Zitat von Uli1972 im Beitrag #12Zunächst einmal: In der Verfilmung der "toten Augen von London" geht kein Mord auf das Konto von Edgar Strauss.
Das glaube ich erst, wenn ich das im Drehbuch lese. Der Schnitt nach Freds Fall auf den beinahe panischen Edgar Strauss mit Zigarette in der Hand lässt eigentlich kaum einen anderen Schluss zu (oder war er zufällig auch da?), als dass er es war. Aber schön, dass du damit meine Theorie um die Verwirrung rund um Edgar Strauss bestätigst.
Ich bin auch immer davon ausgegangen, dass David Judd der alleinige Mörder war. Dass der Schwenk auf Strauss im Anschluss an den Mord kommt, ist doch ein beliebtes Stilmittel. Überhaupt soll doch an mehreren Stellen der Verdacht auf Strauss gelenkt werden (Mann mit dem weissen Mantel + Sonnenbrille).
Seltsam ist nur, dass im GORILLA dann die Strauss Rolle offensichtlich den Mord an Flimmer Fred verübt, aber diesen Film sollte man sowieso tunlichst nicht ernst nehmen.
Zitat von patrick im Beitrag #9Der Stil folgt eher jenem von Harald Reinl. Das einzige Vohrer-Kuriosum ist die Kameraeinstellung, in der sich eines der Opfer das letzte Mal in seinem Leben die Zähne putzt, was durch einen Blick aus dem Mundraum verdeutlicht wird.
Die Formel "guter Wallace = nah am Reinl-Stil" halte ich für zu einfach gestrickt. Es gibt hier viele Merkmale, die sich von Reinls Filmen unterscheiden. Der ganze Spannungsaufbau funktioniert hier völlig anders als in "Frosch" oder "Bande" und die inszenatorische Herangehensweise ist auch nicht annähernd identisch. Was die Strichliste an obligaten Vohrer-Film-Merkmalen angeht, möchte ich zu der von dir erwähnten Kamera-im-Mund-Einstellung noch hinzufügen, dass man Vohrers Stimme schon hier in den "Augen" zweimal am Telefon hört.
So einfach gestrickt habe ich das ja gar nicht gemeint. Ich wollte nur ausdrücken, dass Vorher sich in seinen Anfängen noch des nötigen Ernsts bediente, der mir bei einem Krimi mit Grusel-Elementen einfach wichtig ist. Bei Reinl war das immer eine Selbstverständlichkeit, bei Vorher später dann leider nicht mehr, was sicher dazu geführt hat, dass die Wallace-Filme später ihren Ruf einbüßten. Das wäre ja gar nicht nötig gewesen, wäre man andere Wege gegangen. Ich weis allerdings nicht, ob die Schuld nur bei Vorher lag, oder ob ganz einfach der Humor der Deutschen damals unbedingt auf diesem Level befriedigt werden musste. Vielleicht wollte es auch in erster Linie Wendland so. Wissen tue ich es nicht. Ich kann ja nicht einmal sagen, dass ich die Farb-Vorhers partout nicht mag. Es gibt einige, die mir sehr gut gefallen, auch wenn ich sie eher als Geisterbahn-Show betrachte, denn als handfeste Thriller, was mir wesentlich lieber gewesen wäre. Da Reinl sich ja bereits 1965 von Wallace verabschiedet hat, kann man nur darüber spekulieren, wie ein Farbfilm von ihm wohl ausgesehen hätte. Ich glaube, er wäre ja für den "Hund von Blackwood-Castle" sogar als Regisseur vorgesehen gewesen, bin mir aber nicht mehr sicher.
Dass Reinl etwas action-lastiger inszeniert hat, ist wohl sicher auch der Fall. Doch gibt es Ausnahmen, wie der "Fälscher" ja beweist.
Zitat von Count Villain im Beitrag #5 Was hat er denn Onscreen für den Drahtzieher gemacht? Außer ihn mit dem Schlüssel zu Fannys Wohnung zu erpressen? Wenn er Kenntnis von den schmutzigen Geschäften Stephen Judds hat, warum erpresst er ihn dann nicht damit, sondern mit dem Schlüssel, auf den ihn erst Flimmer-Fred gebracht hat? David Judd ist ihm ja unbekannt ("Wer sind Sie?").
An den Geschäften Judds hat er ja letztlich als Büroleiter mitgewirkt und Judd wird clever genug gewesen sein, seinem Mann im Vorzimmer nicht mit allen Details zu betrauen. Der Schlüssel aber ist dazu geeignet, den ungeliebten Vorgesetzten endgültig in die Bredouille zu bringen. Wie Du aber schon selbst schreibst: Hinbiegen kann man sich natürlich alles. Ich habe Edgar Strauss (heißt der in der Vorlage eigentlich tatsächlich auch Edgar mit Vornamen?) nie diese Bedeutung beigemessen. Er war und ist für mich ein Handlanger typisch Wallace'schen Zuschnittes.
Zitat von Count Villain im Beitrag #5 Jetzt bring bitte nicht noch einen dritten Mann mit Regenmantel, schwarzen Handschuhen, dunkler Hose und schwarzen Schuhen ins Spiel. Fannys Mörder war mit Sicherheit David Judd.
Nein, die beiden Brüder haben sicher nicht im Doppelpack ihren Trechncoat gekauft. David heißt er, das ist schon klar.
Zitat von Count Villain im Beitrag #5 Ähm... die Absurdität dieser Aussage ist dir selbst bewusst, oder? In der einschlägigen Wallace-Literatur ist stets die Rede davon, wie gerne Reinl Actionszenen inszeniert hat.
Natürlich, das war (m)ein Seitenhieb auf die (von mir) stets ungeliebten Happy-Endings, die, abgesehen von "Zimmer 13", jeden Reinl-Wallace garnieren. Selbst im ansonsten nahezu untadeligen uMönch muss ich das ertragen. Ich weiß schon, dass Du auf den Dreikampf aus warst. Den aber mit einer aufgepushten Hauerei in die Länge zu ziehen, hätte die handelnden Charaktere ja nahezu ad absurdum geführt. Die beiden galanten Herren halten sich für reichlich clever, machen sich nicht selbst die Hände reell schmutzig und sind überheblich genug, sich auch ohne große Kraftanstrengungen aus der Affäre ziehen zu können. Dass Holt noch ein Stück weit cleverer ist, wird ihnen dann bei der unweigerlich folgenden Festnahme ja erst gut sichtbar bewusst. Hier hat Alfred Vohrer beide noch einmal nicht ohne Grund in Großaufnahme mit reichlich entsetzten Gesichtern gezeigt.
Zitat von patrick im Beitrag #9 Als Regisseur zeichnet erstmals Alfred Vohrer verantwortlich, der später den größten Einfluss auf die Reihe ausüben sollte und zeitweise leider mit dem (plumpen) Humor übertreibt, wovon hier Gott sei Dank noch nichts spürbar ist. Der Stil folgt eher jenem von Harald Reinl.
Den Stil der Augen würde ich als in weiten Teilen völlig konträr zu allem sehen, was bis dahin in Sachen Wallace seit 1959 inszeniert wurde. Neben dem von Dir genannten "Impossible-Shot" gibt es viele weitere Neuerungen, die so weder bei Reinl noch bei Roland oder Anton zu sehen waren.
Typisch für den Stil, den Alfred Vohrer in nahezu allen seinen Filmen anwendete, ist die Nahaufnahme, die dann in einer Totalen aufgelöst wird. Das nasse Kopfsteinpflaster, die laufenden Beine ohne Rest vom Körper oder die Katze mit den blinkenden Augen im Spielclub sind typische Auftakteinstellungen, die den Zuschauer zunächst im Unklaren lassen sollen, wie und wo man sich überhaupt befindet. Er ließe dann erst darauffolgend die Kamera "aufreißen", um die Situation zu erklären, wie es Alfred Vohrer 1977 anlässlich eines Interviews zu einer Derrick-Episode auf die Frage, wie ein Regisseur Spannung erzeugen könne, selbst schilderte. Schon in den Augen findet sich diese Technik mehrfach, wenngleich noch nicht so exzessiv wie in späteren Produktionen, bei denen die hier noch nicht zur Verfügung stehende Zoom-Technik das Vorgehen noch einmal deutlich vereinfachte.
Dann ist natürlich auch bei den Augen feststelbar, dass der Regisseur einen ausgemachten Spieltrieb hatte. Die bereits genannte Katze im Spielclub dient mit ihren leuchtenden Augen als Klingelsignal. Da hätte man auch eine einfache Leuchte montieren lassen können. Oder beispielsweise der Totenkopf, in dem sich die Zigaretten verstecken lassen, die dann auf Knopfdruck (!) wieder nach oben schnellen. In Alfred Vohrers erstem Wallace findet sich mit diesem Schädel damit im Übrigen auch das erste mal ein Teil von einem Skelett. Besagtes Skelett zieht sich bekanntlich durch zahlreiche Wallace-Filme Vohrers. Darüber könnte man lange philosophieren, warum er das immer wieder gemacht hat.
Als letzten Punkt des völlig veränderten Stils möchte ich noch anführen, dass die Aufnahmetechnik streckenweise deutlich moderner ist. Vohrer ließ Kameramann Karl Löb einige Szenen mit der so geliebten Handkamera drehen - damals kein leichtes Vergnügen. Diese Szenen (z.B. beim niedergestreckten Holt in Judds Büro oder beim Angriff des Blinden Jack auf Nora Ward) tragen zur veränderten Optik bei, die sich neben dem permanenten Wechsel zwischen Close-Shots und Totalen von den Vorgänger-Filmen insofern schon unterscheidet. Harald Reinl hatte beim Frosch noch auf die bewährte Technik zurück gegriffen, die Kamera bei Kampfszenen doppelt angewinkelt aufstellen zu lassen, um Bewegung nicht nur durch die Aktion, sondern auch durch das Bild selbst zu erzeugen. Bei "U47 - Kapitänleutnant Prien" war er meiner Erinnerung zufolge ähnlich vorgegangen.
Es gibt also - neben der durchaus anderen Erzählweise - auch zahlreiche optische Änderungen, die später stilbildend werden sollten und so oder so ähnlich immer wieder variiert wurden (was man den späteren Filmen dann durchaus natürlich auch wieder anlasten kann).
Ich habe gerade festgestellt, dass ich die Strauss/Judd-Mantel-Thematik bereits am 11.07.2009 und am 17.12.2013 im Film-Thread angesprochen habe. Das muss echt ein wirklich tiefsitzendes Problem von mir sein, wer da was gemacht hat.
Bei den kostümierten Doppelgängern ist es mir im Übrigen sehr viel klarer. Nur mal so am Rande bemerkt.
Die toten Augen von London ist ein Film, der innerhalb der Serie unerreicht ist. Vorlage ist ein atmosphärisch äußerst dichter und spannungsgeladener Thriller von Edgar Wallace, auch in seinem Schaffen eher eine Ausnahme. Die Geschichte von den blinden Hausierern, die im berüchtigten Londoner Nebel ihre Untaten treiben, hat sicher nicht unbeabsichtigt viel von einer viktorianischen Schauermär, etwa wie die Moritat vom teuflischen Barbier Sweeney Todd. Die Grundstruktur der Handlung des Buches wurde beibehalten, ebenso die auftretenden Personen. Allerdings sind viele Dinge im Film geändert, und die Personen haben mitunter eine ganz andere Bedeutung als im Roman. Blacky Fuchsberger als tapferer Inspektor Holt und Eddi Arent als Sergeant Sunny Harvey (eine Verschmelzung von zwei Charakteren) sind schon durchaus für sich ein „Traumpaar“, da stört die Dame eigentlich nur… Karin Baal nimmt man die taffe junge Frau, die schon früh für sich selbst sorgen musste, durchaus ab, aber irgendwie mag ich ihre Stimme nicht, doch da kann sie ja nun auch nichts dafür. Harry Wüstenhagen als ganovenhafter Flimmer-Fred ist ideal, ebenso die schicke Ann Savo als Fanny Weldon, die ein leider nur kurzes exotisches Element einbringt. Klaus Kinskis Rolle als krimineller Sekretär von David Judd ist ausgebauter als im Buch, wo er nur eine kurze Nebenrolle gibt. Natürlich sind die richtigen Bösewichter nicht von Pappe, der Blinde Jake natürlich an erster Stelle. Die Maskenbildner haben Ady Berber da zu einem schrecklichen haarigen Ungetüm herausgeputzt, das seltsamerweise aber recht gut rasiert ist. Lew Norris ist eine tragische Figur, sein Schicksal im Roman ist fast noch schrecklicher als im Film. Aber Stephen Judd (Wolfgang Lukschy) als zweifelhafter Biedermann und vor allem der „ehrenwerte“ Reverend Dearborn, gespielt von Dieter Borsche, sind wirklich glaubhaft böse. Als die gefangene Nora in ihrer Todesnot im Waschkessel nach ihrem Beschützer schreit, da wird dieser verhöhnt: „Hören Sie ? Ihr Fräulein Braut ruft Sie !“ Das ist schon ganz schön bösartig. Der Bodycount ist im Buch nicht so hoch wie im Film, zumindest nicht in der direkten Handlung. Das Buch beginnt gleich mit dem merkwürdigen Tod des wichtigsten Opfers, Gordon Stuart. Da hat er vorher noch sein Testament auf sein Hemd geschrieben, was man im Film weggelassen hat. Fanny Weldon als Gehilfin von kleineren Ganoven kommt gerade so mit dem Leben davon, ebenso Flimmer-Fred, der allerdings schon ganz schön ramponiert wird. Auch Mrs. Ward kommt vor, nimmt aber mit ihrem Schicksal sogar ein wenig mehr Raum ein als im Film. Der blinde Jake wird wirklich von Dearborn erschossen, welcher zum Schluss allerdings auch umkommt. Stephen Judd wird zum Henker geführt. Das Blindenheim mit vielen Geheimgängen, die alte Wäscherei nebenan, auch das weiße Auto sind Elemente des Buches, sogar der kaputte Fahrstuhl. Das Ertränken der Versicherungs-Opfer erfolgt hier allerdings nicht im Waschkessel der Wäscherei, sondern im luxuriösen Wohnhaus des kriminellen Brüder-Paares in einer extra dafür konstruierten Ertränkungskammer. Das Element des Macready-Theaters, wo Dearborns extrem schlechte Theaterstücke aufgeführt werden, hat man im Film komplett weggelassen, was kein großer Verlust ist. Generell wird im Roman nicht so viel hin- und her erpresst wie in der Verfilmung. Man hätte vielleicht die komische Tonband-Szene im Büro der Versicherung weglassen sollen und besser auf das Kapitel zurückgreifen sollen, wo sich Nora Ward „das blinde Ungeheuer“ mit einem Stromkabel vom Leibe hält. Ob das den Machern zu brutal war ? Obwohl – Mangel an fast schon sadistischen Szenen gibt es ja nicht im Wallace-Film. Das fast schon genüssliche Herabstürzen von Flimmer-Fred, oder die Tötung der blinden Jake auf dem Müllplatz, das ist schon recht drastisch, ebenso die Beinahe-Verbrennung von Mrs. Ward oder das Ins-Auge-Schießen des Hausmeisters. Meiner Ansicht nach sind Buch und Film jeder auf seine Art gleich gut, trotz oder auch gerade wegen einiger Unterschiede.
Was bringt ein wenig Logikschnüffelei auf der Spur der "toten Augen"? Auf den ersten Blick ist die Handlung doch recht stringent aufgebaut - sofern man eine solche abenteuerliche Geschichte überhaupt irgendwie realitätsnah bezeichnen möchte. Aber, natürlich hat sie auch viele kleinere und größere Schwächen. Gleich zu Beginn beginnt der blinde Jake genau in dem Moment auf das Klopfzeichen seines Herrn an der Autotür zu horchen, als dieser es dann auch tut, obwohl die beiden doch weit auseinander sind und auch der Chef nichts sehen kann. Naja, nicht so schlimm, die Szene ist trotzdem genial. Wieso schließt Gordon Stuart, offenbar ein Mann in den Fünfzigern, noch eine Lebensversicherung ab (Dass er eine Tochter hat, erfährt er ja erst später)? Sicher gab er damals bessere Renditen als heute, aber irgendwie macht es doch keinen Sinn. Wieso schließt überhaupt ein Kanadier eine Lebensversicherung in England ab, dass kann man doch durch eine Vertretung vor Ort machen und muss nicht extra nach London reisen. Die Entführungen der unglücklichen Opfer durch das menschliche Monster können doch eigentlich nicht ohne Verletzungen (Hämatome, Kratzer etc.) abgehen, die man dann bei der Autopsie feststellen müsste, besonders bei einem Verdacht auf eine Verbrechensserie. Die Gerichtsmediziner sollen diesbezüglich ja wahre Wunder vollbringen können, zumindest wenn man dem gängigen Hype darüber glauben schenken darf. Auch das Ertränken im Waschkessel müsste doch eigentlich Spuren am Körper hinterlassen, eine prämortale Verletzung. Aber das ist zugegebenermaßen spekulativ. Auf jeden Fall sollte aber der Hals der schönen Ann Savo nach ihrem frühzeitigen Ableben durch die Hände des Regenmantel-Schurken nicht so ebenmäßig rein und weiß sein, sondern Würgemale aufweisen, die man wenigstens ein bisschen mit Theaterschminke hätte simulieren können. Es muss ja nicht mal eine meterlang heraushängende Zunge oder sonstiges Klischee sein. Der Tod von Flimmer-Fred ist auch schön gruselig, aber die ganze Sache ist auch etwas zweifelhaft, denn eigentlich hätte er doch schon beim Hinauffahren feststellen müssen, dass der Fahrstuhl außer Betrieb ist. Wenig später scheint der Lift übrigens wieder zu funktionieren, als Blake und Judd damit fahren. Wieso ist der Inspektor Holt so schnell zur Stelle, um seine Nora aus den Fängen des blinden Ungeheuers im Treppenhaus zu ihrer Wohnung zu retten? Während Harvey sie direkt zu ihrer Wohnung bringt, fährt Long erst zum Leichenschauhaus, unterhält sich mit dem Arzt und begibt sich dann erst zu Nora. Kein Gericht der Welt hätte ihm geglaubt, dass er das in so kurzer Zeit schaffen kann. Und der Tod vom blinden Jake - eine der schaurigsten Episoden der Wallace-Filme. Doch hätten dem Mörder eigentlich nicht die Trommelfelle platzen müssen, als er ihn mit mehreren Schüssen von der engen Fahrerkabine aus niederstreckte? Und wer hat den Toten dann eigentlich durch die Hintertür aus dem Wagen geworfen? Selber wird er sich ja kaum herausgerollt haben. Und warum wusste Blake trotz seiner Verbindungen zur Unterwelt eigentlich, wo das Versteck des blinden Jake war? Warum ist Mrs. Ward nun so extrem schockiert, dass Gordon Stuart ermordet wurde, nachdem sie selber entführt und beinahe grausam getötet worden war ? Wieso geht das Tonband in Judds Büro genau in dem Moment an, als Inspektor Holt sich dort einschleicht ? Und vor allem: Wieso bringt Sergeant Harvey die bedrohte Nora Ward zum Schluss ausgerechnet in das Blindenheim, wo doch offensichtlich eine Verbindung zu den Verbrechen und Verbrechern besteht ? Geradezu sträflich und kein Grund für eine Beförderung zum Inspektor. Offenbar scheinen die Gangster ja geradezu auf Nora gewartet zu haben, da sie doch schon alle Schriftstücke für Hochzeit und/oder Erbe vorbereitet haben. Aber das konnten sie doch gar nicht wissen. Und überhaupt - Nora Ward als Erbin Gordon Stuarts. Man kann ja davon ausgehen, dass ihr Vater Gordon Stuart zuhause in Kanada ein Testament verfasst hat, in welchem er verschieden Institutionen als Erben eingesetzt hatte, ähnlich wie er es ursprünglich bei seiner Lebensversicherung geplant hatte. Er hat wohl kaum die Zeit gefunden, ein neues zu verfassen, auch nachdem er seine Tochter gefunden hatte. Und da es in den angelsächsischen Ländern auch keinen Pflichtteilsanspruch für nahe Verwandte gibt, würde die arme Nora wohl leer ausgehen. Zumindest würde sie wohl nie die volle Summe bekommen und müsste vor Gericht ziehen. Deswegen sind die Hoffnungen der Bösewichter auf die halbe Million nicht sehr realistisch, schon gar nicht, weil sie sich ja dann als gesuchte Massenmörder auf der Flucht zu erkennen geben müssten, um in den Besitz des Geldes zu gelangen. Nein, das ist wirklich nicht logisch. Die schlimmste Unlogik ist ja nun die schon hinlänglich ausdiskutierte Rolle des Edgar Strauss. Ich weiß wirklich nicht, ob es großartig Sinn macht, darüber zu rätseln, ob es nun zwei Regenmantel-Mörder gibt, welcher von den beiden wen umgebracht hat und warum er das getan hat. Das fällt unter die gleiche Kategorie wie das Raten, welcher der beiden Roten Kreise nun Brabazon gekillt hat oder welcher der beide grünen Bogenschützen die Eröffnungsleiche auf dem Gewissen hat. Die Filmemacher wussten es mit Sicherheit selber nicht richtig und könnten sich wohl kaum vorstellen, dass es darüber mal lebhafte Diskussionen geben wird. Hier in den Filmen geht es noch mehr als in den Büchern von Edgar Wallace um den reißerischen Effekt, um Grusel und Unterhaltung, nicht um perfekt ausgefeilte Logikspielchen. Wenn man das mit den vielen Drehbuchänderungen, Regisseurwechseln und der Zeit- und Geldknappheit bedenkt, unter welchen die meisten dieser Filme entstanden sind, dann nimmt es nicht Wunder, dass da elementare Zusammenhänge unter den Tisch gefallen sind. Möglicherweise gab es da vielleicht mal irgendwie einen diffusen Plan, der dann noch dem endgültigen Schnitt zum Opfer gefallen ist. Ich glaube ehrlich, dass es da keine rationale Erklärung gibt. Alfred Vohrer hat ja auch später den Zinker gedreht, wo die legendär unlogische Szene mit der zahnlosen Mamba auftaucht. Was den unheimlichen Mörder im Regenmantel angeht, dachte ich bisher immer, dass das David Judd bzw. Dearborn ist. Strauss ist irgendwann mal in die Machenschaften der beiden kriminellen Brüder verwickelt worden (er kannte allerdings nur seinen eigenen Chef) und hat ein paar Zubringerdienste erledigt. Immerhin hat er ja auch das seltsame Tonband in Judds Büro besprochen. Dann wurde er von Dearborn abgemurkst. Kann natürlich auch alles ganz anders sein. Besonders unschön ist auch die klobige Pistolenattrappe, mit der der Inspektor im Versicherungsbüro niedergeschlagen wird. Da hätte es auch eine echte Waffe sein können. Dagegen ist die wackelnde „Ziegelwand“ in Dearborns Zimmer bei Noras Fluchtversuch echt läppisch. Aber das sind ja nur Kleinigkeiten.
Auf alle Fälle ist Alfred-Vohrers Wallace-Einstand sehr gelungen, nicht zuletzt auch wegen seiner fast schon exzessiven Schnitt- und Zoomtechnik, mit der er von einer Szene zur nächsten springt, wegen des gelungenen expressionistischen Licht- und Schattenspiels, aber auch wegen der gruseligen Filmmusik von Heinz Funk. Apropos Musik: Die Klänge von Beethovens Fünfter jagen mir jedes Mal einen Schauer über den Rücken, wenn ich sie mal höre. Automatisch werden damit finstere Keller mit Mordeinrichtungen und düstere blinde Gestalten assoziiert. Auch das ist sehr innovativ – die Verbindung von klassischer Musik und Gewalt, lange vor Uhrwerk Orange oder Apocalypse Now. Da könnte man noch viel schreiben, aber es ist schon so zu viel geworden.
Persönliche Wertung: 5 von 5 Punkten
PS: Vor einigen Jahren habe ich mal einen Krimi des Amerikaners Jonathon King mit Titel Schwarze Witwen gelesen. War weder besonders gut noch schlecht. Grundplot war aber, dass ein leicht debiler, aber sehr kräftiger Auftragsmörder im Dienste einer ominösen Versicherungsgruppe alte Damen umbringt, um größere Unternehmensgewinne zu realisieren. Da habe ich schon überlegt, ob der Autor vielleicht das Wallace-Buch gelesen oder womöglich sogar den Film gesehen hat. Hat vielleicht tatsächlich als Anregung gedient, obwohl beide natürlich unerreicht sind…
@Dr. Oberzohn Da hast Du einige fein bemerkte Aspekte dabei, die alle sicher richtig sind. Ich denke, man darf nicht vergessen, dass ein Kinofilm eben ein Kinofilm ist. Der Anteil derjenigen, die seinerzeit diese Details hätten bemerken können, dürfte im nicht nennenswerten Bereich gelegen haben. So ist die Überlegung sicher richtig, dass Flimmer-Fred schon beim Heraufgehen hätte bemerken können, dass der Fahrstuhl außer Betrieb war. Möglich aber auch, dass Fred in eine gezielte Falle gelockt wurde und dass David Judd den Fahrstuhl außer Betrieb setzte, als Fred bei Stephen Judd war. Oder der Fahrstuhl war unten auch bereits außer Betrieb und Fred hat das nach all der Aufregung im Büro Judds schlicht vergessen und ist in die Falle getappt. Oder Fred ging treppauf einfach zu Fuß und achtete gar nicht darauf, ob das Haus einen Fahrstuhl hat, nahm diesen dann erst oben. Oder... Das ließe sich sicher fortsetzen. Guckt ein Zuschauer den Film einmalig - und das dürfte ja der Normalfall sein - tauchen solche Gedankenspiele gar nicht auf.
Schlimmer wiegen da m.E. Schnitt- oder Stellungsfehler wie beispielsweise die legendären Füße des Sir Fielding, die noch unter dem Schreibtisch standen als dieser bereits längst aufgestanden war (wo gerade schon der Zinker angesprochen wurde). Ich erinnere mich, dass mir das schon ganz, ganz früh aufgefallen ist und nicht erst nach der x-ten Wiederholung.
@Dr. Oberzohn Aber bitte bloß nicht aufhören, diese Dinge zu finden! Ich denke, gerade beim Wallace der Woche kann man gerne auch mal etwas genauer hinschauen.
Gubanov
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21.12.2018 11:35
#114 RE: Wallace der Woche (06): Die toten Augen von London (1961)
Zitat von Count Villain im Beitrag #3Erst die relativ nüchternen polizeilichen Ermittlungen auf dem freundlichen (!) Friedhof in hellem Sonnenschein sorgen in dieser Hinsicht für ein kurzes Aufatmen.
Sonnig und freundlich? In der Szene ist es doch auch neblig (oder zumindest dunstig) und die Atemluft kondensiert ob der Kälte!
Zitat von Uli1972 im Beitrag #12Zunächst einmal: In der Verfilmung der "toten Augen von London" geht kein Mord auf das Konto von Edgar Strauss.
Danke für diesen klaren Kommentar, der auch meiner Wahrnehmung entspricht. Aber ob der immer wieder auftauchenden skeptischen Anmerkungen traut man ja schon seinen eigenen Kombinationsfähigkeiten nicht mehr. Dabei ist der Zoom auf den panischen Edgar Strauss nach dem Mord an Flimmer-Fred eigentlich der beste Beweis für die Unschuld des Sekretärs - so verängstigt verhält sich niemand, der gerade einen Menschen ganz bewusst auf eine derart sadistische Art ermordet hat.
Zitat von Dr. Oberzohn im Beitrag #21Man hätte vielleicht die komische Tonband-Szene im Büro der Versicherung weglassen sollen und besser auf das Kapitel zurückgreifen sollen, wo sich Nora Ward „das blinde Ungeheuer“ mit einem Stromkabel vom Leibe hält. Ob das den Machern zu brutal war?
Wäre zwar sicher beeindruckend gewesen, aber hätte vielleicht die Identifikation mit Nora als uneingeschränkt positiver Figur erschwert.
Zitat von Dr. Oberzohn im Beitrag #21Die Klänge von Beethovens Fünfter jagen mir jedes Mal einen Schauer über den Rücken, wenn ich sie mal höre. Automatisch werden damit finstere Keller mit Mordeinrichtungen und düstere blinde Gestalten assoziiert. Auch das ist sehr innovativ – die Verbindung von klassischer Musik und Gewalt, lange vor Uhrwerk Orange oder Apocalypse Now.
Geht mir genauso. Und nicht nur in internationalen Blockbustern taucht diese Kombination von klassischer Musik mit Mord, Totschlag und Gewalt wieder auf, sondern auch in der Wallace-Reihe in anderen Alfred-Vohrer-Filmen. Ganz prominent natürlich im "indischen Tuch" mit Tschaikowskis 1. Klavierkonzert. Aber auch in "Die Tür mit den 7 Schlössern" (die Vorliebe der bitterbösen Emily Cody für Bach) und in "Der Zinker" (Nancy Mulfords Dirigenten-Ambitionen).
Zitat von Jan im Beitrag #22Oder Fred ging treppauf einfach zu Fuß und achtete gar nicht darauf, ob das Haus einen Fahrstuhl hat ...
Diese "Ausrede" ergibt keinen Sinn, schließlich hielt sich Flimmer-Fred nicht zum ersten Mal im Bürohaus der Greenwich-Versicherung auf. Er erpresste Judd ja immer wieder und sollte deshalb zumindest wissen, wie er dessen Büro erreichen konnte. Dennoch sehe ich einen möglichen Filmfehler in dieser Szene ebenfalls als herbeigeredet an.
Zitat von Gubanov im Beitrag #24Danke für diesen klaren Kommentar, der auch meiner Wahrnehmung entspricht. Aber ob der immer wieder auftauchenden skeptischen Kommentare traut man ja schon seinen eigenen Kombinationsfähigkeiten nicht mehr. Dabei ist der Zoom auf den panischen Edgar Strauss nach dem Mord an Flimmer-Fred ja eigentlich der beste Beweis für die Unschuld des Sekretärs - so verängstigt verhält sich niemand, der gerade einen Menschen ganz bewusst auf eine derart sadistische Art ermordet hat.
Das war allerdings - mit derselben Begründung - auch meine Einschätzung bei meiner ersten Sichtung der Augen. Und dann bin ich mit den Jahren irgendwie immer skeptischer und verwirrter geworden.
Zitat von Gubanov im Beitrag #24Sonnig und freundlich? In der Szene ist es doch auch neblig (oder zumindest dunstig) und die Atemluft kondensiert ob der Kälte! oh]
Na gut, das war vielleicht etwas übertrieben ausgedrückt. Aber es ist hell und der Steinmetzmeister freundlich.
Gubanov
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21.12.2018 12:00
#116 RE: Wallace der Woche (06): Die toten Augen von London (1961)
Zitat von Count Villain im Beitrag #25Na gut, das war vielleicht etwas übertrieben ausgedrückt. Aber es ist hell und der Steinmetzmeister freundlich.
Das stimmt natürlich. Mit Joseph Offenbach kann man sich auch auf einem kalten Friedhof gut unterhalten. Sergeant Harvey findet ihn aber nicht ganz so sympathisch ...
Sehr interessant. Viele hier angesprochene Dinge sind mir noch nie aufgefallen bzw. ich habe mir über sie nie Gedanken gemacht. Kann CountVillains Verwirrung aber sehr gut nachvollziehen, ich rätsele auch jedes Mal, wer jetzt Fanny und Fred umgebracht hat. Bei Fanny kam ich stets zur Überlegung, dass es Borsche sein muss - eben wegen Kinskis Reaktion, als er sie auffindet. Bei Fred hab ich meine ich immer Kinski für den Täter gehalten, aber nach den Darlegungen hier bin ich nun einigermaßen überzeugt, dass das auch Borsche ist. Ob dieser "Erkenntnis" müsste ich den Film eigentlich gleich nochmal gucken - oder ich watre infach wieder ein paar Jahre und kann dann wieder aufs Neue "miträtseln".
Auch nach der diesmaligen Sichtung würde ich "Die toten Augen von London" jedenfalls als bisher besten Wallace-Film einschätzen, ob es auch der insgesamt beste ist, möchte ich mir dann doch lieber nochmal offen halten, bis ich meine anderen Favoriten, u.a. einen bestimmten aus der z.T. "verschrienen" dritten Phase - über die Phaseneinteilung sollten wir am Ende auch nochmal geballt diskutieren, vielleicht gibt es da auch mal wieder neue Erkenntnissse/Einschätzungen - wieder gesichtet habe.
Wie schon geschrieben wurde, bringt Vohrer einige Stil-Merkmale ein, die seine Wallace-Filme und die Reihe an sich zukünftig beeinflussen würden. Da wäre einerseits die erste "klassische" Eröffnungssequenz, die weithin ohne Worte auskommt, bevor das erste Opfer "ins Gras beißen" muss. Das wurde zukünftig zur Masche, um die "Mordlust" des Publikums erstmal bis nach den Credits zu befriedigen und gleich mit Tempo loszulegen. Ferner finden sich "imposible shots" (Einstellung aus dem Mund heraus) sowie die Verquickung von klassischer Musik mit parallel ablaufenden Gewalttätigkeiten. Alles Elemente, die den Film und die Reihe formal ungemein aufwerten und ihm/ihr einen gewissen eigenen Stil verliehen haben. Anders als im "Bogenschützen", wo man im zweiten Drittel einen kleinen Hänger frstmachen konnte, gelingt es Vohrer, ohne Schwächeperiode das Geschehen auf hohem Niveau ablaufen zu lassen. Dabei wird er freilich von einer überdurchschnittlich guten Story und dem sehr guten Cast tatkräftig unterstützt. Fuchsberger agiert mit einer beeindruckenden Selbstverstänlichkeit, ohne dabei allzu routiniert zu erscheinen. Die Chemie mit Arent stimmt und nicht nur Fuchsberger fragte sich später, warum man das Duo in dieser Form nicht öfter agieren ließ. Karin Baal gibt einen anderen, aber durchaus reizvollen Frauentyp und hätte insbesondere in der SW-Ära gerne häufiger auftreten dürfen. Harry Wüstenhagen spielt ganz vortrefflich, sein "Flimmer-Fred" gehört seit langem zu meinen Lieblings(neben-)figuren innerhalb der Wallace-Reihe. Szenen wie jene, in der er mit der Bemerkung "Achtung heiß, sehr heiß" das Messer zückt und kurz darauf durch Fuchsberger die "Abkühlung" erhält, zählen ebenso zu den Höhepunkten wie die Ermordung von Edgar Strauss. (Wenn man nun davon ausgeht, dass er niemanden umgebracht hat, bekommt sein finaler Ausspruch natürlich einen anderen Sinn und man kann sich fragen, was das nun genau bedeutet, da er zumindest on screen für Judd nicht allzu viel gemacht, sondern ihn vor allem erpresst hat). Eben jener Ausspruch "Ich hab doch nur das getan, was man mir aufgetragen hat. Aber ich weiß doch von nichts" lässt natürlich in der Retrospektive viel Interpretationsspielraum im Hinblick auf die damals noch jüngere deutsche Vergangenheit zu. Ob er derart bedeutungsschwanger gemeint war, erscheint aber eher zweifelhaft. Wolfgang Lukschy und Dieter Borsche sind zwei hervorragende Bösewichter, Lukschy gibt den Biedermann erstklassig und Borsche meistert die schwere Doppelrolle mit Bravour. Obschon sich beide für weitere Aufgaben empfehlen, sollte lediglich Borsche und auch nur einmal wieder innerhalb der Rialto-Reihe verpflichet werden - unverständlich. Lukschy war zudem an den Dialogen beteiligt, weswegen es sicher auch sein Verdienst ist, dass der Humor des Films vor allem über Dialogwitz und weniger über Slapstick-Einlagen kreiert wird. Kleine Schwächen im Cast stellen lediglich der schwunglose Franz Schafheitlin (zum Glück nur einmalig als Sir John dabei) und der uncharismatische Fritz Schröder-Jahn in der Rolle des Chefinspektors, dessen Part im Grunde völlig überflüssig ist, dar. Wenn hier schon über die z.T. arg kitschigen Schlussszenen in den Reinl-Wallace-Filmen gesprochen wurde, erscheint mir angebracht, anzumerken, dass auch die hiesige Schlusspointe mit dem Blechschild nicht wirklich zündet. Den Film hätte man sicher auch besser enden lassen können. Und dass Arents Harvey einerseits so schlechte Nerven hat, dass er permanent stricken muss, andererseits aber einer der besten Schützen Britanniens ist und auch in "nervenaufreibenden" Situationen wie dem Finale zielsicher schießt, wäre auch noch so eine kleine Ungereimtheit, die man anbringen kann.
Summa summarum aber definitiv ein Highlight der Wallace-Reihe und des deutschen Kinos überhaupt, für das ich gerne die Höchstwertung von 5 Punkten vergebe.
Gubanov
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21.12.2018 20:22
#118 RE: Wallace der Woche (06): Die toten Augen von London (1961)
Zitat von Ray im Beitrag #27Eben jener Ausspruch "Ich hab doch nur das getan, was man mir aufgetragen hat. Aber ich weiß doch von nichts" lässt natürlich in der Retrospektive viel Interpretationsspielraum im Hinblick auf die damals noch jüngere deutsche Vergangenheit zu. Ob er derart bedeutungsschwanger gemeint war, erscheint aber eher zweifelhaft.
Das sehe ich genauso. Die Überinterpretation dieses Satzes ist ja mittlerweile recht salonfähig, aber ich kann mir nicht vorstellen, dass man ihn damals mit diesen Hintergedanken ins Drehbuch geschrieben hat. Er wäre auch insofern einigermaßen sinnlos gewesen, als der Film in England spielt (Edgar Strauss trägt zwar einen deutsch klingenden Namen, aber zu seiner Herkunft äußert sich der Film ja überhaupt nicht).
Zitat von Ray im Beitrag #27Kleine Schwächen im Cast stellen lediglich der schwunglose Franz Schafheitlin (zum Glück nur einmalig als Sir John dabei) und der uncharismatische Fritz Schröder-Jahn in der Rolle des Chefinspektors, dessen Part im Grunde völlig überflüssig ist, dar.
Interessante Einschätzung. Schafheitlin schätze ich in der Rolle des Sir John sehr und da er keinen aufdringlichen Humor präsentiert, sondern nur den feinen Scherz mit Larry und Nora aus dem Buch übernimmt, passt er für meine Begriffe ungleich besser in die Verfilmung als ein alberner Schürenberg oder ein "kalter Fisch" wie Fürbringer. Wenn wir von blassen Sir Johns sprechen, sollten wir uns lieber auf Hans Zesch-Ballot stürzen. Bei Fritz Schröder-Jahn muss ich dir allerdings recht geben. Mir hat sich nie erschlossen, warum man für Sir John und den Chefinspektor zwei Figuren braucht; Schröder-Jahns Rolle hätte problemlos von Schafheitlin mit übernommen werden können. Aber gut, das Vorgesetzten-Doppel gibt dem Yard-Apparat zumindest etwas realistische personelle Breite.
@Gubanov Geht mir genauso. Und nicht nur in internationalen Blockbustern taucht diese Kombination von klassischer Musik mit Mord, Totschlag und Gewalt wieder auf, sondern auch in der Wallace-Reihe in anderen Alfred-Vohrer-Filmen. Ganz prominent natürlich im "indischen Tuch" mit Tschaikowskis 1. Klavierkonzert. Aber auch in "Die Tür mit den 7 Schlössern" (die Vorliebe der bitterbösen Emily Cody für Bach) und in "Der Zinker" (Nancy Mulfords Dirigenten-Ambitionen).
Das stimmt. Es sind alles Alfred-Vohrer-Filme. Ob der für klassische Musik ein besonderes Faible hatte ? Besonders gelungen finde ich da noch die Szene bei der "Tür", als Bertram Cody seine geliebt-gefürchtete Emily versehentlich erschossen hat und da das Bach-Thema (Toccatta und Fuge ?) erklingt.
Diese "Ausrede" ergibt keinen Sinn, schließlich hielt sich Flimmer-Fred nicht zum ersten Mal im Bürohaus der Greenwich-Versicherung auf. Er erpresste Judd ja immer wieder und sollte deshalb zumindest wissen, wie er dessen Büro erreichen konnte. Dennoch sehe ich einen möglichen Filmfehler in dieser Szene ebenfalls als herbeigeredet an.[/quote]
Hm. Sicher ist die Sache nicht augenfällig. Ein "Zerpflücken" dieser Szene mit dem Fahrstuhlschacht bringt trotzdem einige Ungereimtheiten zutage. Da kaum davon auszugehen ist, dass Flimmer-Fred hochwärts die Treppe genommen hat, hätte er unten sehen müssen, dass der linke Fahrstuhl kaputt ist. Eigentlich hätte er sich das die kurze Zeit merken müssen, aber gut, er war mit seinen Gedanken anders beschäftigt. Wenig verständlich ist, warum die Fahrstuhltür zur Sicherheit von der Hausverwaltung nicht abgeschlossen wurde. Aber gut, es war eben nicht die heutige Zeit, wo alles dreimal idiotensicher gemacht werden muss. Dann sieht man, wie der Unbekannte im Regenmantel das Schild mit der Warnung entfernt, und die Tür leicht öffnet. So weit, so gut, aber warum ist der Raum hinter der Verglasung eigentlich so hell erleuchtet ? Wenn es ein leerer Fahrstuhlschacht mit einer kaputten Kabine ist, sollte es doch stockdunkel sein und keine Starbeleuchtung. Als Fred dann auch hilflos im Schacht baumelt, ist es auch gar nicht mehr so hell drinnen. Warum fehlt überhaupt der Boden in der Kabine, warum wurde sie nicht ganz nach unten gefahren? Und wer hat den falschen Boden in die Kabine gespannt ? Bestimmt nicht die Reparaturfirma oder Hausverwaltung. Waren es die bösen Brüder, die den Mord an Flimmer-Fred schon länger so vorbereitet hatten, dann das Schild wieder an die Tür hängten, damit niemand in der Zwischenzeit die präparierte Todesfalle benutzte, und dann wurde es wieder bei Flimmer-Freds Eintreffen entfernt. Allerdings sollte es nicht ungefährlich und recht akrobatisch sein, die Fußbodenattrappe über der gähnenden Tiefe zu befestigen. Sicher ist das alles nicht total unwahrscheinlich, aber trotz allem in der Kürze der Zeit schon recht komplex. Aber ist halt ein Film, auch hier kommt es nur auf den Effekt an.
Zitat von Dr. Oberzohn im Beitrag #29Besonders gelungen finde ich da noch die Szene bei der "Tür", als Bertram Cody seine geliebt-gefürchtete Emily versehentlich erschossen hat und da das Bach-Thema (Toccatta und Fuge ?) erklingt.
Und dann kommt auch noch von hinten der Giacco! Auch für mich eine der besten, prägnantesten und gruseligsten Szenen der Reihe!
Zitat Und wer hat den falschen Boden in die Kabine gespannt ?
Beim Gorilla hat man darauf dann ja auch verzichtet. Ich würde ja lachen, wenn der Gorilla am Ende logischer ist als die Augen.