrer diesmal mit Verrücktheiten eher zurückhielt, weil er sich der herausragenden Bedeutung des Films für die Reihe bewusst gewesen sein muss, führt zu einem etwas „glattgebügelten“, aber umso besser konsumierbaren Ergebnis ohne Fremdschäm-Momente, die sich dann erst beim Recycling einiger „Hexer“-Erfolgsrezepte in den kommenden Jahren einstellen sollten.

Gubanov ( gelöscht )
Beiträge:

17.03.2019 22:26
#272 RE: Wallace der Woche (19): Der Hexer (1964) Zitat · Antworten

Zitat von greaves im Beitrag #4
Und wies aussieht,bin ich fündig geworden und habe zum Hexer und zu drei anderen Wallace-Drehorten wieder was bisher unbekanntes gefunden.(ich muss es aber noch ganz checken,bei meinem Berlin Aufenthalt übernächste Woche).

Das hört sich doch vielversprechend an. Viel Erfolg!

greaves Offline




Beiträge: 583

18.03.2019 12:10
#273 RE: Wallace der Woche (19): Der Hexer (1964) Zitat · Antworten

@Gubanov ich danke dir.
Gebe dir dann Bescheid,wenns was geworden ist👍🏼
Vielleicht hast du dann wieder was zum einstellen,wenn ich dir die Fotos wieder schicken darf für die Bildergalerie

Count Villain Offline




Beiträge: 4.616

20.03.2019 16:37
#274 RE: Wallace der Woche (19): Der Hexer (1964) Zitat · Antworten

Der "Hexer" nun also. Der Vorzeige-Wallace. Vorzeigbar sicherlich. Das aber lediglich für die Rialto-Reihe an sich und weniger für das Werk des Altmeisters. Für mich ein Umbruch-Wallace. Das Drehbuch ist mindestens ebenso viel Reinecker wie echter Wallace und mit ebenjenem Drehbuchautoren zieht der Zeitgeist wie noch nie zuvor in die Reihe ein. Eigentlich eine Ironie des Schicksals, dass der Film, dessen Name und Grundlage wohl wie kaum etwas sonst für das Schaffen von Edgar Wallace steht, zeitgleich auch den Zeitpunkt markiert, an dem sich die Reihe von Edgar Wallace frei strampelt und zu ihrer eigenen Marke wird.

Ebenso bezeichnend, dass der Zenit mit dieser Umwandlung dann auch überschritten ist. Ab jetzt sollte man in zunehmende Formelhaftigkeit verfallen und viele Dinge, für die der Hexer den Prototypen markierte, sollten regelmäßig wieder aufgewärmt werden (z. B. Mädchenhandel und -heime, Verbrecherpyramiden). Auch die Sorgfältigkeit und Wertigkeit beginnt ab jetzt aufgrund der Fokussierung auf Schauwerte und zunehmende Selbstironie zu leiden. Wallace-Thriller war gestern, ab morgen freuen sie sich auf die Wallace-Sause!

Inwieweit diese Anpassung an den vermeintlichen oder tatsächlichen Massengeschmack der Entstehungszeit geholfen hat, die Reihe am Leben zu erhalten, vermag ich nicht zu beurteilen. Ich jedoch sehe es mit eine lachenden und einem weinenden Auge.

Pros und Cons

- handwerkliche Unsauberheiten (Musik aus Zimmer 13, Szene aus dem Zinker, fehlende Wand neben einer Tür, erkennbar gemaltes Bild bei Blick aus dem Fenster, schlechte Rückprojektion bei Autofahrt, Degenspitze verändert die Position zwischen verschiedenen Aufnahmen usw.)
+ immer wenn Brockmann, Schürenberg und Arent zu sehen sind, ist noch sehr viel der ursprünglichen Wallace-Atmosphäre zu spüren
+ Margot Trooger dominiert bei jedem ihrer Auftritte die Szenerie
+ der Verdacht wird sehr geschickt auf Wesby gelegt, der von Drache mit großer Spielfreude dargestellt wird
- Fuchsberger und Hardy können als Paar nach all den vorherigen "Krimi-Traumpaaren" nur enttäuschen und lassen ähnlich wie das U-Boot der Gangster eher an Agentenfilme denken
+ das Ende gehört zu den besten Szenen des Films (und ist - oh Wunder - auch beinahe Eins zu Eins aus dem Roman entnommen!)

Fazit
Der vielgerühmte Hexer überzeugt mich eher durch seinen gut aufgelegten Cast und einige gelungene Einzelszenen denn als Gesamtwerk. Aushängeschild? Ja. Meisterwerk? Klares Nein.

Jan Offline




Beiträge: 1.753

20.03.2019 21:42
#275 RE: Wallace der Woche (19): Der Hexer (1964) Zitat · Antworten

Zitat von Count Villain im Beitrag #10
fehlende Wand neben einer Tür

Meinst Du damit die Szene, in der Sophie Hardy in das Vorzimmer von Sir John geht und die Kamera - zunächst ihren Füßen folgend - vor der Tür quasi durch die nicht existente Wand in das Vorzimmer fährt?

Gruß
Jan

Count Villain Offline




Beiträge: 4.616

20.03.2019 22:36
#276 RE: Wallace der Woche (19): Der Hexer (1964) Zitat · Antworten

Zitat von Jan im Beitrag #11
Meinst Du damit die Szene, in der Sophie Hardy in das Vorzimmer von Sir John geht und die Kamera - zunächst ihren Füßen folgend - vor der Tür quasi durch die nicht existente Wand in das Vorzimmer fährt?


Exakt! Bei einem abgefilmten Theaterstück würde ich mir das ja noch gefallen lassen oder wenn die ganze Inszenierung auf surreale Kulissenhaftigkeit aufgebaut ist (wie z. B. bei der Hokuspokus-Version mit Rühmann und Pulver), aber nicht bei einem "Real-Film". Da empfinde ich diesen "Gag" doch eher störend.

Jan Offline




Beiträge: 1.753

20.03.2019 23:14
#277 RE: Wallace der Woche (19): Der Hexer (1964) Zitat · Antworten

Zitat von Count Villain im Beitrag #12
Zitat von Jan im Beitrag #11
Meinst Du damit die Szene, in der Sophie Hardy in das Vorzimmer von Sir John geht und die Kamera - zunächst ihren Füßen folgend - vor der Tür quasi durch die nicht existente Wand in das Vorzimmer fährt?


Exakt! Bei einem abgefilmten Theaterstück würde ich mir das ja noch gefallen lassen oder wenn die ganze Inszenierung auf surreale Kulissenhaftigkeit aufgebaut ist (wie z. B. bei der Hokuspokus-Version mit Rühmann und Pulver), aber nicht bei einem "Real-Film". Da empfinde ich diesen "Gag" doch eher störend.

Ja, aber exakt das war meiner Meinung nach beabsichtigt, und es war keineswegs eine Unsauberkeit oder gar unbeabsichtigt. Alfred Vohrer hat solch' eine Kamerafahrt in zahlreichen Filmen gemacht. Bei Derrick gibt es in diversen Episoden Vergleichbares: Der jeweilige Darsteller kommt vom Flur in das große Büro neben Derricks Büro. Die Kamera ist auf Schienen montiert und steht direkt hinter Bergers Schreibtisch, sie erfasst den Darsteller, bleibt auf ihm wie er durch das große Büro zur Verbindungstür zu Derricks Büro geht und läuft dann "durch" die Wand in Derricks Büro. Das ist eine beabsichtigte Kulissenhaftigkeit, wie sie sich bei Vohrer ja nicht nur an solchen Kamerafahrten, sondern auch an diversen anderen Punkten festmachen lässt. Ich bin überzeugt davon, dass er das gerade bei Wallace noch viel drastischer gemacht hätte, wenn man ihn gelassen hätte. Die Räume und Bauten sind letztendlich deswegen nicht so surreal, wie sie hätten sein können. Aber als Vertreter des Realismus würde ich sie keineswegs bezeichnen. Alles wirkt künstlich und bewusst unecht, Mobilar und Ausstattung werden teils zweckendfremdet. Die Szenerie ist grundsätzlich eher fantastisch und theaterhaft. Sie ist fast immer in die eine oder in die andere Richtung überzeichnet mit Spinnenweben im Zuckerwattenstil oder Staub aus Backpulverdosen einerseits, glattflächigen und vollkommen steril gehaltenen Räumen andererseits. Wände, Türen oder Mauern sollen Beton, Holz oder Backsteine vorgaukeln, sind aber gut erkennbar nichts weiter als Pappmachée. Türen im Atelier haben fast immer keine Türschwelle. Anstatt es zu vertuschen, lässt Vohrer auf die Füße eines in den Raum eintretenden Darsteller schwenken und erfasst neben den Füßen so auch den Studioboden ohne Türschwelle, dafür aber mit deutlich erkennbar nur aufgesetzten Wänden. Ich ordne das ganz klar als inszenatorisches Stilmittel ein.

Gruß
Jan

Ray Offline



Beiträge: 1.930

20.03.2019 23:57
#278 RE: Wallace der Woche (19): Der Hexer (1964) Zitat · Antworten

"Der Hexer" gehört sicher zu den Wallace-Filmen, die ich am meisten gesehen habe, allein schon wegen der vielen TV-Ausstrahlungen (BtW: Wisst ihr eigentlich, wie oft ihr welche Filme in etwa gesichtet habt? Wäre ja vielleicht mal eine Sache für einen eigenen Thread, wenn es so einen nicht schon gibt). Er hat sicher ein ganz eigenes Flair, was mit der Figur des Hexers (kein "typischer" Verbrecher), dem einmaligen Aufeinandertreffen von Fuchsberger, Drache und Lowitz in einem Film und der übermäßigen Portion Sixties-Flair zu tun hat. Letzteres zeigt sich an der breiten Zurschaustellung der Beziehung zwischen Sophie Hardy und Fuchsberger, der - wohl als Seitenhieb auf die Konkurrenz - Edgar Bryan mit Vornamen heißt. Vohrer zeigt die beiden in ungewohnt vielen intimen Momenten. So schaut der Zuschauer dem Paar dabei zu, wie es rauchend auf dem Bett "abhängt" oder wie Fuchsberger seiner Partnerin das Handtuch reicht, während sie aus der Dusche aussteigt. Allgemein sieht man dem Film den Willen an, eine moderne Version des "Hexers" zu präsentieren, dem Publikum mithin etwas zu bieten. Kein Wunder, schließlich gab es allein in Deutschland zuvor bereits eine Kino- und zwei TV-Adaptionen von Wallace berühmter Vorlage, die letzte erst ein Jahr zuvor. Schon vor diesem Hintegrund drängte sich eine "freiere" Umsetzung geradezu auf. Herbert Reinecker etwablierte bei seiner ersten Arbeit für die Wallace-Reihe viele Motive, die in der Folge mehr oder weniger zum Standardrepertoire des Wallace-Cocktails zählen sollten (Mädchenhandel, Verbrecherpyramide).

Schon vom Skript angelegt gibt Heinz Drache von den Ermittlern die beste Figur ab. Mit Jochen Brockmann und Carl Lange kehren zwei Veteranen der ersten Stunde zurück zur Reihe. Brockmanns Mimik eignet sich bestens für die Vohrer-typischen Zooms. So bleiben die Szenen, in der der Name Artuhr Miltions fällt und Messer daraufhin sämtliche Gesichtszüge entgleiten, besonders hängen. Ihren ersten von drei Auftritten hintereinander hat im vorliegenden Film Margot Trooger. Sie strahlt eine einmalige Eleganz und natürliche Überlegenheit aus. Mrs Milton scheint über den Dingen zu stehen. Eine große Show liefert Siegfried Schürenberg als Sir John. Die Art und Weise, wie er sich an Mrs Milton anbiedert, ist geradezu köstlich. Zudem ist die Chemie mit Fuchsberger exzellent. Ihre gemeinsamen Szenen weisen hervorragendes Timimg auf, so dass Running Gags wie das regelmäßige "Das müssen Sie doch berücksichtigen" ihre volle Wirkung entfalten. Als gelungen darf ferner die diesmalige Performance von Eddi Arent bezeichnet werden. Seine Auftritte sind kurz, dezent und teilweise erfrischend böse. Schließlich feiert Ann Savo ein bemerkenswertes Comeback als erste Sekretärin Sir Johns. Es wird wohl ein ewiges Rätsel bleiben, warum sie in dieser Rolle nicht zur Stammkraft wurde.

Die Eröffnungssequenz gehört sicher zu den weniger spektakulären, doch das ist beinahe wieder vergessen, sobald der Vorspann einsetzt. Erstmals gibt es die Pistolenschüsse, die Letter "Edgar Wallace" in blutroter Schrift und den Ausruf "Hallo, hier spricht Edgar Wallace" in der korrekten Aussprache zusammen in einem Film. Die wunderbar ironisch-experimentelle Titelmusik von Peter Thomas dürfte seine bis dahin beste sein und die Richtung für folgende Arbeiten vorgeben. Vohrer inszeniert routiniert. Besonders gelungen ist die Szene, in der Brockmann seinen Mitstreitern von der Ankunft des "Hexers" berichtet und in dem Moment von oben das mehrmalige "Amen" des Mädchenchors erklingt. Das zweite Drittel hat ein paar Hänger, nicht zuletzt auch deshalb, weil Sir John weniger präsent ist. Die Art und Weise, wie der Verdacht immer wieder geschickt auf Heinz Drache gelenkt wird, ist jedoch große Klasse.

Alles in allem ein sehr unterhaltsamer Wallace-Film. Nicht der beste, aber defintiv einer der besseren. 4,5 von 5 Punkten.

Count Villain Offline




Beiträge: 4.616

21.03.2019 00:04
#279 RE: Wallace der Woche (19): Der Hexer (1964) Zitat · Antworten

Zitat von Jan im Beitrag #13
Ja, aber exakt das war meiner Meinung nach beabsichtigt, und es war keineswegs eine Unsauberkeit oder gar unbeabsichtigt.


Das es unbeabsichtigt ist, schrieb ich auch nicht. Für so dumm braucht man wohl auch keinen zu halten. Unsauber empfinde ich es nicht, weil ich es für handwerklich missglückt halte, sondern weil ich es als Stilbruch zum Rest des Films empfinde. Entweder ich inszeniere konsequenter auf diese Art oder lasse es ganz bleiben. Für mich besteht da außerdem schon ein Unterschied, ob etwas eine märchenhafte oder leicht übertriebene Anmutung hat und quasi eine Art Parallelwelt erschaffen wird (findet man fast durchgängig in den Wallace-Filmen), oder ob man die (Film-)Wirklichkeit komplett durchbricht.

Und das mit den Türschwellen ist mir im Übrigen noch nie aufgefallen, weil ich mir darüber bisher keine Gedanken gemacht habe. Diesen inszenatorischen Kniff mit der Wand fand ich jedoch wegen mangelnder Konsequenz bei dieser Sichtung des "Hexers" unnötig. Für diese Theaterhaftigkeit ist mir der Hexer dann doch zu wenig Kammerspiel.

Dr. Oberzohn Offline



Beiträge: 644

21.03.2019 13:57
#280 RE: Wallace der Woche (19): Der Hexer (1964) Zitat · Antworten

Der Hexer - der berühmteste Roman von Edgar Wallace. Die Berühmtheit gründet sich wohl auf die Popularität des gleichnamigen Theaterstücks, aus welchem dann auch das Buch, auch noch in zwei Versionen, hervorging. Wir erfahren hier, dass die Schwester des Hexers Selbstmord begangen hat, da sie den Verführungen des bösen Anwalts Meister (oder Messer) nachgegeben hat und das Geschehen auf dem Lotterbett nicht folgenlos geblieben ist. So kommt denn der geheime Rächer aus Australien wieder nach England, um den Schurken über lange lange Buchseiten hinweg in Schrecken zu versetzen.
Zum ebenfalls lange herbei gesehnten (und zugegebenermaßen sehr gelungenem ) Schluss findet der Schuft mit Juristenzulassung sein wohlverdientes Ende, wobei der Hexer dann auch je nach Buchversion von seiner Gattin mit echten oder falschen Patronen erledigt wird. Alles in allem alles andere als schweißtreibende Spannung, das Ende mal ausgenommen.
Der gleichnamige Film aus der Wallace-Reihe ist auch so eine Berühmtheit, deren Popularität für mich persönlich schwer nachvollziehbar ist. Die Handlung wurde natürlich stark abgeändert.
Auf der Habenseite natürlich drei bekannte Wallace-Ermittler (Fuchsberger, Drache, Lowitz) auf einmal (und noch S. Schürenberg alias Sir John als Zugabe). Das ist gleichzeitig auch die Crux, denn der Film verlässt sich viel zu sehr auf die Wirkung der Hauptdarsteller. Alles andere wirkt da eher nebensächlich. Lowitz und besonders Drache als geheimnisvoller Hexer-Hauptverdächtiger machen ihre Sache recht gut, aber Kollege Fuchsberger als geistig minderbemittelter Frauenheld... Boahhh! Nicht dass man sich das Interesse des schönes Geschlechtes an ihm nicht vorstellen kann, trotzdem passt die Rolle nun mal nicht zu ihm und ist nur peinlich. Wer würde es auch mit einem so dämlichen Dummchen wie der von Sophie Hardy verkörperten Freuundin auch aushalten ? Deren körperliche
Vorzüge werden ja recht freizügig in Szene gesetzt, aber leider hält sie eben nicht ihren Mund und ist quasi die Vorlage aller Blondinenwitze. Einfach nervtötend, genauso wie die Filmmusik, eine sehr experimentelle Kakophonie von Peter Thomas, der wahrlich besseres geliefert hat. Schürenberg ist mal wieder sehr senil, aber auch recht witzig, allerdings verhält er sich natürlich alles andere als politisch korrekt, als er seiner attraktiven Sekretärin aus Begeisterung einen Kuss auf die Stirn drückt. Heute würde sich die Gute wohl auf Metoo ausheulen... So etwas würde sich die Frau des Hexers (M. Trooger) natürlich nicht gefallen lassen, aber mit deren abgehobenem Getue kann ich nun auch gar nichts anfangen.
Jochen Brockmann gibt einen passablen Obergangster, Eddi Arent einen richtig gelungenen Kleinganoven jenseits der richtigen Seite des Gesetzes. Und dann diese Oberschwester im Mädchenpensionat - so habe ich mir immer eine KZ-Aufseherin vorgestellt. Einfach gruselig.
Naja, die Handlung ... Im Vergleich zu anderen derartigen Filmen gibt es viel action: ein gesprengtes Haus, umgefahrene Telefonzelle und ein explodiertes Zwei-Mann-Klein-U-Boot. Was das Letztere eigentlich sollte, ist auch schwer erklärbar: So eine Endsieg-Wunderwaffe für den gelungensten Wallace-Film etwa? So
richtig Sinn macht die Sache kaum. Irgendwie lässt der Film weitgehend das Wallace-Feeling der meisten Vorgänger-Beiträge vermissen, ein auf Hochglanz poliertes Standard-Produkt, das aber kaum Spannung erzeugt.
Wenn Inspektor Higgins zum x-ten Mal in eine Falle der Ganoven tappt und niedergeschlagen wird, dann animiert das nur noch zum Gähnen. Auch wenn er aus allen Rohren auf einen Mann schießt, der an seiner Tür gelauscht hat, befremdet das doch ziemlich stark, zumal er dann auch noch fast vom Dach runterfällt, obwohl sich der andere gar nicht wehrt. Ein großes Manko ist auch, dass sich die Verbrecher ja großteils selber umbringen, und der Hexer nur den finalen Degenstoß anbringen muss. Über die Unlogik des Endes ist ja sogar im Wallace-Lexikon kritisch geschrieben worden.
Die Maskengeschichte ist schwer glaubhaft, wie bei allen solchen Filmen. Ebenso schwer vorstellbar ist doch, dass der Hexer, in der Mitte der Fünfziger stehend, eine einundzwanzigjährige Schwester hat, also weit über dreißig Jahre älter ist. Biologisch mag das vielleicht grad so noch gehen, aber trotzdem...
Der Unsinn mit den Mädchenheimen hat hier seinen ersten, leicht verschämten Anfang genommen. Sind die jungen Damen hier eigentlich auch schon Opfer der skrupellosen Mädchenhändler-Bagage ?

Tja, persönlich kann ich dem Film überhaupt nichts abgewinnen. Da gefällt mir noch so mancher aus der Farb-Ära besser. Der Streifen hat überhaupt keine Spannung, eine beliebig aneinandergereihte Handlung, da nützt auch das einigermaßen überraschende Ende nicht mehr.

Persönliche Wertung: schlechte 2 von 5 Punkten

patrick Offline




Beiträge: 3.245

21.03.2019 19:12
#281 RE: Wallace der Woche (19): Der Hexer (1964) Zitat · Antworten

@Dr. Oberzohn ungefähr so hätte ich den Film in der Vergangenheit auch bewertet. Mittlerweile bin ich deutlich Hexer-toleranter geworden.

Jan Offline




Beiträge: 1.753

21.03.2019 20:40
#282 RE: Wallace der Woche (19): Der Hexer (1964) Zitat · Antworten

Ganz so arg gehe ich mit dem Film nicht ins Gericht, wenngleich auch ich sagen muss, dass ich den Hexer in letzter Konsequenz für überbewertet halte. Das bereits häufig angesprochene Ensemble ist freilich von allererster Güte, gut aufgelegt ist es zudem. Die Schauspielerführung ist wieder einmal quirlig, die Tempo-Taktung der Regie erwartungsgemäß hoch. Und doch zündet das Gesamtwerk nicht so wohlig wie zuvor. Woran das liegt? Sicher am fehlenden Flair des Buches. Herbert Reinecker hat bei seinem Einstand abseits der Verwendung der Hexer-Maskerade die Sex-Komponente betonter in die Reihe getragen und mit dem Mädchen-Heim einen Subplot gezeichnet, der die Reihe bis 1969 in wenngleich immer wieder leicht abgewandelter Form begleiten sollte. Bedauerlicherweise vergaß er darüber hinaus offenbar, sich mit dem Wallace'schen Grundton besonders auseinander zu setzen. Die Konsequenz ist, dass der Hexer vergleichsweise deutsch daherkommt und so ein ganz klein wenig und zaghaft erstmals auf der Exploitation-Welle zu reiten versucht, die sich in jenen Jahren langsam aber sicher in die Kinos schlich. Besonders derbe oder konsequent ist Reinecker dabei hier noch nicht; eine Änderung in der Grundauslegung indes ist gegenüber den vorherigen Beiträgen unverkennbar.

Zu willenlosen Begeisterungsstürmen veranlassen mich zudem auch nicht die Leistungen der eigentlichen Garanten Thomas und Löb. Währenddessen der Erstgenannte meiner Erinnerung zufolge im Nachgang unumwunden zugab, dass ihm einfach beim Hexer nichts eingefallen ist, trifft dies wenngleich unausgesprochen auch auf den Zweitgenannten zu. Wieder haben wir es mit einem Film zu tun, der einen hohen Atelier-Anteil hat. Abgesehen von der im Telefon montierten Kamera kann ich mich indes an kaum einen echten optischen Höhepunkt erinnern. Die Bilder wirken belangloser als zuvor.

Der Hexer markiert für mich zudem den Startpunkt eines kleinen Durchhängers beim Regisseur innerhalb der Reihe. Ohnehin sind die in 1964 und 1965 entstandenen Vohrer-Filme in meinen Augen nicht gerade dessen unbedingte Aushängeschilder; er fand vor allem mit "Lange Beine - Lange Finger" wieder den alten Tritt. Insofern gesellt sich hier zu einem mich nicht bis ins Letzte überzeugenden Buch auch ein schlaffer wirkender Regisseur, der eine gewisse Hexer-Lethargie gehabt zu haben scheint, die sich im Sequel noch erheblich deutlicher feststellen lassen sollte.

Fazit: Bombig besetztes Prestigeprojekt der Rialto, das letztlich hinter den filmischen Erwartungen zurückbleibt, im Falle Herbert Reineckers eine gewisse Startschwierigkeit sowie im Falle Alfred Vohrers eine gewisse Kreativitätsdelle offenbart. Das famos aufgelegte Ensemble vermag die kleinen Unzulänglichkeiten zwar über weite Strecken zu überdecken, gänzlich zu vertuschen sind sie indes nicht. Seeeeehhhhr knappe 4 von 5 Punkten.

schwarzseher Offline



Beiträge: 626

22.03.2019 20:27
#283 RE: Wallace der Woche (19): Der Hexer (1964) Zitat · Antworten

Eigentlich finde ich Fuchsberger in seiner Rolle gut.Er spielt eben mal nicht den super Held ,trotzdem verkommt die Rolle nicht ( wie es bei vielen anderen sicher geschehen wäre ) im Klamauk.Er sollte wohl einfach den Gegenpart zu den "gesetzteren " Lowitz und Drache darstellen.
Im Gegensatz zu dem Buch ( oder gar dem schon extrem langweiligen Hörspiel ) ist der Film die beste Umsetzung des Hexers.
Das Verkleidungsfilme eben immer ein bischen augenzwinkend betrachtet werden sollten ist auch klar ( ah....da isser wieder ,der Gerichtsdiener,Kellner usw.)Und märchenhaft finde ich das eigentlich auch ( wie zB. Fantomas)
Fehlende Türschwellen usw ...geschenkt ....hab ich bei zig mal ansehen noch nie gemerkt.Warum ? zu oberflächlich ? eher sehe ich die Filme rel. unkritisch und suche jetzt nicht nach minus Punkten sondern lasse mich einfach "mitnehmen" und das klappt auch beim Hexer.

Jan Offline




Beiträge: 1.753

23.03.2019 09:34
#284 RE: Wallace der Woche (19): Der Hexer (1964) Zitat · Antworten

Zitat von schwarzseher im Beitrag #19

Fehlende Türschwellen usw ...geschenkt ....hab ich bei zig mal ansehen noch nie gemerkt.Warum ? zu oberflächlich ? eher sehe ich die Filme rel. unkritisch und suche jetzt nicht nach minus Punkten sondern lasse mich einfach "mitnehmen" und das klappt auch beim Hexer.

Das ist ja auch nichts Negatives mit den Türschwellen. Das ist bei Atelieraufnahmen nun einmal (häufig) so. Ich achte da schon ein paar Jahre drauf, und es ist immer ein treffliches Indiz immer dann, wenn man sich nicht ganz sicher ist, ob etwas im Atelier oder an Originalschauplätzen entstandten ist. Hier ging es eher um die Kulissenhaftigkeit, weil man solche Umstände ja betonen oder vertuschen kann.

Gruß
Jan

Havi17 Offline




Beiträge: 3.764

23.03.2019 11:15
#285 RE: Wallace der Woche (19): Der Hexer (1964) Zitat · Antworten

Für mich sind optische Höhepunkte kein Qualitätskriterium für einen guten Film. Gewiss, wenn der
Film selbst nichts zu bieten hat, würden diese wie bei dem heutigen Einheitsbrei ganz klar im
Mittelpunkt stehen und bei den Zuschauern, welche dies gewohnt sind das Kriterium schlechthin
sein, doch ich denke wir sind hier in einem Forum, wo solche Dinge bestenfalls nur ein Add On
sein sollten.

Gruss
Havi17

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