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Dieses Thema hat 149 Antworten
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patrick Offline




Beiträge: 3.245

13.01.2019 20:13
#121 RE: Wallace der Woche (10): Das Rätsel der roten Orchidee (1961/62) Zitat · Antworten

Auch mir ist das mit Conners Stimme bei der ersten Sichtung nie und nimmer aufgefallen, drum würde ich das auch nicht als Kritikpunkt anführen. Ich bin mir ziemlich sicher, dass es diesbezüglich den allermeisten herkömmlichen Kinobesuchern wohl ähnlich gegangen ist.

Gubanov ( gelöscht )
Beiträge:

14.01.2019 07:12
#122 RE: Wallace der Woche (10): Das Rätsel der roten Orchidee (1961/62) Zitat · Antworten

Dass man O'Connor so leicht erkennt, ist natürlich ein klarer Minuspunkt, denn durch diese Inszenierung verrät der Film völlig unnötigerweise ein Geheimnis, welches das Drehbuch, das wiederum klar auf einen Whodunit angelegt ist, eigentlich zu hüten versucht. Offenbar wollte Ashley im Gegensatz zu den anderen Wallace-Filmen in der Orchidee "Fairplay" gegenüber dem Zuschauer betreiben, was aber übel nach hinten losging. Wenn man den Haupttäter trotz Whodunit offen zeigt, muss man es geschickter und weniger platt angehen, sodass dem Zuschauer z.B. gar nicht bewusst ist, dass er ihn gesehen hat (vgl. etwa "Profondo Rosso"). Nachsynchronisationen hatten sich darüber hinaus im Rahmen der Wallace-Reihe eigentlich bereits als probates Mittel erwiesen, auf das man zur Verschleierung der Täteridentität zurückgreifen konnte, ohne das Publikum zu verärgern.

Bei den "Narzissen" ist es wieder ein anderer Fall, weil dort nicht nur die Stimme nicht passt, was akzeptabel oder eben sogar wünschenwert ist, sondern auch das Gesicht offenkundig nicht dem echten Täter gehört. Das ist dann einfach Betrug am Zuschauer, aber in meinen Augen nicht gar so schwerwiegend wie der Fehlgriff mit der übertriebenen Offenheit in "Das Rätsel der roten Orchidee".

Counts Vorschlag mit der nachträglichen Nachsynchronisation ist zwar lieb und nett (und wahrscheinlich nicht ganz ernst gemeint), aber kommt knapp 60 Jahre zu spät. Jetzt, wo der Film ohnehin schon den größten Teil seines Publikums gefunden hat, braucht man die verschüttete Milch auch nicht mehr aufzuwischen versuchen.

Giacco Offline



Beiträge: 2.499

14.01.2019 12:04
#123 RE: Wallace der Woche (10): Das Rätsel der roten Orchidee (1961/62) Zitat · Antworten

Zitat von Gubanov im Beitrag #13
Offenbar wollte Ashley im Gegensatz zu den anderen Wallace-Filmen in der Orchidee "Fairplay" gegenüber dem Zuschauer betreiben, was aber übel nach hinten losging.

Dann spekuliere ich auch mal:
Pinkas Braun besaß damals bei weitem nicht den Bekanntheitsgrad, den er als mehrfacher Wallace-Darsteller hier im Forum hat und man konnte davon ausgehen, dass ihn die überwiegende Mehrheit der Zuschauer weder von hinten noch an der Stimme erkennen würde.

Stephan Offline



Beiträge: 114

14.01.2019 12:47
#124 RE: Wallace der Woche (10): Das Rätsel der roten Orchidee (1961/62) Zitat · Antworten

Gong:
*1/2 (mäßig): „Die gewohnte Mixtur aus Nonsens, Grusel, ungeschickter Regie und unterhaltsamer Spannung; für Fans, die sich an der Wallace-Masche nicht sattsehen können.“

Pauer:
„Helmut Ashley inszenierte diesen Reißer mit viel Tempo und Action und hatte eine Reihe kompetenter, wenngleich für die Wallace-Serie untypische Darsteller (…) zur Verfügung.“

Kramp:
„Der Film wurde als gelungen eingestuft, ein temporeiches, spannendes und humorvolles Gangsterstück. Das einzige Manko bestand darin, dass man bei der Eröffnungssequenz in Chicago den Gangster O Connor an seiner Stimme erkennt. (…)
Regisseur Helmut Ashley lieferte zwar einen akzeptablen Film ab, aber nach Aussage einiger Beteiligter (…) hatte er sich während der Dreharbeiten mehr um seine Doggen gekümmert als um die Schauspieler.
Innerhalb der Serie jedoch hat dieser Film seinen Platz als Qualität-haltendes und mitbestimmendes Werk.“

Tses:
„Wenn die Edgar-Wallace-Filme eine Persiflage die gesamte Krimigattung sind, so ist „das Rätsel der roten Orchidee“ eine Persiflage auf die Edgar-Wallace-Filme. Wenn man den Täter bereits von der ersten Minute an an seiner Stimme erkennt, wenn alle Gangster in schwarzen Anzügen herumlaufen, sodass der Zuschauer sie sofort erkennt, wenn sich herausstellt, dass der Butler mit den Morden nichts zu tun hatte, sondern per Zufall der Diener aller Opfer wurde, und so vieles mehr, dann kann hier die Rede nur von der Absicht eines komischen Geniestreich des Regisseurs Helmuth Ashley sein. Obwohl beim Publikum nicht angekommen verstanden die Rezensenten Ashley und überhäuft den Film mit Wohlwollen Lob.
„Ich bekam einen Anruf von Konstantin-Chef Waldfried Barthel,“ so Helmut Ashley, „der mir sagte, dass es der Wunsch des Verleihs der Rialto sei, den Film als Persiflage zu drehen und das habe ich getan.“ “

Hohmann:
„Inhaltlich wie optisch eher Gangster- statt Kriminalfilm, recht reißerisch mit hohem Tempo inszeniert, verzichtete Ashley nahezu gänzlich auf die üblichen Mechanismen deutschen Gruselkrimis. (…) Der Streifen ist doch wesentlich schneller und bedeutend witziger als die bisherigen Produktionen. (…) Auf seine eigene Art und Weise hielt Ashley mit seinem fast schon neckischen, frischen und temporeichen Inszenierungsstil das - bis auf einige Ausrutscher nach oben und unten - konstant hohe Niveau der bisherigen Rialto-Produktionen, bereicherte es eventuell sogar um eine interessante Note - doch entweder war das Publikum für so etwas auch nicht bereit, oder es war noch deprimiert von „die seltsame Gräfin“.
So oder so: der Erfolg blieb aus, sodass Ashley kein weiteres Mal als Regisseur für die Wallace-Reihe hinter die Kamera zurückkehrte. Rückblickend betrachtet äußerst bedauerlich, denn handwerklich ist ihm aus heutiger Sicht wenig vorzuwerfen, sein eigener Stil unterschied sich dann doch von der Handschrift der Serientäter Harald Reinl oder Alfred Vohrer. So ist das Rätsel der roten Orchidee aber immer noch eine interessante thematische Variation und hat alleine schon deswegen seinen wohlverdienten Platz innerhalb der Rialto-Reihe inne - trotz des durchwachsen Erfolgs an den Kassen..“

Meine Meinung:
Wie schon in den einschlägigen Büchern angeklungen, ist „Das Rätsel der roten Orchidee“ weniger ein ernst gemeinter Wallace-Film sondern eine Persiflage. Wobei ich ihn als Wallace-Persiflage misslungen finde, nimmt er doch vom Grundsatz her keine oder zu wenige wirklichen Wallace-Stilelemente aufs Korn, als Gangster-Film-Persiflage ist das Ganze aber absolut unterhaltsam – auch dank zahlreicher quasi Gastauftritte.
Da er aber innerhalb der Wallace-Serie nicht so recht passen will und kein wirkliches Wallace-Flair aufkommt, müssen knappe 3 von 5 Punkten genügen…

Count Villain Offline




Beiträge: 4.615

14.01.2019 14:44
#125 RE: Wallace der Woche (10): Das Rätsel der roten Orchidee (1961/62) Zitat · Antworten

Notiz am Rande: Eddi Arents Rolle ist bestimmt ein Seitenhieb auf einen anderen Butler gleichen Namens, der ganz genau wusste, wie es es gemacht wird.

Dr. Oberzohn Offline



Beiträge: 643

15.01.2019 10:04
#126 RE: Wallace der Woche (10): Das Rätsel der roten Orchidee (1961/62) Zitat · Antworten

Das Rätsel der roten Orchidee bietet gleich als Filmtitel eine harte Nuss zu knacken. Um welches Rätsel ging es eigentlich ? Was ist daran rätselhaft, wenn ein (vorgeblicher) Orchideenforscher einer Frau ab und zu mal eine Vertreterin dieser hübschen Pflanzenfamilie verehrt ? Offensichtlich wollte man an den (wirklich rätselhaften) Erfolg von Das Geheimnis der gelben Narzissen anknüpfen, wobei der Buchtitel Gangster in London wirklich passender gewesen wäre. Und warum ausgerechnet eine "rote Orchidee" ? Die Farbe spielt nur insoweit eine Rolle, als er ihr beim zweiten Mal ein Exemplar mit gelben Blüten verehrt...
Diesmal kann ich Gubanovs Besprechung voll und ganz zustimmen. Gangsterklischees und Albernheiten leider zuhauf. Wenig eigentliches Wallace-Feeling, allerdings an sich gesehen mal etwas Neues.
Verwunderlicherweise hat noch keiner meiner Vorredner auf einen speziellen Rekord dieses Filmes hingewiesen: Er ist, zumindest unter den Schwarz-Weiß-Filmen, der mit dem höchsten Bodycount. Sage und schreibe 17 Leichen werden im wohl kürzesten Wallace-Film produziert, zumindest nach meiner Zählung. Doch auch hier gilt wieder, dass ein bloßes Stapeln von Toten nicht unbedingt positiven Einfluss auf die Spannung haben muss. Auch hier hat Eddi Arent als Todesbutler Parker einen seiner weniger gelungenen Auftritte, die Albereien sind dann doch zu stark.
Doch es gibt auch Momente, die einen aus der zeitlichen Perspektive betrachtet schmunzeln lassen. Man stelle sich mal einen Tatort vor, wo der/die ermittelnde Kommissar/*In bei Nachforschungen etwa im Bereich gewisser ethnisch-religiös zuordenbarer Clans mit reichlich verächtlichem Tonfall darauf hinweist, dass das ja alles "landesfremde Elemente" sind. Den Aufschrei der Bessermenschen könnte man wohl bis über den großen Teich hören. Tatsächlich befleißigt sich die Polizei hier bei Wallace dieser Ausdrucksweise, um eine Erklärung für die Rücksichtslosigkeit der US-Gangstermethoden nahezulegen. Weiter spricht Fritz Rasp sorglos von seinem Neffen als "Zigeuner und Herumtreiber", aber auch das scheint die Gesellschaft der sechziger Jahre unbeschadet ausgehalten zu haben. Doch es gibt auch andere, vertrauter vorkommende Töne, etwa wenn das Bankgeheimnis außer Kraft gesetzt wird, da das ja "bisher nur den Gangstern genützt" hat. Doch dazu waren damals noch eine Menge Ausnahmeverordnungen mit tatsächlichem Einzelfallcharakter notwendig, da hat es der heutige Tatortschnüffler wesentlich leichter, mal eben die Kontobewegungen eines jeden zu checken.
Die Gangster in diesem Film sind eigentlich das allergrößte Manko, denn sie wirken doch mit ihren schlichten Erpresserbriefen wie aus der Zeit gefallen. Möglicherweise haben sie ja in den "wilden Zwanzigern" mal so agiert, doch schon in den dreissiger Jahren kam eine neue Generation von Gangstern nach oben, die ihre schnurrbarttragenden Vorgänger in der "Nacht der langen Messer" (nicht zu verwechseln mit der in einer anderen zeitgleichen, noch größeren deutschen Gangsterorganisation) schonungslos ins Jenseits schickten. Erfolgreiche US-Gangster verdienten auch damals, zu Al Capones Zeiten, neben Schutzgelderpressung schon viel Geld mit illegalem Glücksspiel, Rauschgift, Prostitution, politischer Einflussnahme etc., selbst als das einträglichste Geschäft, Alkoholschmuggel, weggefallen war. Kerky Minelli, der "schöne Steve" und O'Connor sind doch eher Anachronismen und nicht die großen Bandenführer aus Chicago, die sie zu sein vorgeben, auch wenn O'Connor mit seiner Bande wie Al Capone in einem Hotelzimmer residiert oder Kerky Minelli wegen Steuerhinterziehung ausgewiesen wird, worüber ja der "große Al" bekanntlich auch gestolpert ist. Auch in ihrem Gehabe erweisen sich die Gangster trotz Maschinengewehr-Rumgeballer eher als Schmalspurganoven, denn was ist das für Gangsterboss, der sich in seinem Hotelzimmer einfach mal so ohne Warnung überfallen lässt ? Oder - Gipfel der Peinlichkeit - der große Kerky Minelli, welcher sich von seiner hysterischen Ehefrau dazu bequatschen läßt, wie ein stammelnder Schuljunge bei der Polizei anzurufen und sich für den Drohbrief an Miss Ranger zu entschuldigen. Das alles nur, weil ein bis dato unbekannter Orchideenforscher Mrs. Minelli ein paar Gruselgeschichten von Schrumpfköpfen erzählt. Würde so ein rücksichtsloser Verbrecherboss handeln ? Wohl kaum, doch es gibt auch durchaus glaubhafte Momente, etwa wenn sich Minelli so schön klischeehaft auf seinem Frisierstuhl rekelt und seinen Killer losschickt, um den vermeindlich abtrünnigen Babyface zu "rasieren". Auch sonst sehen die Verbrecher aus Amiland genauso aus, wie man sie sich vorstellt, wobei das Ganze nicht nur überzogen, sondern auch zuweilen recht real wirkt.
Dabei hält sich auch dieser Film noch ziemlich nahe an den Roman, der auch ziemlich dünn ist (sowohl was Seitenzahl und Handlung betrifft), aber mit weit über zwanzig Dahingemeuchelten ebenfalls einen Wallace-Rekord aufstellt.
Es musste allerdings den Konzepten der Serie getreu noch ein Whodunit hineingeschrieben werden, welches es im Roman gar nicht gibt, hier steht gleich fest, dass Kerky Smith (nicht Minelli) und Edwin Tanner die beiden Anführer sind. Dass dieser (Gangster-)Schuss nach hinten losging, liegt aber auch nur teilweise an der häufig kritisierten Anfangsszene, wo man Pinkas Brown schon an der Stimme erkennt. Als ich den Film damals zu DDR-Zeiten das erste Mal gesehen habe, ist mir das gar nicht aufgefallen. Auch beim Fälscher hat ja der Unbekannte hinter Glaswand mit seiner Originalstimme gesprochen, ohne dass das gleich ins Auge oder besser gesagt Ohr stach. Man kann Pinkas Brown ja auch von hinten erkennen, sogar das Gesicht sehen, wenn er auf Minelli schießt. Doch, wie schon richtig angemerkt wurde, wer sollte es denn sonst sein ? Das Versteckspiel des totgeglaubten O'Connor /Tanner sollte wohl dahin führen, dass sich dieser eine bürgerliche Existenz aufbauen wollte, nachdem er nochmal kräftig abgesahnt hatte. Eigentlich gar kein so schlechter Einfall des Drehbuches. Aber, wie der "Graf der Schurkereien" (schönen Gruß zurück) schon festgestellt hat, ist es unerklärlich, warum man so felsenfest von O'Connors Tod ausgeht. Hat dieser nach dem misslungenen Attentat einen seiner schon arg verunstalteten getöteten Kumpane noch restlos entstellt, seinen Ausweis und Zigarettenetui zugesteckt und dann über die Hintertreppe das Weite gesucht, und war die Polizei mit dieser einfachen Erklärung von O'Connors Tod dann zufrieden und konnte die Aktendeckel schließen ? Man weiß es nicht, aber sonderlich glaubwürdig ist es nicht unbedingt. Auch die erwähnte Sache mit O'Connors Unterschrift ist albern, genauso die Feststellung, dass Minelli aus O'Connors Maschinenpistole erschossen wurde. Woher wissen die Polizisten das, steht vielleicht das Signum des geheimnisvollen Obergangsters auf den Kugeln ? Und überhaupt - die Maschinenpistolen. Zumindest am Anfang bei dem Massaker im Hotelzimmer hat man sich ja Mühe gegeben, ein paar Kugeleinschläge und Chaos zu simulieren. Doch als der arme Fritz Rasp als Elias Tanner aus nächster Nähe von einem Kugelregen niedergemäht wird und später Eric Pohlmann als Kerky Minelli die Maschinenpistolengarbe abbekommt, da sollte schon ein bisschen mehr passieren als ein langsames Zusammensacken. Man kann und will in einem Edgar-Wallace-Film sicher keine zerfetzten blutüberströmten Körper sehen, aber so ganz ohne Spuren, das ist dann schon unglaubwürdig (Das Ende des Zinkers war da schon ein wenig gewalttätiger). Auch die Bomben im Film, bis auf die Autobombe, scheinen eher auf Kuschelkurs zu gehen, es reicht schon, wenn sich Minelli samt Frau hinter dem Sofa versteckt, wenn ein solcher Sprengkörper losgeht. Wobei die Bombe ja auch praktischerweise wieder so eine Verzögerungszündung hat wie bei der Gräfin. Vielleicht haben die Attentäter die ja im Ausverkauf bei dem gleichen Händler erworben... Und die Bombe in der Zigarrenkiste im Tabakladen des ,schönen Steve' schafft ja auch nur ein bisschen Unordnung und hilft der Polizei noch bei ihren Untersuchungen. Wozu sollte die eigentlich gut sein, außer den leeren Laden zu verwüsten und den Bandenkrieg von Neuem zu entfachen ? Ja, die Personen in dem Film agieren wahrlich nicht immer sinnvoll. Man muss es auch schlucken, dass sich das dümmlich-blonde Gangsterliebchen am Ende noch zur eiskalten Rächerin an ihrem "Kerkyschnäuzchen" wandelt, eine nicht unbedingt glaubhafte Charakteränderung. Und dem von Adrian Hoven verkörperten Inspektor Weston fällt als Ausgeburt polizeilicher Kompetenz nichts anderes ein, Lilian Ranger (von Marisa Mell gespielt) den Rat zu geben, doch die Türen zu verschließen, als sie ihm von dem Erpresserbrief der Gangster an ihren Chef erzählt. Da nimmt es auch nicht wunder, dass die Opfer nur so purzeln...
Christopher Lee gibt den abgebrühten Cop aus Chicago, hart, wortkarg und unbestechlich, immer die Hand am Abzug. Seine Kollegen von Scotland Yard oder besser das Innenministerium müssen großes Vertrauen in ihn haben, denn wie könnte er sonst als ausländischer Polizist einen Durchsuchungsbefehl für den Laden des ,schönen Steve' bekommen ? Eigentlich egal, denn er nutzt ihn ja sowieso nicht.
Der Gangsterkrieg zwischen den beiden Banden ist bei weitem nicht so blutig wie im Buch, wo sogar vollbesetzte Autos in Brand geschossen werden. Doch bietet er einen der größten Schrecken des Filmes - einen in einem Pub in voller Lautstärke abgenudelten kitschigen Schlager, bei dem sich die Nackenhaare aufstellen und man sich wirklich fragt, was sich die Macher dabei gedacht haben. Warum sollte man in London einen drittklassigen deutschen Schlager hören, normalerweise läuft es doch (leider) immer andersherum.
Es gibt auch eine Horde von Großwildjägern, die einfach mal nach Herzenslust herumballern dürfen und Flugzeuge vom Himmel schießen, was die öffentlichen Stellen offenbar sogar mit Wohlwollen zur Kenntnis nehmen. Da haben sich die Zeiten doch schon arg geändert, was das Recht auf Selbstverteidigung und die Wahl der eingesetzten Mittel angeht...
Wenig sinnvoll ist auch der versuchte Mord an Dorries im Zugabteil inszeniert, ich denke nicht, dass ein geübter Killer mit seinem Messer mal eben so ins Dunkel drauflossticht und erst dann bemerkt, dass gar niemand im Bett liegt. Zur Vermeidung von Lärm hätte er sein Opfer wohl kurz angeleuchtet, und dann sicher in die Kehle gestochen. Aber da kenne ich mich auch nicht so aus...
Es gibt sicher noch viele weitere Unstimmigkeiten, doch was für mich immer vollkommen unklar bleibt, ist der Hintergrund, warum Edwin Tanner das Testament gefälscht und alles auf Lilian Ranger übertragen hat. Um den Verdacht von sich abzulenken, wie er sagt. Er verzichtet also auf eine halbe Million Pfund, um seinem Onkel eine Lektion zu erteilen, weil der die zehntausend Pfund Erpressungsgeld nicht zahlen wollte ? Wieso sollte er überhaupt in Verdacht kommen, da zwischen ihm und den Gangstern ja erst Mal überhaupt kein Zusammenhang bestand. Ein besseres Alibi hätte er sich nicht wünschen können. Und war es nicht eigentlich Minelli, der den alten Tanner und später dann Miss Ranger erpresste ? Das kommt nicht so ganz klar rüber. Aber was wollte Tanner/O'Connor mit dem Originaltestament mit ihm als Haupterben machen, später vorlegen, wenn Gras über die Sache gewachsen ist ? Irgendwie fehlt da wirklich der Sinn.
Dagegen ist die Szene, wo Inspektor Weston zusammen mit seinem amerikanischen Kollegen den Killer "Babyface" vor seinen Kumpanen diskreditieren und mit voller Absicht in den Tod schicken, aus dem Roman entlehnt. Edgar Wallace hatte ja wenig Probleme mit Selbstjustiz, auch seine ansonsten tadellosen Polizisten bedienen sich ab und an ungesetzlicher Mittel, um Delinquenten zum Reden zu bringen. Häufig wurden diese Szenen in den Buchübersetzungen entschärft und aus den Verfilmungen ganz weggenommen. Dass sich hier im besprochenen Film auch die Polizei solcher schmutzigen Tricks befleißigt, soll wohl tatsächlich eine Referenz an die US-Gangsterfilme sein, die ja häufig demonstrieren, dass auch die Gesetzeshüter den Kampf gegen die Verbrecher nur bestehen können, wenn sie illegal agieren. So richtig hard-boiled also...

Was bleibt nun vom Film. Eine Menge Albernheiten, eine Menge recht ungewohnte Action, eine Menge Leichen, eine Menge ungewohnte Darsteller, eine Menge Klischees. Langweilig würde ich den Film nun nicht bezeichnen, unterhaltsam ist er allemal. Hat leider wenig Wallacetypisches, doch das ist vielleicht auch dem Thema geschuldet.

Persönliche Wertung: schlechte drei von fünf Punkten

Count Villain Offline




Beiträge: 4.615

15.01.2019 12:42
#127 RE: Wallace der Woche (10): Das Rätsel der roten Orchidee (1961/62) Zitat · Antworten

Zitat von Dr. Oberzohn im Beitrag #17
Es gibt sicher noch viele weitere Unstimmigkeiten, doch was für mich immer vollkommen unklar bleibt, ist der Hintergrund, warum Edwin Tanner das Testament gefälscht und alles auf Lilian Ranger übertragen hat. Um den Verdacht von sich abzulenken, wie er sagt. Er verzichtet also auf eine halbe Million Pfund, um seinem Onkel eine Lektion zu erteilen, weil der die zehntausend Pfund Erpressungsgeld nicht zahlen wollte ?


Er verzichtet ja nicht. Er hat - wie auch immer, vor oder nach dem Mord - den Nachlass so frisiert, dass Lilian nur Schulden erbt.

Dr. Oberzohn Offline



Beiträge: 643

15.01.2019 13:21
#128 RE: Wallace der Woche (10): Das Rätsel der roten Orchidee (1961/62) Zitat · Antworten

Na gut, aber was hat er davon ? Hat er den Rest des Geldes irgendwelchen Strohmännern oder Briefkastenfirmen überschrieben, auf die er dann zugreifen kann ? Wie sollte er das so einfach machen, ohne dass da irgendwelche Nachforschungen angestellt worden wären ? Vor allem, da die Polizei doch nun auch die Kontobewegungen auf Dorries Bank, seiner "Geldwaschanlage", begutachten konnte, da wäre das doch unbedingt aufgefallen. Obwohl sich die Polizisten nun nicht sonderlich schlau anstellen.
Und warum hat er das überhaupt gemacht ? Einfach erben wäre doch nun das Beste gewesen. Wieso hätte man ihn verdächtigen sollen ? Er hätte sich ja als frischgebackener Halbmillionen-Erbe selber erpressen können, um den Verdacht von sich abzulenken...

Edgar007 Offline




Beiträge: 2.595

16.01.2019 08:17
#129 RE: Wallace der Woche (10): Das Rätsel der roten Orchidee (1961/62) Zitat · Antworten

Zitat von patrick im Beitrag #12
Auch mir ist das mit Conners Stimme bei der ersten Sichtung nie und nimmer aufgefallen, drum würde ich das auch nicht als Kritikpunkt anführen. Ich bin mir ziemlich sicher, dass es diesbezüglich den allermeisten herkömmlichen Kinobesuchern wohl ähnlich gegangen ist.

Mir ist es auch nicht aufgefallen! Und mal ehrlich, den meisten hier ist's beim ersten mal auch nicht aufgefallen. Trotzdem ist der Film eher einer der schwächeren Filme.

Count Villain Offline




Beiträge: 4.615

16.01.2019 09:50
#130 RE: Wallace der Woche (10): Das Rätsel der roten Orchidee (1961/62) Zitat · Antworten

Stimmt, mir ist das beim ersten Mal bestimmt auch nicht aufgefallen. Aber der eigentliche Kritikpunkt ist auch eher: Es ist für den Großteil des Films total unerheblich, dass es da auch noch ein Whodunit gibt. Ob da jetzt der schöne Steve alleine handelt oder ob er weiterhin nur der Leutnant ist, who cares? Und die Sache um den Mord an und das Testament des alten Tanner ist nicht gut genug ausarbeitet für einen wirklichen Whodunit-Faktor. Dementsprechend konfus wirken dann auch die Erklärungen von Edwin Tanner am Ende, wie Dr. Oberzohn schon so schön ausgeführt hat. Als reiner Gangsterfilm und Jerry-Cotton-Vorläufer hätte die Orchidee vermutlich noch besser funktioniert als mit einem aufgepfropften, halbgaren Whodunit dabei.

Ray Offline



Beiträge: 1.929

17.01.2019 22:22
#131 RE: Wallace der Woche (10): Das Rätsel der roten Orchidee (1961/62) Zitat · Antworten

Na, ein echter Anhänger des Films hat sich ja noch nicht recht herauskristallisiert, ich stehe dem einzigen Wallace-Film Helmuth Ashleys immerhin etwas wohlwollender gegenüber als die meisten hier.

Auch mir ist bei der ersten Sichtung nicht aufgefallen, dass der Täter in der Eröffnungssequenz bereits enttarnt wird, bin aber trotzdem auf des Rätsels Lösung gekommen, weil - wie schon geschrieben wurde - im Grunde keine ernsthaften Alternativen bereitstehen. Dennoch finde ich es nachvollziehbar und gut, dass ein Whodunit in die Story eingebaut wurde, auch wenn er bei Teilen des Publikums nicht funktioniert und letztlich wohl auch entbehrlich wäre. Aber in einem Wallace-Film gehört er halt irgendwie dazu.

Helmuth Ashley liefert zusammen mit seinem Stammkameramann Franz Xaver Lederle handwerkliuch blitzsaubere Arbeit ab. Die Einstellung, in der sich Eric Pohlmann im Schatten versteckt, gehört zu den atmosphärischsten überhaupt innerhalb der Serie. Auch die Ermordung Edgar Wenzels wird gekonnt vorbereitet (Rasier-Szene) und vollendet (Killer im Spiegel zu sehen). Der Showdown enthält die mit am spannendsten Momente der Reihe, wenn Marisa Mells Figur untermalt von der wunderbar minimalistisch und dabei ungemein spannenden Musik von Peter Thomas mit Taschenlampe in der Hand vor den Schließfächern steht. Ansonsten bleibt ob des hohen, manchmal fast schon abgehetzten Tempos und der nicht immer strikt durchgehaltenen Grundhaltung (Parodie oder Gangsterkrimi?) Vieles oberflächlich und sollte wohl nicht näher hinterfragt werden. Da es dann aber doch so groß präsentiert wird, hinterlässt wenigstens die Sache mit dem "Trick-Testament" Fragen beim Publikum. Auch der Titel macht natürlich kaum Sinn und ist bemüht angelehnt an den erfolgreichen "Narzissen"-Film. "Gangster in London" wäre die passendere und ehrlichere Alternative gewesen.

Besetzungstechnisch wagte man wieder mal etwas Neues, bekam dabei aber Licht und Schatten präsentiert. Christopher Lee wertet zwar durch seine bloße Präsenz den Film auf, vermag aber kaum Akzente zu setzen. Adrian Hoven wirkt in vielen Szenen ungelenk und überfordert. Dass er einen Kriminalfilm durchaus tragen kann, sollte er in "Tim Frazer und der geheimnisvolle Mister X" unter Beweis stellen, hier blieb er eben jenen einstweilen noch schuldig. Ganz anders Marisa Mell, die nachhaltig beeindruckt. Egal ob Fritz Rasp, Adrian Hoven oder Pinkas Braun gegenüber: jedem Typ Mann tritt sie entsprechend seinen Stärken und Schwächen stimmig auf und begegnet ihnen und dem Betrachter mit entwaffnendem Charme. Mit Blick auf das darstellende Personal zählt es wohl zu den größten Fehlern der Produzenten, Mell nicht früher und vor allem öfter auftreten gelassen zu haben. Sie ist den meisten ihrer "Konkurrentinnen" (Anthes, Sesselmann, Böttcher, Glas...) deutlich überlegen. Ihre Mitwirkung ist ein absoluter Pluspunkt. Eric Pohlmann gibt ebenfalls ein gelungenes Gastspiel als Gangsterboss Minelli, Wolfgang Büttner als korrupter Polizist sowie Hans Zesch-Ballot als Sir John bleiben eher blass. Einen gelungenen Einstand in seine Wallace-Karriere feiert Pinkas Braun, dessen zur Schau gestellte Selbstsicherheit immer wieder aufs Neue beeindruckt. Um dem Film trotz der inhaltlichen und inszenatorischen Neuausrichtung einen gewissen Wiedererkennungswert zu geben, durften die schon langsam zum Inventar gehörenden Eddi Arent und Klaus Kinski nicht fehlen. Während Arents Todesbutler zu dessen weniger gelungenen Rollen zählt, hat Kinskis akkurat gescheitelter "schöner Steve" durchaus seine Momente. Einen krachenden Abgang à la Tony Montana bekommt Fritz Rasp, den man gerne noch das ein oder andere Mal in der Reihe hätte auftreten lassen können (etwa als Französisch-Lehrer im "Mönch").

Trotz vorhandener Schwächen würde ich "Das Rätsel der roten Orchidee" seine Daseinsberechtigung nicht absprechen wollen und daher mit Bezug auf die Eingangsfrage als "nette Abwechslung" einstufen. 3,5 von 5 Punkten erscheinen mir eine faire Wertung.

Giacco Offline



Beiträge: 2.499

18.01.2019 20:41
#132 RE: Wallace der Woche (10): Das Rätsel der roten Orchidee (1961/62) Zitat · Antworten

Dr. Oberzohn nimmt in seiner Bewertung vor allem Anstoß an "einem in einem Pub in voller Lautstärke abgenudelten kitschigen Schlager, bei dem sich die Nackenhaare aufstellen".
Da ich mir die "Orchidee" immer wieder gern anschaue, muß ich gestehen, dass mir dieser "drittklassige deutsche Schlager" gar nicht aufgefallen ist. In welcher Szene und in welchem Pub erklingt denn dieses schauerliche Lied?

Gubanov ( gelöscht )
Beiträge:

18.01.2019 21:08
#133 RE: Wallace der Woche (10): Das Rätsel der roten Orchidee (1961/62) Zitat · Antworten

Die Szene, auf die sich Dr. Oberzohn bezieht, ist Bestandteil der Bandenkämpfe nach dem ersten, erfolglosen Treffen von Kerkie Minelli und dem schönen Steve sowie ihrer Gefolgsmänner. Nachdem sie festgestellt haben, dass es zu keiner gütlichen Einigung kommt, jagt zuerst eine Autobombe einen von Steves Kumpanen in die Luft und anschließend messert ein anderer Gauner den am Spielautomat stehenden F.G. Beckhaus. In dieser Szene (beginnt kurz vor der 49-Minuten-Marke) erklingt der besagte Schlager:

"Lass mich doch bitte nie mehr allein,
Denn ohne dich kann ich nicht sein.
Drum sei doch immer sehr lieb zu mir,
Mein Herz gehört immer nur dir."

Weiß jemand, ob es sich um einen echten Schlager aus der damaligen Zeit oder um eine reine Filmkomposition von Peter Thomas handelt? Ich konnte spontan bei der Suche nach den Lyrics keine Übereinstimmung finden.

Count Villain Offline




Beiträge: 4.615

18.01.2019 21:10
#134 RE: Wallace der Woche (10): Das Rätsel der roten Orchidee (1961/62) Zitat · Antworten

Dieser "drittklassige deutsche Schlager" ist eigentlich die gelungenste Parodie im ganzen Film.

Giacco Offline



Beiträge: 2.499

18.01.2019 21:36
#135 RE: Wallace der Woche (10): Das Rätsel der roten Orchidee (1961/62) Zitat · Antworten

Vielen Dank für den Hinweis. Dieser Song, der da kurz angespielt wird, ist mir natürlich bekannt. Ich finde ihn an dieser Stelle ehrlich gesagt eher ironisch-lustig und wäre gar nicht auf die Idee gekommen, dass Dr. Oberzohn diesen Titel meint.
Dass es sich um einen echten Schlager von damals handelt, möchte ich bei dem schräg-schiefen Gesang bezweifeln. Andererseits ist es wohl auch nicht auszuschließen.

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