Mord ist ihr Hobby: Der Mord an Sherlock Holmes (The Murder of Sherlock Holmes)
Episode 1 der TV-Kriminalserie, USA 1984. Regie: Corey Allen. Drehbuch: Peter S. Fischer (Story: Richard Levinson, William Link, Peter S. Fischer). Mit: Angela Lansbury als Jessica Fletcher sowie Eddie Berth, Jessica Browne, Bert Convy, Herb Edelman, Anne Francis, Michael Horton, Tricia O’Neil, Dennis Patrick, Raymond St. Jacques, Ned Beatty, Arthur Hill, Brian Keith u.a. Erstsendung (USA): 30. September 1984. Erstsendung (BRD, RTL): 6. September 1990.
Zitat von Mord ist ihr Hobby: Der Mord an Sherlock HolmesJessica Fletcher hätte nicht gedacht, dass sie so schnell und für so lang aus dem beschaulichen Cabot Cove herauskommt: Ihr Neffe Grady hat das Manuskript ihres ersten Krimis bei einem Verleger in New York unterbringen können, den Jessica nun besuchen soll. Während „Die Leiche tanzt um Mitternacht“ zum Bestseller wird, ist die findige Autorin auf einer Kostümfeier eingeladen. Am nächsten Morgen findet man den vermissten Sherlock Holmes erschossen im Pool der Villa ...
Unübersehbar war das Konzept der Serie „Mord ist ihr Hobby“ darauf ausgerichtet, amerikanische Zuschauer aus dem Segment der Agatha-Christie-Liebhaber abzufischen. Die „Queen of Crime“ war damals noch keine zehn Jahre tot und Kinoproduktionen wie „Mord im Spiegel“ oder „Das Böse unter der Sonne“ noch recht frisch. In Amerika ermittelten allerdings in erster Linie Detektive, die fest in der harten Realität verankert oder wenigstens bei der Polizei angestellt waren. Die Lücke im Spektrum der Krimiserien bestand beim Gemütlichkeitsfaktor, den Richard Levinson, William Link und Peter S. Fischer – die Gründungsväter und Beteiligten von „Columbo“ – bis aufs Äußerste auszukosten wussten. Eine in den für US-Verhältnisse ohnehin als eher altmodisch angesehenen Neuenglandstaaten lebende Lehrerin, die in ihrer Freizeit Krimis schreibt und sich so freundlich-betulich-konservativ verhält, wie es nur irgend möglich ist, bot nicht nur die perfekte Möglichkeit, Mord und Totschlag in die Umgebung von Tee, Kaffee und Kuchen zu rücken. Sie eröffnete auch eindeutige Parallelen mit der beliebten Figur der Miss Marple, die hier auf eine beinahe originalgetreue, aber irgendwie auch typisch amerikanische Weise zum Leben erweckt wurde.
Ihr erster Fall führt Jessica Fletcher aus ihrem beschaulichen Heimatort heraus in die Großstadt New York. Ähnlich wie Jane Marple steht sie dort auf ungewohntem Parkett, sieht sich mit vielen groben und abgestumpften Leuten konfrontiert, die in ihre in der dörflichen Idylle gesammelten Erfahrungen nicht hineinpassen. Da aber Jessica über ein ganz anderes Temperament verfügt als ihr Christie’sches Gegenstück, veranlassen solche Begegnungen die resolute Lehrerin mehrfach dazu, wieder zurück nach Hause aufbrechen zu wollen, was zu einem wiederholten running gag führt: Immer wenn sie am Bahnhof den Zug besteigen will (allein das schon eine herrlich anachronistische Wahl des Fortbewegungsmittels im „schienophoben“ Amerika!), passiert etwas Unvorhergesehenes, was ihre Anwesenheit in der Stadt verlängert und den Fall, der als Auftakt ausnahmsweise in Spielfilmlänge gehalten wurde, in mehrere Kapitel unterteilt.
Die Einführung der Hauptdarstellerin gelingt grandios, indem der gesamten Episode ein besonders leichtherziger Ton verliehen wurde, den die Angelsachsen als „tongue-in-cheek“ umschreiben würden. Die immer gut gelaunte Angela Lansbury ist von Anfang an der große Aktivposten der Reihe, um den alle Fälle aufgebaut sind und ohne den „Mord ist ihr Hobby“ kläglich verpuffen würde. Das hat allerdings auch zur Folge, dass sich beim titelgebenden „Mord an Sherlock Holmes“ noch etwas zu sehr auf die privaten und familiären Vorfälle der Fletcher konzentriert wird und der Krimi eher als Nebenprodukt abfällt. Die komplexe Handlung läuft deshalb und wegen der Kostümierung der Verdächtigen stellenweise Gefahr, unübersichtlich zu werden.
Indem man „Sherlock Holmes“ gleich im Pilotfilm für gestorben erklärte, brachte Angela Lansbury Jessica Fletcher und mit ihr eine an Miss Marple orientierte Art der „Mord macht Spaß“-Ermittlungen zu neuen Ehren. Ungewöhnlich für die Reihe sind Jessicas kleine Liebelei und der großstädtische Schauplatz, allerdings ergeben diese Dinge bei Betrachtung des vollständigen Bildes durchaus einen Sinn. 4 von 5 Punkten.
Mord ist ihr Hobby: Jessica und die Damen vom Boot (Deadly Lady)
Episode 2 der TV-Kriminalserie, USA 1984. Regie: Corey Allen. Drehbuch: Peter S. Fischer. Mit: Angela Lansbury als Jessica Fletcher sowie Claude Akins, Tom Bosley, Doran Clark, Howard Duff, Marilyn Hassett, Richard Hatch, Anne Lockhart, Dack Rambo, Cassie Yates u.a. Erstsendung (USA): 7. Oktober 1984. Erstsendung (BRD, RTL): 7. September 1990.
Zitat von Mord ist ihr Hobby: Jessica und die Damen vom BootEin Sturm treibt übers Meer vor Cabot Cove. Auf dem Wasser gerät eine kleine Jacht in Seenot. Ihr Kapitän, der Kosmetikunternehmer Earl, wird von einer Welle über Bord gespült. Seine ebenfalls auf dem Schiff befindlichen Töchter können ein Erbe in Höhe von 100 Millionen Dollar erwarten. Wenn nicht eine von ihnen ein wenig nachgeholfen hat ... Die Dinge wenden sich, als Jessica herausfindet, dass Stephen Earl gar nicht tot ist!
In „Jessica und die Damen vom Boot“ kommen die klassischen Krimimotive besonders gut zur Geltung. Gern flüchtet man sich in eine märchenhafte Welt, in der ein Unwetter die Stromleitungen lahmlegt, auf einer Jacht ein vermeintlicher Mord geschieht und die Rede von einem großen Erbe und fragwürdigen Familienverhältnissen ist. Als hätte Peter S. Fischer seinen Plot geradewegs aus einem „penny dreadful“ abgeschrieben, gelangt Cabot Cove in dieser anheimelnden Schauergeschichte zu seinem ersten großen Auftritt. Jessicas Haus mit der viktorianischen Holzfassade und einem mit Rosen bestückten Vorgarten, ein Hafen, Kornfelder, ein Polizeirevier, das mit seinen Balken und großen Fenstern bei Weitem nicht so ungemütlich wie vergleichbare Büros in nüchternen Metropolen aussieht – den Ort in Maine im äußersten Nordosten der USA muss man einfach gernhaben.
Auch wenn einem erst einmal ganz schön der Kopf raucht, wenn einem in einem Schwung alle Töchter des Fabrikanten Earl und ihre teilweise nicht ganz koscheren Männerbekanntschaften vorgestellt werden, so gelingt es der Folge im weiteren Verlauf doch recht gut, den verdächtigen „Damen vom Boot“ (wohl eine Anspielung auf die Berliner Erfolgsserie „Die drei Damen vom Grill“, obwohl einige der Seglerinnen nicht auch nur annähernd so bodenständig sind) individuelle Charaktere aufzuprägen. Dies ist auch nötig, damit die Auflösung nicht einfach beliebig, sondern tatsächlich nachvollziehbar erscheint.
Das Feuerwerk an Überraschungen, das Jessica Fletcher mit ihren Erkenntnissen über den Mord an Stephen Earl abfeuert, ist verblüffend und könnte von der Anzahl der Wendungen her auch gut einer Durbridge-Geschichte entstammen. Der herausgezögerte Tod findet jeweils überzeugende Erklärungen, allerdings geht in den Kombinationen letztlich unter, warum Earl ausgerechnet bei der Detektivin Unterschlupf suchte.
Frauenpower trifft auf freudige Überraschungen. Der Mordfall Earl bietet einen würdigen Einstand für das Küstendorf Cabot Cove und überzeugt mit althergebrachter Whodunit-Romantik. 4,5 von 5 Punkten.
Mord ist ihr Hobby: Doppeltes Spiel (Birds of a Feather)
Episode 3 der TV-Kriminalserie, USA 1984. Regie: John Llewellyn Moxey. Drehbuch: Robert E. Swanson. Mit: Angela Lansbury als Jessica Fletcher sowie Bart Braverman, Jeff Conaway, Genie Francis, Richard Gautier, Harry Guardino, Gabe Kaplan, Martin Landau, Carol Lawrence, Barbara Rhoades u.a. Erstsendung (USA): 14. Oktober 1984. Erstsendung (BRD, ARD): 26. April 1988.
Zitat von Mord ist ihr Hobby: Doppeltes SpielJessica fliegt auf Einladung ihrer Nichte nach San Francisco, wo sie deren undurchsichtigen Verlobten Howard unter die Lupe nehmen soll. Der treibt sich nächtens statt mit seiner Beinahe-Frau lieber in Nachtclubs herum und hat fremden Lippenstift an seinen Taschentüchern. Doch es kommt noch schlimmer: In der Nacht, in der Jessica sich in die Höhle des Löwen wagt, geschieht in dem Etablissement ein Mord. Wer hält die Mordwaffe in der Hand? Howard!
Mit Martin Landau trifft Angela Lansbury diesmal auf eine kleine Krimiikone. Der Schauspieler mit den markant herben Gesichtszügen, dessen Filmografie mehr als 550 Einträge aufweist, konnte sich zum Drehzeitpunkt bereits Erfahrungen von Alfred Hitchcocks „Der unsichtbare Dritte“ (1959) bis hin zur „Columbo“-Episode „Doppelter Schlag“ (1973) rühmen, während er und sein Mörder hier jeweils ein „doppeltes Spiel“ treiben. Das nahm sich Landau dann auch zu Herzen und kehrte noch ein zweites Mal auf Hitchcock’sche Pfade zurück, indem er in der Neuauflage von „Alfred Hitchcock Presents“ eine Rolle übernahm.
Der Zuschauer muss nicht nur recht bald auf Landaus Präsenz, sondern insgesamt auch auf Cabot Cove verzichten, wurde Jessica doch für diesen Fall extra nach San Francisco eingeflogen. Als Ersatz gibt es für die Heimatverbundene frisch aus Maine importierte Hummer zum Abendessen.
Auch wenn sich der Grundgedanke der Geschichte reizvoll darstellt, so merkt man doch bald, dass man nicht mehr als die übliche Story vom unschuldig Verdächtigten erwarten darf. Robert E. Swansons Charaktere sind zu grob klischeehaft gezeichnet, um lebendig zu werden. Dies gilt vor allem für die Nichte, deren Verhalten in seiner treudummen Art manchmal richtiggehend peinlich ist. Für unfreiwilligen Humor sorgt auch Howards geheimer Job als Dragqueen, wobei die Verkleidung in den Szenen auf dem Polizeirevier übermäßig lang strapaziert wird und dadurch vom Wesentlichen ablenkt. Mehr hätte man auch aus dem Subplot des im Mordzimmer anwesenden Vogels herausholen können – gerade bei „Mord ist ihr Hobby“ wäre ein sprechendes Tier nicht fehl am Platze und eine einmal anders geartete Bedrohung für den Täter gewesen. An Humor mangelt es insgesamt trotzdem nicht, an liebenswerten Figuren und kriminalistischem Feingefühl aber schon ein wenig ...
Der Ausflug nach San Francisco hält leider nicht mit dem nach New York mit. Immerhin verleiht „Doppeltes Spiel“ bereits eine vage Ahnung darüber, wie weit verzweigt Jessicas familiäre Bande sind und dass sie auch über diese immer wieder in Mordfälle hereingezogen wird. 3 von 5 Punkten.
Mord ist ihr Hobby: Im falschen Film (Hooray for Homicide)
Episode 4 der TV-Kriminalserie, USA 1984. Regie: Richard A. Colla. Drehbuch: Robert van Scoyk. Mit: Angela Lansbury als Jessica Fletcher sowie Claude Akins, Melissa Sue Anderson, John Astin, Samantha Eggar, James MacArthur, Virginia Mayo, Ron Palillo, José Pérez, John Saxon, Morgan Stevens, Lyle Waggoner u.a. Erstsendung (USA): 28. Oktober 1984. Erstsendung (BRD, ARD): 19. April 1988.
Zitat von Mord ist ihr Hobby: Im falschen FilmJessica ist erbost: Ohne ihr Wissen entsteht in einem Filmstudio in Los Angeles gerade eine Verfilmung ihres ersten Romans. Das allein wäre gar nicht schlimm, aber die Produzenten haben es offenbar darauf angelegt, aus dem Krimi ein reißerisches Sexfilmchen zu machen. Dafür möchte die Autorin ihren Namen nicht hergeben! Sie fliegt nach Hollywood und als der Macher des Films ins Gras beißt, werden ihre Beschwerden als Drohungen ausgelegt. Jessica steigt damit zur Hauptverdächtigen auf ...
Die gesamte Folge ist als Fingerzeig in Richtung Agatha Christie gestaltet: Die „Queen of Crime“ war bekannt dafür, sich prinzipiell gegen Verfilmungen ihrer Werke auszusprechen, weil sich Filmproduzenten nie Wort für Wort an die Vorlage hielten und wichtige Punkte veränderten, um einen Publikumserfolg zu sichern. Dies ging 1965 so weit, dass Agatha Christie Einspruch gegen die britische Verfilmung der „ABC Murders“ einlegte, weil darin eine Nacktszene mit Hercule Poirot vorkommen sollte. Ähnliches widerfährt nun Jessica Fletcher und sie reagiert ebenso aufbrausend wie ihr Vorbild aus England. Tatsächlich muss man bei den Gesprächen, die sie mit den Studioverantwortlichen in L.A. führt, auch an Christies Figur der Schriftstellerin Ariadne Oliver denken, die in dem 1952er-Roman „Mrs McGinty’s Dead“ in schwierige Verhandlungen über eine Theateradaption eines ihrer Sven-Hjerson-Bücher tritt.
Die Dreharbeiten führen den Zuschauer wieder einmal in die wohlbekannten Universal-Studios und bieten reichlich heitere Entspannungsmöglichkeiten. Vor allem die Überspitzung bei der Veränderung der Romanvorlage gegenüber Jessicas sicher sehr traditionellem Buch sorgen für Belustigung. So erklärt der Regisseur der Hauptdarstellerin eine Liebesszene auf dem Friedhof mit den Worten: „Er ist an diesem kalten, furchterregenden Ort mit dieser animalischen, warmen, willigen Frau ...“ Auch der Möchtegernanwalt, mit dem die Filmleute die Autorin abspeisen, trägt zu amüsanten Momenten bei, ohne übertrieben albern zu agieren.
Das Liebesdreieck, das in diesem Fall sogar ein Liebesviereck ist, lässt sich schnell enttarnen und gemeinsam mit den anderen Profiteuren wird eine attraktive Riege an Verdächtigen für den Mord an Jerry Lydecker zusammengestellt. Der Spannung ist zuträglich, dass Jessica unter Zugzwang steht, den Täter zu enttarnen, weil sonst ihr eigener Kopf in Gefahr ist. Als diejenige, die die Leiche findet, sieht sie sich jedenfalls entsprechenden Verdächtigungen ausgesetzt und hat Glück, auf einen Polizisten zu treffen, der ihre Amateur-Neugier versteht und unterstützt. Für die persönliche Akte sei vermerkt, dass man hier erfährt, wofür das B. im zweiten Vornamen der Hauptrolle steht: Unter dem Kürzel J.B. Fletcher publiziert Jessica Beatrice.
Universal-Produktionen spielen gern mit ihrer eigenen Entstehung, mit den Bedingungen in den Film- und Fernsehstudios, die zumeist als Schauplatz von Leidenschaft und Tragödien dargestellt werden. „Im falschen Film“ ist damit keine innovative Neuerfindung, aber ein furchtbar unterhaltsamer Fall für Angela Lansbury. 5 von 5 Punkten.
Mord ist ihr Hobby: Ein Hundeleben (It’s a Dog’s Life)
Episode 5 der TV-Kriminalserie, USA 1984. Regie: Seymour Robbie. Drehbuch: Mark Giles, Linda Shank. Mit: Angela Lansbury als Jessica Fletcher sowie Cathryn Damon, Dean Jones, Lenore Kasdorf, Jared Martin, Roger Miller, Dan O’Herlihy, Lynn Redgrave, Forrest Tucker, Gregory Walcott u.a. Erstsendung (USA): 4. November 1984. Erstsendung (BRD, ARD): 17. Mai 1988.
Zitat von Mord ist ihr Hobby: Ein HundelebenDie bucklige Verwandtschaft soll leer ausgehen, denkt sich der Familienpatriarch Denton Langley, der genau weiß, von welchem Wunsch seine lieben Mitmenschen beseelt sind. Sein einzig wahrer Freund erbt die Millionen: der Hund Teddy. Und das ziemlich rasch, denn auf einer Jagd stürzt Denton vom Pferd und ist mausetot. Der Haushalt gerät in Aufruhr, als das Ableben des Oberhauptes noch einen weiteren Todesfall nach sich zieht ...
Dem deutschen Gesetz nach dürfen nur Menschen als Erben eingesetzt werden, während die USA in dieser Hinsicht tatsächlich als „Land der unbegrenzten Möglichkeiten“ angesehen werden dürfen: Auch Hunde sind dort erbberechtigt – und so kommt der kleine Teddy in den Besitz eines stattlichen Vermögens. „Ein Hundeleben“ ist den gelackmeierten Verwandten danach nicht mehr viel wert: Schnell ertönen Rufe danach, das Tier aus diesem oder jenem Grund einschläfern zu lassen.
Die Episode beginnt mit einer altehrwürdigen Jagd, bei der sich selbst Jessica Fletcher aufs Pferd schwingt, auch wenn sie mit den Aufwärmgetränken nicht allzu viel anfangen kann. Leider merkt man auch gleich beim Aufwärmen, dass die Hinterbliebenen tatsächlich zu Recht enterbt werden – einige von ihnen zeichnen sich nicht nur durch Habgier, sondern durch ausgesprochene Dummheit aus. Aus diesem Grund verspielt „Ein Hundeleben“ leider von Anfang an einiges von seiner herrschaftlichen Atmosphäre auf dem Landsitz, der aufgrund der Herkunft von Jessicas Cousine, der Hausangestellten Abby, zwar einige britische Züge trägt, letztlich aber doch nicht mehr als eine typische Südstaatenranch ist, wie man sie auch in „Dallas“ zu sehen bekam.
Dafür wartet der Fall mit einem der skurrilsten Morde überhaupt auf. Damit ist noch nicht einmal das gedopte Pferd gemeint, das seinen Reiter in einem Anfall von Panik in eine Senke abwirft, sondern ein elektronisches Eisentor, das – gesteuert von einem abgerichteten Hund – einer am Boden liegenden Frau beim Schließen die Luftröhre eindrückt. Auch wenn Tom Lazarus vielleicht dachte, mit dem Plot in der „Columbo“-Folge „Mord per Telefon“ einen besonders vertrackten Hundemord ausgetüftelt zu haben, so nahmen ihm Mark Giles und Linda Shank diese Auszeichnung mit den hier gezeigten Vorkommnissen eindeutig vor der Nase weg.
Ein tierisch ausgeklügelter Mord auf einer amerikanischen Ranch hätte zu einem Höhepunkt aus Jessicas Fallakten werden können, allerdings stellen die etwas kruden Charaktere dem vollständigen Gelingen leider ein Bein. Die spannende Nachtszene und die Aufklärung, in der J.B. Fletcher vor Gericht beinahe die Rolle des Staatsanwalts ersetzt, stellen trotzdem überaus zufrieden. 4 von 5 Punkten.
Mord ist ihr Hobby: Der Studienfreund (Lovers and Other Killers)
Episode 6 der TV-Kriminalserie, USA 1984. Regie: Allen Reisner. Drehbuch: Peter S. Fischer. Mit: Angela Lansbury als Jessica Fletcher sowie Grant Goodeve, Peter Graves, Greg Morris, Lois Nettleton, Andrew Prine, Andrew Stevens u.a. Erstsendung (USA): 18. November 1984. Erstsendung (BRD, ARD): 10. Mai 1988.
Zitat von Mord ist ihr Hobby: Der StudienfreundDr. Edmund Gerard hat Jessica nach Seattle geholt, um sie an der Universität Vorlesungen in Kriminologie halten zu lassen. Was als theoretisches Seminar angedacht ist, entwickelt sich bald in eine zu praktische Richtung, als eine junge Frau in Jessicas Gegenwart getötet wird. Unter Verdacht gerät ihre Schreibhilfe, der windige Student David, dessen letzte Bekanntschaft ebenfalls bereits das Zeitliche segnen musste. Wem kann die frisch gebackene Dozentin noch trauen?
Es ist schon beeindruckend, an wie vielen unterschiedlichen Schauplätzen „Mord ist ihr Hobby“ Station macht. Diesmal erfreut Seattle mit Aufnahmen von einem grünen Campus und einer Restaurantterrasse mit bestem Ausblick auf die Space Needle. Zwar beginnt Cabot Cove, mir schon jetzt zu fehlen – ein paar heimatliche Ermittlungen wären wieder einmal an der Zeit –, aber manche Fälle lassen sich eben besser erzählen, wenn Jessica auf Reisen quer durch das Land geschickt wird.
Mit penetrantem Selbstbewusstsein nistet sich der egozentrische Student David Tolliver in ihrem Hotelzimmer ein, um ihr als Schreibkraft unter die Arme zu greifen. Sein tatsächliches Ansinnen ist schnell erkannt: In guter alter Heiratsschwindler-Manier versucht er, sich an die aufgeweckte Autorin heranzumachen, die aber nicht so naiv wie sein letztes Opfer ist und den schmierigen Schönling abblitzen lässt. Der wird übrigens von Andrew Stevens verkörpert, dessen Mörderrolle in „Columbo: Niemand stirbt zweimal“ (1990) sehr ähnlich angelegt war, aber an einer hoffnungslos verrannten Geschichte scheiterte. Ein wenig begibt sich auch „Der Studienfreund“ auf Irrwege. Während der Opener mit dem Einbruch, der sich zu Mord ausweitet, atmosphärisch dicht gefilmt ist, verliert die Folge danach an Spannung, auch wenn verschiedene Szenen im Dunkeln (der Leichenfund im Lagerhaus und Jessicas Stunt als Treppensturzopfer) das Interesse wachhalten sollen.
Für Fletcher ist es als ehemalige Lehrerin, die dank des Erfolges ihrer bislang sechs Bücher ihren alten Job an den Nagel hing, ein logischer Schritt, die Erfahrungen auf dem Gebiet der Kriminalistik nun an der Universität weiterzugeben. Interessanterweise beleuchtet sie Morde dabei in ihrer Vorlesung nicht von der Seite der Ermittler, sondern lässt ihre Studenten sich kess in die Rolle des Mörders hineinversetzen. Die Idee, Angela Lansbury dozieren zu lassen, wurde später im Rahmen der Serie noch mehrfach aufgegriffen, wenn sie z.B. in New York oder gar in Japan Vortragsreihen hält.
Das etwas ausgefallene, düsterere Konzept geht für „Mord ist ihr Hobby“ nur bedingt auf, will man Jessica zwar durchaus selbst betroffen, aber am Ende von Zweifeln und Gefahren befreit sehen. Allen Reisner hätte die Folge auch kompakter inszenieren können. 3,5 von 5 Punkten.
Mord ist ihr Hobby: Ohne jede Chance (Hit, Run and Homicide)
Episode 7 der TV-Kriminalserie, USA 1984. Regie: Alan Cooke. Drehbuch: Gerald K. Siegel. Mit: Angela Lansbury als Jessica Fletcher sowie Claude Akins, Edward Albert, June Allyson, Tom Bosley, Patti D’Arbanville, Van Johnson, Stuart Whitman u.a. Erstsendung (USA): 25. November 1984. Erstsendung (BRD, ARD): 12. April 1988.
Zitat von Mord ist ihr Hobby: Ohne jede ChanceWer steckt hinter den Anschlägen, die Cabot Cove kurz nach dem Gründervätertag erschüttern? Zwei Geschäftsmänner aus Boston fallen ihnen zum Opfer – einer wird verletzt, der andere stirbt. Beide wurden von einem mysteriösen Auto verfolgt, in dem, wie verschiedene Zeugen aussagen, kein Fahrer saß. Was der Sheriff für Zauberei hält, enttarnt Jessica als raffinierte Fernsteuerung. Dass sie daraufhin die Erfahrung, selbst in dem Mordauto zu sitzen, machen würde, hätte sie aber nicht gedacht ...
„Ohne jede Chance“, gewissermaßen eine Kultfolge in der „Mord ist ihr Hobby“-Historie, war die erste Episode, die die deutschen Zuschauer überhaupt aus dieser Reihe zu Gesicht bekamen. Die Serie, die seit 1984 in den USA erfolgreich lief, wurde in Deutschland zunächst von den Öffentlich-Rechtlichen ausgestrahlt. Die ARD hatte eine Synchronisation von 23 Folgen aus den ersten beiden Staffeln unter dem Titel „Immer, wenn sie Krimis schrieb“ in Auftrag gegeben, in der Angela Lansbury von Gisela Trowe gesprochen wurde. Erst 1990 begann dann RTL mit seinen Ausstrahlungen unter dem gewohnten Titel und mit der vertrauten Stimme Dagmar Altrichters, die auch die schon einmal eingedeutschten Folgen erneut einsprach (diese Neuvertonungen sind auch auf den Universal-DVDs enthalten).
Die Idee, einen Mord mit einem ferngesteuerten Auto zu begehen, klingt ebenso albern wie sie in „Ohne jede Chance“ letztlich auch aussieht. Dem Mörder bietet die komplizierte und fehleranfällige Strategie keine Vorteile bezüglich eines besonders leicht zu beschaffenden Alibis und verrät durch den Zugang zur Technik schnell einen engen Verdächtigkreis. Kehrt man diese Bedenken aber geflissentlich unter den Teppich, so genießt man die mit einem gewissen Trashfaktor ausgestatteten Verfolgungsszenen einschließlich Jessicas Abenteuerfahrt mit zwei lachenden Augen. Das Gleiche gilt für ein Hit-and-Run-Computerspiel, das in der Episode eine Rolle spielt und in dem die liebenswerte, aber technisch nicht besonders versierte Autorin zuerst einmal einen Fußgänger und einen Hirsch über den Haufen fährt ...
Der Wunsch, wieder einmal nach Cabot Cove zurückzukehren, wurde prompt erhört, was der „Chance“ unbestreitbare Bonuspunkte verleiht. Die Szenen am Hafen, im Vorgarten des Erfinders und an den Klippen sind wunderbar eingefangen worden und den wiederkehrenden Ermittlungshelfern Captain Cragg und Sheriff Tupper wurden dankenswerte Auftritte auf den Leib geschrieben.
Sieht man von der lächerlichen Mordmethode ab, die vielleicht als Fingerzeig an Serienkonkurrenten Michael Knight und K.I.T.T. gedacht war, so erhält man eine gelungene Episode mit charmanten Einfällen und spannenden Höhepunkten. 4 von 5 Punkten. Die ARD wählte den Serienauftakt weise, denn wer „Ohne jede Chance“ sieht, bekommt einen guten Eindruck davon, was „Mord ist ihr Hobby“ ausmacht.
Mord ist ihr Hobby: Ein nahezu perfekter Mord (We’re Off to Kill the Wizard)
Episode 8 der TV-Kriminalserie, USA 1984. Regie: Walter Grauman. Drehbuch: Peter S. Fischer (Story: Peter S. Fischer, Gerald K. Siegel). Mit: Angela Lansbury als Jessica Fletcher sowie Christine Belford, James Coco, Kim Darby, George DiCenzo, Gene Evans, Richard Sanders, John Schuck, James Stephens, Kristoffer Tabori u.a. Erstsendung (USA): 9. Dezember 1984. Erstsendung (BRD, ARD): 3. Mai 1988.
Zitat von Mord ist ihr Hobby: Ein nahezu perfekter MordHat sich Jessica einen mächtigen Feind angelacht? „The Horrible Horatio“, Besitzer eines schauerlichen Vergnügungsparks, will den Namen der Autorin für eine neue reißerische Attraktion aufkaufen, hat aber nicht mit Jessicas Widerstand gerechnet. Der sture Mann zeigt der Dame aus Maine, wie schnell er wütend werden kann. Deshalb glaubt Jessica auch nicht daran, dass er Selbstmord begangen hat, als seine Leiche in derselben Nacht in seinem verschlossenen Büro gefunden wird ...
Was für eine Folge – hier stimmt wirklich alles! Das attraktive Locked-Room-Mystery hält über die gesamte Spieldauer der Episode hinweg das Geschehen offen, während das ungewöhnliche Setting für eine beklommene, angenehm gruselige Stimmung sorgt. Die unterirdischen Büros des Magnaten Horatio Baldwin vermitteln den Eindruck einer Festung, die auf technisch modernem Stand mit allen Widerwärtigkeiten einer klassischen Raubritterburg ausgestattet ist. Hinzu kommt, dass James Coco sich so nachdrücklich in seine Rolle des abstoßenden Mr. Baldwin hineinversetzt, dass ihm ein Platz unter den besten Gastdarstellern der ersten Staffel sicher ist. Dabei wurde Coco dem Publikum durch seine Verkörperung der trottelig-selbstverliebten Poirot-Parodie Milo Perrier in Robert Moores „Eine Leiche zum Dessert“ (1978) bekannt – ein himmelweiter Unterschied, der für die schauspielerische Wandlungsfähigkeit Cocos spricht.
Ihrer geduldigen und mit einem Polizisten als Oberhaupt eng in den Fall verstrickten Gastfamilie gibt Jessica Fletcher gleich zu Beginn einen guten Rat auf den Weg, von dem man sofort weiß, dass er nur heiße Luft sein, weil von einem wichtigen Fall durchkreuzt werden wird: „Ein guter Gast“, sagt sie, „ist wie der Halley’sche Komet: selten erscheinen, sich darüber freuen und wegfliegen.“ Weniger freuen kann man sich über einige Flüchtigkeitsfehler, die in der massenweisen Übersetzung der „Mord ist ihr Hobby“-Folgen ins Deutsche hier und da auftauchen: In dieser Episode erzählt Jessica von einem Studenten, der mit dem Fuß aufstampfte, wenn etwas nicht nach seinem Willen ging. Natürlich muss damit nicht ein Universitätsstudent gemeint sein, wie die Übertragung impliziert, sondern ein Schüler aus ihrer ehemaligen Lehrertätigkeit in Cabot Cove. Das amerikanische Englisch verzichtet hierbei auf die klare Differenzierung des Britischen zwischen student und pupil. Den Vogel aber schießt eine Übersetzung aus „Ohne jede Chance“ ab, in der davon die Rede ist, dass einer der Charaktere „at Old Hansen’s place“ wohnt, woraus die Synchro kurzerhand den „Hansenplatz“ machte ...
In Horatios Horrorhaus trägt sich ein Mordfall zu, der notwendigerweise über einen winzigen Haken verfügen muss, um auflösbar zu bleiben. Die Episode kann aber nicht nur als nahezu perfekt, sondern als makellos betrachtet werden. Zwei bestens in Szene gesetzte Morde mit exzellentem Rätselfaktor, Geheimfach und verschlossenen Türen bringen 5 von 5 Punkten ein.
Mord ist ihr Hobby: Der Tod kommt zum Applaus (Death Takes a Curtain Call)
Episode 9 der TV-Kriminalserie, USA 1984. Regie: Allen Reisner. Drehbuch: Paul W. Cooper. Mit: Angela Lansbury als Jessica Fletcher sowie Claude Akins, Kerry Armstrong, Tom Bosley, Dane Clark, William Conrad, George De La Peña, Hurd Hatfield, James Carroll Jordan, Vicki Kriegler, Paul Rudd u.a. Erstsendung (USA): 16. Dezember 1984. Erstsendung (BRD, RTL): 14. September 1990.
Zitat von Mord ist ihr Hobby: Der Tod kommt zum ApplausDas berühmteste russische Ballett gastiert in den USA: Begleitet von einigen Demonstrationen wird in Boston ein Stück gegeben, das seine Spannung auch abseits der Bühne entfaltet. Am Ende der Vorstellung verschwinden die beiden Hauptdarsteller, um in den USA ein freies Leben zu verwirklichen – nicht ohne eine Leiche in ihrer Umkleide zurückzulassen. Der in die Aktivitäten der Geheimdienste verstrickten Jessica gegenüber beteuern die beiden ihre Unschuld ...
Es ist kaum verwunderlich, dass diese mit Versatzstücken einer Kalter-Krieg-Dialektik gewürzte Episode nicht ihren Weg in das Paket jener 23 Folgen fand, das die ARD für den Testballon „Immer, wenn sie Krimis schrieb“ zusammenstellte. Zu gewagt ist die Konfrontation amerikanischer und sowjetischer Geheimdienste und Weltanschauungen, die in dieser Episode unverblümt und von einem durch und durch amerikanisch-patriotischen Blickwinkel aus erzählt wird. Der Russe ist der Böse, vor dem geflohen werden muss, während das malerische Amerika mit seinem Ruf von Freiheit und Anglerträumen selbst auf einen KGB-Offizier eine magische Anziehungskraft ausübt. Dass es in „Der Tod kommt zum Applaus“ gerade die Sowjets sind, die Jessicas Telefon überwachen lassen, amüsiert vor dem Hintergrund aktueller Meldungen über die amerikanische NSA und ihre Abhöraffären.
Dem Russen Anatole Karzof verleiht William Conrad ein einprägsames Gesicht und eine unumstößliche Statur. Der bullige Schauspieler erinnert deshalb und aufgrund seiner ausgeprägten Exzentrik an seine Verkörperung des Meisterdetektives Nero Wolffe in der gleichnamigen TV-Serie von 1981, die leider nur schwer zugänglich ist, weil sie bisher noch nicht einmal in ihrem Herstellungsland eine offizielle DVD-Auswertung erfuhr.
„Der Tod kommt zum Applaus“ ist straff durchgeplant, denn die Geschichte hätte sicher auch mehr als die üblichen 45 Minuten einer Serienfolge füllen können. Freilich wären mit jeder weiteren Minute die Zweifel darüber angewachsen, ob Jessica nicht die weltweiten Fronten etwas arg unrealistisch gegeneinander ausspielt. Aber die Allmacht, die von dieser Frau auszugehen scheint, ist genau das, was zum Markenkern der Reihe wurde und Angela Lansbury zu einer beliebten Detektivin machte: Sie lag nicht falsch, sie handelte immer richtig und war immer gewitzter als ihre Gegner. So schreibt es eben das Konzept vor.
Die edlen Theateraufnahmen dominieren eine Episode, die im Zeichen größerer Verbrechen als üblich steht, denn Mord ist hier nur ein Aufhänger für wortwörtlich geführte „Zermürbungskämpfe“ zwischen Ost und West. „Mord ist ihr Hobby“ wäre aber nicht „Mord ist ihr Hobby“, wenn nicht selbst dabei noch Augenzwinkern und bauernschlauer Esprit abfallen würden. 4,5 von 5 Punkten.
Mord ist ihr Hobby: Blind mit offenen Augen (Death Casts a Spell)
Episode 10 der TV-Kriminalserie, USA 1984. Regie: Allen Reisner. Drehbuch: Steven Hensley, J. Miyoko Hensley. Mit: Angela Lansbury als Jessica Fletcher sowie Diana Canova, José Ferrer, Murray Hamilton, Robert Hogan, Conrad Janis, Elaine Joyce, Brian Kerwin, Robert Loggia, Mayf Nutter, Michelle Phillips u.a. Erstsendung (USA): 30. Dezember 1984. Erstsendung (BRD, ARD): 31. Mai 1988.
Zitat von Mord ist ihr Hobby: Blind mit offenen AugenDer Große Cagliostro ist in der Stadt: Als Attraktion in einem Nobelhotel versetzt er Menschen in Hypnose, um sie zu den albernsten Dingen zu verleiten. Doch es geht das Gerücht um, dass er seine Fähigkeiten auch für andere, weniger unterhaltsame Geschäfte einsetzt. Bei einer Sitzung wird Cagliostro vor den Augen von sechs Zeugen erstochen. Doch die können sich nicht mehr an den Mord erinnern, weil sie zum Tatzeitpunkt hypnotisiert waren ...
Hypnose ist ein kaum erklärbares Phänomen, das das Unterbewusstsein Dinge tun lässt, die ansonsten im Verborgenen bleiben, das aber gleichzeitig auch Wissen und Erfahrungen auslöschen kann. Für Krimis perfekt geeignet, wird Hypnose in „Blind mit offenen Augen“ in einer besonders raffinierten Weise eingesetzt: ein Mord vor hypnotisierten Augenzeugen, die auf Anweisung des Mordopfers selbst das Gesehene nach ihrem Erwachen pflichtschuldig vergessen. Ob so etwas realistisch ist oder nicht und ob nicht tatsächlich relativ einfach medizinische Abhilfe gegen die auferlegte Amnesie geschaffen werden kann, steht auf einem anderen Blatt, aber für eine „Mord ist ihr Hobby“-Folge ist diese Ausgangssituation hervorragend konstruiert. Hinzu kommt erneut eine verschlossene Tür, die den toten Hypnotiseur von allen Menschen trennt, die ein akutes Motiv gehabt hätten, den missliebigen Mann aus dem Weg zu räumen. Wie und von wo handelte also der Täter?
Auch José Ferrer kennt man aus „Columbo“, wo er in „Teuflische Intelligenz“ allerdings sichtlich unterfordert war. In „Blind mit offenen Augen“ gewinnt er ein stärkeres Profil, obwohl er nach recht kurzer Zeit von der Bildfläche abtritt. In dieser Hinsicht des charismatischen Toten ist die Episode dem „nahezu perfekten Mord“ mit James Coco nicht unähnlich, aber trotzdem und trotz des beeindruckenden Mordes spielt sie qualitativ nicht auf demselben Niveau. Der Schauplatz des Hotels am Lake Tahoe ist zwar nett, konkurriert aber nicht mit dem Reich des Schurken Baldwin und sorgt ebenso wie die etwas zähen Ermittlungen für einen Mangel an Abwechslung.
Jessica Fletcher, die Hypnose skeptisch gegenübersteht, lässt sich in einem Selbstversuch eines Besseren belehren, was sehr amüsant anzusehen ist. In anderen Szenen wurde der Humor etwas übertrieben, wohingegen die unlauteren Machenschaften des Großen Cagliostro und einiger Verdächtiger gern stärker in den Vordergrund hätten gerückt werden dürfen.
In einer Welt der Illusion und Hypnose ist ein Mord noch schwerer aufzuklären als in nüchterner Realität. Dass man wieder auf kleine Details achten sollte, um dem Mörder auf die Schliche zu kommen, ist unterdessen bereits selbstverständlich geworden – und so weist auch „Blind mit offenen Augen“ einen schönen Mitratefaktor auf. 3,5 von 5 Punkten.
Mord ist ihr Hobby: Jessica in Amt und Würden (Capitol Offense)
Episode 11 der TV-Kriminalserie, USA 1985. Regie: John Llewellyn Moxey. Drehbuch: Peter S. Fischer. Mit: Angela Lansbury als Jessica Fletcher sowie Edie Adams, Herschel Bernardi, Linda Kelsey, Stephen Macht, Nicholas Pryor, Mitch Ryan, Gary Sandy, Mark Shera u.a. Erstsendung (USA): 6. Januar 1985. Erstsendung (BRD, RTL): 7. Januar 1991.
Zitat von Mord ist ihr Hobby: Jessica in Amt und WürdenWeil ein Politiker unerwartet an einem Herzinfarkt stirbt, wird Jessica gebeten, vorübergehend eine Stelle als Abgeordnete für den Bundesstaat Maine zu bekleiden. In der Hauptstadt angekommen, überschlagen sich jedoch die Ereignisse: Ein bekannter Kongressabgeordneter gerät unter Mordverdacht, Erpressung scheint auch mit im Spiel zu sein und dann ist da noch die Sache mit den Konservierungsmitteln. Wenn da Jessicas Kopf nicht zu qualmen beginnt!
Es mutet etwas seltsam an, dass für die Vertretung des Abgeordneten niemand Geeigneterer als die völlig politikunerfahrene Jessica Fletcher in Betracht gezogen wird. Prominente wechseln in den USA zwar gern von sich aus auf die staatliche Bühne über, sicher hätte es in der Hauptstadt aber viele ausgebildete Nachwuchsstars wie Presseattaché Joe Blinn gegeben, die den Posten des herzkranken Politikers mit weniger Einarbeitung und größerer Richtlinientreue ausgefüllt hätten. Dann wäre man als Zuschauer jedoch auch um einen außergewöhnlichen Mordfall gekommen, der ein hohes Tier schwer belastet.
Wenn Jessica und Joe im Wagen über den breiten Boulevard mit dem Capitol im Hintergrund fahren, so erinnert dies an vergleichbare Szenen aus „Sherlock Holmes in Washington“ (1943) mit Basil Rathbone, wobei letzterer als Kriegs- und Propagandafilm der Briten natürlich über einen deutlich anderen Duktus verfügt als das relativ handzahme Abenteuer, das hier präsentiert wird. Dies wird durch die Inszenierung John Llewellyn Moxeys noch unterstrichen. Moxey ist zwar ein Regisseur, der sogar schon Wallace-Erfahrung vorweisen kann („Das Rätsel des silbernen Dreieck“, 1966), mit seinen Anläufen bei „Mord ist ihr Hobby“ hakt es aber noch etwas, denn schon „Doppeltes Spiel“ gehörte nicht zu den herausragenden Folgen.
Der Auftakt im zweiten Ausstrahlungsjahr 1985 enttäuscht nicht nur aufgrund des seltsamen Aufeinandertreffens von glatter Professionalität und amateurhaftem Engagement. Auch hätte man sich identifikationsstiftendere Besetzungen für die Parts des Kongressmannes Dan Keppner und des jammerhaften Inspektors Mendelsohn gewünscht. Stephen Macht und Herschel Bernardini tun der Folge wenig Gutes, während Gary Sandy und Edie Adams sich zu profilieren wissen und für Jessica zumindest zeitweise zu gefragten Unterstützern werden.
Man scheute sich meistens nicht, den Mord, die Leiche oder wenigstens den Tatort ausgiebig zu zeigen und damit den Adrenalinpegel für Jessica und die Zuschauer steigen zu lassen. Die Folge, in der die Dame aus Cabot Cove „in Amt und Würden“ aufsteigt, hat einen papiernen Beigeschmack, der die Geschehnisse ein wenig fade und halbherzig erscheinen lässt. 3 von 5 Punkten.
Nach dem Abschluss der ersten Halbstaffelbox (Staffel 1, Teil 1: Episoden 1 bis 11) kann ich berichten, dass sich meine Vorbehalte gegen „Mord ist ihr Hobby“ verflüchtigt haben. Wie für jede Serie muss man auch für diese in der richtigen Stimmung sein, aber ist das erst einmal soweit, ziehen die Fälle von J.B. Fletcher den Zuschauer in einen kleinen Sog aus Spannung und Augenzwinkern. Die Serie ist auf jeden Fall all jenen Serienfans ans Herz zu legen, die auch „Columbo“ genießen.
Platz 01 | ★★★★★ | Episode 008 | Ein nahezu perfekter Mord Platz 02 | ★★★★★ | Episode 004 | Im falschen Film
Platz 03 | ★★★★☆ | Episode 002 | Jessica und die Damen vom Boot Platz 04 | ★★★★☆ | Episode 009 | Der Tod kommt zum Applaus
Platz 05 | ★★★★★ | Episode 001 | Der Mord an Sherlock Holmes Platz 06 | ★★★★★ | Episode 007 | Ohne jede Chance Platz 07 | ★★★★★ | Episode 005 | Ein Hundeleben
Platz 08 | ★★★☆★ | Episode 010 | Blind mit offenen Augen Platz 09 | ★★★☆★ | Episode 006 | Der Studienfreund
Platz 10 | ★★★★★ | Episode 011 | Jessica in Amt und Würden Platz 11 | ★★★★★ | Episode 003 | Doppeltes Spiel
Die dazugehörigen DVDs: Universal veröffentlicht „Mord ist ihr Hobby“ in bei einigen Sammlern ungeliebten Halbstaffelboxen. Da diese aber unterdessen günstig zu bekommen sind, kann das Argument übertriebener Geldmacherei eigentlich nicht mehr im Vordergrund stehen. Außerdem muss man bei amerikanischen Kultkrimiserien immer froh sein, wenn es mit der Veröffentlichung überhaupt weitergeht, denn unzählige bekannte Beispiele vor allem aus dem Hause Paramount belegen, dass ein großer Name keine verlässliche VÖ-Politik garantiert („Perry Mason“, „Matlock“, „Diagnose: Mord“). Selbst der bei Universal beheimatete „Columbo“ musste lange um eine vollständige Auswertung bangen. Bei „Mord ist ihr Hobby“ ist an alle Folgen auf DVD noch nicht zu denken, aber es werden immerhin noch neue Boxen angekündigt und herausgebracht. Momentan ist Staffel 7.1 in der Mache.
Staffel 1.1 gibt es auf drei DVDs in einer Altauflage als Schuber mit drei Slimcases oder als Neuauflage in einer einfachen dicken Plastikhülle. Die Bildqualität der Episoden ist durchwachsen und keinesfalls so gut wie bei „Columbo“, was wohl darauf schließen lässt, dass „Mord ist ihr Hobby“ in den Achtzigern nicht auf Filmmaterial gedreht wurde. Ein wenig nervig sind die unprofessionellen deutschen Titeleinblendungen, die aber nicht Universal, sondern damals wohl RTL verbrochen hat. Ansonsten hat man es mit qualitativ soliden, ungeschnittenen DVDs mit deutschen und englischen Tonspuren und Untertiteln, aber ohne jegliches Bonusmaterial zu tun. Preis: zwischen 10 und 12 Euro.
Mord ist ihr Hobby: Zum Broadway um jeden Preis (Broadway Malady)
Episode 12 der TV-Kriminalserie, USA 1985. Regie: Hy Averback. Drehbuch: Tom Sawyer. Mit: Angela Lansbury als Jessica Fletcher sowie Milton Berle, Vivian Blaine, Elaine Giftos, Gregg Henry, Michael Horton, Lorna Luft, Robert Morse, Patrick O’Neal, Gregory Sierra u.a. Erstsendung (USA): 13. Januar 1985. Erstsendung (BRD, RTL): 21. September 1990.
Zitat von Mord ist ihr Hobby: Zum Broadway um jeden PreisIhr großer Wunsch, wieder am Broadway aufzutreten, befindet sich endlich wieder in greifbarer Nähe: Das vom Finanzverwalter Si Parish unterstützte Lustspiel mit dem vergessenen Star Rita Bristol soll bald zu seiner New Yorker Uraufführung kommen. Vorher muss die Legende noch eine bittere Pille schlucken: Ihre Tochter, die ebenfalls mitspielt, wird auf offener Straße von einem Räuber angeschossen; ihr Sohn schießt in Notwehr zurück. Nun muss umbesetzt werden ...
Für die letzte Rolle ihrer Karriere wurde für Vivian Blaine ein Charakter geschrieben, der über einige wenn auch überspitzte Selbstreferenzen verfügt. Die Darstellerin war in den 1940er und 1950er Jahren als Sängerin und Schauspielerin aktiv und legte nach dieser Zeit eine mehrjährige Pause in ihrer filmischen Karriere ein, bevor sie dann hauptsächlich in TV-Filmen auftrat. Solche Musicalfilme wie „Schwere Jungs und leichte Mädchen“ fallen wohl in die Kategorie, die ihre Rita Bristol von ihrem Standpunkt in den Achtzigern aus als uninteressanten Kitsch bewertet. Dennoch ziehen Leinwandstars aus den goldenen Hollywood-Tagen auch in der Rückschau immer noch ein großes Publikum an, wie auch Janet Leighs „Tödliches Comeback“ als Grace Wheeler Willis 1975 bewies.
Ein Comeback feiert auch Michael Horton als Grady Fletcher, Jessicas windiger Lieblingsneffe, der jedes Mal einer anderen Beschäftigung nachgeht und auch jedes Mal eine andere Freundin an seiner Seite hat, trotzdem aber das Kunststück vollbringt, auf naive Weise liebenswert und nicht wie ein abgehalfterter Casanova zu wirken. Mit Grady fest verbunden ist erst einmal nur die Regel, dass Jessica wieder in New York ermittelt, wo sie schon in „Der Mord an Sherlock Holmes“ eine gute Figur machte, obwohl die Metropole seit ihrem Überfall nach der nächtlichen Busfahrt nicht ungefährlicher geworden ist. „Zum Broadway um jeden Preis“ zeigt ähnliche Locations in düsteren Bezirken, für deren Besichtigung die Frau vom Lande einen Begleitschutz an die Seite gestellt bekommt.
Geschickt spielt der Fall mit den Verdachtsmomenten und lenkt den Zuschauer von der eigentlichen Lösung ab. Über lange Zeit meint man, der Theaterregisseur stecke hinter allem, weil in „Mord ist ihr Hobby“ die Autoren zugegebenerweise ihre Finger nicht immer von der offensichtlichsten Lösung lassen. Hier wird sie erst kurz vor der Überführung sichtbar, wenn ein Trick angewendet wird, der mindestens so alt ist wie Rita Bristols Filme ...
„Broadway Malady“ – Broadway-Krankheit – nennen die Amerikaner diese Episode, was sich nur im Detail von einer Broadway-Melodie unterscheiden lässt. Dementsprechend nah stehen Freud und Leid für Altstar Vivian Blaine und ihren dankbaren Auftritt als verkannter Showstar, der die breite Palette der großen Gefühle bedient. 4 von 5 Punkten.
Mord ist ihr Hobby: Mörderische Freundschaft (Murder to a Jazz Beat)
Episode 13 der TV-Kriminalserie, USA 1985. Regie: Walter Grauman. Drehbuch: Paul Savage (Story: Paul Savage, David Abramowitz). Mit: Angela Lansbury als Jessica Fletcher sowie Olivia Cole, Bradford Dillman, George Kirby, Cameron Mitchell, Garrett Morris, Ed Nelson, Clive Revill, Stan Shaw, Bobby Sherman, Glynn Turman u.a. Erstsendung (USA): 3. Februar 1985. Erstsendung (BRD, ARD): 7. Juni 1988.
Zitat von Mord ist ihr Hobby: Mörderische FreundschaftNew Orleans ist die Hauptstadt des Jazz. Eigentlich soll Jessica dort ein Fernsehinterview geben, doch der Moderator, der ein alter Bekannter ist, lädt sie zu einer Jamsession des bekannten Ben-Coleman-Quintetts ein. Dessen Frontmann hat mit seiner Entscheidung, in Kürze nach Las Vegas überzusiedeln, vielen langjährigen Weggefährten vor den Kopf gestoßen. All die haben nun ein Motiv, als Coleman mitten im Musikstück leblos zusammensackt ...
Vielleicht ist „Mörderische Freundschaft“ für ausgesprochene Jazzliebhaber ein größeres Vergnügen. Die hohe Voraussehbarkeit, wer wann einem Mord zum Opfer fallen würde, zog das Konzert des Jazzquintetts aber unnötig in die Länge, ebenso wie die Ermittlungen später nicht wirklich an Fahrt aufnehmen und alles einen recht belanglosen Eindruck macht.
Selten sieht man so viele Schwarze in einer US-amerikanischen Fernsehproduktion. Die Tatsache, dass dies ausgerechnet im Künstlermilieu und einer Folge passiert, die in Zusammenhang mit Drogenschmuggel steht, wirkt dann aber leider wieder arg schablonenhaft. Immerhin entschied man sich für eine ausgefeilte Mordmethode, denn Gift spricht immer für eine vorausschauende Planung eines Verbrechens. Die Tatsache, dass der Mörder ein Gift verwendet, das in einem von Jessicas Büchern eine wichtige Rolle spielt, ist am Anfang ein amüsanter Aufhänger, hätte aber, um wirklich relevant zu sein, am Ende wieder aufgegriffen werden müssen, indem der Täter gesteht, seine Inspiration aus dem Buch entnommen zu haben. Die rechtschaffene Mrs. Fletcher als Anregung für einen Mörder – das wäre doch einmal ein spannender Gewissenskonflikt für die Autorin gewesen, der die Folge aufgewertet und ihr einen ernsthafteren Nachhall verliehen hätte!
Das für den durchschnittlichen Mitteleuropäer ungewöhnliche Temperament der Jazzmusiker, die bei der Beerdigungsfeier von Ben Coleman „When the Saints Go Marchin‘ in“ spielend eine Parade über den Friedhof veranstalten, sorgt noch einmal für ein Wiedererwachen des Interesses an dem Fall, der letztlich aber nicht zu den Sternstunden der Serie zählt. Verwundert kommt man zum Schluss, dass während „Columbo“ seine 90 Minuten Spielzeit häufig nur durch unnötige Streckungen überflüssiger Szenen erreicht, „Mord ist ihr Hobby“ es in knappen 45 Minuten nicht immer schafft, den Zuschauer von der Relevanz der erzählten Geschichte zu überzeugen. So hat jede Serienform ihre Vor- und Nachteile.
Konkurriert Freundschaft mit Geschäftsinteressen oder Hinterhältigkeit, so führt dies in Jessica Fletchers Welt unweigerlich zu Mord. Natürlich ist die fleißige Ratgeberin gleich vor Ort, um dem Urteil der Ärzte zu widersprechen. Langwierige Folge in einem zu speziellen Milieu. 3 von 5 Punkten.