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Dieses Thema hat 128 Antworten
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 Filmbewertungen
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Lord Low Offline




Beiträge: 746

08.08.2016 19:28
#76 RE: RE:Bewertet: "Das Gasthaus an der Themse" Zitat · Antworten

Wo wurden denn die Schaufenster-Szenen gedreht?

Ray Offline



Beiträge: 1.948

03.09.2016 21:55
#77 RE: RE:Bewertet: "Das Gasthaus an der Themse" Zitat · Antworten

Das Gasthaus an der Themse (BRD 1962)

Regie: Alfred Vohrer

Darsteller: Joachim Fuchsberger, Brigitte Grothum, Elisabeth Flickenschildt, Richard Münch, Jan Hendriks, Heinz Engelmann, Klaus Kinski, Eddi Arent, Rudolf Fenner, Siegfried Schürenberg, Hans Paetsch u.a.



Nachdem man mit "Die Tür mit den sieben Schlössern" das Boot wieder auf Kurs gebracht hatte, gingen die Produzenten mit "Das Gasthaus an der Themse" den nächsten Schritt. Erstmals sind aus dem Off die legendären Worte "Hallo, hier spricht Edgar Wallace" zu hören (Leider mit falscher Aussprache, nämlich "Wällace", was dann doch eher "abturnt". Aber egal, eine weitere entscheidende Weichenstellung.). Hiermit wurde der Seriencharakter weiter in den Vordergrund geschoben, um sich von der Konkurrenz noch mehr abzugrenzen. Auch inhaltlich ging man einen Schritt weiter, indem man erstmals einen vom Roman abweichenden Täter präsentierte und mit der Figur des Hais eine vortreffliche Eigenkreation erschuf, die sich perfekt bei den bisherigen Phantomen einreihen konnte. Überhaupt zeigt sich die Reihe formal auf dem Höhepunkt: sowohl vor als auch hinter der Kamera hat man das Personal gefunden, mit dem man in eine erfolgreiche Zukunft schreiten sollte, zum jetzigen Zeitpunkt gibt es zudem noch keine allzu relevanten Abgänge zu vermelden (Leute wie Fritz Rasp oder Ulrich Beiger waren natürlich ein Segen, aber standen nicht so sehr im Vordergrund.). Es handelt sich darüber hinaus um den einzigen Wallace-Film, in dem Fuchsberger, Arent, Kinski und Schürenberg vereint waren.

Dies dürften die Gründe sein, warum der Film heute einen derart exzellenten Ruf genießt und häufig mit "Die toten Augen von London" in einem Atemzug genannt wird. Vereinzelt wurde hier vorsichtige Kritik geäußert, ohne dass es den Betreffenden möglich war, diese näher zu umschreiben.

Ein Kritikpunkt ist ja bereits häufiger aufgetaucht. Er betrifft die Auflösung, die doch sehr offensichtlich ausschließlich darauf aus ist, den Betrachter "ins Bochshorn zu jagen". Doch wie schon richtig gesagt wurde, gab es in der Folge häufiger Fälle, in denen Täter entlarvt wurden, die der Zuschauer beim Miträtseln von vornherein ausklammerte bzw. die mit dem eigentlichen Geschehen (vermeintlich) nichts zu tun haben.

Nicht sonderlich glücklich war es, für die Rolle der 18-jährigen Leila Smith die damals 27-jährige Brigitte Grothum auszuwählen. Ihr bemüht kindlich-naives Auftreten ist alles andere als überzeugend. Geradezu doppelmoralisch erscheint es zudem, wenn Inspektor Wade der Figur Heinz Engelmanns bei seinem Bestreben, Leila heiraten zu wollen, vorhält, dass Leila minderjährig sei und dann am Ende höchstselbst mit ihr "rumschlawinert".

Im Übrigen ist es vor allem die Frage, ob man eher der Schlösser- oder mehr der Kaschemmenromantiker ist. Ich würde mich als ersteren bezeichnen. Auch wenn das Hafenmilieu eine nette Abwechslung bietet, fühle ich mich persönlich auf alten Schlössern eher (bei Wallace) zu Hause.

Das ist freilich jammern auf allerhöchstem Niveau, denn der Film bietet eine Vielzahl an postiven Aspekten, welche die negativen nahezu aufwiegen. Joachim Fuchsberger kehrt nach seiner bisher größten Pause von zwei Filmen zurück und scheint in Sachen Engagement und Dynamik auf seinem Höhepunkt. Siegfried Schürenberg zeigt sich bei seinem zweiten Auftritt stark verbessert, daher wird er in der Mitte des Films auch sträflich vermisst. Klaus Kinski fügt seinem Kuriositätenkabinett an illustren Figuren mit der des Mr Gubanow eine weitere hinzu. Seine russischen Sprichwörter sind nicht nur noch viel amüsanter als die chinesischen vom Kollegen Christopher Lee alias Ling Chu, sondern auch deutlich erheiternder als das im ersten Drittel ständig von Seiten von Eddi Arent vorgetragene "Darauf wäre ich nie gekommen!". Wie er sich regelmäßig als "Gubanow, Gewürze Im- und Export" vorstellt, avanciert zum Running-Gag und bleibt in Kopf und Ohr hängen. Die Fieslinge, allen voran die Flickenschildt, aber auch Jan Hendriks oder Heinz Engelmann machen ihre Sache sehr gut, kommen aber nicht ganz an die Darbietungen ihrer Vorgänger in "Die Tür mit den sieben Schlössern" heran. Mit Rudolf Fenner und Hela Gruel hat man noch zwei bewährte "urige" Typen parat, die für das "uselige" Flair rund ums Mekka sorgen. Hans Paetsch macht aus seinem kurzen Auftritt als Rechtsanwalt ein Kabinettstückchen. Er wirkt ganz so, als habe er in seinem Leben keine andere Rolle gespielt. Bei Richard Münch muss man sagen, dass seine Rolle sicher nicht ganz einfach zu spielen war. Denn einerseits tritt er relativ oft auf, darf er aber dabei auch nicht sonderlich auffallen, um möglichst keinen Verdacht zu erregen. Dafür macht er seine Sache ganz ordentlich.

Ganz besonders gelungen sind die Action-Szenen und die Figur des Hais. Die Eröffnungssequenz ähnelt derjenigen von "Die toten Augen von London" insoweit, als auch hier ein Argloser langsam aber sicher in die Falle tappt. Das überlegene Phantom liegt auf der Lauer und macht den Zuschauer in den wenigen Sekunden bis zur Tatausführung zum "Mitwisser". Outfit und Mordwaffe sind wesentlich stimmmiger und bedrohlicher als etwa beim grünen Bogenschützen, weil sie eben nicht nur "Show" sind, sondern davon abgesehen ihren Zweck erfüllen. Die Verfolgung am Ende kommt sehr dynamisch herüber, was vor allem dem Einsatz einer Handkamera zu verdanken ist.

Das Titelthema von Martin Böttcher gehört sicherlich zu den besten. Auffällig ist, dass Böttcher Sounds wie etwa Stimmen einbaute, was später zum Markenzeichen von Kollege Thomas werden sollte. Der aufmerksame Zuschauer und -hörer registriert zudem, dass jene Soundeffekte aus dem Film entnommen wurden. So stammt der Hilfeschrei von der Frau, die den zweiten Toten im Juweliergeschäft findet und die Töne der Kuckucksuhr aus der Wohnung von Anne Fuller. Leider ist die musikalische Untermalung während des Films ein wenig spärlich ausgefallen.


"Das Gasthaus an der Themse" bietet formal alles, was man von einem Wallace-Film erwartet und zählt dennoch nicht zu den allerbesten Vertretern der Reihe. Trotzdem sehr gute 4,5 von 5 Punkten.

Count Villain Online




Beiträge: 4.642

04.09.2016 09:16
#78 RE: RE:Bewertet: "Das Gasthaus an der Themse" Zitat · Antworten

Zitat von Ray im Beitrag #77
Der aufmerksame Zuschauer und -hörer registriert zudem, dass jene Soundeffekte aus dem Film entnommen wurden. So stammt der Hilfeschrei von der Frau, die den zweiten Toten im Juweliergeschäft findet und die Töne der Kuckucksuhr aus der Wohnung von Anne Fuller.


Das ist mir noch nie aufgefallen. Sehr cool!

Ray Offline



Beiträge: 1.948

05.09.2016 20:06
#79 RE: RE:Bewertet: "Das Gasthaus an der Themse" Zitat · Antworten

Zitat von Count Villain im Beitrag #78
Zitat von Ray im Beitrag #77
Der aufmerksame Zuschauer und -hörer registriert zudem, dass jene Soundeffekte aus dem Film entnommen wurden. So stammt der Hilfeschrei von der Frau, die den zweiten Toten im Juweliergeschäft findet und die Töne der Kuckucksuhr aus der Wohnung von Anne Fuller.


Das ist mir noch nie aufgefallen. Sehr cool!



Mir bisher auch nicht. Hatte mir aber zwischen meiner letzten und der vorgestrigen Sichtung die CD "Best of Edgar Wallace" zugelegt, sodass mir das Titelthema wesentlich präsenter war als sonst. Daran wird es wohl liegen.

Gubanov ( gelöscht )
Beiträge:

26.01.2019 00:15
#80 Wallace der Woche (12): Das Gasthaus an der Themse (1962) Zitat · Antworten



Edgar Wallace: Das Gasthaus an der Themse

Geschmuggelter Whiskey ist nicht das abscheulichste Verbrechen im Dunstkreis der Matrosenschenke Mekka, die sich im dichten Londoner Nebel ans Themseufer schmiegt. Im „Gasthaus an der Themse“ treiben sich auch Juwelenhehler, Erbschleicher und Assistenten eines Mörders im Froschmannkostüm herum – ein wahres Schlangennest mit Natter Oaks als dämonischer Übermutter (und dennoch trotz Vohrer-Regie komplett kriechtierfrei).

In den Wettbewerben dieses Forums streitet sich der Film regelmäßig mit den „toten Augen von London“ um die Spitzenposition unter allen Wallace-Krimis. Die Messlatte liegt also hoch – wird der „Hai“ sie reißen oder mühelos nehmen? Und wie geht das Duell Blindenheim vs. Hafenspelunke auf eurem Kritikersofa aus?

Links:

Platzierung im Edgar-Wallace-Filmgrandprix 2014: Platz 2 von 36 (91,33 %)

Uli1972 Offline



Beiträge: 48

26.01.2019 02:49
#81 RE: Wallace der Woche (12): Das Gasthaus an der Themse (1962) Zitat · Antworten

"Das Gasthaus an der Themse" belegt in meinem Ranking aller Wallace-Filme Platz zwei.
Hier stimmt für mich fast alles. Der Film bietet Unterhaltung, Spannung, Action und eine gelungene Atmosphäre. Der nebelverhangene Hafen, die Unterwasseraufnahmen und das "Mekka".
Besonders diese Kaschemme ist für mich eine der besten Kulissen der Reihe und der zentrale Anlaufpunkt für allerlei zwielichtige Gestalten. Hier ragt vor allem Elisabeth Flickenschildt in ihrer stärksten Wallace-Rolle als Nelly Oaks heraus. Aber auch Kinski, Hendriks, Engelmann und Fenner liefern überzeugende Parts ab. Fuchsberger hat seine stärkste Performance als Inspektor und selbst einer Brigitte Grothum möchte ich in ihrem Outfit fast eine Minderjährige abkaufen. Die Besetzung der Rollen ist für mich rundum gelungen. Auch die Maske des Täters passt in diesem Fall hervorragend. Schliesslich ist es seine "Arbeitskleidung" und keine derart hanebüchende Verkleidung wie zum Beispiel beim "Bogenschützen". Die Story ist durchweg spannend inszeniert und wartet mit einigen (nicht immer) überraschenden Wendungen auf. Einzig die Auflösung des Täters ist unbefriedigend und wenig überzeugend. So verwundert es auch nicht, dass die Entlarvung des "Hais" nicht das Ergebnis gelungener Ermittlungsarbeit ist. Sie ist eher dem Glück geschuldet. "Ich fand seinen Koffer", erklärt der lange im Trüben fischende Inspektor. Natürlich hat Richard Münch als Doktor Collins zuvor schon seine "Screentime" gehabt. Ins Geschehen war er aber nur am Rande involviert. So wird ein Täter präsentiert, ohne es für mich wirklich schlüssig aufzulösen. Das Motiv? Natürlich geht es ums Finanzielle. Aber Grössenwahn? Das kaufe ich dem Polizeiarzt nicht wirklich ab. In diesem Punkt lässt mich der Film leider enttäuscht und verwundert zurück. Da ich ihn ansonsten aber wirklich vorzüglich finde, möchte ich dieses Manko nicht zu sehr ins Gewicht fallen lassen.
4,5 von 5 Punkten.

greaves Offline




Beiträge: 583

27.01.2019 12:38
#82 RE: Wallace der Woche (12): Das Gasthaus an der Themse (1962) Zitat · Antworten

Das Gasthaus an der Themse

Diesen Film habe ich nicht gesehen,als er damals auf Sat 1 lief..

Schauspieler wie Joachim Fuchsberger,Brigitte Grothum,Eddi Arent,Klaus Kinski,Elisabeth Flickenschildt,Richard Münch,Jan Hendriks,F.G.Beckhaus,Heinz Engelmann u.a sind hier hier wieder einmal top besetzt.Das dritte mal,das im Film ein Lied gesungen wird.Ein richtiger Ohrwurm der Frage Flickenschildt hier singt.
Klaus Kinski hier eigentlich auf der Seite des Gesetzes zusehen und doch in einer undurchsichtigen Rolle angelegt.
Jan Hendriks wieder dabei,der mir Bei Edgar Wallace immer sehr guten Eindruck hinterlässt,besonders in den s/w Filmen.Er passt einfach immer!
Die Auflösung des Täters finde ich jetzt gelungen.Auch das Geschehen im Abwasserkanal beim auffinden des Koffers des Arztes find ich sehr toll.Die Szene als der Hai auftaucht und mit der Harpune einen Pfeil in den Koffer schiesst—gut und gruselig,musikalisch untermalt.(weis man den Drehort von den Szenen???)das war ganz sicher an einem Orginal Drehort..Eventuell an der Elbe im Hafen (Fabrikgebäude oder wirklich Kanalisation).
Sonst sind glaube ich alle im Film handelnde Drehorte gefunden,wenn ich mich nicht ganz irre..
Die „Maske“des Hai s passt und man hat den ganzen Film durch nie eine Ahnung,wer sich darunter verbergen könnte.
Eigentlich noch speziell,dass man nie ein Remake des Films innerhalb der Serie gemacht hat,wie z.b beim Mönch oder den Toten Augen,da der Film ja erfolgreich beim Publikum ankam.?.
Dieser Streifen kommt mal ohne Autos aus.
Nebel ist auch reichlich vorhanden.
Die Unterwasserszenen wie es aussieht im Studio gedreht.(verfügte damals das Studio Hamburg schon über Unterwasserbecken wie die Ccc Studios Berlin-Spandau)???

Der Film gefällt mir gut,ist aber nicht so einer meiner vorderen Favoriten

Darum gebe ich ihm 4 von 5 Punkten

Stephan Offline



Beiträge: 114

27.01.2019 17:53
#83 RE: Wallace der Woche (12): Das Gasthaus an der Themse (1962) Zitat · Antworten

Gong:
*1/2 (mäßig): „Schwarz glitzert die Themse in der Nacht, und auch die Polizei tappt im Dunkeln im Fall des mordenden Diamantenschmugglers; doch nach und nach geht Inspektor Fuchsberger ein Licht auf.“

Pauer:
„Ein brillanter, spannungsgeladener Kriminalfilm war auch die Rialto-Adaption des Stoffes.(…)Alfred Vohrer spinnt rund um diesen Verbrecher in der ihm eigenen Brillanz ein Netz von kriminalistischen Fallen, Überraschungen und falschen Indizien, in denen sich auch Gangster wie Zuschauer gleichermaßen verstricken.“

Kramp:
„Von den insgesamt fünf Soundtracks, die Martin Böttcher für die Wallace-Filme geschrieben hat, gilt die Musik zu diesem Film als seine gelungenste.(…) Die ehrgeizige Besetzung orientierte erneut auf Erstklassigkeit. Neben den bekannten Wallace-Stars, die schon fast ein starkes, gleichsam unschlagbares Team bildeten, wirkten Heinz Engelmann und Richard Münch mit.“

Tses:
„Ein hoch spannungsgeladener Reißer. Joachim Fuchsberger in Topform; Kinski und Hendrix beeindrucken; Heinz Engelmann und Richard Münchsouverän; explosive Situationskomik von Eddi Arent und Siegfried Schürensberg; Brigitte Grothum spielt überzeugend die bedrohte Unschuld; Elisabeth Flickensschildt bietet eine interessante Studie als zwielichtige Barbesitzerin. Kurz gesagt, ein herrlicher Ratespaß für Freunde der guten Krimiunterhaltung, und zu Recht die erfolgreichste Edgar-Wallace-Film“

Hohmann:
„Wie schon der Vorgänger bewies auch der Erfolg von „das Gasthaus an der Themse“, dass Erfolg nicht zwangsläufig etwas mit der Qualität eines Films zu tun hat. So geriet diese Produktion zwar bedeutend besser als noch „die Tür mit den sieben Schlössern“, zählte nun aber auch nicht zu den gelungenen Umsetzungen innerhalb der Reihe.(…) Das Tempo war ziemlich hoch, die Spannungskurve endlich wieder konstant und die Dramaturgie wesentlich straffer als zuvor.(…)Wie auch immer: mit „das Gasthaus an der Themse“ hatte die Reihe ihren Zenit erreicht und der Zweck heiligt offenbar die Mittel. Die klassische Wallace-Verfilmung, die sich der Vorlage verschrieben hatte und dieser trotz Modernisierungen und Anpassungen gerecht werden wollte, war nun nicht mehr die Regel, sondern die Ausnahme.“

Meine Meinung:
Das Gasthaus an der Themse ist ebenfalls einer der etwa Wallace-Filme, mit denen ich etwas auf Kriegsfuß stehe. Man kann dem Film eigentlich keine allzu großen Schwächen vorwerfen, dennoch vermag es der Streifen nicht, mich zu packen. Vielleicht liegt es an dem zwar düster aber doch eher nüchtern modern dargestellten Mörder, vielleicht liegt es auch an der ansonsten von mir sehr geschätzten Musik von Martin Böttcher, die hier doch etwas zu kneipenhaft und tralalaartig rüber kommt. Trotz aller möglicherweise vorwerfbaren Mängel finde ich zum Beispiel „die Tür“ fesselnder und insgesamt ansprechender als „das Gasthaus“. Insofern gebe ich hier einen halben Punkt weniger - und hat „das Rätsel der roten Orchidee“ schlechte 3 von 5 Punkten bekommen, vergebe ich hier gute 3 von 5 Punkten.

patrick Offline




Beiträge: 3.245

27.01.2019 19:27
#84 RE: Wallace der Woche (12): Das Gasthaus an der Themse (1962) Zitat · Antworten

Das Gasthaus an der Themse (1962)



Regie: Alfred Vohrer

Drehzeit: 06.06.1962 - 11.07.1962

Mit: Joachim Fuchsberger, Brigitte Grothum, Elisabeth Flickenschildt, Richard Münch, Jan Hendriks, Heinz Engelmann, Klaus Kinski, Eddi Arent, Siegfried Schürenberg, Hela Gruel, Anne Fuller, Hans Paetsch, Rudolf Fenner, Manfred Greve, Gertrud Prey, Friedrich Georg Beckhaus, R. Möller, Frank Straass, Joachim Wolff


Handlung:

Ein Froschmann, genannt der Hai, treibt an der Themse sein Unwesen und zeichnet für zahlreiche Morde mit einer todbringenden Harpune verantwortlich. Der ermittelnde Inspektor Wade nimmt die verruchte, von der zwielichtigen Nelly Oaks betriebene und von dem verdächtigen Gubanow vorübergehend bewohnte, Mekka-Bar in Augenschein, da diese ein Angelpunkt für die kriminellen Machenschaften des Hais zu sein scheint, der gern kostbares Diebesgut unauffällig verschwinden und diverse Helfershelfer erzittern lässt. Außerdem hat der Inspektor sein Herz an die sympathische Leila Smith verloren, welche den Hai bei seinen nächtlichen Umtrieben beobachtet hat und nicht nur dadurch in Gefahr geraten ist...

Anmerkungen:

Nachdem Alfred Vohrer bei der "Tür mit den sieben Schlössern" etwas schwächelte, findet er spätestens hier zu dem von ihm durch die "Toten Augen von London" selbst vorgelegten Niveau zurück. Persönlich gefällt mir das "Gasthaus" sogar noch besser. Die in Nebel gehüllte Hafen-Atmosphäre rund um Themse und Mekka-Bar hat eine phantastische Wirkung und man wird mit einer sehr düsteren Unterwelt konfrontiert, die durch die gekonnte Inszenierung eine ständige Bedrohung suggeriert, was nicht zuletzt auch musikalisch sehr schön abgerundet ist. Dass der mysteriöse Killer nun ein Froschmann mit Harpune ist, beweist eine bewundernswerte Kreativität, die sich als dramaturgischer Volltreffer erweist. Dieses Element wurde sogar in den späten 80er-Jahren in dem niederländischen Thriller "Verfluchtes Amsterdam" nochmals aufgegriffen. Der Hai ist immer wieder präsent und auch diabolisch und unheimlich genug, um die Spannung ordentlich anzukurbeln. Dabei ist er sich auch nicht zu schade, in das abscheulich miefenden Kloakenewasser einer Kanalistation einzutauchen, was jeden herkömmlichen Sporttaucher sicher rasch von seinem Hobby entwöhnen würde. Schließlich entlädt sich die Geschichte in einem fesselnden und actionreichen Finale mit überraschender Auflösung.

Die damals bereits 27-Jährige, laut Drehbuch allerdings erst 18-Jährige, Brigitte Grothum (geb.1935) wirkt hier im Vergleich zur "Seltsamen Gräfin" deutlich verjüngt und auch viel mädchenhafter. Dadurch erscheint sie besonders zart und schutzbedürftig, wodurch sie Inspektor Wade rasch an's Herz wächst. Ihr alles andere als Liebe und Geborgenheit bietendes Umfeld tut das übrige, sie als bedrohte Schönheit passend hervorzuheben. Eddi Arent übertreibt es leider zu sehr mit der Albernheit und fällt immer wieder in Peinlichkeiten ab. Etwas weniger Kaspertheater seinerseits hätte dem Film sicher nicht geschadet. Umso besser steht Jan Hendriks seine fiese und finstere Schurkenrolle, durch die er sich ein weiteres Mal gegenüber seinem vorhergehenden Auftritt steigern darf. Nicht ganz einfach gestaltet sich bei der ersten Sichtung das Ratespiel, wer der skrupellose Hai nun eigentlich ist, wird man doch ständig auf falsche Fährten gelockt. Besonders geschickt eingebracht ist dabei Klaus Kinski als undurchsichtiger Gubanow, der den Zuseher vor ein Rätsel stellt. Einerseits lässt er sich ohne Gegenwehr wie ein Schuljunge ohrfeigen, andererseits strahlt er die geheimnisvolle Aura eines Mannes aus, der nichts Gutes im Schilde führt. Auch sonst sind praktisch alle Rollen mit dem üblichen Fingerspitzengefühl besetzt. Ganz besondere Erwähnung verdient natürlich Elisabeth Flickenschildt als "Raben-Tante". Wie eine Spinne scheint sie sich in der gefährlichen und unwirtlichen Schmuddel-Atmosphäre der Mekka-Bar richtig heimisch zu fühlen und lässt es sich nicht nehmen, das Titelthema als Schlager zu trällern, der an "Nachts im Nebel an der Themse" zwar nicht heranreicht, Ingrid van Bergens "Bei mir ist alles nur Natur" aber locker in die Tasche steckt.

Martin Böttchers Titelthema ist melodiös und angenehm, hätte aber ruhig auf die eingestreuten Kuckuks-Rufe verzichten dürfen, die eine humoristische Note einbringen, welche eigentlich nicht in den glücklicherweise sehr ernst angelegten Film passt. Erstmals vernimmt man im Vorspann Alfred Vohrers persönlich gesprochenes "Hallo, hier spricht Edgar Wallace", wobei die falsche Wälläs-Betonung des Namens einem Briten sicherlich die Haare zu Berge stellen würde.

Fazit:


Toller Seemannskneipen-Wallace mit exzellenter Bildersprache. Die ungemeine atmosphärische Dichte, der phantasievolle und gleichzeitig unheimliche Themse-Hai und die spannende Story machen "Das Gasthaus an der Themse" vollkommen zurecht zu einem der unter den Fans am meisten geschätzten Beiträge der Edgar-Wallace-Reihe. Damit klare 5 von 5 Punkten für einen absoluten Topfilme des Genres.

Gubanov ( gelöscht )
Beiträge:

27.01.2019 20:50
#85 RE: Wallace der Woche (12): Das Gasthaus an der Themse (1962) Zitat · Antworten



Edgar Wallace: Das Gasthaus an der Themse

Kriminalfilm, BRD 1962. Regie: Alfred Vohrer. Drehbuch: Harald G. Petersson, Trygve Larsen (d.i. Egon Eis), Gerhard F. Hummel (Romanvorlage „The India-Rubber Men“, 1929: Edgar Wallace). Mit: Joachim Fuchsberger (Inspektor Wade), Brigitte Grothum (Leila Smith), Elisabeth Flickenschildt (Nelly Oaks), Richard Münch (Dr. Collins), Klaus Kinski (Gregor Gubanow), Jan Hendriks (Roger Lane), Heinz Engelmann (Mr. Brown), Eddi Arent (Herbert Oliver Douglas Barnaby jr.), Siegfried Schürenberg (Sir John), Rudolf Fenner (Big Willy), Hela Gruel (Anna Smith), Hans Paetsch (Rechtsanwalt Brother), Manfred Greve (Sergeant Frank), Gertrud Prey (Krankenschwester), Frank Straass (Donovan) u.a. Uraufführung: 28. September 1962. Eine Produktion der Rialto-Film Preben Philipsen Hamburg im Constantin-Filmverleih München.

Zitat von Das Gasthaus an der Themse
Als „Hai“, Räuber der Themse, bezeichnet die Flusspolizei einen Juwelendieb und Mörder, der – vermummt in einen schwarzen Taucheranzug – aufsehenerregende Verbrechen begeht und dann durch die Kanalisation und über den Fluss blitzschnell verschwindet. Der Mord an einem Polizeispitzel führt Inspektor Wade in die Hafenkneipe Mekka. Nelly Oaks, die Betreiberin des Mekka, ist erstaunlich gut über die Umtriebe des „Hais“ informiert und schüchtert gleichzeitig ihre Pflegetochter Leila ein, dem Inspektor bei dessen Ermittlungen nicht zu helfen. Es stellt sich heraus, dass Mrs. Oaks, die eine Komplizin des „Hais“ ist, ihren Boss mit dem Weiterverkauf von Diebesgut sowie der Anwartschaft auf ein unermessliches Vermögen zu hintergehen beabsichtigt. Ein gefährliches Spiel!


„Es war ganz dunkel, aber dann kam der Mond einen Augenblick hervor. Und da sah ich ein Tier – ein schwarzes Tier.“

Auf halbem Wege zwischen Verabschiedung und Neubeginn lässt sich „Das Gasthaus an der Themse“ verorten, das einerseits 1962 der letzte in Hamburg gedrehte und von Egon Eis in Drehbuchform gebrachte Wallace-Krimi war, andererseits aber auch einen Aufbruch in Richtung freierer Romanadaptionen mit signifikanten Änderungen gegenüber den Vorlagen darstellt. Für das „Gasthaus“ bedeutet das eine enorm unterhaltsame Mixtur aus den Vorteilen der frühen Filme (einzigartige Atmosphäre ohne Fließbandcharakter, packende Erzählführung und seriöse Regie, ernstzunehmende Charaktere) mit der leicht konsumierbaren Zeitgeistigkeit der späteren Wallace-Jahre (einprägsame Mörderfigur, überschaubare Bandenstrukturen, Humor in Dialogen, Ausstattung und Musik sowie eine zunehmend kreative Bildsprache). Symptomatisch für die letztgenannten Aspekte ist, dass Alfred Vohrer und Karl Löb in „Das Gasthaus an der Themse“ markante Duftmarken setzen, die noch weiter gehen als in „Die Tür mit den 7 Schlössern“ – man denke an erstmals im „Hallo, hier spricht Edgar Wallace“-Stil gehaltenen Vorspann, das omnipräsente Wassermotiv, Supergroßaufnahmen von Klaus Kinskis Augen, den mehrfachen klugen Einsatz von Spiegeln und die umfangreiche Verwendung einer Handkamera im finalen Showdown in den Kanalisationskatakomben unter dem Mekka (die im Übrigen geräumiger und massiver wirken als das darauf stehende Gebäude). Auch Martin Böttcher liefert schon gleich zu Beginn eine im Vergleich zu seinen anderen Wallace-Kompositionen inspiriertere Arbeit ab, die sich des einprägsamen Motivs „Besonders in der Nacht“ ebenso bedient wie einiger Geräuschversatzstücke, denen man später im Film verschiedentlich wiederbegegnet – trotz klarer Präferenz für Peter Thomas meinerseits gelang hier wohl der insgesamt stärkste Soundtrack aller Wallace-Filme. Überhaupt ist der gesamte Film einschließlich seiner polierten Dialoge ein selbstbewusst durchchoreografierter Leckerbissen, der sich offenkundig bewusst darüber ist, dass er auf einer beeindruckenden Erfolgswelle schwimmt.

Vielleicht tritt dieses Selbstbewusstsein ein bisschen zu eindeutig zutage, denn in einigen Aspekten übernimmt sich „Das Gasthaus an der Themse“ ein wenig. Obwohl sicher gute Gründe für die Entscheidungen vorlagen, wirken insbesondere die gegenüber dem Wallace-Buch abgeänderte Auflösung, die dafür sorgt, dass der Täter nicht mehr aus dem Kreis der eigentlich von der Geschichte betroffenen Personen stammt, und Joachim Fuchsbergers aggressiver Ermittlungs- und Flirtstil im Nachgang befremdlich auf den Zuschauer. Fuchsberger, der sich bisher als Sonnyboy unter den Hauptdarstellern präsentiert hatte, fällt hier als Inspektor Wade durch einen präpotenten Umgang mit Zeugen, eine deutlich härtere Gangart im Umgang mit den Gangstern sowie nicht zuletzt ungewöhnlich chauvinistische Verhaltensweisen gegenüber Leila Smith auf, die er trotz ihrer Minderjährigkeit nach dem Zuckerbrot-und-Peitsche-Prinzip umwirbt, „Prinzessin“ nennt und auf ihre Unterwäsche anspricht. War damit der Versuch unternommen worden, den im Vorgängerfilm mit Draches Inspektor Martin geschaffenen rauhbeinigen Inspektorentypen auch Blacky Fuchsberger überzustülpen oder wollte sich Alfred Vohrer lediglich von der betulichen Romanzenseligkeit der Reinl-Filme („Meine Freunde nennen mich Blacky“, „10 Kinder, 100 Enkel, 1000 Urenkel“) abgrenzen?

Das „Gasthaus“ genösse nicht sein hohes Ansehen, würden nicht der Supporting Cast die überzeichneten Aktionen des Protagonisten zur besten Zufriedenheit ausgleichen. Brigitte Grothum zeigt sich hier ironischerweise noch deutlich eingeschüchterter als in „Die seltsame Gräfin“, wo unmittelbar Jagd auf ihre Figur gemacht wurde. In „Das Gasthaus an der Themse“ steht ihre Leila Smith völlig unter dem Pantoffel ihrer Ziehmutter und der obskuren Kundschaft, die das Mekka wie ein Magnet anzieht. Ihr Opus magnum als Nelly Oaks liefert Elisabeth Flickenschildt ab – sie hebt den Film darstellerisch im Alleingang auf oberstes Niveau, egal ob es um ihren flüsternd-reibeisigen Gesangsauftritt, verschlagen-sadistische Momente als Gangsterbraut oder keifende Rechtfertigungen gegenüber Inspektor Wade geht. Vor allem die beeindruckende Modulation ihrer Stimme, aber auch das biestig-entschlossene Blitzen in ihren Augen machen die Flickenschildt zu einem der Aushängeschilder der gesamten Reihe. Unterstützt wird sie von einem exzellenten Galgenvogel-Quartett bestehend aus Jan Hendriks, Klaus Kinski, Rudolf Fenner und Heinz Engelmann, obgleich Letzterer als Unhold Mr. Brown und verbrecherischer Kapitän der Siegel von Troja in Anbetracht seiner rechtschaffenen „Stahlnetz“-Karriere eine gewagte Wahl war.

Bedenkt man die im Roman thematisierte Organisation der „Flussratten“, die im englischsprachigen Original als „India-Rubber Men“ ihr Unwesen treiben, ist der Sprung zum Einzelverbrecher namens „Hai“ im schwarzen Taucheranzug gar nicht mehr so weit. Der Film profitiert enorm von der Zuspitzung der Schurken auf diese eine Person, deren unheimliches Äußeres für hervorragende Spannungsszenen sowie für ein befriedigendes Verwechslungsspiel mit Jan Hendriks’ und Klaus Kinskis Charakteren taugt. Dass der Seitenplot um das Vermögen der Pattisons sowie den Charakter der Anna Smith beibehalten wurde, war ebenfalls eine kluge Entscheidung; darüber hinaus hätte man gut daran getan, auch den Anschlag auf Inspektor Wade in einem überfluteten Keller sowie das Finale aus dem Buch zu übernehmen, das aber wegen eines zu aufwendigen Großbrands ähnlich wie bei „Die Tür mit den 7 Schlössern“ aus budgetären Gründen abgeändert werden musste.

Hoch mögen sowohl Elisabeth Flickenschildt als auch der beeindruckend eingefangene Hafennebel leben, auf dessen wabernden Wogen die Melodien aus dem Mekka über die Elbthemse ziehen – diese Elemente machen „Das Gasthaus an der Themse“ zu einem exquisiten Gangsterfilmvergnügen mit hohem Wohlfühlfaktor. Lediglich eine zurückgenommenere Darstellung von Joachim Fuchsberger sowie eine geschicktere Auflösung der faszinierenden „Hai“-Mörderfigur wären dem Film zupass gekommen. Doch das ist Nörgelei auf hohem Niveau: Nicht ohne Grund ist „Das Gasthaus an der Themse“ der nach Kinozuschauerzahlen erfolgreichste Film der Reihe.

Dr.Mangrove Offline




Beiträge: 107

28.01.2019 10:57
#86 RE: Wallace der Woche (12): Das Gasthaus an der Themse (1962) Zitat · Antworten

Das Gasthaus gehört zu den bekanntesten und sicherlich auch beliebtesten Verfilmungen, und wurde auch schon entsprechend häufig im TV gezeigt.
Als geneiggter Krimi-Fan ahnt man zwar schon den Täter, weil es unüblich ist, dass eine Nebenfigur so viel Raum erhält - und dazu der Inspector seine Gedankengänge der Ermittlung mit einer anderen Figur teilt. Dennoch finde ich das ganz gut gelöst, auch wenn die Auflösung eher dem Zufall geschuldet ist, denn kriminalistischen Geschicks.

Trotzdem hat der Film mir nie recht gefallen, was aber eher an meinem persönlichen Geschmack liegt. Ich kann mich für die ganze Spelunken-Geschichte inkl. Gesangs- bzw. Geflüster-Einlage der Flickenschildt (wie immer grandiose Schauspielerin, aber das "Singen" war recht unnötig) nicht begeistern. Brigitte Grothum wirkt am Anfang in ihrer Latzhose und dem naiven Verhalten schon etwas arg wie die Unschuld vom Lande. Es gibt zwar einige gute Szenen, aber für mich kommt der Film irgendwie nicht richtig in Fahrt und es baut sich kaum Spannung auf.

Handwerklich sauber gemacht, ohne große Logiklöcher, ein solider Film - aber nicht so nach meinem Geschmack.

3/5

Count Villain Online




Beiträge: 4.642

28.01.2019 11:34
#87 RE: Wallace der Woche (12): Das Gasthaus an der Themse (1962) Zitat · Antworten

Zitat von Gubanov im Beitrag #6
(...) und Heinz Engelmann, obgleich Letzterer als Unhold Mr. Brown und verbrecherischer Kapitän der Siegel von Troja in Anbetracht seiner rechtschaffenen „Stahlnetz“-Karriere eine gewagte Wahl war.


Solche "gewagten" Besetzungen gibt es allerdings in der Reihe öfter. Dieter Borsche und Hans Nielsen hatten ja auch eher ein Biedermann- und Saubermann-Image.

Jan Offline




Beiträge: 1.753

28.01.2019 13:03
#88 RE: Wallace der Woche (12): Das Gasthaus an der Themse (1962) Zitat · Antworten

Zitat von Gubanov im Beitrag #6
Fuchsberger, der sich bisher als Sonnyboy unter den Hauptdarstellern präsentiert hatte, fällt hier als Inspektor Wade durch einen präpotenten Umgang mit Zeugen, eine deutlich härtere Gangart im Umgang mit den Gangstern sowie nicht zuletzt ungewöhnlich chauvinistische Verhaltensweisen gegenüber Leila Smith auf, die er trotz ihrer Minderjährigkeit nach dem Zuckerbrot-und-Peitsche-Prinzip umwirbt, „Prinzessin“ nennt und auf ihre Unterwäsche anspricht. War damit der Versuch unternommen worden, den im Vorgängerfilm mit Draches Inspektor Martin geschaffenen rauhbeinigen Inspektorentypen auch Blacky Fuchsberger überzustülpen oder wollte sich Alfred Vohrer lediglich von der betulichen Romanzenseligkeit der Reinl-Filme („Meine Freunde nennen mich Blacky“, „10 Kinder, 100 Enkel, 1000 Urenkel“) abgrenzen?


Das ist tatsächlich eine Beobachtung, die auch ich immer wieder gemacht habe. Es fängt gar nicht einmal erst bei Wades Umgang mit Zeugen und Leila auf, sondern schon recht früh alleine durch Äußerlichkeiten. Saß Blackys Anzug im Frosch noch wie maßgeschneidert, fast ein wenig einem Modejournal entsprungen, kommen Jacket und Hose hier definitiv von der Stange bzw. sie sollen so aussehen, als kämen sie aus dem Großhandel. Mag man das noch damit erklären können, dass wir es bei Wade mit einem einfachen Polizisten zu tun haben, der sich einfach anders kleidet als der Spross eines Adelsgeschlechtes, so fällt es bei den durcheinander gewuschelten Haaren oder der mies gebundenen Krawatte schon schwerer, diese auf Standesunterschiede zu reduzieren. Alles wirkt etwas laxer als zuvor; ganz so, als habe man sich der Etikette der 1950er Jahre entledigen wollen. Ganz klar würde ich das als einen Abgrenzungsversuch werten. Vielleicht nicht unbedingt direkt auf Reinl gemünzt, schon aber auf das alte Jahrzehnt. Interessant wäre, was Reinl in seinem 1963er Wallace diesbezüglich gemacht hat - daran kann ich mich aber gerade nicht wirklich erinnern. In jedem Fall trifft diese Auflockerung in Kleidung und Umgangsformen noch deutlicher im Hexer auf, wobei man es da tatsächlich nahezu übertrieb mit dem Hang zum Laissez-faire.

Im Gasthaus trifft Fuchsbergers Interpretation des Ermittlers vielleicht weniger Wallace'schen Grundgeist, er passt aber durchaus in die raue Hafenlandschaft zu einem einfachen Beamten, der sich nicht vornehm zurückhalten darf, weil Zurückhaltung in diesen Gefilden von niemandem geübt wird. Hier hätte ein Dandy-Typus à la Richard Gordon mit steifem Stehkragen und Manschetten an den Hemden doch reichlich deplatziert gewirkt. Wade agiert ja auch nicht frei von Charme. Heute mag es etwas seltsam anmuten, ein Barmädchen als Prinzessin zu bezeichnen - anno 1962 aber dürfte das durchaus legitimes Mittel zur Sympathiebekundung gewesen sein. Selbst Nelly Oakes wird über weite Strecken durchaus charmant-ironisch umgarnt. Nur bei Leila kennt Wade leider keine Freunde: Dass Mrs. Oakes den Inspektor mal so richtig kennenlernen würde, wenn die ach so fürsorgliche Tante ihre Pflegetochter an den versoffenen Mr. Brown verkuppeln sollte, das bleibt außer Frage.

Gruß
Jan

Giacco Offline



Beiträge: 2.593

28.01.2019 15:42
#89 RE: Wallace der Woche (12): Das Gasthaus an der Themse (1962) Zitat · Antworten

"Im vorliegenden Fall wurde die Romanvorlage insofern modernisiert, als der Übeltäter ein Froschmann ist, der seine zahlreichen Opfer harpuniert. Hinter der Tauchermaske verbirgt sich jemand. auf den bei aller Scharfsicht des Publikums kein Verdacht fallen kann. Die Drehbuchautoren schweigen sich dann auch noch nach seiner Entlarvung gründlich darüber aus, was er denn nun eigentlich mit den dunklen Geschäften einer Schankwirtin zu tun gehabt hat und was wiederum diese bewogen haben mag, den Bestand Ihres doch offenbar glänzend florierenden Unternehmens durch ein Techtelmechtel mit der Unterwelt zu gefährden. Ihr Lebenszuschnitt ist genauso bescheiden wie der des geheimnisvollen Mörders.
Über Alfred Vohrers Regie ist wirklich nur zu sagen, dass er nach nunmehr dutzendfach bewährtem Muster arbeitet: Viel Gruselei, gemildert durch vordergründigen Humor und einen Schuss Kaschemmen-Erotik. Joachim Fuchsberger spielt mit sympathischer Jungenhaftigkeit den tüchtigen Kommissar, von dem man weiß, dass ihm nichts Böses geschehen kann. Elisabeth Flickenschildt zeigt erneut, dass sie eine Schauspielerin mit Ausstrahlung ist. Sie vermag auch banale Sätze so zu sprechen, dass sie geistreich-bissig klingen. Brigitte Grothum hat leider wenig Gelegenheit, ihre Begabung für die Darstellung warmherzig-munterer Mädchenfiguren zu zeigen. Eddi Arent als verhinderter Rennruderer hat die Lacher auf seiner Seite. Klaus Kinski erhielt als einziger eine Rolle, in der er für Überraschungen sorgen darf. Technisch ist der Film sauberer Durchschnitt." (Oktober 1962)

Die deutsche TV-Premiere des Films erfolgte bereits am 18.1.1969

Film-Echo-Note: 2,3 (52 Meldungen) / Erstnote: 2,0

In Frankreich startete der Film erst am 9.9.1964 und hatte 352.533 Besucher.
In Paris, wo er in 6 Kinos lief, waren es in der Startwoche 24.621 Besucher.
Spanien: 101.913 Besucher

Archibald Finch Offline




Beiträge: 30

30.01.2019 12:45
#90 RE: Wallace der Woche (12): Das Gasthaus an der Themse (1962) Zitat · Antworten

Das Gasthaus an der Themse war für mich lange Zeit vielleicht der beste Wallace Film. Ich mag diesen Film besonders, diese einödige Hafenspelunke namens Mekka erinnerte mich immer etwas an unsere alte Dorfkneipe mit anliegender Disco.
Die Rolle des Inspektor Wade, finde ich in diesem Film besonders gelungen. Würde fast sagen sie ist Fuchsbergers sympatischte Rolle in der Reihe. Brigitte Grothum kommt verjüngt und viel Mädchenhafter rüber als ihre Rolle in der seltsamen Gräfin. Klaus Kinski in der Rolle des Gregor Gubanov, der Mieter im Mekka, kommt absolut mysteriös und gruselig rüber. Elisabeth Flickenschildt in ihrer Rolle der Kneipenbesitzerin ist herrlich unsympathisch was sie auch nicht davon abhält die Verhaftung des Hai's zu feiern obwohl er es nicht einmal war, der verhaftet wurde.
Eddie Arent's Rolle lockert diesen Film noch einmal besonders auf.
Die Regie von Alfred Vohrer ist richtig gelungen, der Film wirkt gruselig, aber mit Witz da wo er passt.
Mir ist auch aufgefallen, das Heinz Drache immer älter, reifer und auch raubeinigen rüberkommt als Joachim Fuchsberger, der immer smart und Sympathie ins Spiel bringt.
Für mich ein absolutes Highlight der Reihe.
Das Gasthaus bekommt von mir 5 von 5 Punkten

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