ich möchte alle Christie- und Krimi-Fans darauf aufmerksam machen, dass am kommenden Samstag der MDR ab 22.50 Uhr die Zehn-kleine-Negerlein-Variante "Geheimnis im blauen Schloss" ausstrahlt. Unter der Regie des Miss-Marples-Regisseurs George Pollock spielen u.a. Mario Adorf, Hugh O'Brian, Marianne Hoppe, Shirley Eaton, Dennis Price, Daliah Lavi, Leo Genn und Wilfrid Hyde-White in der Rolle des Richters sowie Christopher Lees Stimme für 'Mr. Owen'.
Das wird am Samstag eine schwierige Entscheidung: "Geheimnis im blauen Schloss", "James Bond: Moonraker" in der ARD, den Edgar-Wallace-TV-Film oder Samstagabend ausgehen statt vor der Glotze zu sitzen ...
Nun, nachdem ich diesen Film nach fast 30 Jahren wieder sehen konnte, war ich immer noch angenehm überrascht. Das Format stimmte zwar nicht, aber dennoch war die Bildqualität ausgezeichnet.
Es war die erste von drei Zehn-kleine-Negerlein-Verfilmungen des Produzenten Harry Alan Towers. 1974 entstand EIN UNBEKANNTER RECHNET AB, der im Großen und Ganzen die gleichen Dialoge hatte. 1989 entstand dann seine dritte Verfilmung unter dem Titel TOD AUF SAFARI. Zu der deutschen Synchro von GEHEIMNIS IM BLAUEN SCHLOSS ist zu sagen, dass zwar Leo Genn (General) mitspielt, aber seine deutsche Stimme des Inspektor Elliott aus dem "silbernen Dreieck" hat Dennis Price als Dr. Armstrong.
Rundherum war es ein amüsantes mitternächtliches Krimi-Vergnügen.
Ich fand den Film auch ganz gelungen. Meiner Meinung nach die beste der drei von Joachim erwähnten Towers-Verfilmungen. Die 70er-Jahre-Ausgabe ist auch noch ganz in Ordnung, aber "Tod auf Safari" ist nicht unbedingt der Brüller. Letzterer erschien meines Wissens auch nur auf Video (auf dem seligen Cannon-Label).
Was mir bei der Gelegenheit aufgefallen ist: Zumindest laut der IMDb war "Geheimnis im blauen Schloss" George Pollocks letzter Film. Ist bekannt, warum er nach diesem Film nicht weitergearbeitet hat?
Es gibt mehr als drei Verfilmungen des Romans. Ich liste hier einmal diejenigen auf, die in meiner Sammlung sind. Ich bin ziemlich sicher, dass diese Liste vollständig ist, wenn wir uns auf amerikanische / englische und deutsche Produktionen beschränken:
1945, verfilmt von Rene Clair mit Barry Fitzgerald und Walter Huston. Es ist der wirkliche Klassiker, den jeder Christie-Fan kennt und als die beste Verfilmung einstuft. Ihn habe ich auf Deutsch und Englisch. Das ist ein Muss!
1949 mit Bruce Belfrage und John Stuart. Diese Fassung kenne ich nicht.
1959, ein Fernsehspiel fürs amerikanische Fernsehen, 60 Minuten. Diese Version taucht in keinem mir bekannten Buch auf! Qualität sehr schlecht in Bild und Ton. Nur für ernsthafte Agatha-Christie-Fans. Jedoch ultrarares Material!
1965 mit Wilfrid Hyde-White, Mario Adorf, Marianne Hoppe. Diese Version gefällt mir ausgesprochen gut. Habe ich in beiden Sprachen.
1974 mit Richard Attenborough, Gert Fröbe, Charles Aznavour. Eine Farbverfilmung. Hier wurde der Ort der Handlung in die Wüste verlegt. Eine interessante Variante, aber nicht so gut wie die anderen. Habe ich in beiden Sprachen. Sehenswert wegen Fröbe und Attenborough. Nicht die beste aller Verfilmungen!
1989 mit Donald Pleasance, Herbert Lom. Ebenfalls ein Farbfilm. In Deutschland unter "Tödliche Safari" veröffentlicht. Finde ich als den schwächsten der Reihe. Habe ich auch in beiden Sprachen. Sehenswert für Fans, muss aber nicht sein! Vielleicht wenn man alles durchhat!
Und schließlich noch eine sehr alte s/w-Produktion des ZDF. Herstellungsjahr ist mir nicht bekannt. Darsteller u.a. Günther Neutze und Ralf Boysen. Qualität mäßig, aber eben eine frühe deutsche Produktion. Schätzungsweise Mitte bis Ende der 60er Jahre.
Bei der Gelegenheit möchte ich hier mal nachfragen, ob jemandem hier die russische (sowjetische) Verfilmung des Romans aus dem Jahr 1987 etwas sagt. Ich meine, diesen Film mal im Kino (DDR) gesehen zu haben, kann mich aber nur dunkel daran erinnern. Es soll aber eine sehr genaue Beachtung der Vorlage (Ende) sein!
"Geheimnis im blauen Schloss" finde ich leider sehr schwach.
Die Pluspunkte des Films bestehen für mich aus der Titelmusik von Malcolm Lockyer, die sich sehr flott anhört, und einigen Darstellern: Mario Adorf, Marianne Hoppe und Daliah Lavi überzeugen in ihren Rollen vollends und sind wirklich gut. Der sympathische Leo Genn kam leider zu kurz.
Dennoch ist dieser Film von George Pollock mit seinen Miss-Marple-Filmen in keinster Weise zu vergleichen. Zu sehr fehlt hier die Atmosphäre und der letzte Pfiff. Gerade auch die Schlossaufnahmen und Umgebung hätten besser zur Geltung kommen können. Es ist auch vieles, was die einzelnen Szenen betrifft, zu vorhersehbar und führt nur zu Langatmigkeit. Spannung und ein angenehmes, mysteriöses Krimi-Gefühl kam bei mir nicht auf.
Hugh O'Brian agiert mir zu hölzern und wirkt mehr als blass. Shirley Eaton (Goldfinger) ist nur hübsches Beiwerk für den Film.
Wenn man hier nicht zuviel erwartet, wird man auch nicht enttäuscht. Es gibt ganz eindeutig bessere Verfilmungen bezüglich Agatha Christie.
Man muss dem Film zugestehen, dass er mit einem Augenzwinkern inszeniert wurde. Er gibt nicht die Version der Originalvorlage von Agatha Christie wieder, sondern das abgeänderte Theaterstück, in dem nicht alle Besucher sterben müssen. Ich erkenne viel schwarzen Humor und Ironie in der englischen Verfilmung und deshalb sehe ich sie in der Tradition der bereits erwähnten Miss-Marple-Filme des gleichen Regisseurs.